Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb 2015. Hinweise zum Ablauf des Bewerbs und wie ihr dabei Abstimmen könnt findet ihr hier. Informationen über die Autoren der Wettbewerbsbeiträge findet ihr jeweils am Ende der Artikel.
sb-wettbewerb
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Forscher sind vermutlich nicht gerade die einfachsten Menschen, wenn es darum geht, eine Gesellschaft aufzubauen. Tatsächlich könnte man auch sagen, dass Forscher deshalb Forscher werden, weil sie gewisse ungesellige Eigenschaften besitzen und sich daher in regelmäßigen Abständen so weit wie möglich von ihren Mitmenschen entfernen müssen.

Ein ungenanntes Mitglied der Royal Geographical Society

Ich möchte euch drei Bücher vorstellen, die zusammen eine unglaubliche Geschichte erzählen.

Alles begann mit einem Buchtipp hier im Blog (danke nochmal ;), wo Leser peer ein wunderbares Abenteuerbuch empfahl: Die versunkene Stadt Z von David Grann (2005). Mich hat lange kein Sachbuch mehr so begeistert.

Grann erzählt die Geschichte von Percy Fawcett und seiner Suche nach einer versunkenen Stadt im Amazonasurwald, von deren Existenz er nach langjährigen Forschungen überzeugt war. Ich muss das klug aufgebaute Buch ein wenig spoilern, wenn ich hier darüber berichten will, aber ich halte das für nicht so entscheidend, ich selbst habe das Buch auch beim zweiten und dritten Mal noch mit Gewinn gelesen.

Am Ende führte es mich zu einem weiteren Buch, welches die ganze Geschichte quasi zuende erzählt und von aktuellen Forschungsergebnissen berichtet, die in ihrer Rasanz und Tragweite ähnlich aufregend sind wie die Entdeckung der Exoplaneten. Aber der Reihe nach.

David Grann ist Journalist, schrieb u. a. für den New Yorker und andere große Zeitungen der USA. Er schrieb dieses Buch auf eine Art und Weise, wie ich sie besonders liebe (wenn es denn gelungen ist): er reiste selbst zu den Orten des Geschehens und berichtet auch darüber im Stil einer Reisereportage. Dieser große persönliche Einsatz und die Schilderung seiner eigenen Befindlichkeiten während der Recherche machen seinen Bericht besonders glaubwürdig, und diese Zwischenkapitel sind, da Grann ein guter Erzähler ist, ein Gewinn für das Buch.

(Ein Meister dieses Genres ist Tony Horwitz mit seinem Buch über James Cook. Unbedingte Empfehlung am Rande!)

Wie alles anfing

Percy Fawcett Bild: Public Domain

Percy Fawcett Bild: Public Domain

Percy Fawcett wurde 1867 im englischen Torquay geboren. Seine Familie gehörte der (verarmten) Aristokratie an und er wurde in guten Privatschulen und auf der Militärakademie zum klassischen viktorianischen Gentleman erzogen. Mit neunzehn wurde er als Artillerieleutnant auf Ceylon stationiert, wo er sich die Zeit damit vertrieb, im Urwald umherzustreifen und alte Tempel und verfallene Städte aufzusuchen. Einmal gelangte er sogar in den Besitz einer vermeintlichen Schatzkarte und machte sich auf die Suche. Einen Schatz fand er nicht, aber die Recherche, u. a. Gespräche mit Teepflanzern und einem regionalen Häuptling, mögen ihm einen unwiderstehlichen Vorgeschmack auf ein Leben als Forscher gegeben haben.

Das Viktorianische Zeitalter neigte sich dem Ende zu, Percy war noch streng viktorianisch zum Gentleman erzogen worden; Höflichkeit, Abstinenz, absolute Selbstbeherrschung, Sportlichkeit und Patriotismus wurden den Jungs in Schule und Militär eingeprügelt.

Eine Gesellschaft, die unter dem Schleier bürgerlichen Anstands für Fawcett immer auch ein gewisses dickenssches Grauen barg.
Grann, S. 54

Seine Helden waren die großen Entdecker seiner Zeit wie Burton, Speke und Livingstone – Exzentriker allesamt. (Richard Francis Burton z. B. war bekennender Atheist, beschrieb die Sexualpraktiken der von ihm bereisten Völker mit schockierender Offenheit – er vermaß unter anderem Penislängen – und übersetzte das Kamasutra ins Englische.) Trotzdem wurden sie von der viktorianischen Gesellschaft geradezu verehrt, während sie sich ihren Zwängen weitestgehend entziehen konnten.

Bald wurde ihm die Welt der Royal Artillery zu eng, und er wandte sich an die Royal Geographical Society in London, um seinen Traum zu verwirklichen. Dort konnte man damals tatsächlich eine Ausbildung zum Forschungsreisenden machen, sogar mit Diplom.

Die Ausbildung dauerte ein Jahr (Inhalte: Positionsbestimmung, Landvermessung, Geometrie, Astronomie. Theodoliten, künstliche Horizonte, Aneroidbarometer, Sextanten. Beobachten, Verzeichnen, Klassifizieren. Grundwissen in Botanik, Geologie, Meteorologie, das noch junge Fach Anthropologie, spöttisch “Wissenschaft der Wilden” genannt (Schädelvermessung etc.). Medizinische Grundlagen, Behandlung von Wunden, Zahnschmerzen, Schlangenbissen, Umgang mit Hunger und Durst. Grundlagen der Vorbereitung und Durchführung von Expeditionen, Umgang mit einheimischen Führern und Lasttieren. Rechtliches: Einverständniserklärung der Expeditionsmitglieder, sich dem Kommando des Leiters zu unterstellen, Umgang mit Todesfällen in der Gruppe … ) und 1901 war Percy Fawcett Diplomierter Forscher der Royal Geographical Society.

Als erstes sandten sie ihn nach Marokko, dies war allerdings eher ein Spionageauftrag, den Fawcett dank seiner Gewitztheit und guten Beobachtungsgabe zu aller Zufriedenheit erledigte. Diese Verflechtung von Forschungsreise und Spionage war damals im British Empire nicht ungewöhnlich, wie Grann anschaulich schildert.

