Wer heute das Radio oder den Fernseher einschaltete oder eine Zeitung zur Hand nahm (doch, doch, die existieren nach wie vor in der toten Bäume Version) konnte es nicht verpassen: Der von der Hamas entführte israelische Soldat Gilad Shalit wurde freigelassen. Es erstaunt wie hoch der Preis war, den Israel zu zahlen bereit war.

Da wäre zuerst einmal das rein zahlenmässige Missverhältnis von Gefangenen die im Gegenzug von Israel freigelassen werden sollen. Die erste Tranche war heute fällig und 477 Häftlinge wurden entlassen. Weitere 550 sollen später folgen. Es handelt sich bei vielen um wegen teilweise schweren Verbrechen verurteilten. Die Freilassung von Verurteilten mit “israelischem Blut an den Händen” war immer ein hoch emotionales Thema im öffentlichen Diskurs und schmerzt darum die Politiker wohl um so mehr. Es stellt sich auch die Frage, ob ein Rechtsstaat aus politischer Opportunität, rechtskräftig verurteilte frei lassen dürfen soll (man könnte natürlich behaupten es handle sich um eine Art Kriegsgefangene, aber das kann aus israelischer Sicht hier wohl ausgeschlossen werden).

Aber noch erstaunlicher finde ich den taktischen Preis, den Israel zu zahlen bereit war. Dieser kann auf viele Jahre hinaus Auswirkungen haben. In der Regel handelt das Land in einer klassischen Logik von Abschreckung und (massiver) Vergeltung. Gleich nach der Entführung wurden zum Beispiel Bodentruppen in den vorher aufgegebenen Gaza Streifen geschickt (obwohl dies vermutlich auch in der Hoffnung Shalit dort zu finden). Oder man denke zum Beispiel an die Politik der Hauszerstörungen als Abschreckungsmassnahme. Nicht von ungefähr behaupten Regierungen oft kategorisch, dass man mit Terroristen nicht verhandeln würde oder behaupten nach Geiselbefreiungen (zugegebenermassen oft mit wenig Glaubwürdigkeit), dass kein Lösegeld bezahlt wurde. Man will verhindern sich erpressbar zu machen und zu signalisieren, dass man vom Staat kriegen kann, was man will. Der Präzedenzfall von einem entführten Soldaten gegen über 1’000 Gefangene schafft gigantische Anreize für die Hamas es wieder zu versuchen. Es braucht offensichtlich nur eine Erfolgreiche Entführung und entsprechend Geduld. Es wurden auch schon Forderungen respektive Drohungen in diese Richtung laut. Allgemein folgt wohl auch eine deutliche Stärkung der Hamas bei den Wählerinnen und Wählern, dies wohl nicht zuletzt auf Kosten der Fatah.

Die Hamas hat natürlich auch Kompromisse eingehen müssen aber diese scheinen relativ bescheiden. Sie konnten einige der Führungspersönlichkeiten mit den symbolisch bedeutensten Namen nicht freikriegen. Zudem wurde für einige Gefangen nur ein Exil ausgehandelt, sie können also nicht in den Gaza-Streifen oder das Westjordanland zurückkehren. Inzwischen behauptet die Hamas übrigens, dass das Aufheben des Embargos gegen den Gaza Teil des Abkommens war (diese Aussage könnte natürlich gut rein taktischer Natur sein).

Nun stellt sich die Frage warum war Israel bereit diesen hohen Preis zu zahlen und warum einen der so offensichlich ist (es gibt immer auch die Möglichkeit geheimer Eingeständnisse)? Mir fallen dazu nur ein paar Spekulationen ein, habe aber kaum konkrete Anhaltspunkte gefunden.

Man könnte die Hoffnung haben, dass der Tausch einen Wendepunkt einläuten soll. Ein erstes Signal in Richtung einer neuen Politik gegenüber der Hamas. In Anbetracht der Politik der aktuellen Regierung in den letzten Jahren wäre dies eine riesige Überraschung und ich halte es für sehr unwahrscheinlich. Trotzdem entwickelt der Gefangenentausch nun eine eigene Dynamik, die vielleicht tatsächlich Anknüpfungspunkte für neue Ansätze bringen könnte. Wunder erwarte ich keine.

In einer zynischere Sichtweise könnte den Verdacht aufkommen lassen, dass die Regierung Netanjahu bewusst die Hamas zu stärken versucht, da sie mit dem Status Quo und den in Hamas und Fatah gespaltenen Palästinensern eigentlich ganz zufrieden ist. Dies ist zwar nicht ganz abwegig und hat vielleicht auch eine Rolle gespielt aber selbst für ein solches divide et impera erscheint mir der Preis noch viel zu hoch.

Es könnte natürlich auch an nicht veröffentlichten Passagen des Abkommens liegen. Vielleicht hat die Hamas Dinge versprochen, die sie aus Gesichtswahrungsgründen nie öffentlich eingestehen könnte. Ausser einem Versprechen im Zusammenhang mit dem Raketenbeschuss Israels aus dem Gaza-Streifen oder künftig keine solche Entführungen zu unternehmen, fällt mir aber kaum etwas ein, hat die Hamas wegen dem beträchtlichen Machtgefälle anzubieten hätte. Ausserdem müsste dies wohl etwas verifizierbares sein oder zumindest wo Garantien hätten geboten werden können (ich weiss nicht wann die zweite Welle der Freilassung stattfinden soll, ist diese für eine Weile nicht vorgesehen, könnte dies ein “Pfand” sein).

