Joggen bringt einen ins Schwitzen. Bild: Pixabyay, gemeinfrei.

Im heutigen Artikel will ich einer Frage nachgehen, die ich mir neulich beim Laufen stellte – wozu sind eigentlich die Augenbrauen gut? Allzuviele Haare hat der Mensch ja im Gegensatz zu anderen Säugetieren nicht – warum ausgerechnet über den Augen?

 

Laufen rund ums Jahr

Die Monate März bis Mai 2019 waren echte Läufermonate – Temperaturen zwischen 10° und 20° C, keine lang andauernden Regenperioden, eher trocken. Nichtläufer mögen annehmen, dass die schönste Laufzeit im Sommer ist, wenn es warm ist, aber tatsächlich ist der Sommer eher die schlimmste Zeit, denn gegen Hitze kann man wenig unternehmen. Im Winter, in der Kälte, kann man sich in Zwiebelschalen aus Kleidung hüllen und sich stets passend anziehen und ein Lauf bei -5° C ist mit Mütze, Halstuch und Handschuhen kein Problem (die Handschuhe braucht man nach ein paar Kilometern gar nicht mehr). Im Frühjahr und Herbst ist man oft in Shorts und T-Shirt passend angezogen. So ab 13° ist es mir warm genug dafür, bei Wind etwas darüber. Natürlich begegnen mir dann auch Läufer, die es offenbar wärmer mögen oder die Sonne nicht vertragen, und andere laufen auch bei 5°C noch in kurzer Hose – was ich nicht für schlau halte, weil kalte Sehnen und Gelenke sich leichter verletzen. Nicht umsonst laufen sich Profisportler zuerst in langer Kleidung warm. Aber jedenfalls scheinen sie nicht zu frieren.

Aber oberhalb von 23° C fängt es für mich an, anstrengend zu werden. Der erste Kilometer ist noch problemlos, aber die Muskeln produzieren Wärme, und die will abgeführt werden. Die Gefäße weiten sich, die Haut wird rot, und der Schweiß schießt aus den Poren. Oberhalb von 27° wird es richtig schwer, der Puls ist bei gleichem Tempo viel höher, die Pace entsprechend langsamer, und man verliert so viel Wasser, dass ich längere Strecken ab 8 km nicht mehr ohne Wasserflaschen schaffe. Ein großer Schluck für den Hals und ein kleiner zur Kühlung ins Gesicht und über den Kopf. Bei 30° und sommerlicher Schwüle gehe ich dann lieber schwimmen oder laufe im Dunklen mit Stirnlampe, was ich im Winter nach Dienst ja auch tun muss.

 

Die ersten Läufer

Unsere Vorfahren vor zehntausenden bis Millionen Jahren sahen sich nicht dem Zwang ausgesetzt, auch bei körperlicher Anstrengung gut gekleidet sein zu müssen und konnten ihren Körper optimal beim Laufen durch Wind und Luftzug kühlen. Schweiß kühlt effizient durch Verdunstungskälte, denn das Übergehen in den gasförmigen Zustand, das nicht erst beim Kochen einsetzt, sondern bei den schnellsten Molekülen auch schon bei weniger als Raumtemperatur, verbraucht eine große Menge an Wärmeenergie. Es braucht 1 Kalorie (=4,18 Joules), um 1 cm³ Wasser um 1° C zu erwärmen, aber 539 Kalorien (=2257 J) um 1 cm³ Wasser in Dampf zu verwandeln, und diese Wärme nimmt der verdunstende Schweiß mit, besonders wenn der Fahrtwind die feuchte Luft gleich mit sich fortträgt und trockene, frische Luft heran schafft, die das Wasser schnell aufnimmt. Insbesondere wenn keine Kleidung den Fahrtwind bremst. Und kein Fell.

Der Mensch ist offenbar bestens daran angepasst, sich beim Laufen zu kühlen, denn er hat kein Fell und kann schwitzen – andere Tiere können sich nur durch Hecheln, den Schatten suchen oder kühlendes Nass. Aber warum hat der Mensch das Fell verloren, das seine äffischen Vorfahren und Cousins noch trugen bzw. heute tragen? Sicher nicht fürs Joggen im Sommer…

Der Evolutionsbiologe Daniel Lieberman vertritt die Theorie, dass der Mensch sich in der afrikanischen Steppe zum Hetzjäger entwickelte. Weil er seinen Körper effektiver kühlen konnte als seine Beutetiere, konnte er diese in der Hitze so lange verfolgen, bis sie mangels Möglichkeit zur Kühlung überhitzte und zusammenbrach, selbst wenn sie auf kurze Distanz viel schneller als er war. Tatsächlich gibt es auch heute noch Völker in der Kalahari, die genau auf diese Weise ihrer Beute nachstellen.