Bald darauf ereilte ihn die Aufgabe, die den Rest seines Lebens entscheidend bestimmen sollte: die jungen Lateinamerikanischen Republiken Peru, Bolivien und Brasilien hatten die andauernden Scharmützel in ihrem Hinterland satt und riefen eine Grenzkommission ins Leben, die die Royal Geographical Society um Hilfe bat.

Rio der Janeiro, am Atlantik gelegen, war eine halbe Weltreise von Lima und seinem Pazifikhafen Callao entfernt. Man reiste auch zu Fawcetts Zeiten noch per Schiff um Kap Hoorn herum, um von Brasilien nach Peru zu gelangen. Die ersten Eisenbahnen waren zwar gebaut, aber eine transkontinentale Verbindung lag noch in weiter Ferne. Rio und Lima sind Luftlinie fast 4000 km voneinander entfernt, das entspricht der Entfernung vom Nordkap nach Sizilien oder von London nach Kairo. Von Rio nach La Paz sind es immer noch knapp 3000 km.

Trotz allem waren Peru, Bolivien und Brasilien Nachbarländer, die sich ein gemeinsames Hinterland teilten: tausende Kilometer unerschlossene Wildnis, ein undurchdringlicher Urwald, so groß wie ganz Europa, voller giftiger Tiere, verseucht von Moskitos und bewohnt von feindseligen Wilden, ein Land, gegen das die Erschließung der nordamerikanischen Frontier ein Spaziergang gewesen war: Amazonien.

Amazonien 1862: Die schnurgerade Grenzlinie im Gebiet um die Flüsse Beni und Purus kennzeichnet die umstrittene Region. Dead Horse Camp, das später noch eine wichtige Rolle spielt, befindet sich in etwa unter dem Doppel-S von "Matto-Grosso") (Bild: Public Domain)

Amazonien 1862: Die schnurgerade Grenzlinie im Gebiet um die Flüsse Beni und Purus kennzeichnet die umstrittene Region. Dead Horse Camp, das später noch eine wichtige Rolle spielt, befindet sich in etwa unter dem Doppel-S von “Matto-Grosso”) (Bild: Public Domain)

Diese Grenzkommission bat nun die Royal Geographical Society um die Entsendung eines neutralen Beobachters, der helfen sollte, die Grenzflüsse im Dreiländereck zu vermessen.
Für diese Aufgabe wurde Percy Fawcett ausersehen. Sie hätten keinen besseren finden können.

Die grüne Hölle

Percy Fawcett war der Härteste. Groß gewachsen und athletisch (ein hervorragender Cricket- und Rugbyspieler), mit strengem Blick, eigenwillig, starrsinnig und von unverwüstlicher Konstitution. Ein Bekannter beschrieb ihn als “verwegen bis zur Unbesonnenheit” und seine Frau bezeichnete ihn als “einsamen Wolf”, der stets seine eigenen Wege gehen müsse.

Am 4. Juli 1906 brach Fawcett zusammen mit einem britischen Landvermesser und einigen Maultieren zu seiner ersten Expedition auf. Vom 3700 Meter hoch gelegenen La Paz machten sie sich an den Abstieg ins Amazonastiefland. Auf rutschigen, bröckeligen Saumpfaden und über die berüchtigten Hängebrücken durchquerten sie die Yungas, den Nebelwald an den Osthängen der Anden. Am Rio Beni bauten sie sich ein Floß und fuhren fünfhundert Kilometer flussabwärts nach Riberalta, einem der letzten Vorposten der Zivilisation. Dort gesellten sich ein bolivianischer Offizier sowie eine Handvoll Desperados und einheimische Führer zu ihnen und sie drangen mit ihren Macheten immer tiefer in den Urwald ein, vermaßen das Land und verzeichneten kleinere Flüsse bis zur Quelle, um nach und nach die Karte Südamerikas neu zu zeichnen.

Fawcett führte ein strenges Regiment, er ließ bis zu zwölf Stunden täglich marschieren (oft legten sie nur wenige Kilometer am Tag zurück) und die Rationen waren schmal: etwas Porridge zum Frühstück und ein paar Kekse zu Mittag. Abends gab es – Jagdglück vorausgesetzt – Dschungelfleisch: Vögel, Affen etc.

Diese erste Reise ging über viele Monate und sie legten fast tausend Kilometer zurück. Sie wurden von wilden Schweinen, Vampirfledermäusen, Anakondas und Piranhas angegriffen und von widerwärtigsten Parasiten aller Art nahezu bei lebendigem Leibe aufgefressen (“Die Zecken hingen in Trauben von den Bäumen”). Einmal entgingen sie nur knapp einem tödlichen Pfeilhagel von Indianern – die sie aber kaum je zu Gesicht bekamen.

Die meisten seiner Leute litten bald unter Fieber und allen möglichen Tropenkrankheiten, die ihnen die Sinne verwirrten. Desorientiert, geschwächt und halb blind (von den sogenannten “Augenlecker-Fliegen”) stolperten sie hinter Fawcett her – dem all das nichts auszumachen schien. Auch Fawcett litt unter der Feuchtigkeit, der drückenden Hitze, dem Hunger und dem Ungeziefer, aber zuletzt war er praktisch der einzige, der gesund blieb. In der ganzen Zeit seiner Südamerika-Expeditionen zog er sich nie eine ernsthafte Tropenkrankheit zu. Diese nahezu übermenschlich erscheinende Konstitution und Ausdauer und seine ungeheure Härte (nicht zuletzt gegen sich selbst) legte den Grundstein für die Legende Percy Fawcett.

Im Mai 1907 beendete Fawcett seine Reise und legte seine Ergebnisse der Südamerikanischen Grenzkommission und der Royal Geographical Society vor. Er erntete ehrfurchtsvolles Staunen: Nicht nur hatte er die Grenzen Südamerikas neu definiert, sondern er lag zudem noch fast ein ganzes Jahr vor dem Zeitplan.
Grann, S. 122

(Bild: Yurileveratto, CC-BY-SA 3.0)

Der Rio Quiquibey, ein Nebenfluss des Beni (Bild: Yurileveratto, CC-BY-SA 3.0)

David Grann gelingt es sehr gut, die ungeheuren Strapazen und Gefahren dieser Expeditionen packend zu beschreiben. Ich könnte hier noch etliche wunderbare Anekdoten erzählen, aber das würde zu weit führen. Seine stark verdichtete Schilderung der grünen Hölle mit all ihren Widrigkeiten ist nichts für schwache Nerven, ist aber einer der stärksten Teile dieses Buches (das man am Besten bei einem kühlen Drink auf der Veranda genießt ;)).