Es natürlich auch möglich (und oft ist es in der Politik tatsächlich viel simpler als alle taktischen Spekulationen es suggerieren), dass der öffentliche Druck in Israel schlicht zu gross war und man deshalb bereit war, diesen Preis zu zahlen. Die Familie des Entführten hat eine ziemlich effektive Kampagne für seine Freilassung geführt und die starke Identifikation mit dem Militär hat dann das ihrige dazu beigetragen. In Anbetracht des Stellenwertes einer erfolgreichen Freilassung von Shalit sah die Regierung genug kurzfristigen politischen Gewinn trotz des hohen langfristigen Preises.

Vielleicht wissen wir in ein paar Monaten mehr.

Kommentare (27)

  1. #1 KommentarAbo
    Oktober 18, 2011

  2. #2 MartinB
    Oktober 18, 2011

    Gab es nicht einen ähnlich unausgewogenen Gefangenenaustausch schon mal vor einigen (oder ein paar mehr) Jahren?

  3. #3 koi
    Oktober 18, 2011

    Mir ging folgender Gedanke durch den Kopf, nämlich dass Israel zeigen will, einer seiner Soldaten ist mehr wert als 1000 Angehörige der Gegenseite. Arroganz des Stärkeren sozusagen. Aus dieser Position der Stärke nehmen sie dann auch das Risiko der Nachahmung auf sich. Wie ich mich auch zu erinnern glaube war es ja nicht der erste asymetrische Austausch, wenn auch nicht so krass.
    Natürlich soll das die anderen Gründe nicht abwerten, ich sehe es eher als weiteren kleinen Puzzlestein.

  4. #5 Sven Türpe
    Oktober 19, 2011

    Es stellt sich auch die Frage, ob ein Rechtsstaat aus politischer Opportunität, rechtskräftig verurteilte frei lassen dürfen soll

    Nein, eigentlich nicht. Der Rechtsstaat besitzt seine Gewaltenteilung unter anderem dazu, dass er begründete Ausnahmen von der Regel schaffen kann und dass er von dieser Möglichkeit maßvoll Gebrauch macht. Erfahrungsgemäß neigen weniger demokratisch und weniger rechtsstaatlich organisierte Regimes in weit stärkerem Maße dazu, aus politischer Opportunität rechtskräftig Verurteilte freizulassen. Sie haben allerdings auch mehr davon. Die DDR beispielsweise hatte an ihrem Ende einige Amnestien Vorsprung vor der Bundesrepublik und vorher keine Hemmungen, Strafgefangene gegen Devisen in den Westen zu verkaufen.

    Hingegen stellt sich durchaus die Frage, ob jemand aus politischer Opportunität Dinge tun soll, die ihn ins Gefängnis bringen. Diese Frage ist so naheliegend, dass man sie leicht übersieht, nicht wahr?

  5. #6 roel
    Oktober 19, 2011

    @ali Ich habe versucht, ein bisschen zu recherchieren, aber komme in den Fragen, die mich interessieren momentan nicht viel weiter. Ich denke, dass ein wichtiger Faktor die Beteidigung von Abbas an diesem Austausch ist. Ist er beteitidgt ja oder nein, wenn ja wie stark? Wenn nein tendiere ich zu deinem, “dass die Regierung Netanjahu bewusst die Hamas zu stärken versucht”. Wenn Ja, denke ich ähnlich wie, “dass der Tausch einen Wendepunkt einläuten soll”.

  6. #7 Jack
    Oktober 19, 2011

    Interessant dazu ist auch diese Sicht: https://www.americanthinker.com/2011/10/the_release_of_gilad_shalit_is_the_end_of_the_peace_process.html

    Darin geht Shoshana Bryen davon aus, dass der Gefangenenaustausch für Israel das Ende des Friedensprozesses bedeutet: Zum einen wird Abbas dafür abgestraft, sich eigenmächtig und unilateral an die UN und die Unesco gewandt zu haben. Zum anderen bereitet Israel vor dem Hintergrund der schwächelnden Kontrolle der Grenze zwischen Gaza und Ägypten auf einen möglichen Konflikt vor – man will bei einem Krieg keine Geisel in den Händen der Hamas haben.

  7. #8 Stefan
    Oktober 19, 2011

    Einerseits liegt das aber auch an dem Verständnis, dass kein Soldat zurückgelassen wird. Das behaupten zwar alle Staaten dieser Welt, aber in Israel wird das mit erstaunlicher Konsequenz umgesetzt und ist eine Art Selbstverständnis dieses Landes. Ganze Kompanien wurden aufgerieben, nur um Soldaten aus Feindesland herauszuschaffen – und das oft aus eigener Entscheidung (dabei muß bedacht werden, dass in Israel Entscheidungen auf Kompanieebene erstaunlich “demokratisch” erfolkgen, wo der Kommandant Ratschläge einholt und mitten am Feld beginnt eine Diskussion über die Entscheidungen – das wirkt äusserst seltsam, für Mneschen die in Berührung mit einer anderen Armee gekommen sind). Dieser Aufoperfungswille wird aber dann natürlich auch von den Politikern verlangt. Dadurch erklrät sich auch die hohe Moral, die Politik kann sich dem nicht entziehen, will sie nicht massiv Wählervertrauen verlieren.

