Was ist das Elektrische Universum? Oder die Plasmakosmologie? Diese Frage wird mir immer wieder mal gestellte und es ist gar nicht so einfach, darauf zu antworten. Man findet zu diesem Thema zwar jede Menge Bücher, Filme und Internetseiten. Aber es ist erstaunlich schwer, daraus ein einheitliches Bild abzuleiten und herauszufinden, worum es bei diesem Thema wirklich geht. Ich habe mich trotzdem bemüht zu erklären, was man sich unter dem “Elektrischen Universum” vorstellen kann und ob es sich dabei um seriöse Wissenschaft handelt oder nicht.
Was ist das Elektrische Universum
Unter den Stichtworten “Elektrisches Universum”, “Plasmakosmologie” beziehungsweise ihren englischsprachigen Übersetzungen kann man (vor allem im Internet) eine Vielzahl an Behauptungen und Hypothesen über unser Universum finden. Sie unterscheiden sich in den Details und es scheint kein wirklich zentrales und grundlegendes theoretisches Modell zu geben, auf das sich alle berufen. Aber wenn allen Überlegungen zum Elektrischen Universum eines gemeinsam ist, dann diese Aussage: Die Vorgänge und Phänomene im Kosmos werden von der elektromagnetischen Kraft dominiert und nicht von der Gravitation. Es handelt sich beim “Elektrischen Universum” also um eine alternative Kosmologie bzw. eine alternative Astronomie/Physik, die sich massiv von der normalen Naturwissenschaft unterscheidet.
Es ist auch nicht klar, wo diese Alternativkosmologie ihren Ursprung hat. Im Jahr 1883 erschien ein Pamphlet eines Autors, der nur unter dem Pseudonym “Torpedo” bekannt ist. Es trägt den Titel “The Electric Universe: Flashing thoughts for consideration and facts from many sources” und wer möchte, findet in dieser Sammlung eine Kopie davon. Es wurde in Neuseeland veröffentlicht und wer keine Lust hat, sich durch den doch recht langen Text zu arbeiten, kann hier eine Rezension des Pamphlets lesen, die im Oktober 1883 im neuseeländischen Observer erschienen ist.
Kurz zusammengefasst behauptet “Torpedo”, dass die Elektrizität für alles im Universum verantwortlich ist. Sie sorge dafür, dass die Sterne leuchten und Wärme abstrahlen, dass Planeten sich bewegen und auch alles was wir sonst beobachten können, sei auf elektrische Vorgänge zurückzuführen. Es handelt sich dabei aber nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, was man auch an den restlichen Themen erkennen kann, die “Torpedo” beschäftigen. Er erzählt zum Beispiel davon, dass die Sonne und die Rückseite des Mondes bewohnt seien. Und verspricht, jedem das “Geheimnis des Perpetuum Mobile” zu verraten, der im 500 Pfund schickt (warum er mit diesem grandiosen Wissen nicht einfach selbst wahnsinnig reich wird, sondern es benutzt um um Geld zu betteln, erklärt er leider nicht).
Die modernen Anhänger des “Elektrischen Universums” beziehen sich aber selten auf dieses Pamphlet, sondern auf die Bücher von Autoren wie David Talbott, Wallace Thornhill, László Körtvélyessy oder Donald Scott. Diese Leute sind allerdings keine Astronomen oder Kosmologen und auch ihre Arbeiten sind nicht in den üblichen wissenschaftlichen Fachzeitschriften erschienen. Die Theorien zum Elektrischen Universum werden hauptsächlich auf den jeweiligen Internetseiten ihrer Schöpfer publiziert. Wie schon gesagt: Es ist enorm schwer, einen in sich konsistenten Überblick über das Elektrische Universum zu bekommen, weil es nur dieses ganze verstreute Material gibt, aber keine zentrale und grundlegende theoretische Ausarbeitung. Wer trotzdem probieren möchte, einen Überblick zu bekommen, kann sich auf dieser Seite das Buch eines Anhängers des Elektrischen Universums kostenlos herunter laden, das einen “Anfängerkurs” zum Thema enthält.
Was behauptet die Theorie des Elektrischen Universums?