 

Optimiert fürs Laufen

Neben dem Verlust des größten Teils der Körperbehaarung haben sich auch die Gliedmaßen an das Laufen angepasst. Die Achillessehne, die am weit nach hinten ausladenden Fersenbein ansetzt, wirkt wie ein Gummiband, dass sich beim Auftreten streckt und dadurch beim Antreten zusätzliche Federkraft liefert, die beim Gehen nicht genutzt wird. Beim Neandertaler war das Fersenbein kürzer und höher, der Federweg kürzer und damit war er wohl ein schlechterer Läufer als der Homo Sapiens. Einen ähnlichen Effekt erreichen die Sehnen in der Fußsohle, die sich beim Auftreten dehnen, wenn der Fußbogen sich unter dem Gewicht des Auftretens abflacht, und dies mildert die Stöße, die sich vor allem in die Kniegelenke fortpflanzen. Überhaupt sind die Gelenkflächen im Vergleich zu denen der Australopithecinen, unseren möglicherweise frühesten Vorfahren mit aufrechtem Gang, stark vergrößert, sie können daher Stöße besser verkraften als bei unseren Vorfahren.

 

Anatomie des Fußes. Hinten an der Ferse das Fersenbein (Calcaneus – hier nicht beschriftet), an dem die Achillessehne (Tendocalcaneus) ansetzt. Der ganze Fuß hat eine Hohlform, die von Muskeln und elastischen Bändern stabilisiert wird und damit federnd den Stoß beim Laufschritt aufnimmt. Bild: Wikimedia Commons, Henry Gray (1918), gemeinfrei.

Der Gluteus Maximus, der große Gesäßmuskel, der den Oberkörper beim Gehen und Laufen aufrecht hält, ist beim Menschen gegenüber Australopithecus stark vergrößert, zum Gehen bräuchte er nicht so groß zu sein. Spezielle Augenmuskeln sorgen dafür, dass bei heftigen Kopfbewegungen die Augen weiterhin auf ein Ziel fixiert bleiben, der “vestibulookuläre Reflex“. Und die Zweibeinigkeit erlaubt eine effizientere Bewegung bei verschiedenen Geschwindigkeiten – Vierbeiner müssen ihre Atmung der Schrittkadenz anpassen, da die Bewegung der Vorderbeine den Brustkorb bei der Ausdehnung behindert. Da mit zunehmendem Tempo der Sauerstoffverbrauch steigt, gibt es bei Vierbeinern ein optimales Tempo, bei dem die durch die Schrittkadenz vorgegebene Atemfrequenz genau den Sauerstoffbedarf deckt. Der Mensch ist seinem freien Brustkorb flexibler in der Atmung bei verschiedenen Geschwindigkeiten.

Tja, und damit kommen wir dann zur Körperbehaarung. Zum Schwitzen haben wir den größten Teil der Haare verloren oder stark ausgedünnt. Die Haare auf dem Kopf schützen offenbar vor der Sonne (insbesondere in unserer äquatornahen Herkunftsgegend in Ostafrika). Achselhaar mindert die Reibung zwischen den Armen und dem Körper, die beim Laufen viel größer ist als beim Gehen – die ausladende Bewegung der Arme hilft, den Körperschwerpunkt beim ausgreifenden Laufschritt auf konstanter Geschwindigkeit zu halten, was Kräfte spart. Die Schambehaarung leistet ähnliches in der Lendengegend. Die Wimpern schützen natürlich nicht nur beim Laufen (aber auch beim Laufen) die Augen vor Insekten und allem, was einem sonst ins Auge geraten könnte.

Und die Augenbrauen? In diversen Artikeln liest man, dass diese wichtig zur Kommunikation gewesen seien (und es noch sind), man kann mit ihnen drohen, sie überrascht anheben, ängstlich oder entsetzt nach oben reißen; außerdem sollen sie bei Sonnenschein Schatten spenden (was tiefe Augenhöhlen oder die Überaugenwülste der Neandertaler viel besser konnten) – das mag alles stimmen, aber auch unser Mund dient nicht nur der Kommunikation und entstand zunächst einmal aus anderem Anlass. Die eigentliche Funktion der Augenbrauen dürfte ursprünglich darin gelegen haben, den Schweiß, der bei Anstrengung die Stirn herunter rinnt, daran zu hindern, gleich ins Auge zu laufen, denn dieser wird beim Ausdauerlauf durch die starke Verdunstung bald salzig und brennt im Auge, wie beim letzten Lauf feststellen durfte; daher unterstütze ich meine Augenbrauen bei Wärme mit einem Stirnband, sonst läuft die Brühe an den Brillenbügeln entlang und die Gläser hinunter.