    All die Gedanken sind dem Gedanken “Was bringt der Austausch Israels”, “Wem stärkt er?”, “Wollte Israel Abbas schwächen” vorziehen. Wer nicht zumindestens eine Zeitlang in Israel gelebt hat, kann diesen tatsächlichen “Grundsatz” nicht verstehen. Da gings nichrt um Abbas oder die Hamas, maximal in einen zweiten gedankengang. Erinnert sei auch an den “Gefangenen”austausch mit der Hisbollah, wo auch zig Gefangene ausgetauscht wurden, für drei Leichen von israelischen Soldaten.

    Meiner Erfahrung nach, will Israel wirklich Frieden (nehmen wir mal die Rechtsextremen aus) und keinen Status Quo. Auch ein Likud und selbst Liebermann (wobei der schon an der Grenze zum Rechtsextremismus ist). Nur wollen die meisten inzwischen keinen Frieden mehr, wie wir uns das vorstellen, sondern eher einen verwalteten Waffenstillstand. Zu groß war die Enttäuschung nach Oslo, Arafat wurde – übrigens damals von Netanhayu (!) – der vollständige Rückzug aus der Westbank angeboten (mit einem vollständigen Gebietsaustausch für die Siedlungen) udn sogar die Teilung Jerusalems wurde ernsthaft angedacht von Israel (wohlgemerkt, alle wichtigen religöse Einrichtungen des Judentums wären dann in arabischer Hand gewesen). Die Folge war die Zweite Intifada, die Arafat mehr oder weniger willkürlich ausgelöst hat (die begann nämlich schon vor Sharons Tempelbergbesuch). Und die war für Israel einschneidender als die Erste, erstmal wurden im großen Stil zivile Einrichtungen angegriffen, Busse, Resteraunts, Discos, Einkaufhäuser, Hochzeiten, etc.
    Dann kam Sharon und versprach die Verwaltung des Konflikts, Rückzug aus den besetzten Gebieten, Mauer bauen (über deren Verlauf lässt sich sehr gut streiten). Der Terror wurde weniger, aus dem Gazastreifen zog sich Sharon zurück, bevor er das in der Westbank umsetzen konnte, fiel er ins Koma. Ein Olmert, Zipi Livni waren viel zu schwach diesen Rückzug aus der Westbank durchzusetzen. Das ich als Linker mal einen Sharon nachtrauere… 😉

    Ein sehr guten Einblick, was ich meine ergibt das Buch “Israels Existenzkampf” https://www.amazon.de/Israels-Existenzkampf-moralische-Verteidigung-seiner/dp/3894582375/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1319024285&sr=8-1 von Yaacov Lozowick, einer der einflussreichsten Linken in Israel, der beschreibt wie er als immer Linkswähler und Feind der Rechten zum Scharon-Wähler wurde. Weil der, nicht mehr eine Lösung des Konflikts behauptete, sondern eine Verwaltung des Problemes versprach, die de facto eine Anerkennung eines Palästinenserstaates gewesen wäre. Ich kann den Buch nur inhaltlich voll zustimmen, ich hab von 1995 bis 2008 in Israel gelebt, ich weiss wie traumatisch der Terror war, die Explosionen, oft zwei am Tag oder mehr, in der ganzen Stadt hörbar. Und wie dann alle (ich auch) nach ihren Handy griffen und panisch alle Freunde durchriefen. Und ich weiss wieviele ihre Freunde, Familie verloren haben und wie ernüchternd die Erkenntnis war, dass Arafat keinen Frieden will, sondern hauptsächlich sich bereichern (und vor allem das konnte er sehr gut). Und Arafat hatte noch Einfluss, denn hat die jetzige Fatah nicht mehr.

    “Es könnte natürlich auch an nicht veröffentlichten Passagen des Abkommens liegen. Vielleicht hat die Hamas Dinge versprochen, die sie aus Gesichtswahrungsgründen nie öffentlich eingestehen könnte. ”

    Dieser Gedankengang ist zumindestens nicht uninteressant. Auch wenn die Hamas immer taktisch vorgeht und Abkommen nur zeitlich, so lange es ihnen passt, eingeht. So kann es für eine Hamas auch immer nur einen zeitlich befristeten Waffenstillstand geben. Darauf, dass die Realität die Hamas einholt und sie einsieht, dass ein militärischer Sieg über Israel, ein Jihad nicht wirklich möglich ist und sie zumindestens den Waffenstillstand auf Dauer akzeptiert, darauf hofft man schon seit 15 Jahren – ohne Erfolg.

