Tunesien ist ein freier und unabhängiger Staat: Seine Religion ist der Islam, seine Sprache arabisch, seine Staatsform die einer Republik. [Wahlplattform Ennhdha Seite 4, meine Übersetzung]
Die SVP bekennt sich zur christlich-abendländischen Kultur der Schweiz. Sie bildet die Basis für unsere Identität und unser Zusammenleben. Nicht ohne Grund trägt unser Land ein Kreuz im Wappen. [Parteiprogramm SVP, Seite 121]
Beide Parteien bekennen sich zu säkularen Prinzipien jeweils auch mit Blick auf religiöse Minderheiten:
17. La liberté de croyance et de pensée est garantie, de même que les droits des minorités religieuses.
17. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist gewährleistet, ebenso die Rechte der religösen Minderheiten. [Wahlplattform Ennhdha Seite 9, meine Übersetzung]
Weder eine Partei noch der Staat soll die Mitmenschen auf Glaubensdinge verpflichten oder ihnen den «richtigen» Glauben vorschreiben. Unsere Glaubens- und Gewissensfreiheit erlaubt allen Einwohnern das freie Denken, Schreiben, Sprechen – und Bekennen. Kirchen und Religionsgemeinschaften geniessen darum im Rahmen der Verfassung Freiheit der Verkündigung und Freiheit für die kirchlichen Tätigkeiten. Diese Toleranz findet aber da Grenzen, wo Religionsgemeinschaften die Toleranz verachten oder gar offen bekämpfen. [Parteiprogramm SVP, Seite 121]
Die SVP listet neun “Standpunkte” zum Thema Religion auf:
[Die SVP]
- steht zum christlich-abendländischen Fundament unseres Staates, unserer Kultur und unserer Rechtsordnung;
- fordert, dass Kreuze und Kruzifixe als Symbole unserer christlich- abendländischen Kultur und unserer Religion auch im öffentlichen Raum respektiert und toleriert werden;
- fordert die Kirchen auf, sich der Seelsorge und der Verkündigung der christlichen Botschaft zu widmen statt der Tagespolitik;
- lehnt jegliches religiöse Sonderrecht ab, das im Widerspruch zu unserer Rechtsordnung steht;
- fordert ein Verschleierungsverbot für Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes, etwa im Gesundheitswesen, bei der Polizei, an öffentlichen Schaltern und in Lehrberufen;
- lehnt jeden Anspruch auf besondere Grabregeln auf öffentlichen Friedhöfen ab;
- widersetzt sich besonderen Feiertagsregelungen für nicht anerkannte Glaubensgemeinschaften;
- will, dass alle Schülerinnen und Schüler die obligatorischen Schulfächer besuchen, speziell auch den Sport- und Schwimmunterricht;
- verlangt die bedingungslose Durchsetzung des vom Volk beschlossenen Minarett-Verbots. [Parteiprogramm SVP, Seite 123]
Bei der Ennhdha sind die Religionsbezüge durch das Programm verteilt:
L’islam constitue un référentiel fondamental et modéré qui est en interaction, par le biais de l’effort d’interprétation et d’application (ijtihâd), avec toute expérience humaine dont l’utilité est avérée.
Der Islam ist eine fundamentale und moderate Referenzgrösse, welche durch die Anstrengung der Interpretation und konkreter Anwendung auf der Basis des Nutzens der menschlichen Erfahrung (ijtihâd) mit dieser interagiert [Wahlplattform Ennhdha Seite 4, mein Versuch einer Übersetzung. Französischer Satz ist mir auch nach mehrmaligen lesen gelinde gesagt unklar.]
Notre programme vise à mettre en place un modèle de développement national qui concilie les dimensions économiques, sociales, culturelles et écologiques tout en ayant comme points de repére les valeurs islamiques et les acquis de notre expérience tunisienne et de l’expérience humaine en général.
Unser Programm ziehlt darauf ab, ein nationales Entwicklungsmodell zu schaffen, welches ökonomische, soziale, kulturelle und ökologische Dimensionen zusammenbringt, alle mit islamischen Werten und unseren Erfahrungen als Tunesier und der menschlichen Erfahrung im Allgemeinen. [Wahlplattform Ennhdha Seite 5, meine Übersetzung]
Dazu kommen zwei Referenzen zu islamischen Finanzsystem (Seite 14 und 27). Es fällt auf, wie selten und vage die Referenzen zum Islam sind. Dies ist bestimmt nicht zuletzt um die Gegnerschaft zu beruhigen. Bei der SVP wiederum springt ins Auge, dass von den neun Punkten trotz der Ablehnung “jeglicher religiöser Sonderrechte”, die meisten genau solche schaffen wollen (aber halt für die Mehrheit). Man muss sich nur die Punkte unter umgekehrten Vorzeichen im Ennhdha Programm vorstellen und wie das in den westlichen Medien interpretiert würde. Ich vermute der Tenor wäre, dass dies einer Demokratie und einem liberalen Rechtsstaat unwürdig sei (zu Recht wie ich finde).
Noch ein letzter Punkt möchte ich hier anfügen. Die SVP betont immer wieder die frauenfeindliche Natur des Islams vor der sie die Frauen schützen möchte. Auch in ihrem Parteiprogramm findet man mehre Hinweise auf ihre Sorge um die Unterdrückung von Frauen im Ausland.
Männer und Frauen sollen sich miteinander, nicht gegeneinander engagieren. Nicht das Geschlecht, son-dern einzig die Eignung soll darüber entscheiden, wer welches Amt bekleidet. [Parteiprogramm SVP, Seite 120]
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