Heute ist Schweizer Nationalfeiertag. Festreden gehören zu diesem Anlass wie die Predigt zur Kirche. Als kleine Hilfe hier ein Bausatz, inspiriert von Verhandlungstexten, wo häufig alternative Varianten in eckige Klammern gesetzt werden.


[Liebi Manne ou Froue] [Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger]

Vor 720 Jahren trafen sich unsere Vorfahren auf dem Rütli um [ihre Unabhängigkeit gegen äusseren Druck zu bewahren] [sich zusammen zu finden um neue Herausforderungen begegnen zu können]. Wie damals stehen wir auch heute vor einem solchen Scheideweg, [unsere Unabhängigkeit ist bedroht durch fremde Richter und eine alles erdrückende EU Bürokratie] [die Welt bewegt sich weiter und wir können uns nicht abkapseln, sondern müssen gemeinsam den Herausforderungen begegnen]. Wie damals schon Winkelried sich in der Schlacht von Sempach [dem Gegner entgegenwarf] [für ein übergeordnetes Ziel aufgab], werden auch heute an diesem Scheideweg von uns allen Opfer [für das Vaterland] [für eine bessere Zukunft] gefordert. Unsere Geschichte soll uns als [wichtige Mahnung] [richtungweisendes Licht] dienen: Nur wenn wir als Land zusammenstehen und uns auf unsere Werte zurückbesinnen, [können wir diesem Druck standhalten] [diese Herausforderungen bewältigen]. Wir dürfen Stolz sein auf das erreichte [und müssen alles daran setzen dieses zu bewahren] [aber dürfen uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen]. Nicht zuletzt in diesem Wahljahr sollten wir erfolgreichen, typisch Schweizerische Prinzipien treu bleiben: [Keine Abenteuer in der Fremde, Fleiss und innerer Zusammenhalt] [Offenheit, Innovation und Neugierde]. Es gibt auch einiges das im Argen liegt, doch sind das Fragen die nun angepackt werden müssen. [Es geht nicht an, dass die politischen Eliten mit Volldampf nach Europa preschen] [die Abzocker in den Chefetagen sich mit ihren Boni und goldenen Fallschirmen aus dem Staub machen]. Aber heute ist ein Tag zum Stolz sein. Heute ist ein Tag wo wir sagen dürfen: “Ich bin stolz darauf [Eidgenosse] [Schweizerin/Schweizer] zu sein!” Ich wünsche Euch allen noch eine schöne Feier. Hinten findet ihr ein Buffet mit [Bier und Cervelats vom Grill] [Cüpli und Canapés].


Ich vermute so in etwa dies wird man landauf, landab hören (welche Farbe in welche politische Richtung geht, haben inzwischen wohl alle, nicht zuletzt dank der Klischees rausgefunden). Schade eigentlich. Wäre es doch eine gute Gelegenheit tatsächlich ein Bisschen über Identität und die Zukunft zu reflektieren. Stattdessen werden hautpsächlich ausgelutschte Mythen beackert und belanglose Phrasen gedrescht.

Als Bonus hier ein 1. August Reden Bullshit Bingo (man kann es auch zum Trinkspiel umfunktionieren).

1AugRedeBingo.png

Und noch eine letzte Anmerkung. Der Schweizer Nationalfeiertag ist eigentlich eine erfrischend unnationalistische Angelegenheit für die meisten Leute. Es geht ums Grillieren und Feuerwerk (die Leserinnen und Leser aus Deutschland würden staunen was man ohne Lizenz hier alles kaufen kann). Das ist etwas, dass ich durchaus schätze. So hat die Stadt Genf die roten Abfallsäcke, die ein Schweizerkreuz ziert (aus der EM Zeit) wieder hervorgekramt. Wer findet es schon passend, am Nationalfeiertag, die Nationalflagge auf Mülleimern in der ganzen Stadt zu haben? Ich finde das irgendwie sympatisch. Es zeugt (hoffentlich) von der nötigen ironischen Distanz.

Kommentare (11)

  1. #1 Geoman
    August 1, 2011


    n Syrn wrd ch gfrt, br ds schnt hnn m rsch vrbzghn.

    Ok. Ab jetzt wird gelöscht. Kommentarlos. Sie existieren nicht mehr in diesem Blog.

  2. #2 rolak
    August 2, 2011

    So ähnlich dürften hierzulande (nicht nur) die Neujahrsansprachen entworfen werden – evtl mit ein, zwei eingestreuselten <aktueller Bezug>.
    Die nationale Dramatik versteckt sich allerdings hinter den urls. 2008 muß ja zum Nägelkauen gewesen sein…
    Bzgl des Feuerwerks: Viel gab es hier ja nie in Richtung richtig groß und drastisch laut, doch in meiner jugendlichen Bastelphase waren wenigsten noch die entsprechenden Zutaten frei erhältlich. Bis den offiziellen Stellen durch die RAF zu offensichtlich klar gemacht wurde, was damit alles möglich ist.