Jede Menge! Auf all den Internetseiten und in all den Büchern werden haufenweise Behauptungen aufgestellt, wie unser Universum angeblich wirklich funktioniert und wo überall Elektrizität eine Rolle spielt. Ich möchte das jetzt nicht alles im Detail nacherzählen, sondern beschränke mich auf ein paar der wichtigsten Aussagen, die man fast überall bei den Anhängern des Elektrischen Universums finden kann. Als Quelle zitiere ich von einer deutschen Seite (WebCite) zum Thema.
Da wäre zum Beispiel der Urknall. Den gab es im Elektrischen Universum nicht:
“Es gab jedenfalls keinen „Urknall“. Das sichtbare Universum ist statisch und viel kleiner als allgemein angenommen wird.”
Auch Galaxien verhalten sich völlig anders, als wir bisher gedacht haben:
“Galaxien werden durch elektrische Kräfte geformt und stoßen periodisch Quasare und Elektronen-Jets aus. Quasare entwickeln sich über Zwerg-Galaxien zu Groß-Galaxien. Galaxien formen ganze Familien mit identifizierbaren ‘Eltern’ und ‘Kindern’.”
Und auch die Sterne funktionieren durch Elektrizität:
“Sterne sind elektrische Transformatoren und keine thermonuklearen Gasbälle. Sterne werden durch galaktische Birkeland-Ströme mit Energie versorgt und sind von diesem Energiezufluss abhängig.”
Außerdem ist alles, was wir über die Entstehung von Sternen und Planeten zu wissen glauben, falsch:
“Sterne ‘gebären’ elektrisch andere Sterne und Gas-Planeten. Erdähnliche Planeten und Monde werden ganz ähnlich durch einen „elektrischen Ausstoß“ aus Gasgiganten und den Kernen von Zwerg-Sonnen ‘geboren’. Die Oberflächen der Planeten und ihre Atmosphären entstehen bei der Geburt aus größeren Objekten und durch elektrische Begegnungen mit anderen Planeten. Die Planeten nehmen schnell Umlaufbahnen ein, die der geringsten elektrischen Beeinflussung entsprechen.”
(Anmerkung: Wer sich bei diesen Aussagen zur Entstehung von Planeten an die Hypothesen von Immanuel Velikovsky, die ich hier ausführlich behandelt habe, erinnert fühlt, liegt nicht falsch. Viele Anhänger des Elektrischen Universums berufen sich explizit auf Velikovsky oder haben zumindest Teile seiner Arbeit übernommen)
Der Kosmos des Elektrischen Universums ist also völlig anders als der Kosmos, den die Astronomen im Laufe der letzten Jahrhunderte beschrieben habe. Nicht die Gravitation sorgt dafür, dass sich die Planeten um Sterne bewegen, sondern Elektrizität. Sterne leuchten nicht, weil sie unter der Eigengravitation ihrer enormen Masse in ihrem Kern so heiß werden, dass dort Kernfusion stattfindet, sondern werden mit Elektrizität betrieben. Das Universum expandiert nicht und Galaxien sind keine gravitativ aneinander gebundenen Systeme aus Sternen, sondern alles ist Elektrizität.
Auch die ganzen Krater, die man auf anderen Himmelskörper sehen kann, sind nicht durch Kollisionen entstanden, sondern Spuren elektrischer Entladungen. Die großen Gaswolken und Supernovaüberreste die Astronomen beobachten, sind ebenfalls nicht das, wofür man sie hält, sondern Plasmaströme im Universum. Und so weiter. Alles ist Elektrizität und die gesamte moderne Astronomie folgt seit Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten falschen Vorstellungen.
Ist das Elektrische Universum seriöse Wissenschaft oder Unsinn?
Die kurze Antwort: Das Elektrische Universum hat mich echter Wissenschaft nicht viel zu tun. Es handelt sich um eine klassische Mischung aus Pseudowissenschaft und Verschwörungstheorie die die Realität weder ausreichend erklären, noch von konkreten Beobachtungen bestätigt wird.
