Heute wird es in der Serie “Fragen zur Astronomie” wieder einmal ganz grundlegend. Jeder kennt Sternbilder und von Sternzeichen hat sicher auch jeder schon mal gehört. Aber: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Sternbild und einem Sternzeichen?
Für die Antwort darauf müssen wir ein bisschen zurück in die Vergangenheit schauen. Zuerst einmal gar nicht so weit, sondern nur bis ins Jahr 1928. Da hat die Internationale Astronomische Union (IAU) hochoffiziell eine Liste mit 88 Sternbildern angenommen, die der belgische Astronom Eugéne Delporte erstellt hatte. Seit damals gilt diese Liste unverändert und definiert, was ein “Sternbild” ist. Es handelt sich dabei um eine abgegrenzte Region am Himmel; mal größer und mal kleiner. Die Sternbilder tragen manchmal bekannte Namen wie “Löwe”, “Schütze” oder “Orion”. Aber auch eher unbekannte Sternbilder sind darunter wie zum Beispiel der “Becher”, der “Grabstichel” oder die “Luftpumpe”. Wenn wir irgendwo Abbildungen von Sternbildern sehen, dann sind darin meistens irgendwelche Linien gezogen, die mit viel Phantasie als Darstellung des Objekts angesehen werden können, das dem Sternbild seinen Namen gegeben hat. Aber es ist wichtig sich daran zu erinnern, dass das Sternbild nicht nur aus den durch die Linien verbundenen Sternen besteht, sondern aus dem kompletten Bereich des Himmels, der von den Grenzen des Sternbilds definiert wird und alle Sterne die innerhalb dieser Grenzen liegen, gehören dazu.
Das sieht man hier an dieser typischen Darstellung des Sternbilds “Walfisch” recht gut:
Ob man in dem durch die grünen Linien gezeichneten Bild einen Walfisch erkennt oder nicht, ist Ansichtssache. Aber mit dem Sternbild selbst hat diese Linie nichts zu tun, man könnte sie genau so gut irgendwie anders zeichnen. Das Sternbild wird durch die im Bild gelb eingezeichnete Linie definiert: Alles was sich am Himmel darin befindet, gehört zum Sternbild Walfisch.
Vor der offiziellen Definition aus dem Jahr 1928 gab es keine eindeutig festgelegten Grenzen. Es gab viele verschiedene Sternbilder die sich im Laufe der Zeut verschiedene Leute ausgedacht haben und manche davon wurden allgemein anerkannt, manche nicht. Immer wieder gab es Astronomen, die den ganzen Himmel mit neu definierten Sternbildern zupflasterten und sie nach Königen, Politikern oder anderen Objekten bzw. Personen benannten. Ein paar Sternbilder waren aber besonders hartnäckig und haben sich im Laufe der Jahrhunderte immer gehalten.
Denn natürlich haben sich die Menschen beim Anblick des Sternenhimmels immer schon Bilder vorgestellt und alle möglichen Geschichten dort oben zwischen den Sternen spielen lassen – hier ist ein schönes Beispiel aus Japan. Jedes Volk und jede Kultur hat im Laufe der Zeit ihre ganz eigenen Sternbilder entwickelt. Heute haben sich aber aus vielen historischen Gründen die Sternbilder der griechischen Antike durchgesetzt weswegen wir die griechisch-römische Mythologie immer noch in den 88 offiziellen Sternbildern finden: Da gibt es den großen Jäger Orion, die Prinzessin Andromeda und ihre Mutter Kassiopeia und viele andere Götter, Könige und mystische Gestalten. All diese Sternbilder haben wir aus den Büchern des antiken Astronoms Ptolemäus übernommen (insgesamt 48 der 88 Sternbildern haben ihren Ursprung in seinen Werken).
Zu den antiken Sternbildern die heute immer noch existieren gehören auch 12 Sternbilder, die sich an einem ganz besonderen Ort des Himmels befinden. Sie liegen alle um die sogenannte “Ekliptik” herum. Das ist die scheinbare Bahn, entlang der sich die Sonne über den Himmel bewegt. Und genau um diese Bahn der Sonne herum kann man die Sternbilder Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische finden.