Zu den wenigen, die mit Fawcett mithalten konnten, zählten Henry Manley und Henry Costin, die ihm deshalb die liebsten Reisegefährten wurden, und hier zumindest mal kurz erwähnt seien.

Es stimmt, das ist die Hölle, aber irgendwie macht es Spaß.
Henry Costin
Grann S. 166

In den folgenden zehn Jahren sollte Percy Fawcett noch ein halbes Dutzend weitere Expeditionen durch Amazonien unternehmen, und sein Ruhm wuchs stetig. Seine Vorträge in der Royal Geographical Society erregten große Aufmerksamkeit, die Spitzen englischen Wissenschaft kamen, um ihn zu hören. Auch Arthur Conan Doyle schaute vorbei und wird sich hier die erste Inspiration für Die vergessene Welt geholt haben. Später wurden er und Fawcett gute Freunde und korrespondierten häufig miteinander.

Zu dieser Zeit galt Fawcett als der weltweit führende Südamerikaexperte. 1916 bekam er die Goldmedaille der Royal Geographical Society verliehen.

Fawcett und die Indianer

Etwa zur selben Zeit wütete in Amazonien der Kautschukboom. Mit ihm kamen vermehrt Männer, Waffen und Alkohol in die Region, für die Indios endete das wie immer mit Versklavung, Vertreibung und Völkermord. Im Zuge dieses Gummi-Rausches wurden furchtbare Greueltaten an der Urbevölkerung begangen, die Zigtausende das Leben kosteten. Fawcett selbst wurde Zeuge eines Sklavenmarktes in Riberalta. In Zeitschriftenartikeln und in Gesprächen mit Regierungsbeamten verurteilte er diese Praktiken scharf und wies auch auf die Mitschuld Englands hin, da britische Unternehmen über Aktienbeteiligungen wirtschaftlich von der Ausbeutung der Indios profitierten. (siehe auch den Casement-Bericht)

Der Kautschukboom endete erst in den 1920er Jahren, als es gelang, Gummibäume in Südostasien auf Plantagen zu züchten (was in Südamerika nie gelungen war, dort wurde wild gesammelt, was einen viel höheren Arbeitsaufwand und deshalb auch einen riesigen Bedarf an Arbeitern bzw. Sklaven bedeutete).

Diese Geschehnisse hatten auch einen direkten Einfluss auf Fawcetts Expeditionen: die Indios zogen sich tief in die Urwälder zurück und wurden Weißen gegenüber extrem feindselig. Seinerzeit verschwanden ganze Expeditionstrupps für immer im Dschungel, oder wurden durch Giftpfeile aus dem Unterholz dezimiert und zur Umkehr gezwungen. Die großen, oft schwerbewaffneten Trupps boten ein leichtes Ziel für diese Guerillataktik, zumal an ihren Absichten kein Zweifel bestand, und sie von vornherein auf Konfrontation eingestellt waren. Dennoch waren sie den Indios in deren eigenem Territorium hoffnungslos unterlegen. Es galt als Wahnsinn, die ausgetretenen Pfade zu verlassen.

Wie schaffte es Percy Fawcett trotzdem, diese Gebiete zu bereisen und lebend zurückzukehren? Die Antwort ist simpel: indem er die Indios wie ein Gentleman behandelte.

Fawcett reiste mit einfachsten Mitteln und kleinem Gepäck. Seine Expeditionen bestanden nur aus einer kleinen Handvoll Männern und jeder Teilnehmer musste sein Zeug selbst tragen. Er schärfte seinen Männern ein, niemals zu schießen, wenn sich Indianer näherten. Das war eine hochriskante Strategie, aber sie sollte sich auszahlen.

Einmal bemerkten sie die Anwesenheit von Indianern in unmittelbarer Nähe. Sie setzten sich auf eine Sandbank, und begannen zu musizieren und zu singen. (Costin hatte ein kleines Akkordeon dabei, einer blies auf einem Kamm und Fawcett spielte Flageolett, eine kleine Flöte). Dies hielten sie bis Sonnenuntergang durch, dann trauten sich ein paar Indios aus der Deckung. Fawcett ging unbewaffnet auf sie zu und bot ihnen sein Halstuch als Geschenk an. So schlossen sie Freundschaft und wurden von den Indios eingeladen und mit Nahrung und ortskundigen Führern versorgt. Ein andermal lief Fawcett mitten in einem Pfeilhagel mit erhobenen Händen auf die Angreifer zu und rief alle Indianischen Wörter für “Freund”, die er kannte. Auch hier funktionierte es, und wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt.

(An der Stelle muss ich immer an Heinz Rox-Schulz und seine Mundharmonika denken, der hat das in derselben Gegend später ganz ähnlich gemacht. Sein Buch “Verrückter Gringo” hat mich als Jugendlichen sehr geprägt. Ich bin sicher, dass er die Geschichten von Fawcett kannte.)

So kam Fawcett in Kontakt mit Indianervölkern, die noch kein Weißer vor ihm besucht hatte. Vielen von ihnen bescheinigte er eine hohe Kultur und Intelligenz, und oft zeigte er mehr Respekt vor ihnen, als vor den verkommenen Siedlern der Urwaldstädte. Er schreibt:

True, they were hostile and vengeful; but look at the provocation! My experience is that few of these savages are naturally ‘bad’, unless contact with ‘savages’ from the outside world has made them so.
Exploration Fawcett, S. 49

Aber auch Fawcett war geprägt von der “Rassenlehre” seiner Zeit, die ja damals noch als Wissenschaft galt. Die Indianer teilte er nach Hautfarbe ein: je hellhäutiger, desto mehr Kultur war er bereit, ihnen zuzubilligen. Er betrachtete Indios nicht pauschal als minderwertig; wie bei vielen Entdeckern in der Geschichte – zumindest seit der Zeit der Aufklärung – war sein Ansatz nicht primär rassistisch geprägt, sondern ständisch: Die Führungseliten der Wilden wurden als Aristokraten respektiert (“Edle Wilde”), mit denen man (nahezu) auf Augenhöhe verkehren konnte. Das ‘Fußvolk’ beider Seiten wurde dagegen eher geringgeschätzt.