Eine längere Antwort ist allerdings schwer zu geben. Nicht, weil es so schwer wäre, die Aussagen des Elektrischen Universums zu widerlegen. Aber gerade weil die Behauptungen der Anhänger des Elektrischen Universums so enorm absurd sind, fällt es schwer, angemessen darauf zu reagieren. Das wäre in etwa so, als würde man mit der Behauptung konfrontiert, der Himmel wäre nicht blau, das Gras wäre nicht grün und die Sonne würde türkis leuchten. Das ist so offensichtlich völliger Unsinn, dass man gar nicht weiß, wo man mit einer Widerlegung ansetzen soll. Abgesehen davon: Wer bereit ist, so offensichtlichen Unsinn tatsächlich zu glauben, wird sich von rationalen Argumenten sowieso nicht überzeugen lassen.
Es ist daher sehr schwer, all die einzelnen Details des Elektrischen Universums Stück für Stück zu widerlegen. Denn es gibt immer noch mehr Details, immer noch ein astronomisches Bild, dass angeblich alles beweist und widerlegt werden muss, immer noch ein Zitat in dem etwas ganz anderes behauptet wird, und so weiter. Das ist in etwa so wie bei der Verschwörungstheorie über die angeblich nicht stattgefundene Mondlandung, wo man mit deren Anhängern auch tagelang über irgendwelche Details verpixelter Bilder der Mondoberfläche streiten kann und sich irgendwann hoffnungslos in Details verliert anstatt die wirklich großen Unstimmigkeiten anzusprechen mit denen die ganze Hypothese steht oder fällt.
Ich werde daher gar nicht erst probieren, mich mit all den Details des Elektrischen Universums beschäftigen, sondern auf die großen und globalen Aussagen eingehen. Das ist zum Beispiel die Sache mit den Planeten und deren Bewegung. Ignorieren wir fürs erste mal die Frage nach der Entstehung und betrachten ihre Bewegung.
Wie das funktioniert, hat man schon vor knapp 400 Jahren herausgefunden. Isaac Newton hat im 17. Jahrhundert eine Beschreibung für die gravitative Wechselwirkung entdeckt, mit der sich nicht nur alle durch Schwerkraft hervorgerufenen Phänomene auf der Erde wunderbar vorhersagen lassen, sondern die auch bei der Bewegung der Himmelskörper funktioniert. Und zwar enorm gut. So gut, dass man damit sogar neue Planeten entdeckten konnte. So gut, dass wir heute damit in der Lage sind, die Bewegung der Himmelskörper so gut vorherzusagen um Raumsonden punktgenau darauf landen zu können. Unsere Theorie der Gravitation funktioniert, wenn es darum geht die Bewegung des Mondes um die Erde zu beschreiben und erlaubt es, Sonnenfinsternisse sekundengenau vorherzusagen. Sie funktioniert bei der Prognose der Bewegung ferner Himmelskörper wie dem Pluto, so dass wir eine Raumsonde im Jahr 2006 in Richtung eines noch leeren Punkts im All schicken können, an dem sie fast 10 Jahre später auf den Pluto treffen wird. Die Gravitation beschreibt, wie sich noch fernere Sterne umeinander bewegen und auch hier passen Vorhersagen und Beobachtungen wunderbar zusammen.
