Ich bin ja immer auf der Suche nach guten astronomischen Kinderbücher. Die zu finden ist gar nicht so einfach – ab und zu hat man aber doch Erfolg. Und als ich dann kürzlich auf “Boy, were we wrong about the solar system” von Kathleen Kudlinski und John Rocco gestossen bin, habe ich mich sehr gefreut! Denn dieses Buch betrachtet das Thema Astronomie aus einem ganz besonderen Blickwinkel.
“Irren ist menschlich” heisst es ja und da Wissenschaft von Menschen getrieben wird, ist es auch nur natürlich, dass man sich auch in der Wissenschaft irrt. So wie jedem anderen menschlichen Vorhaben werde auch in der Wissenschaft jede Menge Fehler und falsche Annahmen gemacht. Aber – und das ist das ja gerade das, was Wissenschaft ausmacht – diese Fehler werden früher oder später erkannt und korrigiert! Sinn und Zweck der wissenschaftlichen Methode ist es, die menschlichen Subjektivitäten und die Unzulänglichkeiten unserer Sinnesorgane und des menschlichen “Hausverstandes” auszugleichen und zu verläßlichen und objektiven Erkenntnissen zu führen.
Dieser Aspekt der Wissenschaft wird aber viel zu selten kommuniziert. Und wenn dann wieder einmal Forschungsergebnisse veröffentlich werden die dem bisherigen Kenntnisstand widersprechen, dann sehen das viele Menschen als Schwachpunkt der Wissenschaft an: “Die Wissenschaftler sind sich ja selbst nicht einig, warum soll sie dann irgendwer ernst nehmen”. Dabei ist gerade die Fähigkeit Fehler zu akzeptieren und zu korrigieren die große Stärke der Wissenschaft. Klar, manchmal dauert es bis sich eine richtige Erkenntnis durchsetzt. Und manchmal wird diese Korrektur auch aus rein menschlichen Eitelkeiten verzögert. Aber am Ende wird die falsche Theorie verworfen und die richtige akzeptiert werden. Die Geschichte zeigt uns da ja wunderbar. Egal wie “absurd” die Ideen und Theorien waren – zum Beispiel bei Quantenmechanik, Relativitätstheorie oder Plattentektonik – am Ende haben sie sich durchgesetzt; eben weil sie die Realität besser erklären können als ihre Vorgänger. Und allein das zählt für die Wissenschaft.
Das Buch “Boy, were we wrong about the solar system!” probiert genau das zu kommunizieren. Es beginnt mit den allerersten Vorstellung der flachen Erde bzw. einer Erde um die sich die Sonne dreht und zeigt dann, wie wir von dort aus zu unserer heutigen Weltsicht gekommen sind. Dabei mussten wir Stück für Stück bisher als richtig angesehene Theorien verwerfen. Die Erde ist nicht flach; sondern eine Kugel. Die Himmelskörper sitzen nicht auf kristallenen Sphären und die Sterne sind nicht unveränderlich. Die Erde steht nicht im Zentrum des Universums und die Bewegung der Planeten und anderere Himmelskörper folgt dem gleichen Gravitationsgesetz das auch die Bewegung der Objekte auf der Erdoberfläche bestimmt. Sogar die neuesten “Revisionen” der Astronomie – die Degradierung von Pluto zum Zwergplanet – wird erwähnt.
Prinzipiell würde ich ein Buch dieser Art hervorragend finden. Es transportiert jede Menge Grundlagenwissen über Astronomie und das Sonnensystem; die Illustrationen sind gut und die Idee sich auf die Korrekturen im wissenschaftlichen Weltbild zu konzentrieren ist originell und genial. Leider hat Kudlinski das ganze durch einen sehr schlecht recherchierten Text ruiniert. So wird zum Beispiel behauptet, dass sich die Bewegung von Saturn nicht mit dem Gravitationsgesetz in Einklang bringen lies – weswegen man auf die Existenz eines weiteren Planeten geschlossen hat und so Neptun fand. Aber natürlich waren es die Unregelmäßigkeiten in der Bewegung des Uranus die zur Entdeckung des Neptun führten. Dieser Fehler wird fortgesetzt: ein paar Seiten später behauptet die Autorin, Unregelmäßigkeiten der Neptunbahn hätten zur Entdeckung des Uranus geführt. Der wurde aber schon lange vor Neptun gefunden und seine Entdeckung hatte auch nichts mit irgendwelchen Bahnstörungen anderer Planeten zu tun. Und schließlich hat auch das Hubble-Teleskop weder Bilder der Oortschen Wolke gemacht, noch hat es als erstes einen “Beweis” für die Existenz extrasolarer Planeten gebracht.
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