 

Ist da was dran?

Liebermans Theorie ist nicht unumstritten, die meisten Naturvölker hetzen ihre Beute heute nicht zu Tode, und Fleisch war wohl generell eher nicht die Hauptkomponente der Urzeitdiät, sondern vielmehr Obst, Nüsse und Wurzeln und was sich sonst so sammeln ließ. Die Savanne, in der sich der Mensch entwickelte, war häufig mit hohem Gras bewachsen (ein möglicher Grund, den aufrechten Gang zu entwickeln, um weiter sehen zu können), in welchem die Hetzjagd schwierig und anstrengend ist – wegen des Widerstandes des Bewuchses und der Versteckmöglichkeiten der Beutetiere. Dennoch scheinen die aufgezählten Anpassungen tatsächlich dem Laufen geschuldet zu sein, warum auch immer. Schon Kinder bewegen sich am liebsten laufend vorwärts, und die Kindheit ist ja auch dazu da, die für das spätere Leben nötigen Fähigkeiten zu lernen. Kurzum, wie der tschechische Langstrecken-Weltrekordläufer Emil Zátopek es einst vortrefflich auf den Punkt brachte: Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.

Vielleicht habe auch ich genau deswegen so viel Freude an der Lauferei, dass ich mir das Leben ohne sie nicht mehr vorstellen kann und verletzungsbedingte Laufpausen als Höchststrafe empfinde. Keine andere Sportart (neben Laufen schwimme ich regelmäßig und fahre auch ein wenig Rad) ergibt einen solchen Kick, der sich erst hinterher einstellt, während der Lauf selbst oft ein wenig masochistische Anflüge annimmt. Und so quäle ich mich auch in der Sommerhitze durch schattige Flußauen und Wälder, und wundere mich darüber, wozu Augenbrauen eigentlich gut sein könnten. Ich denke, ich habe die Antwort gefunden.

 

Referenzen

Kommentare (32)

  1. #1 rolak
    6. Juni 2019

    oberhalb von 23° C .. anstrengend

    Das stimmt bei mir KaltseitenBewohner auch ohne Laufen ;•)

    beim letzten Lauf feststellen durfte

    Und mehr zu schwitzen scheine ich (zumindest obenrum) auch, denn dieser Salz’brand’ nervt mich schon solange ich zurückdenken kann.
    Jedenfalls weiterhin viel Spaß beim Laufen, an sich und weil es eine erfolgreiche sinnvolle Lebensumstellung war – da gehört Spaß dabei als Belohnung dazu!

  2. #2 Dr. Webbaer
    6. Juni 2019

    Der Evolutionsbiologe Daniel Lieberman vertritt die Theorie, dass der Mensch sich in der afrikanischen Steppe zum Hetzjäger entwickelte.

    Könnte stimmen.
    Die Augenbrauen schützen die Augen, als Fellrestbestand sozusagen, sie sind auch sensibel und haben wohl schon manches Augenlicht, im Dunkeln, gerettet, bei anderen “Jägern” wie der Katze beispielsweise wird dies klarer.
    MFG
    Dr. Webbaer

  3. #3 Dr. Webbaer
    6. Juni 2019

    Bonuskommentar :

    Der Webbaer ist auch mal längere Zeit nur scheinbar sinnlos herumgelaufen, leider machten die Gelenke irgendwann nicht mehr mit, kleiner Gag am Rande : dem ‘Vierbeiner’ ist es von Vorteil, dass auch mal ein Bein kaputt gehen kann und ansonsten fröhlich weitergelebt wird, Dr. W sieht dies an seinen (teils wilden) Katzen, die er bewirtet, nicht ins Haus einsperrt und nicht, wie Hundebesitzer etwa, zu dominieren sucht.
    Einen sog. ‘Kick’ hat Dr. W beim Laufen nie erlebt, auch kein sog. ‘High’, lol, abär der ist schon lange Zeit sozusagen streng gelaufen, täglich und mit dem sozusagen Höchstwert 20 km.
    Das Gute am Laufen ist die Aufrechterhaltung und Fittung der Konstitution, im Sinne des Herz-Kreislauf-Trainings, nicht so-o gut ist der damit verbundene körperliche Verschleiß.
    Abär der Webbaer geht davon aus, dass alles seinen gerechten Gang geht, Dr. W mag diese – im dankenswerterweise bereit gestellten WebLog-Eintrag – strenge, naturalistische Sicht auf das Sein.

