Schon seit einer Weile steht dieses Buch auf meiner Liste von Dingen über die ich bloggen möchte. Nun komme ich endlich dazu.

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Soufan ist ein ehemaliger FBI Agent, der als einer der wenigen Arabisch sprechenden Agenten auf Al-Kaida angesetzt wurde zu einer Zeit, als die Gruppierung noch eine Randphänomen auf dem Radarschirm der US Behörden war. Nach den Anschlägen auf die Botschaft in Kenia und die USS Cole und dann den Anschlägen auf das World Trade Center fand er sich plötzlich im Auge des Sturms wieder. Darum verhörte er auch die wichtigsten Terrorismusverdächtigen in US Gewahrsam.

Soufan bestätigt die “Four Lions Terrorismus Theorie”: Das Buch zeigt einmal mehr, dass Terroristen eigentlich oft lächerliche Figuren sind und nicht diese mit glühend roten Augen im Dunklen lauernden Monster. wie man uns oft weiszumachen versucht. Würden sie nicht brutale Taten planen und begehen, könnte man eigentlich oft über diese Kasper nur lachen.

So beschreibt Soufan zum Beispiel wie die Attentäter für ihren Anschlag auf die Cole ein Boot mit Sprengstoffpaketen füllten. Als sie am nächsten Tag zur Anlagestelle zurückkehren, steht da eine Gruppe junger Männer, die eine Kette gebildet haben und sich die Pakete zuschicken. Sie glaubten ein Haschisch Schmuggelboot gefunden zu haben und damit reiche Beute gemacht zu haben. Die Attentäter hingegen hatten das Problem, die Sache zu stoppen ohne auf- oder in die Luft zu fliegen. Wer möchte schon in die Nähe einer Gruppe, die mit Sprengstoff Fang-Den-Ball spielt. Ein anderes Beispiel ist der Mann, der zu Ausbildungszwecken den Anschlag filmen sollte. Er kommt nie dazu. Nicht weil ihn etwa die Polizei abgefangen hat oder so. Nein, er verschläft seinen Einsatz (war wohl zu früh Morgens für einen Anschlag…).

Leider drückt oft die Handschrift des Ghostwriters durch und das ist nervig. Unnötige Dramatisierungen, Dialoge von denen man ziemlich sicher sein kann, dass sich kaum jemand daran erinnert sollten sie tatsächlich stattgefunden haben und dann eine Überhöhung der Fähigkeiten des Protagonisten (die natürlich auch von Soufan selbst kommen könnte, aber auch hier verdächtige ich Daniel Freedman, der das Buch [mit]geschrieben hat). Es ist dafür gut lesbar und ist immer noch weit von den oft ins skurril-komische abgleitenden Dialoge der woodwardschen Politschwarten entfernt.

Am interessantesten sind die Einblicke in die Verhörmethoden des FBIs. Soufan beschreibt im Detail, wie sie einige ihrer Gefangenen zum Sprechen gebracht haben. Eine gewisse Idealisierung der Effektivität ist vermutlich auch vorhanden. Das Grundprinzip scheint aber glaubwürdig: Man baut einen Rapport auf mit dem zu verhörenden. Dann passt man die Strategie auf seine Persönlichkeit an. Wichtig ist vor allem eine gute Vorbereitung und oft ein Bluff zum richtigen Zeitpunkt, wobei ersteres das zweite erst möglich macht. Als begeisterter Brettspieler sehe ich durchaus wie dies funktionieren kann.

Soufans Hauptthese ist vor allem auch eine Kritik an der CIA und deren Experimenten mit Folter (euphemistisch “enhanced interrogation techniques”) und er ist nicht der einzige, der dies Position so vertritt. Er sagt, dass das FBI effektiv verhört hat, indem es eben eine Beziehung zu den Gefangenen aufbauten und diese ergo auch human behandelten. Gemäss Soufan brach der Informationsfluss von dem Moment an ab, als die CIA mit ihren “verbesserten Verhörmethoden” übernahm.

Das Buch hat die CIA vermutlich auch gestochen. In meiner Ausgabe finden sich nämlich ganz viele geschwärzte Stellen. Das FBI hat das Buch zur Publikation freigegeben. Unüblicherweise (zumindest gemäss Soufan) hat das FBI das Manuskript aber auch an die CIA weitergeleitet. Dieses hat dann einige Passagen beanstandet. Gemäss Soufan handelt es sich um Informationen, die entweder schon öffentlich sind, nur das FBI betreffen, von der CIA freigegeben wurden oder nicht geheim gehalten werden dürfen. Er geht gemäss eigenen Angaben gegen diese Zensur im Moment rechtlich vor. Da die Stellen geschwärzt sind, sind seine Behauptungen natürlich schwer zu überprüfen. Es ist aber tatsächlich so, dass man oft aus dem Kontext einen schwarzen Balken nachträglich versteht (zum Beispiel wenn der Name eines Landes “entfernt” wurde). Nicht selten ist das Information, die man einfach ergoogeln kann. Lächerlich wird es dann, wenn Seitenweise alle Referenzen auf den Autor geschwärzt wurden. Es braucht nicht viel Fantasie um die schwarzen Flecken mit “I” “me” “us” und “we” zu ersetzen. Der Verdacht, dass es sich nur um Schikane handelt, liegt nahe.

Soufan zelebriert einen mir unheimlichen aber nicht zuletzt in den USA häufigen Patriotismus. Es ist diese Idee des Exceptionalism, etwas besonders zu sein, ein Vorbild zu sein und andere leiten zu müssen (eine Form des Patriotismus auf den die USA natürlich kein Monopol haben). Gerade dies gibt seinem Argument jedoch meines Erachtens Nachdruck in den USA. Er nimmt den Standpunkt ein, dass die USA wegen dieser Sonderstellung moralische Standards unbedingt einhalten müssen. Für ihn ist der Umgang mit den Gefangenen auf Guantanamo und die “neuen” Verhörmethoden nicht nur völlig ineffektiv und unmoralisch, sondern auch unamerikanisch. Obwohl ich diese Position der Sonderstellung für falsch und oft gar für gefährlich halte (und damit beziehe ich mich wiederum nicht nur auf die USA) leistet Soufan damit trotzdem eine willkommene Aufweichung von vermeintlich klaren Frontlinien im sogenannten Krieg gegen den Terror.

Kommentare (1)

  1. #1 Bullet
    Mai 30, 2012

    Ich hab ja schon einige Handlungen, Motive, Denkweisen etc. mitbekommen, denen irgendwer (unter völligem Fehlen des Nachweises irgendwelcher Berechtigung und Befähigung dazu, natürlich) das Attribut “unamerikanisch” angehängt hat – aber das ist mir neu. Man könnte fast kichern darüber, wenns nicht so absurd und grotesk wär.