  8. #9 ZetaOri
    Oktober 19, 2011

    @koi· 18.10.11 · 20:51 Uhr

    Mir ging folgender Gedanke durch den Kopf, nämlich dass Israel zeigen will, einer seiner Soldaten ist mehr wert als 1000 Angehörige der Gegenseite.
    […]

    Nun ja, die Forderung nach dem Tausch 1000:1 ging von der ‘Gegenseite’ aus, nicht wahr? Sollte man sich jetzt Gedanken machen, wie die ‘Gegenseite’ den Wert ihrer eigenen Leute im Verhältnis zu einem israelischen Unteroffizier einschätzt?

  9. #10 Anhaltiner
    Oktober 19, 2011

    @ZetaOri nicht unbedingt die “Gegenseite” darf natürlich auch mehr nehmen als ihr nach eigener Rechnung zustehen würde. Wobei man aus palistinensischer Sicht vielleicht ein “All in” gewünscht hätte. “Alle gegen Alle” Soweit ich verstanden habe hat nun Palestina keine israelischen Gefangenen mehr, umgekehrt schon.

  10. #11 WeiterGen
    Oktober 19, 2011

    Was passiert wohl mit den verurteilen Palästinensern die jetzt Teil des Gefangenenaustauschs waren oder noch sind und nach Gaza oder in die West Bank zurück kehren? Werden diese Menschen, die wegen schwerer Gewaltverbrechen in Israel verurteilt wurden, jetzt vor palästinensische Gerichte gestellt?

    Wohl kaum.

    Stattdessen allerorten Jubel über die Heimkehrer und nicht eine kritische Stimme aus dem palästinensischen Lager, die über die Schuld der Freigelassenen reflektiert.

  11. #12 Stefan
    Oktober 19, 2011

    @WeiterGen: Wie du schon geschrieben hast, das genaue Gegenteil. Im ZDF war ein Beitrag, wo eine Palästinenserin meinte, ja sie haben Juden ermordet, aber das ist notwendig für den Kampf. Leider find ich den Link zum ZDF-Beitrag nicht mehr.

    @Anhaltiner: Es darf nicht vergessen werden, Galid Shalit war der erste überlebende Gefangene seit 25 Jahren. Auch deswegen hat die Hamas, Fatah keine Gefangenen. Erinnert seit an den Lynchmord durch Fatah-Nahe Polizisten 2001 an zwei israelische Soldaten, wo der Mob die Leichen durch die Straßen zog. Israelische Soldaten überleben die Gefangennahme meist nur sehr kurz. Von den Staaten ist Syrien für massive Folter berüchtigt, aber auch die wenigen Gefangenen die nach den großen Kriegen in Ägypten inhaftiert waren, berichteten alle, ohne Ausnahme, von Folter.

    Die jetzt noch (teils Jahrzehnte) Vermissten israelische Soldaten, insgesamt sind es glaub ich noch Sieben, sind aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr am Leben. Darunter der Navigator, Ron Arad, der über den Libanon abgestürtzt ist und, so zumindestens die Berichte, in den Iran verschleppt wurde. 2004 hat die Hisbollah bekannt gegeben (also nach 18 Jahren), dass die sterblichen Überreste von Ron Arad “verloren gegangen” sind.

  12. #13 ZetaOri
    Oktober 19, 2011

    @Anhaltiner· 19.10.11 · 17:48 Uhr

    @ZetaOri nicht unbedingt die “Gegenseite” darf natürlich auch mehr nehmen als ihr nach eigener Rechnung zustehen würde.

    Völlig richtig. Nur sollte man der anderen Seite, wenn sie dann mehr gibt, nicht auch noch rassistische Motive unterstellen, oder wie soll ich das …

    “. . . nämlich dass Israel zeigen will, einer seiner Soldaten ist mehr wert als 1000 Angehörige der Gegenseite.”

    … verstehen?
    Auch das …

    Wobei man aus palistinensischer Sicht vielleicht ein “All in” gewünscht hätte. “Alle gegen Alle” Soweit ich verstanden habe hat nun Palestina keine israelischen Gefangenen mehr, umgekehrt schon.

    … wäre ausgesprochen schwierig gewesen: Israel hatte überhaupt keine (“Soweit ich verstanden habe”, nicht einmal einen) gewaltsam entführten palästinensischen Soldaten für einen Austausch!

  13. #14 ZielWasserVermeider
    Oktober 19, 2011

    @Ali

    “Es handelt sich bei vielen um wegen teilweise schweren Verbrechen verurteilten….”

    Uhh da würde ich mal aufpassen.
    Ich denke bei einer Überprüfung der Prozesse, durch eine unabhängige Institution, würde es zu einigen überraschenden Ergebnissen kommen. Stichwort “Siegerjustiz”

    “Es stellt sich auch die Frage, ob ein Rechtsstaat aus politischer Opportunität, rechtskräftig verurteilte frei lassen dürfen soll (man könnte natürlich behaupten es handle sich um eine Art Kriegsgefangene, aber das kann aus israelischer Sicht hier wohl ausgeschlossen werden).”

    Ein Rechtsstaat…..? Ich glaube nicht Tim…

    Gruß
    Oli

  14. #15 ali
    Oktober 19, 2011

    Vorsicht es folgt ein langer Kommentar. Ich habe versucht allen zu antworten.

