Der größte Asteroid im Hauptgürtel bzw. kleinste der Zwergplaneten – Ceres – hat keinen Mond. Ok, warum ist das interessant? Haufenweise Dinge haben keinen Mond. Sogar Planeten wie Merkur und Venus haben keinen Mond. Wäre es nicht interessanter zu wissen, wer einen Mond hat? Was ist so interessant daran, dass ein Asteroid keinen Mond hat?
Erstmal ist die Tatsache bemerkenswert, dass die Ergebnisse überhaupt publiziert worden sind. Das passiert ja leider mit viel zu wenigen negativen Resultaten. In der Wissenschaft geht es nicht nur um neue Entdeckungen. Herauszufinden, was irgendwo nicht möglich ist, nicht passiert ist oder nicht da ist, ist genauso wichtig. So sollte es zumindest sein. Aber in der Realität landen die negativen Resultate dann doch oft in der Schublade anstatt in einer Fachzeitschrift. Mit Ergebnissen dieser Art macht man halt weniger Eindruck. Hätte man bei Ceres einen Mond gefunden, dann wäre diese Nachricht wenn auch keine wirkliche Sensation doch zumindest in den Wissenschaftsspalten der diversen Medien erwähnt worden. Ceres ist immerhin ein Zwergplanet und ein neuer Mond dort hätte durchaus Nachrichtenwert. Das man dort keinen Mond gefunden hat, interessiert allerdings abseits der Astronomie kein Schwein (und selbst unter Astrononem hält sich das Interesse wohl in Grenzen).
Es ist also sehr vorbildlich, dass Allyson Bieryla von der Harvard Universität und ihre Kollegen die Ergebnisse ihrer Suche veröffentlich haben. Abgesehen davon sind die Ergebnisse interessant. Die Suche nach Monden von Asteroiden bzw. Doppel- oder Mehrfachasteroiden ist durchaus wichtig. Kennt man einen Asteroiden der von einem Mond umkreist wird, dann kann man so seine Masse sehr genau bestimmen (etwas, was normalerweise bei Asteroiden nicht so einfach ist). Man braucht einfach nur die Umlaufzeit des Mondes beobachten und dann das dritte Keplersche Gesetz benutzen. Hat man dann noch Glück und kann – z.B. durch Radarbeobachtungen – die Form des Asteroiden bestimmen kennt man sofort seine mittlere Dichte und kann herausfinden, aus welchem Material er besteht. Will man also mehr über Asteroiden herausfinden, dann ist es äußerst vernünftig nach Monden zu suchen.
Mittlerweile kennt man schon einen ganzen Schwung solcher Objekte. An die 200 Monde von Asteroiden bzw. Zwergplaneten sind bekannt und die sind dabei nicht auf die klassischen Asteroiden im Asteroidengürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter beschränkt. Asteroiden gibt es überall im Sonnensystem und alle Asteroiden können Monde haben. Das liegt auch an der Dynamik der Kleinkörper. Oft kollidieren sie miteinander und es bilden sich Asteroidenfamilien aus Bruchstücken die alle ähnliche Bahnen haben. Dabei kann es auch passieren, das kleine Bruchstücke als Monde eingefangen werden. Dann sind die Asteroiden selbst oft nur lose zusammenhängende Haufen aus Gestein die sich unter dem Einfluss von nichtgravitativen Kräften (z.B. der YORP-Effekt) auflösen und zu Doppelasteroiden werden können. Je mehr wir über die Asteroidenmonde Bescheid wissen, desto besser verstehen wir auch die Asteroiden selbst. Und Ceres, der größte Asteroid im Hauptgürtel ist hier natürlich ein lohnendes Ziel für eine Suche.
Umso mehr, als Ceres auch das Ziel einer aktuellen Satellitenmission ist. Die NASA-Raumsonde Dawn ist gerade unterwegs in den Asteroidengürtel und wir später in diesem Jahr auf den Asteroiden Vesta treffen. Im Jahr 2015 ist dann das eigentlich Ziel der Reise erreicht: Ceres. Da will man natürlich vorher wissen, ob der Zwergplanet von einem Mond umkreist wird um die Dynamik der Orbits entsprechend planen zu können (nicht das die Sonde plötzlich mit dem Mond kollidiert oder so 😉 ). Bieryla und ihre Kollegen haben also das Hubble-Weltraumteleskop benutzt, um dort mal genau nachzusehen. Damit konnten sie immerhin Bilder mit einer Auflösung von 30 Kilometer pro Pixel machen! Das ist zwar sehr genau – aber schon fast wieder zu genau. Hubble bietet zwar eine hohe Auflösung aber ein kleines Gesichtsfeld. Die Hill-Sphäre ist aber groß. So nennt man nämlich den Bereich um einen Körper innerhalb dessen es für einen anderen Himmelskörper möglich wäre, ihn als Mond zu umkreisen. Ich habe das detailliert beschrieben. Bei Ceres beträgt der Radius dieser Sphäre etwa 220000 Kilometer. Das Hubble-Teleskop konnte diesen Bereich nicht komplett abdecken (bzw. es könnte schon – aber dann bräuchte man viel mehr Zeit als den Astronomen am Teleskop zugestanden wurde). Deswegen benutzten Bieryla und ihre Kollegen auch noch das 5-Meter Teleskop am Mount Palomar und erreichten damit immerhin auch noch eine Auflösung von 530 Kilometer pro Pixel.
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