Es ist durchaus möglich, dass unsere Beschreibung der Gravitationskraft noch nicht vollständig korrekt ist. Das ist sogar sehr wahrscheinlich und genau aus dem Grund sind auch viele Wissenschaftler auf der Suche nach einer Theorie der “Quantengravitation”. Aber das bedeutet nicht, dass deswegen alles was wir bisher wissen, völlig falsch ist. Und vor allem: Wenn wirklich alles was wir bisher über die Bewegung der Himmelskörper zu wissen geglaubt haben, Unsinn sein sollte, dann müsste die Theorie des Elektrischen Universums mindestens ebenso gut in der Beschreibung des Kosmos sein. Es müsste also eine auf rein elektrischen Kräften basierende mathematische Formulierung existieren, mit der man die Bewegung der Planeten ebenso exakt vorhersagen kann, wie es bisher mit der auf Gravitation basierenden Theorie möglich ist. Und nicht nur das: Sie müsste nicht nur im Stande sein, diesen einen Aspekt der Gravitation zu beschreiben. Die gleiche elektrische Theorie müsste dann auch viele andere Dinge erklären. Phänomene wie Resonanzen in den Asteroidengürteln. Oder die chaotische Rotation mancher Monde. Mit dieser elektrischen Theorie muss es möglich sein, Raumsonden auf Kometen zu landen. Sie muss aber auch beschreiben können, wie ein in die Luft geworfener Tennisball zu Boden fällt. Und so weiter. Ich könnte hier noch endlos Phänomene aufzählen, die derzeit alle erfolgreich und in Übereinstimmung durch unsere aktuelle Gravitationstheorie beschrieben werden. Wohlgemerkt: Alle durch die selbe Theorie! Wenn die falsch wäre, dann wäre buchstäblich unsere gesamte moderne Naturwissenschaft falsch! Und es wäre nicht nur ein enorm unwahrscheinlicher Zufall, dass Astronomie, Physik, Biologie, Geologie, usw alle in der Lage waren, übereinstimmend mit der gleichen falschen Theorie die gesamte beobachtbare Natur zu beschreiben. Wenn die Anhänger des Elektrischen Universums behaupten, sie hätten eine bessere Erklärung, dann muss sie auch wirklich besser sein. Oder aber zumindest gleich gut. Und ich hätte bis jetzt noch keine entsprechenden Arbeiten entdeckt, die über die reine Behauptung, alles wäre in Wahrheit Elektrizität hinausgehen und zum Beispiel mal eine detaillierte Rechnung zur Vorhersage planetarer Bewegungen liefern (sollte so etwas existieren und ich es übersehen haben, bin ich dankbar für Hinweise).
Was die Sterne angeht, in denen angeblich keine Kernfusion stattfinden soll, bietet sich das gleiche Bild. Es ist schön und gut, einfach zu behaupten “Alles ist ganz anders”. Aber die Wissenschaft besteht nicht nur aus voneinander isolierten Behauptungen, die man einfach so herausgreifen und als falsch bezeichnen kann. Beziehungsweise: Man kann es schon, aber nur dann, wenn man auch die entsprechenden Konsequenzen zieht und sich auch mit all den Dingen beschäftigt, die daraus folgen, dass die entsprechende Behauptung falsch ist.
Bei den Sternen hat die Astronomie in den letzten knapp 100 Jahren ein in sich stimmiges Bild entwickelt. Nachdem man aus Beobachtungen wusste, wie groß und schwer so ein Stern ist, war auch schnell klar, dass in seinem Inneren enorme Temperaturen herrschen musste. Aus den Überlegungen zum Verhalten von Atomen bei solchen Temperaturen folgte der Schluss, dass sie dort miteinander fusionieren müssen. Einsteins spezielle Relativitätstheorie lieferte eine Erklärung, wie bei der Kernfusion Energie entstehen kann. Das Wechselspiel aus Gravitation und der vom Kern nach außen dringenden Strahlung erklärt, wieso ein Stern stabil ist und in der Folge auch, wie sich ein Stern weiter entwickelt. Die aus dieser Theorie folgenden Stadien der Sternentwicklung (rote Riesen, weiße Zwerge, Hyperriesen, Supernovae, Neutronensterne, etc) wurden alle beobachtet. Die Spektroskopie bestätigt das Vorhandensein all der Elemente, die bei der Kernfusion entstehen. Beobachtungen von Neutrinos bestätigen das Ablaufen der nuklearen Prozesse im Inneren der Sterne. Und so weiter. Einfach so zu sagen: “Ist alles falsch – in Wahrheit ist alles Elektrizität” funktioniert nicht. Auch hier muss man all das erklären können, was die bisherige Astronomie während langer Jahrzehnte von Beobachtungen mit unabhängigen Methoden und durch beobachtete Vorhersagen bestätigt herausgefunden hat.