    @MartinB

    Ja, es gibt mehrere Präzdenzfälle (mehr als mir bewusst waren). Ein kurzes Googeln hat das hier zu Tage gefördert. Wikipedia meint 7’000 Gefangene für 19 Soldaten.

    @Sven Türpe

    Ich habe keine Ahnung, was die Frage im letzten Abschnitt andeuten soll.

    @roel

    Ich habe nichts konkretes zu Abbas’ Rolle gefunden. Der Konsens scheint zu sein, dass wie auch im Post angedeutet, er gegenüber der Hamas verliert. Vor allem betreffend dem Momentum, das er mit dem Vorpreschen in der UN gewonnen hat, wurde gebremst.

    @Jack

    Was gegen diese These spricht ist, dass die Verhandlungen schon viel länger in Gang sind und von Anfang an offensichtlich eine Bereitschaft vorhanden war, einen hohen Preis zu zahlen (wie auch in der Vergangenheit, siehe Link an MartinB). Möglich ist es natürlich trotzdem.

    @Zeta Ori

    Völlig richtig. Nur sollte man der anderen Seite, wenn sie dann mehr gibt, nicht auch noch rassistische Motive unterstellen, oder wie soll ich das …

    Die beiden Perspektiven schliessen sich rein logisch nicht aus. Die beiden Seiten können aus sehr unterschiedlichen Motiven so handeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass dem “Tausend gegen Einen” auch eine In-Group/Out-Group Dichotomie zu Grunde liegt. Nicht weil Israel rassistischer als der Rest der Welt wäre. Im Gegenteil, es ist durchaus transkulturelles Phänomen und ich habe meine Zweifel, dass Israel da “nobler” ist als der Rest der Welt.

    @ZielWasserVermeider

    Ich habe bewusst vorsichtig formuliert: “um wegen teilweise schweren Verbrechen veurteilten” (Betonung hinzugefügt). Erstens traue ich dem Israelischen Rechtssystem durchaus zu auf die 1’000 doch einige zu Recht verurteilt zu haben und zweitens geht es in meinem Argument nur um die Tatsache der Verurteilung (und vielleicht noch die Selbstwahrnehmung als Rechtsstaat). Selbst wenn man Israel dies absprechen möchte (was ich nicht tue, wohlgemerkt!) bleiben die beschriebenen Probleme bestehen (Durchsetzung von rechtstaatliche Prinzipien in der Selbstwahrnehmung, Reaktion der Öffentlichkeit).

    @WeiterGen

    Ich finde es inzwischen doch etwas erstaunlich, wie du einerseits über einen Anti-Israel Bias klagen kannst aber es trotzdem immer wieder schaffst wenn das Thema Naher Osten/Nordafrika aufkommt, schnell einen zwei bis dreizeiligen Kommentar hinzuwerfen, der in erster Linie der Verstärkung von Klischees (und wie ich befürchte deinem Bild von der Region) dient.

    Nun kann man einfach sagen, typisch, die gewalttätigen Barbaren jubeln, alles wie gehabt und weitergehen. Man könnte auch den Versuch machen, etwas Kontext herzustellen, zu differenzieren und etwas mehr zu analysieren (ja und ich weiss, dies wird bestimmt wieder von irgendwelchen Trollen missbräuchlich zitiert werden, um mir “Gutmenschentum”, Naivität und Terrorismusfreundlichkeit vorzuwerfen. Kontext und Differenzierungen sind für diese Menschen halt Fremdworte). Hier sechs Punkte die mir spontan zur Qualifizierung deiner paar Zeilen einfallen:

    Erstens, wird hier in den Medien nur über den Jubel berichtet. Ich nehme an du liest ebenso wenige arabische Zeitungen wie ich. Aber dir reicht das offensichtlich um mal kurz 7 Millionen Menschen zu diskreditieren.

    Zweitens, stammten die meisten jubelnden im Gaza aus einem Flüchtlingslager dort:

    Most of them were in Jabaliya, a refugee camp north of Gaza City, the hometown of many Palestinian militants jailed in Israel.

    Drittens, ist es politisch nachvollziehbar, dass sich niemand öffentlich negativ dazu äussern möchte (von der Hamas-Haltung in Bezug auf Meinungsfreiheit einmal ganz abgesehen). Selbst in Staaten mit einer langen Tradition von öffentlichen Debatten gibt kennt man diese Situationen (Wieviele Politiker haben in den USA die Operation Neptun Spear, zum 2011 zum Patriot Act oder im Vorfeld des letzten Irakkrieges Kritik laut werden lassen?).

    Viertens werden viele der Freigelassenen von vielen Palästinensern als Kämpfer eines legitimen Widerstandes wahrgenommen. Auch wenn man diese Sicht nicht teilt und man über die Gründe dieser Wahrnehmung diskutieren kann, ist es aus deren subjektiven Sicht nicht das Äquivalent zum Bejubeln von Mördern wie du suggerierst. In deren Sichtweise jubeln sie Widerstandskämpfern zu. Wiederum muss man sich diese Sichtweise nicht zu eigen machen, aber man könnte zumindest den Versuch einer Differenzierung machen, bevor man ein ganzes Volk in eine Ecke stellt.

