Hubble ist zwar schon 24 Jahre alt, aber immer noch eines der wichtigsten Instrumente für die Astronomen. Adam Riess ist schon ein wenig älter, hat aber auch jede Menge Erfahrung mit der Entfernungsmessung. 1998 hat er den Abstand zu fernen Supernova-Explosionen bestimmt und im Zuge dessen die dunkle Energie entdeckt und dafür den Nobelpreis für Physik bekommen. Jetzt hat er sich eine neue Technik ausgedacht, um auch die Parallaxenmessung zu verbessern. Um die scheinbare Veränderung der Sternposition messen zu können, braucht man logischerweise möglichst scharfe Bilder. Riess dachte sich, dass man aber mal probieren könnte, keine punktförmigen Bilder der Sterne aufzunehmen, sondern sie durch das Bildfeld des Teleskops wandern zu lassen. Dann sieht man auf den Aufnahmen lange Sternspuren und Riess und seine Kollegen fanden ein paar neue mathematische Tricks, mit denen sich solche Strichdaten genauer und besser auswerten lassen als vorher die konventionellen Aufnahmen (“Parallax Beyond a Kiloparsec from Spatially Scanning the Wide Field Camera 3 on the Hubble Space Telescope”).

Striche statt Punkten (Bild: Riess et al, 2014)

Striche statt Punkten (Bild: Riess et al, 2014)

Es gelang ihnen mit dieser neuen Methode, die Entfernung zu einem 7500 Lichtjahre entfernten Stern enorm genau zu messen; etwas, das bisher nur bis zu Entfernungen von knapp 750 Lichtjahren möglich war. Bevor demnächst die neuen und revolutionären Entfernungsmessungen des GAIA-Teleskops gemacht werden, hat das alte Hubble-Teleskop also noch mal gezeigt, dass es auch noch ein paar gute Daten liefern kann. Mit der Messung der Entfernung zu einem schnöden Stern in unserer Milchstraße macht man vielleicht keine große Schlagzeilen in den Medien. Aber man schafft die Voraussetzungen für große Entdeckungen in der Wissenschaft. Und darauf kommt es ja eigentlich an…

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Kommentare (10)

  1. #1 Chemiker
    15. April 2014

    Will man wissen wie groß ein Stern ist; wie schwer, wie heiß, und so weiter: Dann muss man wissen, wie weit er entfernt ist.

    Folgt die Temperatur nicht einfach aus dem Spektrum (zumindest innerhalb der Milchstraße)? Warum spielt da auch die Entfernung eine Rolle?

  2. #2 Wurgl
    15. April 2014

    Wenn ich das Bild ganz genau betrachte, dann sind die Spuren nicht exakt senkrecht, sondern um ca. 1 Pixel schräg. Der Trick scheint also zu sein, durch diese ganz leichte Schräge die Auflösung dadurch zu verbessern, dass ein Pixel nicht mehr nur die Zustände “belichtet” und “unbelichtet” hat, sondern im Übergangsbereich auch den Zustand “x% belichtet”. Dadurch bekommt man Subpixel und erhöht so die Auflösung.

  3. #3 Alderamin
    15. April 2014

    @Chemiker

    Folgt die Temperatur nicht einfach aus dem Spektrum (zumindest innerhalb der Milchstraße)?

    Schon, aber die Beziehung zwischen Masse und Temperatur der Sterne musste man erst mal etablieren, und dazu musste man ihre Entfernung kennen. Heute z.B. ist es das Ziel, die Leuchtkraft-Pulsationsdauer-Abhängigkeit der Cepheiden möglichst genau zu beschreiben, weil man mit ihnen die Entfernungen zu nahen Galaxien bestimmen kann; dazu muss man ihre absolute Helligkeit genau kennen und dies setzt die Kenntnis über ihre Entfernung voraus.

    Wenn in einer nahen Galaxie, deren Entfernung mittels Cepheiden bestimmt wurde, zufällig mal eine Supernova vom Typ Ia explodiert, kann man wiederum deren Helligkeitskurve in Beziehung zur Entfernung setzen und damit die Entfernung weiter entfernter Galaxien bestimmen. Daraus folgt wiederum die Beziehung zwischen Entfernung und Rotverschiebung, die bis zur Grenze des sichtbaren Universums eingesetzt werden kann.

    Wie man sieht baut alles aufeinander auf. Ein Fehler auf der unteren Skala und alles darüber wird falsch. Schon einmal tat die Andromedagalaxie von einem Tag zu anderen einen Sprung um eine Million Lichtjahre von der Erde weg. Als man erkannte, dass es zwei Cepheidentypen mit verschiedenen Helligkeiten bei gleicher Pulsationsdauer gibt.

    Hipparcos war übrigens das erste Gerät, mit dem man die Parallaxe von Cepheiden direkt messen konnte, und das Hubble-Teleskop beobachtete viele Cepheiden in benachbarten Galaxien. Seitdem sank die Unsicherheit für den Hubble-Parameter von “zwischen 50 und 100 km/s/Mpc” auf ca. 74,3+/- 2,1 km/s/Mpc. Was für ein Fortschritt!

  4. #4 Roboterfotzkopf
    15. April 2014

    yeah, guter Artikel.

  5. #5 Silava
    15. April 2014

    Der Artikel ist mal wieder sehr interessant. Was Techniker so alles aus einem Gerät herausholen, obwohl es nicht dafür geplant war. Im Paper steht dass Hubble so eine Genauigkeit von 20-40 µas erreicht, das entspricht fast exakt dem Wert bei Gaia (25 µas). Nur arbeitet Gaia wesentlich effizienter, für Hubble gibt es mehr als genug andere wichtige Dinge zu beobachten.

  6. #6 stone1
    15. April 2014

    Toll, was man aus alternder Technik noch herausholen kann. Eine Verdoppelung der Reichweite der Entfernungsmessung wäre ja auch schon bemerkenswert gewesen, umso mehr beeindruckt die Verzehnfachung.

  7. #7 frantischek
    15. April 2014

    Kann man eigentlich sagen wie groß der Fehler in der Parallaxenmessung ist, der sich aus der Bewegung des Sonnensystems selbst ergibt? Oder irr ich mich so was gibt es gar nicht?

  8. #8 Florian Freistetter
    15. April 2014

    @frantischek: Also sagen kann man das sicherlich; das sollte sich leicht berechnen lassen. Ich hab nur leider gerade keine Zahlen parat.

  9. #9 Alderamin
    15. April 2014

    @frantischek

    Gute Frage, habe ich noch nie drüber nachgedacht. Die Bewegung der Erde um die Sonne erfolgt mit 29,8 km/s, die Sonne bewegt sich selbst mit 19 km/s zwischen ihren Nachbarn, das wird sicherlich einen großen Einfluss haben.
    Kann man aber bestimmt leicht herausrechnen, denke ich, man weiß ja, dass sich die Sonne in Richtung Sternbild Herkules bewegt.

  10. #10 Luk
    16. April 2014

    @Wurgl

    Wenn ich das recht verstanden habe besteht der Trick darin, dass man nicht einen Messpunkt hat sondern hunderte, dabei mittel sich zufällige Fehler aus (des Teleskops usw.) die kann man dann herausrechnen.
    So kann man senkrecht zur linie sehr genau sagen wo der Stern ist.
    Es werden dann anscheinen noch viele andere Effekte berücksichtigt. Das ganze Paper hab ich nicht durchgelesen.