  4. #4 Hobbes
    6. Juni 2019

    Schwitzen ist die am meisten unterschätze Fähigkeit die der Mensch hat.
    Allein die “Opportunitätskosten” dafür sind gewaltig. Massiver Wassererlust bei Hitze und fehlendes Fell gegen kälte. Aber trotzdem hat es sich durchgesetzt. Allein das sollte einem schon zeigen wie wichtig diese Eigenschaft ist.
    Gibt es eigentlich irgendwelche anderen Tiere die auch richtig schwitzen?

  5. #5 Captain E.
    6. Juni 2019

    @Alderamin:

    Ein Vorteil der menschlichen Anatomie bei der Hetzjagd (also beim Laufen+) ist es, dass das Gehirn daran denken kann, Wasser und Nahrung mitzunehmen, und es hat zudem Möglichkeiten ersonnen, wie man beides transportieren kann. Der Jäger ist zwar langsamer als seine Beute, aber ausdauernder, und vor allem kann er im Gehen essen und trinken, dank der zum Laufen wenig geeigneten Hände. Wenn du also Wasser mitnimmst, stehst du voll in der Tradition.

    Trainierte Angehörige von Naturvölkern können natürlich auch schneller. Dokumentarfilmer Dirk Steffens hat sich mal vor der Kamera in Namibia von zwei ziemlich schnellen Buschleuten abhängen lassen und konstatierte danach: “Die schwitzen noch nicht einmal!” Nicht ganz korrekt, aber anstrengend war es für die beiden wohl wirklich nicht. Auch aus Namibia stammte die Dokumentation einer Hetzjagd. Außer zu Beginn ist da eigentlich keiner gerannt, und die eigentliche Jagd wurde im Grunde von nur einem Jäger durchgeführt, immer schön langsam. Für das Beutetier war es am Ende trotzdem zu schnell. Es konnte nicht fressen (bzw. wiederkäuen), trinken oder sich abkühlen und ist an einem Hitzschlag zugrund gegangen.

  6. #6 AndreasMa
    6. Juni 2019

    @Hobbes: Pferde können richtig schwitzen, durch tensidartige Proteine im Schweiß sogar durch das eigentlich wasserdichte Fell hindurch.

  7. #7 tomtoo
    6. Juni 2019

    Sehr spannend. Ich hab mich ja schon immer gefragt warum der Mensch nackt durch die Gegend eiert. Erscheint nackt sein, zumindest im ersten Eindruck, ja eher als Nachteil.

  8. #8 Captain E.
    6. Juni 2019

    @tomtoo:

    Tja, Kleidung lässt sich einfach an- und ablegen. Der Wechsel eines Fells (oder Gefieders) von Sommer zu Winter oder umgekehrt dauert seine Zeit. 😉

  9. #9 Alderamin
    6. Juni 2019

    @Dr. Webbaer

    Die Augenbrauen schützen die Augen, als Fellrestbestand sozusagen, sie sind auch sensibel und haben wohl schon manches Augenlicht, im Dunkeln, gerettet, bei anderen “Jägern” wie der Katze beispielsweise wird dies klarer.

    Die Schnurr- und Augenhaare der Katzen haben natürlich Tastfunktion, aber unsere sind davor wohl etwas kurz. Man liest, dass sie die Augen vor Staub schützen sollen, aber das tun wohl eher die Wimpern. Man sagt auch, sie dienten als Sonnenschutz, aber dafür sind sie ziemlich flach geraten. Rinnendes Wasser aufhalten können sie wohl am besten.

    Der Webbaer ist auch mal längere Zeit nur scheinbar sinnlos herumgelaufen, leider machten die Gelenke irgendwann nicht mehr mit

    Das hatte ich mit knapp 30 Jahren auch mal, Knie taten weh, aufgehört. Am Ende waren es die Schuhe! Ich bin mit 54 weiter gelaufen als ich es mit 28 je konnte. Man kann sich ja auch mal abchecken lassen, wenn die Gelenke ok sind, kann man laufen. Manchmal ist Laufen sogar gut gegen Arthrose.

    Einen sog. ‘Kick’ hat Dr. W beim Laufen nie erlebt, auch kein sog. ‘High’, lol, abär der ist schon lange Zeit sozusagen streng gelaufen, täglich und mit dem sozusagen Höchstwert 20 km.

    Das war ja schon ordentlich, vielleicht auch zu viel. Eine halbe Stunde zwei bis dreimal die Woche reicht für die Gesundheit allemale und belastet nicht so. Bei mir kommt dann allerdings der Ehrgeiz hinzu, schneller/höher/weiter zu wollen. Das sorgt dann am Ende für die Laufpausen, man muss beim Steigern sehr vorsichtig sein.

    Was den “Kick” betrifft, ich schrieb ja, dass der eher hinterher kommt. In jungen Jahren hatte ich den “Runners High” öfters erlebt, wenn ich mich eine halbe Stunde gequält hatte, fiel es plötzlich viel leichter und man meinte zu schweben. Das habe ich jetzt nicht mehr, nur das wohlige Gefühl hinterher, nach dem Duschen.