    Fünftens standen vermutlich einfach viele Familienmitglieder am Strassenrand. Einige der Freigelassenen waren 20 Jahre und mehr in Gefangenschaft. Das ist die Freude zumindest menschlich (wenn vielleicht auch nicht politisch) nachvollziehbar. Oder hätten sie ihre nach 20 Jahren heimkehrenden Verwandten mit faulen Eiern bewerfen sollen?

    Sechstens handelt es sich wie ZielWasserVermeider angedeutet hat tatsächlich kaum bei allen Freigelassenen restlos um Massenmörder und es sind vielleicht durchaus Leute dabei die im graubereich der Politik in den Knast wanderten.

    Du hast schon bei dir im Blog damals relativ steile Thesen in den Raum gestellt, die auf deinem Bauchgefühl in Anbetracht der von dir konsumierten Medien basierten. Du hattest aber wie später auch eingestanden keine Belege dafür. Die Diskussion fand sodann ein schnelles Ende weil du nicht auf meine “langen Kommentare” eingehen mochtest. Das ist natürlich dein gutes Recht. Ich möchte dich dann aber auch bitten, nicht einfach weiterhin das Feindbild des wilden, irrationalen blutrünstigen Orientalen zu unterfüttern (weil so kommt es mir offen gesagt langsam vor) oder falls doch, dich zumindest an die Standards zu halten, die wir bei anderen (nicht politischen) Themen nicht müde werden, unseren Kommentatoren abzuverlangen. Anekdotisches und “so ein Gefühl” entspricht meines Erachtens diesem Standard nicht.

    Ich bemühe mich trotz der Emotionsgeladenheit dieses Themas um Ausgewogenheit. Das mag mir manchmal gelingen und manchmal nicht. Ich kann bei dir leider nicht einmal den Versuch dazu erkennen. In Kombination mit der Dikussionsscheue, den fehlenden Belegen und den doch sehr kantigen Thesen empfinde ich das als zunehmend frustrierend.

  15. #16 ZielWasserVermeider
    Oktober 19, 2011

    @ali
    ist ok… ich dachte man könnte es deutlicher formulieren.

    Um es mal vorsichtig zu formulieren:
    Ich halte weder Israel noch die Palestina für fähig diesen Konflikt zu einem guten Ende zu bringen. Möglicherweise wäre ein UN-Protektorat, nach Entwaffnung Israels und Palestinas, eine Möglichkeit die Hitzköpfe da unten zu beruhigen. 50-100 Jahre sollte man ansetzen…

    Gruß
    Oli

  16. #17 Stefan
    Oktober 19, 2011

    Hier gibts übrigens eine Liste der Freigelassenen: https://shabas.gov.il/listeng1.xls

    LS steht für lebenslang und steht für einen Mord. 926 mal wurde Mord verhängt, des öfteren mehrmals für eine Person.

    Der Jüngste wurde 1989 geboren, die meisten sind aber Älter. Manche haben nur eine kurze Haftstrafe abzusitzen, 1y, 2y, die meisten müssen (bzw hätten müssen) Lebenslang oder 10, 20, 30, 40 Jahre im Gefägnis bleiben müssen.

    Hagalil hat einige interessante Texte, Pro und Contras. Wobei auch die Contras verständlich sind (auch wenn ich anderer Meinung bin):
    https://www.hagalil.com/archiv/2011/10/17/shalit-24/
    https://www.hagalil.com/archiv/2011/10/17/shalit-25/
    Für weitere Artikeln: https://hagalil.com/

  17. #18 casismart
    Oktober 19, 2011

    “Viertens werden viele der Freigelassenen von vielen Palästinensern als Kämpfer eines legitimen Widerstandes wahrgenommen.”

    Ja und? Terrorismus bleibt Terrorismus oder? Die meisten Freunde/Verbündeten von Terroristen sehen es doch als legitimen Widerstand an.

  18. #19 Stefan
    Oktober 20, 2011

    @ ZielWasserVermeider: “Möglicherweise wäre ein UN-Protektorat, nach Entwaffnung Israels und Palestinas, eine Möglichkeit die Hitzköpfe da unten zu beruhigen. 50-100 Jahre sollte man ansetzen…”

    Ich erinnere nur daran, was geschah als das letzte Mal die UNO sich einmischte. Sie stand im Sinai und die arabischen Armee konnte ungehindert aufmarschieren und stand kurz vor einem Angriff. Darauf hin zog die UNO ab und es begann der – laut UNO – einzig legitime Präventionskrieg, der Sechstage-Krieg. Die ägyptische Armee konnte ungehindert aufmarschieren, Ägypten verweigerte Kontrollen.

    Heute steht die UNO im Libanon, sie hat sich verpflichtet
    A. die Hisbollah zu entwaffnen;
    B. eine demilitarisierte Zone im Süden Libanons zu schaffen;
    C. den Waffenaschmuggel zu unterbinden.

    Nichts davon hat sie erreicht, ganz im Gegenteil, die Hisbollah ist eine Raketenmacht geworden, sie besitzt soviele Raketen wie nie zuvor und kann sich durchaus mit MIttelmächten messen. Inzwischen sind die Raketen auch um einiges besser geworden und errichen auch Tel Aviv.