Fawcett war überzeugt, dass man die wahren Entdeckungen Amazoniens abseits der großen Flüsse machen konnte, und dass in diesen besonders unzugänglichen Gebieten die ältesten und am höchsten entwickelten Indiostämme zu finden seien. Die meisten Forscher hielten sich an die Flüsse als Verkehrswege und bekamen diese Gebiete daher nie zu Gesicht.

So entdeckte er eines Tages zum Beispiel die Maxubis, diese lebten in hübschen sauberen Siedlungen in einem besonders abgelegenen Gebiet. Sie waren ungewöhnlich zahlreich, Fawcett beschreibt sie als kultiviert, intelligent und von ausgesuchter Höflichkeit. Sie hatten Namen für alle (sichtbaren) Planeten, pflegten einen wundervollen Chorgesang und stellten feinste Töpferwaren her. Und ihre Legenden besagten, dass ihre Vorfahren früher noch viel zahlreicher, und ihre Siedlungen noch weit größer und schöner waren.

Fawcett war überzeugt, hier die Abkömmlinge einer alten Hochkultur vor sich zu haben.

Die versunkene Stadt Z

Irgendwann setze sich die fixe Idee einer versunkenen Stadt bei Percy Fawcett fest. In seinen eigenen Schriften schildert er zum Beispiel, wie er angesichts einer Höhle mit Felszeichnungen und Inschriften in einer unbekannten Sprache ins Grübeln kommt:

… scraps of information and stories of ancient traditions picked up from the indians, rubber pickers, and wandering white men seemed to fit together, forming a pattern with a growing meaning. Could it be, I pondered, that besides the Incas there were other ancient civilisations in this continent (…)?
Exploration Fawcett, S. 113

Auf seinen Reisen hörte Percy Fawcett immer wieder Geschichten und Gerüchte über versunkene Städte und alte Kulturen, die es in Amazonien geben solle. Auch stieß er auf Felsmalereien und Steinmetzarbeiten mitten im Dschungel. In den Überschwemmungsgebieten des Rio Beni in Bolivien fand er ausgedehnte künstliche Erdaufschüttungen, das Material, aus dem sie bestanden, war voller zerbrochener Tonscherben. Und sie waren mit kilometerlangen Dämmen verbunden, die ihn an Chausseen erinnerten.

Hinweise auf alte Kulturen gab es also. Viele seiner damaligen Schilderungen wurden nie weiterverfolgt und irgendwann vergessen.

1753 schickte ein umherziehender Bandeirante an die Obrigkeit in Rio de Janeiro einen zehnseitigen Brief, in dem er von einer verlassenen Stadt im Hinterland von Salvador da Bahia berichtete, die sie auf der Suche nach Mineralien und Edelmetallen entdeckt hatten. Der Bericht ist sehr detailliert, er beschreibt eine große ummauerte Stadt aus Stein mit einem dreifachen Torbogen und einem riesigen zentralen Platz, umstanden von Statuen und großen Tempelbauten.

Das Manuskript 512, wie es heute heißt, wanderte in Rio ins Archiv, wo es Fawcett mehr als hundert Jahre später einsehen konnte und teilweise kopierte. Er nahm dies als Bestätigung seiner Theorie und begab sich auch in der Gegend auf die Suche, allerdings fand er nichts – außer der Tatsache, dass jene Gegend mittlerweile einigermaßen erschlossen und besiedelt war, so dass eine solche Stadt wohl längst hätte gefunden werden müssen. (Aufgrund der Schilderungen in dem Manuskript konnte man die Gegend mit einer Genauigkeit von etwa drei Tagesreisen eingrenzen.)

Bis heute wird diese Stadt oft mit Fawcetts Stadt Z gleichgesetzt, dabei betonte Fawcett selbst, dass seine Stadt Z eine andere war, sie müsse sich viel tiefer im Urwald befinden.

Geheimnisvolle Schriftzeichen aus dem Manuscrito 512. Der unbekannte Autor hatte hier Inschriften aus der Ruinenstadt kopiert. David Grann fand diese Zeichen später in Fawcetts Tagebüchern wieder. (Bild: Public Domain)

Geheimnisvolle Schriftzeichen aus dem Manuscrito 512. Der unbekannte Autor hatte hier Inschriften aus der Ruinenstadt kopiert. David Grann fand diese Zeichen später in Fawcetts Tagebüchern wieder. (Bild: Public Domain)

1911, also zur selben Zeit wie sich Fawcett in Amazonien herumtrieb, entdeckte der Abenteurer Hiram Bingham die Ruinen von Macchu Picchu in den peruanischen Anden. Diese Entdeckung machte ihn schlagartig weltberühmt. Möglicherweise hat dies auch das Wunschdenken in Fawcett verstärkt, dass es auch in “seinem” Gebiet so etwas geben müsse.

Fawcett der Mystiker

Edward Fawcett, der große Bruder Percys, war ein Schriftsteller mit einem Hang zu Esoterik und Spiritismus. Er verkehrte in den Kreisen der berüchtigten Helena Blavatsky, damals eine weltbekannte Okkultistin, die sich selbst als Medium bezeichnete und die bizarre Lehre der Theosophie begründete. Edward half ihr sogar bei der Niederschrift ihres Hauptwerkes The Secret Doctrine (Die Geheimlehre, 1888). 1890 legte er auf Ceylon die Pansil ab, die fünf Gelöbnisse des Buddhismus. Percy, ganz der kleine Bruder, tat es ihm nach.

Das klingt nach einer ungeheuren Provokation, wenn Angehörige der britischen Oberschicht, des Militärs gar, die Religion des von ihnen beherrschten Volkes annahmen. Die britische Gesellschaft, so bigott und erstarrt sie auch in vieler Hinsicht war, war jedoch immer auch nachsichtig gegenüber ihren Exzentrikern und es schien kein großes Aufhebens um diese Aktion gegeben zu haben. Jedenfalls ist nicht bekannt, dass den Fawcetts dadurch irgendwelche Nachteile entstanden wären.