    Das läßt sich übrigens immer noch ~lesen, auch dank des überlebenden Halblings. Vielleicht könntest Du (ausgehend von Automagik statt Handarbeit) einen anderen Filter verwenden, z.B. alle Zeichen ascii-alphabetisch sortieren. Dadurch würde dem armen Autor auch nichts vom Geschriebenen entwendet. Außer der gewollten Aussage. Außer bei eher nicht zu Beanstandendem wie z.B “Ade Filou” 😉

  3. #3 ali
    August 2, 2011

    @rolak
    Ich habe damals in diesen dramatischen Tagen sogar über die Task Force Cervelat berichtet.

    Was den Kommentar betrifft, er soll ja auch noch entzifferbar bleiben, aber nur unter gewissen Anstrengungen (in der Hoffnung ich erspare mir das Zensurgejammer). Es ist ein Kompromiss, da ich eigentlich nicht löschen will, aber der Geoman anscheinend zwanghaft nur persönliche Angriffe schreiben kann und nicht bereit ist, auf meinen Wunsch nach einem Minimum an Respekt einzugehen.

  4. #4 rolak
    August 2, 2011

    Die Archive hier sind derart weitläufig, daß es immer noch möglich ist, zu spät zu der Kammer zu gelangen, in der der Bescheid wg der Umgehungsstraße quer durch meine Wohnung ausgehängt ist.
    Das süddeutsche Äquivalent, die Stadtwurst, vermisse ich allerdings auch ein wenig seit ich es/sie im Erlanger Raume kennengelernt habe (unabhängig davon ob unter Delikatesse abgeheftet oder nicht).

    Aha, da hatte ich die Intention der Entvokalisierung mißverstanden. Sperren nützt ja eh nichts, da dieser Mensch hier schon unter xundneunzig nicks Müll abgeladen hat. Eine imho schöne, aber leider im Rahmen eines blogs nicht machbare Lösung ist das Einrichten einer Teergrube, in die Anrüchiges ausgelagert werden kann.

  5. #5 noch'n Flo
    August 2, 2011

    Jawoll, das Feuerwerk ist echt genial. Für mich als ausgewiesenen Pyromanen ist der 1.8. hier in CH allein schon aus diesem Grund ein Feiertag. Habe es wieder einmal sehr genossen.

    BUMM!!! Hähähähähäääää!

    (Ach ja, da war ja noch etwas… egal: meine Frau und ich haben uns dem entzogen und den 1. August mit unserem Sohn in der Badi verbracht. ‘Ne leckere Cervelas vom Grill gab es dort übrigens auch noch.)

    😉

  6. #6 Muddi & theBlowfish
    August 2, 2011

    Hihi, Schweizer und Ihre Fleischwarenpolitik, ich sag nur Bühühühihihihündnerfleisch…….

  7. #7 Engywuck
    August 3, 2011

    sehe ich das richtig, dass diese angebliche (schweizer) Spezialität “Cervelat” nur ne stinknormale Rote ist – oder bin ich da von meiner Herkunft verwöhnt und ich erkenne Spezialitäten nicht, auch wenn sie mir jeden Tag begegnen? 😉

    Ne Rote im Weckle gibt’s hierzulande eigentlich bei jedem Fest (und auch sonst gerne mal), das ist mindestens so verbreitet wie der LKW (Leberkäsweck), letzterer gerne auch mit ABS (A bissle Senf)

  8. #8 noch'n Flo
    August 3, 2011

    @ Engywuck:

    Also gemäss Wikipedia dürfte das mit der “Roten” = “Cervelas” wohl hinkommen…

  9. #9 Engywuck
    August 3, 2011

    on topic: ich finde es schade, dass die meisten politischen Reden zu Weihnachten und Neujahr tatsächlich ungefähr nach obigem Schema klingen. bla bla, im abgelaufenen Jahr viel gutes, aber nicht zu vergessen auch …, im neuen Jahr alles gute bewahren, das schlechte ändern, … bla bla. wenns wirklich dreckig geht noch ein “große Herausforderungen” einflechten und mit leeren Worthülsen auffüllen.

    Gibt’s eine Möglichkeit, das zu ändern oder ist das intrinsich bedingt?

  10. #10 knorke
    August 4, 2011

    Was sonst wöllte man an einem Festtag auch schwafeln? Fürs Klientel ein bissel kuscheln, den Geist des Tages nach eigener Lesart verbreiten, ist halt etwas öde ritualisiert aber irgedendwie hat das wohl auch so zu sein. (frag mich keiner warum, aber ich hätte kein anders kognitives Konzept von nem Nationalfeiertag zur Hand).
    Der Tag der deutschen Einheit ist dahingehend auch auf nem steilen Weg, obwohl ich zugeben muss, dass mir heute noch ein Schauer über den Rücken läuft, wenn ich die “wir sind das Volk” Rufe im TV sehe und mir klar wird, in welcher spannenden Zeit ich aufgewachsen bin. Noch halte ich selbst da inne und schaue auf mein Leben mit der Frage: “Was wäre wenns damals anders gekommen wäre?”, aber irgendwann ist dieser Geist bestimmt verweht und man latscht einfach nur noch ein Ritual ab, falls es einen über den freien Tag hinaus tangiert 🙂

  11. #11 ueli
    November 24, 2011

    ihr stinked doch all 🙂