    Die UNO schaut beim Waffenschmuggel zu, durchaus verständlich, weil die Hisbollah ist eine starke Macht, andererseits vollkommen unverständlich: als einmal israelische Kampfjets einen Schmuggelweg überwachten, forderte daraufhin die französische UN-Abteilung Luftabwehrraketen an. In dem einen Fall sind sie mit Luftabwehrraketen schnell bei der Hand, im anderen Fall haben sie wissentlich und durch wegschauen einer Terrororganisation zu einen beachtlichen Raketenpotential verholfen.

    Die UNO hat kein Durchsetzungsvermögen, die arabische LIga, wie auch Russland verhindern starke Einheiten. Und die UNO hat allergrößtes MIsstrauen in Israel.

    Wie die UNO Israel entwaffnen will, wenn sie es nicht einmal schafft die Hisbollah zu entwaffnen, ja nicht einmal den Schmuggel unterbinden kann und wahrscheinlich ohne Probleme von dieser aus Land gejagt werden könnte, bleibt wohl ein Rätsel. Nur um das zu verdeutlichen: die Armee, die bestausgebildet ist, die die modernste Technik besitzt und einer der größten Kampferfahrungen mit losen Kampfverbänden wie der Hisbollah hat, war wochenlang, mit Panzern und Kampfjets, gegen die Hisbollah beschäftigt (zum Schluss erst kamen die Erfolge).

    Ich bezweifle, dass es viele Armee gibt, die die Hisbollah entwaffnen könnten, vielleicht kann es Tsahal, aber nur unter größten Anstrengungen. Die zusammengewürfelten UN-Truppen können es nicht. Wer will das überhaupt machen? Das schaue ich mir an, wenn Deutschland nach zwei Monaten 200 Tote hat, wie sehr es dafür noch Zustimmung gibt.

  19. #20 Stefan
    Oktober 20, 2011

    @ZielWasserVermeider: “Uhh da würde ich mal aufpassen.
    Ich denke bei einer Überprüfung der Prozesse, durch eine unabhängige Institution, würde es zu einigen überraschenden Ergebnissen kommen. Stichwort “Siegerjustiz””

    Die Urteile wurden von unabhängigen israelischen Gerichten verhängt.

    Hast du Belege, die dem widersprechen?

    Und ja, Israel ist ein Rechtsstaat. Und ich kann das mit Siegerjustiz nicht mehr hören, so argumentiert eigentlich ein ganz anderer Personenkreis, dem ich dich nun wirklich nicht zurechnen will.

  20. #21 WeiterGen
    Oktober 20, 2011

    ali,
    in der Kürze liegt die Würze.

    Und offenbar auch viel Spielraum für deine Interpretationen des von mir gesagten. Ist die Frage ob die freigelassenen Täter auch in ihrer Heimat strafrechtlich verfolgt werden nicht legitim?

  21. #22 ali
    Oktober 20, 2011

    @casismart

    Ja und? Terrorismus bleibt Terrorismus oder? Die meisten Freunde/Verbündeten von Terroristen sehen es doch als legitimen Widerstand an.

    Ja tun sie. Ebenso wie die Ziele von vielleicht legitimen Widerstand diesen als Terrorismus bezeichnen. Der Begriff ist halt primär eine Wertung. Er ist sicher nicht ein Zauberwort, welches einmal ausgesprochen jede Diskussion überflüssig macht (auch wenn manche dieser Meinung sind).

    @WeiterGen

    in der Kürze liegt die Würze.

    Was ist das? Argumentum ad versum? Kürze ist auch das Stilmittel der Wahl von Populismus, Vorurteilen und Mangel an Differenzierung. Ich glaube ich habe detailliert erklärt wo ich das Problem verorte. Die hingeworfene platte Volksweisheit ist eben symptomatisch für den von mir kritisierten Argumentationsstil.

    Und offenbar auch viel Spielraum für deine Interpretationen des von mir gesagten. Ist die Frage ob die freigelassenen Täter auch in ihrer Heimat strafrechtlich verfolgt werden nicht legitim?

    Hättest du einfach diese Frage gestellt, wäre meine Antwort ganz anders ausgefallen. Dass du den Unterschied nicht siehst illustriert ebenfall gut was mein Problem war mit deinem Kommentar.

  22. #23 Sven Türpe
    Oktober 20, 2011

    Möglicherweise wäre ein UN-Protektorat, nach Entwaffnung Israels und Palestinas, eine Möglichkeit die Hitzköpfe da unten zu beruhigen.

    Da verteidigt sich ein Staat seit Jahrzehnten erfolgreich gegen alle Anfeidnungen und Du willst ihm die Mittel dazu wegnehmen und sein Schicksal in die Hände internationaler Bürokraten legen und kannst nicht mal erklären, warum. Wie kommt man auf solche grotesken Ideen, sind da Interessen im Spiel?