Außerdem war damals die hohe Zeit des Okkultismus (der stark von orientalischen Religionen beeinflusst war) und der spiritistischen Sitzungen. Auch Hypnose, Telekinese und ähnliches waren schwer en vogue, selbst anerkannte Wissenschaftler waren damals Mitglieder in parapsychologischen Vereinigungen. Kurz zuvor waren Phonograph, Telegraf und Telefon erfunden worden, Technologien, die noch eine Generation vorher als reine Magie gegolten hätten. Warum also sollten ähnliche “spukhafte Fernwirkungen” nicht auch zwischen Personen funktionieren? So hat also die Wissenschaft zur Akzeptanz des Okkultismus möglicherweise erst beigetragen.

1914 begann der erste Weltkrieg, und Percy Fawcett kämpfte in den Schützengräben Flanderns. Er erfüllte dort seine Pflicht, doch die ganze Zeit dachte er an seine nächste Expedition, er wollte sich nun ganz auf die Suche nach Z konzentrieren. Doch nach dem Krieg konnte oder wollte die Royal Geographical Society keine Expedition mehr finanzieren.

Die nächsten Jahre waren hart, Fawcett geriet in finanzielle Schwierigkeiten und musste um die Anerkennung seines Lebenswerks kämpfen. Die wissenschaftliche Welt wurde mehr und mehr von Spezialisten beherrscht, studierten Archäologen und Anthropologen, die zwar Fawcetts Leistungen respektierten, ihn aber letztlich als Amateur ansahen. Zu dieser Zeit wandte er, der immer als nüchterner Denker und Planer erschien, sich mehr und mehr dem Okkultismus zu und seine Äußerungen wurden immer mystischer und verworrener. Das machte seinen Stand in der wissenschaftlichen Gemeinde nicht einfacher, auch aus der Royal Geographical Society wehte jetzt ein kühlerer Wind.

Über Fawcetts Aufzeichnungen aus jener Zeit schreibt Grann:

Z wurde zur “Wiege aller Zivilisationen” erhoben und zum Zentrum einer der “Weißen Logen” von Madame Blavatsky, wo eine Gruppe höherer Geistwesen die Geschicke des Universums lenkte. Fawcett hoffte, eine Weiße Loge zu finden, die seit “den Tagen von Atlantis” existierte, und so selbst Erhabenheit zu erlangen.

Auch in esoterischen Zeitschriften wie der Occult Review ließ er sich über die “Suche nach den Schätzen der unsichtbaren Welt” aus. Hier beschlich manche der Verdacht, dass Z vielleicht immer nur ein spirituelles Ziel gewesen sein könnte.

Die Suche nach Z

Anfang der 1920er Jahre schaffte es Fawcett, mit Hilfe der Brasilianischen Regierung eine kleine Expedition zusammenzustellen, die allerdings erfolglos war. Sein Begleiter wurde schwer krank, und Fawcett, inzwischen über fünfzig, hatte erstmals auch selbst gesundheitliche Probleme (was ihm schwer fiel, sich einzugestehen).

Etwas später lernte er den englischen Geschäftsmann Lynch kennen, der ihm vorschlug, in den USA nach Investoren zu suchen. Dort war das große Geld, und die Amerikaner waren gegenüber Theorien wie der seinen viel offener, wenn sie nur genügend Sensation versprachen. Schon bald hatte Lynch Exklusivverträge mit der NANA (North American Newspaper Association) ausgehandelt. Nach den ersten Zeitungberichten über Fawcetts Vorhaben erklärten sich auch Wissenschaftliche Institutionen zu einer Finanzierung bereit. Nun wollte auch die Royal Geographical Society nicht zurückstehen und bewilligte auch nochmal ein paar Gelder. Einer weiteren großen Expedition stand nun nichts mehr im Wege.

Fawcett entschied sich für den einzigen Mann als Reisebegleiter, in den er vollstes Vertauen hatte: seinen ältesten Sohn Jack, mittlerweile 21 Jahre alt. Er kam ganz nach seinem Vater, war groß und stark und brannte darauf, sich beweisen zu können. Außerdem sollte Jacks bester Freund Raleigh Rimell mitgehen, auch er ein kräftiger Kerl und guter Sportsmann, der aber ein wenig halbseiden und nicht sehr helle wirkte.

Als Fawcett und seine Jungs in New York eintrafen, hatte Lynch sich inzwischen mit Nutten und Champagner im Waldorf-Astoria eingerichtet und einen großen Teil des eingeworbenen Geldes versoffen. Er wurde mit Schimpf und Schande davongejagt, aber mittlerweile hatte die Geschichte eine derartige Dynamik angenommen, dass John D. Rockefeller persönlich einsprang und die Finanzierung rettete.

Im Januar 1925 konnte es endlich losgehen. Unter großem Medienrummel schifften sich Fawcett und seine Jungs nach Rio ein. Die brasilianische Regierung stellt ihnen einen privaten Eisenbahnwaggon zur Verfügung, der sie nach Corumbá an der Bolivianischen Grenze brachte. Von dort ging es auf einem kleinen, überbelegten Flussdampfer nach Cuiabá, wo im April, mit Einsetzen der Trockenzeit, die eigentliche Expedition begann. Sie durchquerten den Mato Grosso von Süden, um am Oberlauf des Rio Xingú entlang in unbekanntes Gebiet vordringen. Indianische Boten brachten von diesen ersten Etappen Briefe und Depeschen zurück in die Zivilisation, um auch von unterwegs die Zeitungen mit Nachrichten zu beliefern. Schließlich erreichten sie Dead Horse Camp, einen Ort, den Fawcett einst nach seinem verstorbenen Pferd benannt hatte. Hier begann das absolut Unbekannte, ab hier würde ihnen niemand mehr folgen und sie waren auf sich allein gestellt.

“Du brauchst keinen Misserfolg zu fürchten”, schrieb Fawcett in einem letzten Brief an seine Frau. Er hatte sie darauf vorbereitet, dass sie ab diesem Punkt sehr lange nichts mehr von ihm hören würde.

Tatsächlich hörte man nie mehr von ihnen. Percy Fawcett und seine Begleiter blieben verschollen.

Die Suche nach Fawcett

Dieses mysteriöse Verschwinden rief eine Menge Abenteurer und Schatzsucher auf den Plan, die sich einige Jahre später, meist miserabel vorbereitet, auf die Suche nach Fawcett begaben. Fawcett selbst hatte eindringlich vor Suchaktionen nach ihm gewarnt, die Region sei einfach zu gefährlich. Und er sollte Recht behalten: man schätzt, dass bis zu hundert Personen auf der Suche nach Fawcett selbst im Urwald ums Leben kamen. David Grann erzählt viele dieser haarsträubenden Geschichten, und man weiß oft nicht, ob man lachen oder weinen soll.

