Wie ich hier schon öfters betont habe, findet Terrorismus statistisch gesehen hauptsächlich ausserhalb der westlichen Industrienationen statt und tötet dort auch die meisten Menschen. Vor ein paar Tagen ist mir eine Datenbank begegnet, die sich auf die US “Heimfront” konzentriert. Das weckte natürlich Interesse.
Die Datenbank wird von der New America Foundation zusammengestellt. Darin werden jene Fälle kompiliert, die als homegrown eingestuft werden (also “hausgemacht”). Die Datenbank unterscheidet zwischen dschihadistisch inspirierten Anschlägen und nicht-dschihadistischen Attacken.
Die Auflistung is nicht uninteressant. Es finden sich 114 “nicht-dschihadistische” aber auch 188 “dschihadistische” Anschläge in der Datenbank. Mir fiel auf, dass ich den Eindruck hatte, die “nicht-dschihadistischen” Fälle generierten nicht einen Bruchteil der Medienaufmerksamkeit der “dschihadistischen” (das müsste man aber noch genauer überprüfen). Zumindest was ich auf diesen Seiten einmal das Sherlock-Holmes Syndrom der Terrorexperten nannte, ist damit schwer zu rechtfertigen. Die Zahl für “dschihadistisch” motivierte Daten scheint mir aber gleichzeitig höher als dass ich geschätzt hätte.
Leider habe ich nirgends einen Methodenteil gefunden. Da eine klare Definition eines der grösseren Probleme darstellt, schränkt das die Interpretierbarkeit der Datenbank beträchtlich ein. Ich glaube nicht, dass es eine zufriedenstellende Definition gibt und darum kann man sich einfach nur Transparenz wünschen. So sieht man die Grenzen und die Nützlichkeit einer solchen Datenbank.
Ich befürchte, dass die Vermerkgrenze sehr tief angesetzt ist. Beim (zugegebenermassen unsystematischen) Durchklicken stand unter “hat erfolgreich Waffen erworben, produziert oder wurde daran ausgebildet” (Successfully Acquired, Manufactured or Trained with Weapons?) sehr oft ein “Nein” (das heisst, dass die Gefahr vermutlich bis zum Zeitpunkt der Verhaftung klein bis inexistent war). Da das FBI in den letzten Jahren in mehrere Fälle des Entrapments verdächtig wurde, wäre es um so wichtiger zu wissen, warum Fälle aufgenommen wurden. Manchmal ging es soweit, dass falsche Mittelmänner, falsche Waffen von erfunden Agenten vermittelten und organisierten, für Personen, die vorher bestenfalls mit Kleinkriminalität aufgefallen sind. Inwiefern manche dieser Anschläge überhaupt ohne die Anreize des FBI geplant worden wären, ist schwer einzuschätzen (so befindet sich zum Beispiel der Fall von Hemant Lakhani auf der Liste, der oft deswegen kritisiert wurde). Ich konnte hingegen Jared Loughner nicht finden (was durchaus gut zu rechtfertigen ist), hingegen sind die Fälle des Fort Hood Schützen Nidal Malik Hasan oder James Elshafay (der an Schizophrenie leidet und nachdem er seinen Freund belastet und schuldig plädierte auf freien Fuss gesetzt wurde) aufgelistet. In beiden könnte man ebenso gut wie für Loughner mit psychischer Störung argumentieren. Vielleicht gab es einen anderen Grund für die Unterscheidung. Wie gesagt, ich habe nur unsystematisch ein paar Fälle angeklickt und mich auf das Erkennen einger Namen verlassen müssen. Für die Auswahl kann es gute Gründe geben. Es bleiben zu viele Fragezeichen offen, dass man mit der Datenbank wirklich arbeiten könnte. So wie sie im Moment steht, bin ich mir nicht sicher, ob sie die allgemeine Paranoïa reflektiert oder tatsächlich den “hausgeamchten Terrorismus” erfasst.
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