McGovern gibt freimütig zu, nichts von der christlichen Ausrichtung ihres Auftraggebers gewusst zu haben. Wer weiss, vielleicht googeln Stars nicht. Aber sie befand dann, dass “unterm Strich” World Vision “viel Gutes, für viele Menschen” tun würde. Unter anderem zum Beispiel ein Album und eine Tour ihrer Band mit 28’000 GBP zu unterstützen (hier hat man wieder das Gefühl, der Autor will McGovern einfach auflaufen lassen).
Aber dann wird es richtig erheiternd. Hier ein bisschen O-Ton von McGovern, wie sie im Artikel zitiert wird. Zuerst zum Thema Ernährung:
“Their food must be so healthy. You don’t see all those crap chains and stuff. But I guess that will change as the country gets more modern. It’s like a holiday. I feel a bit guilty.”
“Ihre Nahrung muss so gesund sein. Man sieht nicht alle diese miesen Ketten und so ein Zeugs. Aber ich vermute das wird sich ändern, wenn das Land sich moderniert. Es ist ein bisschen wie Urlaub für mich. I fühle mich etwas schuldig”
Dann Einsichten zum Kopulationsverhalten in anderen Kulturen:
“I get the impression that in Africa people have sex far more freely than we do back home.”
“Ich habe den Eindruck, dass in Afrika die Menschen viel freier Sex haben als wir bei uns.”
Weisheiten, die verblassen und ein Schmunzeln das vergeht bei der erschreckend simplistischen Kritik von Frauendiskriminierung (inklusive weiblicher Genitalverstümmelung):
“You see certain cultures where there’s just endemic cruelty to women. I wonder if World Vision would take on the problem of women wearing the burka? And that clitoris thing is awful.”
“Sehen Sie, in gewissen Kulturen sind Grausamkeiten gegen Frauen endemisch. Ich frage mich ob World Vision bereit wäre, das Problem von Frauen die Burka tragen afuzugreifen? Und diese Klitoris Sache ist schrecklich.”
Aber keine Sorge. McGovern ist nicht nur mit ihrer Analyse und sonst mit leeren Händen nach Sierra Leone gereist. Sie bringt ihrem World Vision Patenkind auch etwas mit: Ein Springseil, Seifenblasen und einen Gummiball. Sie kriegt dafür Kokosnüsse und zwei lebende Hühner. Alles in allem ein gutes Geschäft für McGovern, würde ich sagen.
Leider gibt es dann noch einen tragischen Zwischenfall während des Besuches. McGoverns iPhone fällt in die Toilette. Zum Glück hat sie inzwischen vergessen, dass sie in einem der ärmsten Länder der Welt ist, und bittet um Reis um das Telefon darin einzulegen. Reis wird als Nahrungsmittel völlig überschätzt vor allem in armen Ländern. Wer isst schon Reis. Das Zeugs ist eh viel zu trocken. Der Rettungsversuch ist natürlich erfolglos. Also musste der Rest der Reise ohne Twitter-Updates von statten gehen. Aber was nimmt man nicht alles auf sich, für eine gute Tat.
Es geht hier keinesfalls darum, mit dem Finger auf eine Schauspielerin zu zeigen, die sich offensichtlich für etwas hat einspannen lassen, das jenseits ihres Verständnishorizonts lag. Als “Botschafterin” hat sie sich zwar einen gewissen Hohn durchaus verdient. Noch mehr zeigt aber diese Geschichte, wie Afrika immer wieder auf dem Hintergrund allgemeiner Ignoranz als Klischee konstruiert wird. Wie humanitäre Organisationen einen beträchtlichen Teil dazu beitragen, weil man mit einem Downton Abbey Star halt mehr Geld rein kriegt als mit guter und effektiver humanitärer Arbeit. Es zeigt auch wie die Medien dabei Komplizen sind. Denn egal ob der Journalist wusste was er tut oder nicht, die Kommentare lassen vermuten, dass es den wenigsten aufgefallen ist, wie haarsträubend die Story ist. Das freundlichste Urteil ist, dass er sein Publikum schlecht kennt und an diesem vorbeischreibt. Nichts, dass man sich in den Lebenslauf schreiben möchte.
1 World Vision definiert sich klar als christliches Hilfswerk. Soweit ich weiss agieren die verschiedenen nationalen Ableger seit längerem autonom. Ich möchte darum meinerseits, das Fass von Problemen gar nicht erst aufmachen, die mit der religiösen Ausrichtung des Hilfswerks einhergehen. World Vision steht immer wieder in der Kritik unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe zu missionieren. Ich persönliche halte es auch für sehr problematisch bei der betreffenden Organisation, bin aber zu wenig mit der globalen Struktur vertraut, um hier dazu eine wirklich fundierte Diskussion führen zu können.
2 Ein Grund warum ich nie über Brad Pitt und Woody Allen schreibe.
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