In der Esoterikerszene war es ausgemachte Sache, dass Fawcett seine Stadt Z gefunden haben muss. Bald kursierten wilde Geschichten, er sei durch ein Portal in die Unterwelt eingetreten, wo Geistwesen einer höheren Dimension auf ihn warteten … oder so ähnlich. 1968 gründete ein gewisser Udo Luckner eine Sekte namens “Magischer Nukleus” in der Gegend, in der Fawcett verschwand. Sein religiöses Zentrum im Urwald hatte einige Zeit regen Zulauf von Esoterikern aus aller Welt, dann aber machte der Hohepriester Luckner den klassischen Fehler so vieler Sektenführer: er sagte für 1982 den Weltuntergang voraus …

Wer Spaß an esoterischem Schmonzes hat, dem sei die Website phfawcettsweb.org empfohlen, wo die ganze Geschichte nachzulesen ist, verquickt mit anderen Südamerikanischen Klassikern wie den Chroniken von Akakor und dem falschen Indianerprinzen Tatunca Nara (der von Rüdiger Nehberg als Betrüger und möglicherweise Mörder aus Nürnberg entlarvt wurde).

Das letzte Kapitel

Die Gegend um den Oberlauf des Xingú ist heute ein Nationalpark und Schutzgebiet für die dort lebenden Indios, die hier eine gewisse Autonomie besitzen. So ist das 27.000 Quadratkilometer große Gebiet das größte noch intakte Waldgebiet im Süden Amazoniens (viele Regionen, die Percy Fawcett einst erforscht hat, sind heute entwaldet).

David Grann machte sich dorthin auf, um die Geschichten, die sich um Fawcett rankten, zu recherchieren. Hier traf er auch den Archäologen Michael Heckenberger, der seit Jahren bei den Kuikuro lebt und ihre Vergangenheit erforscht (Er wurde sogar vom Häuptling adoptiert und führt Kuikuro-Indianer als Co-Autoren seiner Papers auf).

Nachdem Grann ihn über Fawcett interviewt hatte, zeigte ihm Heckenberger noch die archäologische Stätte namens Kuhikugu, an der er seit Jahren arbeitete. Und hier kam erstaunliches zu Tage: lange, gerade Gräben, Erdwälle und Dämme, die Kilometerweit durch den Dschungel laufen und riesige kreisförmige Grabenanlagen miteinander verbinden. Hier war eine ganze Region von Menschenhand verändert worden, und die Anlagen waren um die tausend Jahre alt. Zwanzig Kreisgrabenanlagen hatte er bis dahin gefunden, jede stand für eine Siedlung, die jeweils um die 2-5000 Einwohner hatte. Allein in dieser Region hatten lange vor Kolumbus bis zu hunderttausend Menschen gelebt!

Und das war noch nicht alles. Im letzten Kapitel des Buches gibt Grann uns einen Überblick über die aktuellen archäologischen Entwicklungen in Amazonien. Im Gebiet des Rio Beni in Bolivien, tausend Kilometer weiter westlich, wurden die Erdwälle wiederentdeckt, die schon Fawcett beschrieben hatte, und die erst durch die Entwaldung (und durch Google Earth!) langsam in ihrem ganzen Ausmaß erfasst werden.

1971 schrieb Betty J. Meggers ihr Standardwerk Amazonia: Man and Culture in a Counterfeit Paradise in dem sie Amazonien als falsches Paradies bezeichnete, das viel zu unfruchtbare Böden habe, um mehr als eine Handvoll Indianerstämme zu ernähren. Der von ihr geprägte Begriff des Geodeterminismus (Die Geografie bestimmt die Kulturstufe der in ihnen lebenden Gesellschaften) bestimmte das Bild von Amazonien über Jahrzehnte. Erst in den letzten Jahren beginnt dieses Bild durch immer neue Funde von riesigen Kulturlandschaften im gesamten Amazonasbecken zu bröckeln. Neben Heckenberger sind es vor allem die streitbare Anna Roosevelt sowie etliche Südamerikanische Archäologen, die mit ihren Entdeckungen kräftig an Meggers’ Theoriegebäude rütteln.

Die Terra Preta möchte ich noch erwähnen: menschengemachte schwarze Erde, eine Mischung u. a. aus Küchenabfällen, menschlichen Exkrementen, Tonscherben und Holzkohle, die in manchen Regionen bis zu zwei Meter dicke Schichten bildet, und die über Generationen extrem fruchtbar ist. Terra Preta wird an immer mehr Stellen in Amazonien gefunden, noch ist nicht ganz klar, ob sie quasi nebenbei entstanden ist, oder gezielt durch die Menschen geschaffen wurde (vielleicht ja beides). Tatsache ist, dass diese Entdeckung entscheidend ist für die Widerlegung des Geodeterminismus, denn neuere Hochrechnungen ergeben, dass diese Erde so weit verbreitet ist, dass sie Landwirtschaft für wesentlich größere Bevölkerungen erlaubte, als von Meggers postuliert.

Neuere Schätzungen gehen mittlerweile von einer Millionenbevölkerung im Präkolumischen Amazonien aus.

1491

Fast wie nebenbei erwähnt Grann dann ein weiteres Buch: 1491 von Charles C. Mann (2005, bisher nur auf Englisch erschienen).

Dieses Buch erzählt die ganze Geschichte, die Grann im letzten Kapitel seines Buches nur anreißen konnte. Allein der geniale Titel machte mich sofort neugierig. Granns gelungener Kunstgriff, die Geschichte um Percy Fawcetts Vision mit diesen aufsehenerregenden neuen Erkenntnissen zu verknüpfen macht mich heiß auf mehr.

Das Buch von Charles C. Mann ist etwas trockener, aber gut geschrieben und sehr detailreich. Es breitet die ganze Geschichte der Wissenschaft um die amerikanische Urbevölkerung vor einem aus, bis hin zu den neuesten Erkenntnissen. Meggers, Roosevelt und Heckenberger kommen natürlich auch drin vor, mitsamt ihrer akademischen Streitigkeiten. Für jeden Archäologie-Fan ist dieses Buch ein absolutes Muss!