    Als ich mit 51 wieder anfing und auch Ende Januar nach 4 Monaten Verletzungspause (gebrochener Knöchel) war es eine richtige Plackerei, die überhaupt keinen Spaß machte, bis ich wieder “drin” war. Das dauerte fast zwei Monate! Wenn ich so in mich reinhorche, scheint der Körper auch eher gegen die Anstrengung toleranter zu werden, als dass sie geringer wird, man hört nicht mehr so auf Beine und Lunge, wenn die sich beklagen, und blendet sie aus. Natürlich fällt auch der Puls und Atmung wird effizienter bei gleichem Tempo. Nur: bei mir geht dann einfach das Tempo rauf und die Anstrengung bleibt gleich – zum langsam Laufen muss ich mich zwingen (und langsame, lange Läufe sind auch wichtig für die Kondition, Tempo soll nur 5% der Gesamtstrecke ausmachen, zur Schonung der Gelenke). Daher der im Artikel erwähnte Anflug von Masochismus. Qualität kommt von Qual, wie Achim Achilles (Journalist Hajo Schumachers ex-Alter-Ego) zu sagen pflegte.

    Aber schlimmer als die Anstrengung ist das Angebundensein, wenn ich nicht laufen kann oder darf. Das ist das Schöne, wenn man einmal “drin” ist, wird das Laufen zum “Selbstläufer”. Wer einmal eine halbe Stunde am Stück laufen kann, habe ich irgendwo gelesen, hört nie mehr damit auf. Na ja, manchmal lassen es die Lebensumstände nicht zu, aber zumindest ist der innere Schweinehund dann abgerichtet.

  10. #10 Alderamin
    6. Juni 2019

    @Captain E.

    Außer zu Beginn ist da eigentlich keiner gerannt, und die eigentliche Jagd wurde im Grunde von nur einem Jäger durchgeführt, immer schön langsam.

    Ja, anfangs ist das Tier noch schnell, da darf man es nicht aus den Augen verlieren. Nachher bringt Hetzen nicht viel, irgendwann kippt es eh um, und solange man den Sichtkontakt halten kann, braucht man sich nicht mehr als nötig anzustrengen. Bringt ja auch nichts, mehr Kalorien zu verbrauchen, als man später zu sich nimmt. Und das Tier muss ja auch zum Stamm zurückgeschleppt werden.

    Weil das aber anstrengend ist, habe ich gelesen, war die Jagd auf Wild eher wie heute der Sonntagsbraten zu werten. Die meiste Nahrung lief nicht weg und wurde gesammelt. Häufig von den Frauen, die somit mehr zur Ernährung der Gruppe beitrugen, als die Männer (ja, es gibt auch Funde von Jägerinnen, weiß ich, aber auch bei heutigen Naturvölkern jagen überwiegend die Männer).

  11. #11 Captain E.
    6. Juni 2019

    @Alderamin:

    Ja, anfangs ist das Tier noch schnell, da darf man es nicht aus den Augen verlieren. Nachher bringt Hetzen nicht viel, irgendwann kippt es eh um, und solange man den Sichtkontakt halten kann, braucht man sich nicht mehr als nötig anzustrengen. Bringt ja auch nichts, mehr Kalorien zu verbrauchen, als man später zu sich nimmt. Und das Tier muss ja auch zum Stamm zurückgeschleppt werden.

    Auf ebenem und spärlich bewachsenen Gelände kann ein guter Jäger das Tier vermutlich noch sehen, wenn es schon wieder aufgehört zu rennen, und bevor es sich hätte erholen können, scheucht er es wieder auf. Als guter Spurenleser muss man aber wohl auch nicht in Hektik verfallen. 🙂

    Weil das aber anstrengend ist, habe ich gelesen, war die Jagd auf Wild eher wie heute der Sonntagsbraten zu werten. Die meiste Nahrung lief nicht weg und wurde gesammelt. Häufig von den Frauen, die somit mehr zur Ernährung der Gruppe beitrugen, als die Männer (ja, es gibt auch Funde von Jägerinnen, weiß ich, aber auch bei heutigen Naturvölkern jagen überwiegend die Männer).