  23. #24 Gustav
    Oktober 20, 2011

    Weil es immer wieder Aufregung über angebliche Menschenrechtsverletzungen gibt: “Die Haftbedingungen für Palästinenser in Israel” https://www.israelnetz.com/themen/innenpolitik/artikel-innenpolitik/datum/2011/10/20/die-haftbedingungen-fuer-palaestinenser-in-israel/

    Die Sätze werden im Vergleich zu den Haftbedingungen von Gilad Shalit gestellt (siehe dafür den Link):

    * “Unterdessen erhalten palästinensische Gefangene Bücher und haben Zugang zu zehn Fernsehsendern.”

    * “Währenddessen ist es palästinensischen Gefangenen erlaubt, jeden Tag in der Sonne zu laufen und sich Bewegung zu verschaffen. Außerdem dürfen die Häftlinge an Gebeten und an Religionsunterricht teilnehmen.”

    * “In Israel sind engen Verwandten der palästinensischen Häftlinge alle zwei Wochen Besuche gestattet. Außerdem ist es palästinensischen Gefangenen erlaubt, Kinder bis zu einem Alter von acht Jahren zu umarmen.”

    * “Tonband und drei Briefe geschickt (größtenteils von seinen Kidnappern diktiert). Währenddessen sind palästinensische Häftlinge berechtigt, Rechtsanwälte und Vertreter des Roten Kreuzes zu treffen und bis zu vier Briefe jeden Monat zu schreiben.”

    * “Währenddessen haben palästinensische Häftlinge das Recht auf reguläre medizinische Behandlungen, zahn- und augenärztliche Untersuchungen eingeschlossen.”

    * “Währenddessen erhalten palästinensische Gefangene drei volle Malzeiten pro Tag. Außerdem erhalten sie umgerechnet rund 350 Dollar von verschiedenen Organisationen, mit denen sie in der Gefängniskantine einkaufen können.”

    Was ich bisher auch nicht wusste, palästinensische Gefangene erhalten 350 $ im Monat. Ich weiss nicht wieviel Häftlinge in Deutschland oder sonst wo bekommen, kann mir aber nicht vorstellen, dass es so viel ist.

    “Entlassene Palästinenserin ruft Kinder zu Terror auf” https://www.israelnetz.com/themen/arabische-welt/artikel-arabische-welt/datum/2011/10/20/entlassene-palaestinenserin-ruft-kinder-zu-terror-aufgaza-inn-im-austausch-gegen-gilad-schalit-wu/

  24. #25 horstl
    Oktober 27, 2011

    @
    “Wir Juden haben aus der Geschichte gelernt”
    (Zitat vom Israelkongress 2011, Frankfurt).

    NICHTS wurde scheinbar gelernt:

    1. Begriffe wie “die Juden” und “wir”
    sind Zitate aus Hitlers “Mein Kampf”.
    2. Medizinisch und biologisch gesehen gibt es schon längst nur noch “individuelle
    Körper” (aber keine “Juden”, “Deutsche”, etc.), die immer perfekter kartiert werden können (Genomanalysen,
    Blutanalysen, Hirnkarten).
    3. “Die Geschichte” gibt es spätestens seit KOSELLECK 1971 nicht mehr.

    Denn nur wer die besten Karten haben wird und die besten Geschichten erzählen kann…

  25. #26 Stefan
    Oktober 28, 2011

    @horstl:

    Sie meinen also die Juden (oder von mir aus “die Juden”) haben nichts aus der Geschichte gelernt? Glauben sie mir, aus eigener Erfahrung, niemand sonst hat so bitter diese Geschichte lernen müssen. Was sie hier machen, ist zutieft beleidigend gegen die Menschen, die 90% ihrer Verwandten verloren haben, allzu oft in Gaskammern vergast. Die Familien die vollständig ausgelöscht wurden, da fand sich niemand mehr der etwas klernen konnte, dafür haben die Nazis schon gesorgt.

    Das sie gerade bei diesem Thema auf Auflösung von identitärer Politik bestehen, zeigt, dass sie nichts gelernt haben.

    Reden sie nicht von nichts aus der Geschichte gelernt, wenn sie gröbstens den Nationalsozialismus verharmlosen, denn selbstwusste Aussagen einer jüdischen Gemeinde mit Hitlers Mein Kampf vergleichen, ist genau das: verharmlosend und äusserst schäbig. Lassen sie das.

  26. #27 horstl
    November 9, 2011

    @stefan

    Ich habe ja geschrieben: “scheinbar nichts gelernt”.

    Aber die (scheinbaren) Idioten überall lernen glaube ich wirklich nichts mehr…

    Jeder Körper, der glaubt, er gehören zu einer Untergruppe (“Rasse”, “Religionsgemeinschaft”, “Partei”, etc.) der Spezies H. sapiens, hat noch nie was von modernster Biologie gehört, bei der nur die Pop(p)ulation als Ganzes zählt… Die Natur bzw. “the web of life” kennt keine Grenzen (nicht einmal nationale, geschweige denn nationalsozialistische oder parteipolitische…).

    Der erste Sündenfall war die “Empathie” (sich ein Bild vom Anderen machen); z.B. zu glauben, es gäbe “ähnliche Juden wie ich”. Lesen Sie einfach die neuesten neurobiologischen Aufsätze zu diesem Thema… (inkl. theory of mind — Hitler war vermutlich der empathetischste Mensch, den es je gab — darum auch seine “Rassentheorie” und “Parteitheorie”).