Rather than adapt to nature, [the indians] created it. They were in the midst of terraforming the Amazon when Columbus showed up and ruined everything.
1491, S. 359


Eigentlich wollte ich diesen beiden Büchern gleichviel Raum in diesem Artikel einräumen. Wäre dies ein “echter” Blogartikel, würde ich wahrscheinlich eine Serie draus machen, und 1491 in einem eigenen Artikel ausführlich besprechen. Leider reicht nun die Zeit nicht mehr (noch vier Stunden bis Einsendeschluss) und der Artikel ist schon weit länger als “erlaubt”.

Das dritte Buch habe ich noch gar nicht erwähnt:

Exploration Fawcett (1953, englisch)

Percy Fawcetts jüngerer Sohn Brian durfte damals nicht mit auf die Expedition. Er ging aber auch nach Südamerika, und arbeitete lange Jahre im Eisenbahnbau in Peru. Anfang der fünfziger Jahre entschloss er sich, auch nach dem Verbleib seines Vaters zu forschen. Es hatte viele angebliche Sichtungen von Fawcett, z.B. als Gefangener bei den Indios, gegeben. Einer behauptete auch, seine Knochen gefunden zu haben, ein anderer schleppte einen hellhäutigen Indiojungen aus dem Busch und stellte ihn als Jack Fawcetts Sohn vor (er stellte sich als Albino heraus). Brian Fawcett geht diesen Geschichten nach, findet aber keine harten Beweise, die irgendwelchen Aufschluss über das Schicksal seines Vaters geben.

Brian entschließt sich, die umfangreichen Aufzeichnungen seines Vater zu ordnen und zu redigieren, und zusammen mit seinen eigenen Rechercheergebnissen als Buch herauszubringen. Es wird ein sensationeller Erfolg. Mir hat es auch sehr gut gefallen, weil man hier direkt Fawcetts Stimme vernimmt. Percy Fawcett war kein schlechter Schriftsteller und das Buch ist klassische Abenteuerliteratur, sicher auch für Jugendliche geeignet. Es ergänzt sich perfekt mit dem Buch von David Grann, und jeder, der die ganze Geschichte wissen will, kommt nicht daran vorbei.

Bemerkenswert sind die wunderbaren Illustrationen von Brian Fawcetts eigener Hand. Der Mann war wirklich ein begnadeter Zeichner! Im Jahre 2054 werde ich ein paar seiner Bilder in diesen Artikel einbinden, dann werden sie gemeinfrei sein 😉

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Quellen

David Grann
Die versunkene Stadt Z: Expedition ohne Wiederkehr – das Geheimnis des Amazonas
Goldmann Verlag
ISBN 978-3442156665

Charles C. Mann
1491: New Revelations of the Americas Before Columbus
Vintagebooks
ISBN 978-1400032051

Percy Fawcett
Exploration Fawcett: Journey to the Lost City of Z
Overlook Books
ISBN 978-1590204306

Der deutsche Wikipediaartikel über Fawcett ist extrem ausführlich, jede einzelne seine Expeditionen wird detailliert geschildert. Hier hat sich offenbar ein Fan richtig ausgetobt. Leider sind nicht alle Angaben ganz akkurat (siehe auch die Diskussionsseite), aber der Artikel ist in seiner Detailfülle durchaus lesenswert. Für diesen Artikel habe ich aber nur selten darauf zurückgegriffen.

Zwei Papers von Michael Heckenberger:

Amazonia 1492: Pristine Forest or Cultural Parkland?
https://www.sciencemag.org/content/301/5640/1710.full.html

Pre-Columbian Urbanism, Anthropogenic Landscapes, and the Future of the Amazon
https://www.sciencemag.org/content/321/5893/1214.full.html

(Bei sciencemag.org muss man sich registrieren, ist aber kostenlos)
————————————————-
Hinweis zum Autor: Dieser Artikel wurde von “Dampier” geschrieben: “Ich bin Grafiker, bald 50, habe einige Jahre in Südamerika gelebt, bin dort viel herumgekommen und bin seitdem Fan von Entdeckungsreisen, Reiseberichten und Landkarten.”

Kommentare (50)

  1. #1 Dampier
    22. September 2015

    Moin Florian, da sind einige Absätze durcheinander geraten, ich schreib dir gleich mal eine Mail.

  2. #2 Dampier
    22. September 2015

    Errata

    Tatunca Nara wird mit c geschrieben.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Tatunca_Nara

    “wahrscheinlich Mörder” ist zu scharf formuliert. Ich möchte die Aussage in “möglicherweise Mörder” ändern. Die in Wikipedia erwähnte Nehberg-Doku ist jedenfalls sehr empfehlenswert.

  3. #3 Florian Freistetter
    22. September 2015

    @Dampier: Sorry! Das tut mir leid; ich dachte eigentlich, ich hätte aufgepasst. Bin gerade unterwegs im Zug und hoffe, ich kriege irgendwann vernünftiges Internet um das zu korrigieren.

  4. #4 Withold Ch.
    22. September 2015

    Ich habe gehofft, dass der Autor, der uns schon letztes Jahr mit einem tollen Artikel beglückt hat, auch diesmal wieder mitmacht: Und siehe da, ein weiterer wirklich sehr guter Text, ganz nach meinem Gusto!

    Sehr guter Erzählstil, kombiniert mit fesselndem Inhalt und angereichert mit einigen interessanten Nebenhinweisen, die sehr verlocken, zu einem weiteren Text ausgebaut zu werden, – was will man mehr!

  5. #5 Dampier
    22. September 2015

    Ok, wird schon werden. Ich vermerke das dann mal hier, damit der Leser weiß, was gemeint ist.

    Der Satz: “Diese Grenzkommission bat nun die Royal Geographical Society um die Entsendung eines neutralen Beobachters, der helfen sollte, die Grenzflüsse im Dreiländereck zu vermessen.” steht unter dem Urwaldfoto, gehört aber eigentlich unter die Landkarte, vor: “Für diese Aufgabe wurde Percy Fawcett ausersehen.”

    Kommentar #2 ist übrigens als Nachtrag gedacht, NICHT als Änderungswunsch! (sehe gerade, dass das möglicherweise missverständlich rüberkommt).