    Tja, das hängt wohl davon ab, was man so jagt. Aus Australien stammen die dokumentarischen Szenen, in denen Aborigine-Jägerinnen gezeigt werden. Ihre traditionelle Jagdbeute ist leider wegen den eingeschleppten Katzen (Autoaufkleber: “Only a flat cat is a good cat!”) selten geworden, also jagen sie nun mit großen Patschen die Katzen. Da gab es dann wohl mal wieder “Dachhase”. 😉

  12. #12 tomtoo
    6. Juni 2019

    @Captain E
    Das ist es ja. Sind wir nackt weil wir es können, oder können wir es weil wir nackt sind ?
    Also die Kleidung, nicht das es falsch verstanden wird. ; )

  13. #13 Captain E.
    6. Juni 2019

    @tomtoo:

    Ich hätte da eine ähnliche Frage für dich: Können wir so gut kochen, weil wir so ein großes Gehirn haben, oder haben wir so ein großes Gehirn, weil wir so gut kochen können?

  14. #14 Alderamin
    6. Juni 2019

    @tomtoo

    Evolution ist ein Wechselspiel zwischen zufälligen Mutationen und Fähigkeiten einerseits und der Selektion durch äußeren Druck der Umwelt andererseits. Ich weiß nicht, ob unsere affenartigen Vorfahren mit Fell schon schwitzen konnten, aber angenommen sie konnten es, dann waren in der offenen Savanne diejenigen Individuen mit weniger Fell im Vorteil, da sie sich schneller bewegen oder mehr anstrengen konnten, und schon war der Selektionsdruck da, die Haare zu verlieren – die natürlich wiederum vor der Sonnenstrahlung und vor Kälte schützen, also kam es natürlich auch auf diese Faktoren an, eine dunkle Haut und nicht zu geringe Nachttemperaturen.

    Am Ende schaukelte sich das dann sicherlich hoch. Wenn man sich mit Fellen kleiden und in Höhlen oder Hütten leben kann, sind die Temperatur- und UV-Probleme gelöst.

  15. #15 Dr. Webbaer
    6. Juni 2019

    Die Augenbrauen helfen auch Menschen, wenn sie im Dunkeln gegen etwas laufen, dann tritt eine Art Schock ein und es wird reflexartig zurückgewichen.
    Das mit dem “zu viel” haben Sie richtig eingeschätzt, lieber “Alderamin”, Dr. W ist jahrelang abend immer mindestens eine Stunde gelaufen, was nicht so-o gut war, er hatte da eine sehr schöne Umgebung, wo das Laufen Spaß machte, nun zumindest als Qual nicht unerträglich geworden ist.
    Sie klingen so jung, Herr “Alderamin”, mit den Altersangaben haben Sie den Webbaer überrascht.
    MFG
    Dr. Webbaer (der leider / zum Glück nicht mehr läuft, Trimmrad ginge aber, macht aber überhaupt keinen Spaß)

  16. #16 Alderamin
    6. Juni 2019

    @Dr. Webbär

    Sie klingen so jung, Herr “Alderamin”, mit den Altersangaben haben Sie den Webbaer überrascht.

    Seit März M55 😉

  17. #17 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    7. Juni 2019

    Apropos Hetzjagd: https://www.bbc.com/news/world-africa-24953910

    > #9 Alderamin, 6. Juni 2019
    > … zum langsam Laufen muss ich mich zwingen (und langsame, lange Läufe sind auch wichtig für die Kondition, Tempo soll nur 5% der Gesamtstrecke ausmachen, zur Schonung der Gelenke). Daher der im Artikel erwähnte Anflug von Masochismus. Qualität kommt von Qual, wie Achim Achilles (Journalist Hajo Schumachers ex-Alter-Ego) zu sagen pflegte.

    Es ist immer wieder vom Homo Sapiens und seiner herausragenden Stellung die Rede, die er angeblich seinem besonderen Gehirn verdankt. Gerade bei Läufern scheint es auffällige Ausnahmen zu geben:

    Einer meiner schlimmsten Läufe…

    vs.

    Der selbe Montag

  18. #18 tomtoo
    7. Juni 2019

    @Captain.E. #13
    Das scheint so eine Art positive Rückkopplung zu sein, bis wir platzen . ; )

  19. #19 Captain E.
    7. Juni 2019

    @tomtoo:

    Das scheint so eine Art positive Rückkopplung zu sein, bis wir platzen . ; )

    Oh, welch schöne Aussichten! 😉

    Nun ja, aber auf alle Fälle wird das Kochargument gerne von Vegetariern, Veganern oder Rohköstlern verwendet. Der Mensch habe erst vor ein paar tausend Jahren mit dem Kochen angefangen, sei also deshalb nicht daran angepasst und sollte am besten nur Lebensmittel verzehren, die man roh essen kann bzw. sollte. Damit denken sie natürlich vor allem an Fleisch.