All das, was ich bis jetzt gesagt habe, gilt auch für die vielen anderen Behauptungen der Anhänger des Elektrischen Universums. Das, was da behauptet wird, hat mit echter Wissenschaft nichts zu tun. Die Vertreter des Elektrischen Universums picken sich irgendwelche Fakten oder Pseudofakten heraus, ignorieren dafür andere Phänomene, verstehen Zusammenhänge (absichtlich oder unabsichtlich) falsch und behaupten, Dinge würden sich nur mit ihrer “Theorie” erklären lassen. Hier ist ein schönes Beispiel aus dem schon weiter oben erwähnten Einführungsbuch von Tom Findlay:
“Then we have the issue of Sunspots. These are described as being caused by magnetic fields leaving and entering the surface of the Sun. The fact that the centres of sunspots are found to be 1,500 ̊C cooler than the surrounding photosphere is typically ignored in explanations that include talk of ‘tangled magnetic fields’. They say these tangled fields stop an amount of heat energy from inside the Sun getting to its surface. This is extreme conjecture and a testable theory that has never been proved workable. Astro-scientists get in a muddle and tie their own hands by avoiding discussion of the simple fact that electric currents are required in order to generate the magnetic fields they so often rely on in their explanations. How can we make progress when they are so selective in what they choose to consider from existing knowledge?”
Also frei übersetzt: “Sonnenflecken sind kühler als ihre Umgebung. Die Astronomie ignoriert diese Tatsache bzw. behauptet, es hätte irgendwas mit Magnetfeldern zu tun. Aber das ist Unsinn und außerdem haben Magnetfelder was mit Elektrizität zu tun und darum ist die Sonne elektrisch.”
Selbstverständlich ignorieren die Astronomien die Existenz von Sonnenflecken und deren kühlere Temperaturen nicht. Und machen stattdessen jede Menge Beobachtungen und Messungen, mit denen sich erklären lässt, warum sie existieren und warum sie kühler sind. Diese Erklärungen inkludieren auch magnetische und elektrische Felder. Aber nur weil in einer Theorie tatsächlich auch Elektromagnetismus vorkommt, folgt daraus nicht, das alles elektromagnetisch ist. Wer Lust hat, kann übrigens hier (WebCite) eine sehr detaillierte Auseinandersetzung mit all den Argumenten zur “Elektrischen Sonne” lesen.
Vieles von dem, was die Anhänger des Elektrischen Universums behaupten, funktioniert nur, weil sie entsprechende Erkenntnisse der Astronomie ignorieren – oder schlicht und einfach leugnen. Zum Beispiel die Behauptung, man würde nicht ausreichend viele Neutrinos beobachten, was aber nötig wäre, wenn tatsächlich Kernfusion in der Sonne stattfinden würde. Tatsächlich aber stimmen die Beobachtungen der Neutrinoobservatorien sehr gut mit den theoretischen Modellen zur Kernfusion überein. Hier gleitet das Elektrische Universum dann schnell in Richtung Verschwörungstheorie ab: Astronomen würde sich absichtlich irgendeinen Quatsch ausdenken, weil sie das Wissen um das Elektrische Universum unterdrücken wollen würden. Oder Angst um ihre Jobs hätten. Und so weiter – es sind die üblichen Argumente, die man auch anderswo unter Pseudowissenschaftlern gerne hört.
Die große Verschwörung der Astronomen ist natürlich auch der Grund dafür, warum die Arbeiten zum Elektrischen Universum nicht in normalen Fachzeitschriften publiziert werden dürfen und die Theorie der universalen Elektrizität nicht an Universitäten gelehrt werden kann. Aber auch das ist wieder nur das übliche Vorurteil über die angeblich so dogmatische Wissenschaft (das kaum weiter von der Realität entfernt sein könnte) die nichts Neues zulassen will.
Wieso??