Das sind auch die Namen der Sternzeichen die in der Astrologie verwendet werden. Aber genau so, wie man Astronomie und Astrologie nicht verwechseln darf (das eine ist eine Naturwissenschaft, das andere ist Unsinn), darf man Sternzeichen und Sternbilder nicht durcheinander bringen. Es gibt zwar Sternbilder, die den gleichen Namen tragen wie die astrologischen Sternzeichen, die man im Horoskop findet. Aber abgesehen von den Namen haben die beiden heute nicht viel miteinander zu tun.
Damals in der Antike waren Astrologie und Astronomie allerdings noch nicht voneinander getrennt. Man hat die Sterne nicht nur untersucht, sondern sie auch genutzt, um (erfolglos) zu versuchen, daraus die Zukunft zu deuten. Dabei hat man sich an den Sternbildern orientiert und zum Beispiel darauf geachtet, in welchem davon sich die Sonne genau zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen befindet. Dieses Sternbild wurde dann zum Sternzeichen des jeweiligen Menschen. Und logischerweise konnte die Sonne nur in einem der Sternbilder stehen, die sich entlang der Ekliptik aufreihen, denn nur dort bewegt sich die Sonne über den Himmel.
Jetzt wird es ein wenig verwirrend: Die Sternbilder die man mit den einzelnen Sternzeichen assoziiert, werden Tierkreiszeichen genannt (weil die meisten davon Tiere sind: Widder, Stier, Krebs, und so weiter). Es gab in der Antike also unter all den damaligen Sternbildern zwölf Stück, die sich entlang der Ekliptik befanden: Das waren die “Tierkreiszeichen”. Und diese speziellen Sternbilder wurden in der damaligen Astrologie mit den zwölf Sternzeichen in Verbindung gebracht.
Heute allerdings haben Sternbilder und Tierkreiszeichen/Sternzeichen absolut nichts mehr miteinander zu tun. Es gibt zwar immer noch die Sternbilder Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, und so weiter und sie befinden sich immer noch alle entlang der Ekliptik. Aber die Tierkreiszeichen der Astrologie haben mit ihnen nicht mehr viel gemein. In der Astrologie teilt man die Region um die Ekliptik herum in 12 genau gleich große Abschnitte und jeder dieser Abschnitte entspricht einem Tierkreiszeichen bzw. Sternzeichen. In der astronomischen Definition der Sternzeichen sind aber alle unterschiedlich groß und bedecken unterschiedlich große Bereiche der Ekliptik. Während im Weltbild der Astrologie die Sonne im Laufe eines Jahres immer genau gleich viel Zeit in jedem Tierkreiszeichen verbringt, tut sie das bei den Sternbildern der Astronomie nicht. Außerdem findet man in der heutigen Definition der Sternbilder neben den 12 klassischen Tierkreiszeichen auch noch ein 13. Sternbild entlang der Ekliptik (den Schlangenträger). Und dann hat sich seit der Antike auch noch die Position verschoben, auf die die Achse der Erde am Himmel zeigt. Wie ein sich drehender Kreisel schwankt auch die Erde im Laufe der Jahrtausende ein wenig hin und her und das hat dazu geführt, dass die Sonne die Sternbilder entlang der Ekliptik zu anderen Zeiten durchläuft als das früher der Fall war, als man die ganze Sache mit den Tierkreiszeichen und der Astrologie festgelegt hat.
Wer also heute von der Astrologie gesagt bekommt, sein Sternzeichen wäre zum Beispiel “Schütze”, kann daraus nicht ableiten, dass die Sonne zum Zeitpunkt der Geburt auch tatsächlich im Sternbild Schütze gestanden ist. Dieses Sternbild gehört zwar immer noch zu den 88 offiziellen Sternbildern. Aber mit dem Tierkreiszeichen “Schütze” der Astrologen hat es nicht mehr viel zu tun. Die Astrologie basiert immer noch auf dem Himmel und den Vorstellungen der griechisch/babylonischen Antike. Und die sind mittlerweile ja doch ein klein wenig veraltet…
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