    Aber abgesehen davon, dass Inuit und andere Naturvölker traditionell ihr Fleisch roh gegessen haben (“Eskimo” soll in einer indianischen Sprache “Rohfleischesser” bedeuten!), stehen noch heute Tatar, Mett, Carpaccio oder roher Schinken auf der Speisekarte. Das Koch als kulturelle Errungenschaft hingegen ist sehr viel älter. Tatsächlich können wir als Angehörige der Spezies Homo sapiens uns diese Erfindung nicht zuschreiben, denn das war (fast sicher) der Homo erectus. Unsere Anatomie gerade im Bereich des Kopfes ist also das Resultat jahrhunderttausendelangem Kochens.

  20. #20 tomtoo
    7. Juni 2019

    OT
    Weil wir gerade beim Kochen sind. Mensch 150 Jahre Periodensystem und Jahr des Periodensystems und noch keine hier auf SB hat was dazu geschrieben. Oder hab ich’s verpeilt? Chemiker schämt euch! ; )

  21. #21 Karl-Heinz
    9. Juni 2019

    @tomtoo

    Das Periodensystem. Es feiert im Jahr 2019 seinen 150. Geburtstag.

    https://www.spektrum.de/pdf/spektrum-kompakt-das-periodensystem-der-elemente/1633608

  22. #22 Tobi
    9. Juni 2019

    Sie als Brillenträger brauchen das nicht, aber bevor es die Sonnenbrille gab, dienten die Augenbrauen u.a. auch als Schutz vor der Sonne.

    Freue mich schon auf die kommenden Artikel:
    – wozu brauchen wir Nasenhaare?
    – wozu brauchen wir Ohrhaare?

  23. #23 Dr. Webbaer
    10. Juni 2019

    Theo Waigel ist als Augenbrauenträger des Jahres 2019 (und einiger Jahre zuvor) bisher übrigens nicht genannt worden, würde er seine Augenbrauen nicht regelmäßig stutzen oder finetunen, würde womöglich ein Apparat entstehen, der dem einiger Bartträger nahe kommt, die immer Barthaare mitessen (was gar nicht gesund ist).
    Nasenhaare können auch als Barthaare genutzt werden, ähnlich gilt es für Ohrenhaare, nicht immer sozial akzeptant.
    HTH (“Hope this Helps”)
    Dr. Webbaer

  24. #24 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    11. Juni 2019

    > Achselhaar mindert die Reibung zwischen den Armen und dem Körper, die beim Laufen viel größer ist als beim Gehen

    Reibung zwischen Armen und Körper ist kontraproduktiv und sollte selbst von Hobby-Läufern vermieden werden.

    Ab ungefähr 120.000 km war das bei mir über Jahrzehnte vorhandenen Achselhaar verschwunden, was sich als sehr praktisch herausstellte.

  25. #25 Wilhelm Leonhard Schuster
    Ansbach
    12. Juni 2019

    In jungen Jahren, als Bub, bin ich gerne durch die Gegend (und zur Schule) gerannt.
    Neidvoll erkannte ich, daß die, 50 Meter vor dem Heimathause vorbeibrausende Dampflokomotive , von mir, nie eingeholt werden könne.
    So, sagte ich mir, mit dem Fahrrad kannst Du, wenigstens annähernd, mit dem schwarzen gleisgebundenem Ungetüm konkurieren.

    Radfahren- statt zu laufen, hat mir zeitlebens viel Freude bereitet. Dies hatte jedoch den Nachteil , daß ich die Spitze des “Hochgrat” niemals “diretissima” mit dem Rade erreichen konnte. (Keine Bikes damals)

    Deshalb: Zu Fuß von Franken zum Bodensee und dann: quer den Alpen entlang bis Rosenheim.(war einfach herrlich)
    Und heute ?
    Ich bin froh, daß mein “Schnauferla mit 87” noch
    zuläßt , die Treppe gesund und munter, rauf und runter, zu meinem Astra, aufrecht, ohne krummen Buckel zu gehen.

    Lokomotive hin, Astro Flug zum Mond oder Mars her.

    Neugierig bin ich, natürlich, auf den Flug in die ewigen
    Jagdgründe.

  26. #26 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    14. Juni 2019

    > #25 Wilhelm Leonhard Schuster, Ansbach, 12. Juni 2019
    > Ich bin froh, daß mein “Schnauferla mit 87” noch
    zuläßt , die Treppe gesund und munter, rauf und runter, zu meinem Astra, aufrecht, ohne krummen Buckel zu gehen.


    Hermann Huber (*1930)
    schnauft auf dem E-Mountainbike.

  27. #27 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    14. Juni 2019
  28. #28 Wilhelm Leonhard Schuster
    Ansbach
    15. Juni 2019

    Bergwandern und Gesundheit-.
    Um die Dreißig, glaubte ich, völlig körperlich OK zu sein.