Aber wenn das alles Unsinn ist, wieso beschäftigen sich so viele Menschen so intensiv damit? Tja, das ist eine gute Frage und eine, die ich nicht beantworten kann. Einen Hinweis gibt wieder das “Einführungsbuch”, aus dem ich vorhin schon zitiert habe. Der Autor, Tom Findlay, beschreibt, wie er sich immer schon für Astronomie und das Universum interessiert hat und am Ende zum Anhänger des Elektrischen Universums wurde:
“The culmination of reading many books on cosmology, relativity, time, and quantum theory left me feeling rather uncomfortable, confused, and significantly dissatisfied. I had been substantially put off by the apparent complexity of it all (…) The main problems had been with finding and understanding the links between individual theories and in coming to terms with the ever-increasing number of mathematical equations that seemed to conveniently appear in support of explanations. (…) Time passed and I did not make any headway. Then, quite by chance, I came across a YouTube video that outlined an alternative set of theories on how our universe works. (…) I was pleasantly surprised by my rapid uptake of these new ideas and found myself thoroughly immersed in a description that seemed to be making much more sense than the theories of the [Standard Modell of the Universe]. It so happened that this new model also fitted well with what I already understood about electricity and magnetism through my work as an electrical engineer and my hobbies of amateur radio and electronics. “
Kurz gesagt: Die ganzen astronomischen und physikalischen Theorien erschienen Findlay zu kompliziert, zu unverständlich und enthielten vor allem zu viel Mathematik. Aber ein YouTube-Video über das Elektrische Universum fand er viel verständlicher und es erklärte die Dinge außerdem auf eine Art und Weise, die ihm durch seine Ausbildung als Elektrotechniker viel verständlicher und logischer erschien.
Ich habe keine entsprechenden Studien über die Anhänger pseudowissenschaftlicher Theorien durchgeführt und kann für das, was ich hier schreibe, keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Aber zumindest meiner Erfahrung nach ist das ein Muster, das man sehr oft bei Leuten trifft, die sich stark für alle möglichen “Alternativwissenschaften” interessieren. Es fängt mit einem allgemeinen Interesse für das Universum an. Und warum auch nicht: Astronomie, der Weltraum, die Physik, die seltsamen Phänomene der Quantenmechanik, und so weiter: All das ist zweifellos enorm faszinierend! Das Problem an der Sache ist, dass die Wissenschaft aber eben auch nicht trivial und sofort verständlich ist. Und das ist auf jeden Fall so, wenn man immer weiter in die Tiefe blickt und die Dinge auf einem ganz grundlegenden Niveau verstehen will. Dann wird es kompliziert, dann muss man sich mit Mathematik auskennen und lange studieren. Und viele Phänomene entsprechen eben auch nicht unserem Alltagsverständnis. Die Relativitätstheorie oder die Quantenmechanik liefern ein ganz anderes Bild des Universums als wir es aus unserem Alltag gewohnt sind. Aber das ist auch nicht überraschend, denn unser Alltag besteht eben auch nicht aus Elementarteilchen oder den gigantischen Massen von Sternen und Galaxien. Wir sind Menschen mit einem menschlichen Gehirn das sich im Laufe der Evolution dazu entwickelt hat, ein intuitives Verständnis der für uns relevanten Umwelt zu entwickeln. Quantenmechanik gehört da definitiv nicht dazu und das sie uns eben nicht intuitiv erscheint, ist nur folgerichtig. Für einige Menschen scheint das ein Problem zu sein und besonders oft bei Leuten wie Ingenieuren, Technikern und anderen Berufsgruppen, die zwar eine gewisse wissenschaftliche Grundbildung haben, andererseits auch daran gewöhnt sind, alles intuitiv verstehen zu können. Da wird aus “Das verstehe ich nicht!” sehr schnell die Überzeugung “Das verstehe ich nicht. Darum muss es falsch sein!”
Und wenn man sich dann auf die Suche nach “Alternativen” macht, trifft man schnell auf die Angebote der Pseudowissenschaftler, die einem simple Erklärungen für komplizierte Phänomene bieten. So wie das “Alles ist Elektrizität!” beim Elektrischen Universum. Geschichten wie die von Findlay machen mich dann auch immer ein wenig traurig. Es ist schade, wenn die Faszination für das Universum am Ende dazu führt, dass man die Realität ablehnt und sich in eine private Scheinwelt flüchtet.
Das echte Universum ist zwar oft tatsächlich manchmal schwer zu verstehen. Aber dafür hat es den Vorteil, real zu sein. Der Wunsch, die faszinierende Komplexität des Kosmos durch pseudowissenschaftliche Theorie wie das Elektrische Universum auf ein menschliches Maß zu reduzieren, ist nachvollziehbar. Aber wer sich hinter den Mauern der eigenen Vorstellungskraft versteckt, verpasst dabei eben auch all das, was das echte Universum so enorm faszinierend macht…
Kommentare (692)