    Der Wendelstein, den ich per Wanderweg im flottesten Laufschritt schweißgebadet “erklomm”
    (andere Wanderer,die Augenbrauen hochziehend: Der spinnt doch total), hat mich gelehrt, daß meine Lunge
    total mit Schleim versaut gewesen ist.

    Heutzutage möchte ich, in diese nicht reingucken.
    6 E Bike Fahrer hohen Alters haben mir berichtet, mühelos an der Burg Colmberg vorbei, die Anhöhe bewältigt zu haben.
    Ich muß das Ding also mal ausprobieren.

  29. #29 Alderamin
    15. Juni 2019

    @WLS

    Ja, diese E-Bikes sind schon eine tolle Sache. Ich wollte neulich mit meinem Sportrad (kein Rennlenker, aber sonst ähnlicher Aufbau, 9 kg) einen Anstieg hoch, ca. 1,5 km, bis 16% Steigung, und musste zweimal um Luft ringend absteigen, trotz meiner Lauferei. Als die Einheit dann auf dem Garmin-Portal gespeichert war, gab die Webseite an, der Anstieg sei ein “Segment”, die hat irgendwann mal jemand als Streckenabschnitt markiert, auf dem sich alle Fahrer mit Garmin-Fahrradcomputern oder Sportuhren mit ihren Zeiten eintragen lassen können, um sich miteinander zu messen (oder anzugeben).

    Ich habe mich zwar nicht eintragen lassen, aber mal geschaut, was andere da so im Schnitt gefahren sind. Der erste hatte 25 km/h geschafft. FÜNFUNDZWANZIG! IM SCHNITT! Bei 10-16% Steigung !!1elf!! Ich habe mich erst wieder einbekommen, als ich den Fahrradtyp, den der Kerl eingetragen hatte, im Internet nachgeschlagen hatte. War ein E-Bike. Ach soooo…. Der zweite war immerhin mit 18 oder 19 km/h raufgefahren, ohne Motor. Respekt.

    Hab meiner Frau auch so ein Pedelec gekauft, damit ich Tempo fahren kann und sie hinterher kommt. Blöde ist nur, dass die bei 25 km/h den Motor abschalten. 30 km/h wäre sinnvoller. Die fahre ich ohne Motor auf gerader Strecke ja auch, wenn ich will. Ja, kann man tunen, aber dafür fehlt mir die kriminelle Energie.

  30. #30 Schuster Wilhelm Leonhard
    Ansbach
    16. Juni 2019

    @Alderamin
    Das mit dem “nicht(darf)vorhandenem kriminellen Energie” Problem, ist in unserem behördlich überaus gut geregeltem Zusammenleben : so manches Mal auch ein Problem, das die Augenbrauen stark belastet.
    Beispiel:
    Einer alleinstehenden (offensichtlich nicht versicherten) Dame ist die Scheune abgebrannt .(Elektroschaden)?
    Die linke Hälfte des Hauses (2 Zimmer und Bad) ist durch Wasserschaden beeinträchtigt und stark geschädigt. Alles übrige aber OK. und absolut bewohnbar.
    Die verplombte Hauptsicherung am Zähler ist
    durchgebrannt . Das Anwesen ist ohne Strom und Wasser.
    Die Dame hat man als Obdachlose in einem Hause gut untergebracht. Sie soll aber dafür an die 500 E. Miete bezahlen, die sie nicht aufbringen kann.

    Sie zieht also in ihr Anwesen, ohne Strom und Wasser.
    Und nun das Problem :

    Bisher sämtliche E. Handwerker wollen (müssen)
    das Haus durchmessen und wollen (müssen?) sämtliche Leitungen im Hause neu verlegen.
    (Kosten um 1500 bis 2000 E die die Dame nicht aufbringen kann.)

    Folge : Keiner bricht die Plombe und sorgt (bei ca 200 E Kosten ?) für Strom im Hause.

    Dabei wären doch einfach nur die fehlerhaften Bereiche am Sicherungskasten totzulegen.
    Als E Fachmann aber “Nichtinstallateur”. darf ich da auch nicht ran. (Da mir die kriminelle Energie fehlt)

  31. #31 Schuster Wilhelm Leonhard
    Ansbach
    17. Juni 2019

    NB. Ich habe vergessen zu bemerken, daß die Leitungen im Hause , ca 1980 verlegt worden sind, also kein Schrott von 1920.

  32. #32 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    18. Juni 2019

    > #30 Schuster Wilhelm Leonhard, Ansbach, 16. Juni 2019
    > Die verplombte Hauptsicherung am Zähler ist
    durchgebrannt. Das Anwesen ist ohne Strom und Wasser.

    Ein Bekannter mit großem Haus heuert die Handweker im Internet und kriegt immer, was er bestellt.