  6. #6 Crazee
    22. September 2015

    Sehr schöner Artikel! Danke dafür.

  7. #7 Dampier
    22. September 2015

    @Florian, schon ok, ist nicht so dramatisch. Ich habe die kleine Ungenauigkeit mal hier vermerkt, hängt leider noch in der Moderation …

  8. #8 HF(de)
    22. September 2015

    Wunderbarer Artikel, genau wie im letzten Jahr. Danke!

  9. #9 meregalli
    22. September 2015

    Ein klassischer Beleg dafür, dass Begeisterung eine ansteckende Krankheit ist.

  10. #10 Petra
    22. September 2015

    @Dampier: Toller Artikel, dem man anmerkt, dass dich die Thematik begeistert! Charakter und Lebensweg von Fawcett sind gut nachvollziehbar und die Strapazen seiner Expeditionen kann ich mir lebhaft vorstellen. Macht richtig Lust auf die Bücher, vor allem Die versunkene Stadt Z! Dein Artikel zählt auch in diesem Jahr zu meinen Favoriten!
    Über Fawcetts Verschwinden gibt es auch ein interessantes Buch des brasilianischen Journalisten Antonio Callado, der 1952 mit Brian Fawcett zusammen auf der Suche nach den Überresten im Urwald war. In meinem Blog habe ich es vorgestellt: https://www.elementareslesen.de/antonio-callado-der-tote-im-see/ Es hat allerdings nur etwa 120 Seiten, in denen Fawcett vor allem als Machtmensch und Unsympathling rüberkommt. Es ist eine spannende, etwas ironische Reportage über die langjährige Suche nach Fawcett.

  11. #11 Dampier
    22. September 2015

    @Florian, danke, jetzt stimmt alles!

    @all, danke für das tolle Feedback! Heute Abend schreibe ich mehr, bin noch auf Arbeit …

  12. #12 Theres
    22. September 2015

    Ein wunderbarer Artikel, und er hat fast die richtige Länge. Kein bisschen zu lang, ehrlich nicht. Eigentlich fehlt ja noch das dritte Buch 🙂 Welche wünsche ich mir jetzt nur zu Geburtstag … ach was, alle drei.
    So allmählich habe ich echte Entscheidungsprobleme, welcher Post am besten war …

  13. #13 Richard
    22. September 2015

    Vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Eines jedoch stört: die Bezeichnung “Indio” ist ein Schimpfwort und wird von dein Einheimischen auch so empfunden. Besser ist: “Indige(r)”. Wäre schön, wenn du das ändern könntest. Danke!

  14. #14 gaius
    22. September 2015

    @Dampier: Wow!

    – fesselnd erzählt
    – gut zusammengefasst
    – Fawcetts Charakter gut herausgearbeitet
    – auf den Punkt passende Zitate
    – sinnvolle Links, die störende Erklärungen unnötig machen
    – komplizierte historische Strukturen (Esoterik!) hervorragend herausgearbeitet
    – und mit farbigen Anekdoten (“mit Nutten und Champagner” 🙂 )
    – dazu gut layoutet (soweit das im Rahmen eines Blogs möglich ist).

    Vielleicht solltest du selber bloggen?

  15. #15 Mafl
    22. September 2015

    Erst dachte ich: Huch ist der Text lang und dann bin ich einfach so durchgerauscht. Spannend erzählt!

  16. #16 lisalea
    22. September 2015

    Mir hat es auch gefallen, ich kann verstehen, dass dich das Thema zu einem längeren Text hingerissen hat 😉 Falls du doch mal mehr Bücher unterbringen willst: Du hättest dich entweder auf die Person Fawcett oder auf die Suche nach Stadt Z konzentrieren können. So oder so, ist auf jeden Fall genug Stoff für mehr als einen Artikel!

  17. #17 Dampier
    22. September 2015

    @Petra

    Danke für den Link! Das Buch von Callado hat mich auch schon länger interessiert, habe aber darauf verzichtet, es noch für diesen Artikel zu verwenden. Ich werde es mir aber sicher noch zulegen. Interessant ist, dass in deiner Zusammenfassung die Geschichte schon wieder stellenweise ganz anders erzählt wird. (z. B. war Fawcett meines Wissens nach dem ersten Weltkrieg nicht in Ceylon unterwegs, das war weit früher.)

    Auch kann ich mir nicht vorstellen (und viele Fawcett-Forscher auch nicht) dass Fawcett die Indios so schlecht behandelt haben sollte, dass sie ihn dafür ermordeten. Im Gegenteil war ja gerade er es, der sie immer äußerst fair und respektvoll behandelt hat. Und er wusste genau, was die Folgen wären, wenn er sie zu betrügen versuchte. In “Stadt Z” wird auch von dem Gerücht berichtet, er habe einem Häuptling eine Ohrfeige verpasst, was ich mir überhaupt nicht vorstellen kann.

    Die Kalapalos erzählten David Grann, dass Fawcett bei ihnen gewesen sei, und gegen ihren Rat weiterziehen wollte in das Gebiet von besonders verrufenen Indianerstämmen, wo sie sich selbst nicht hintrauten. Fünf Tage lang hätten sie noch jeden Abend die Rauchsäulen von Fawcetts Lagerfeuern in der Ferne gesehen, dann nichts mehr.

    “Die Leute sagen immer, die Kalapalos hätten die Engländer getötet. Aber das stimmt nicht. Wir versuchten sie zu retten.”

    Da war das natürlich schon fast achtzig Jahre her und lässt sich heute nicht mehr vollständig aufklären. Tatsache ist, dass das angebliche Skelett Fawcetts nicht von ihm war (es war viel zu klein und stammte wohl von einem Indio).

    Fawcett war natürlich ein echter Brite, und als solcher auch vom British Empire und seinem Anspruch, die “Zivilisation” bis in den letzten Winkel der Erde zu tragen, überzeugt. Aber er war wohl kein großer Nationalchauvinist und recht offen auch für andere Kulturen und Lebensweisen. Das wird z.B. in seinen eigenen Schriften (Exploration Fawcett) oft deutlich.

    “Ich habe diese schrecklichen traditionellen Verhaltensregeln wieder und wieder gebrochen und dabei eine Menge gelernt.”, schreibt er an einer Stelle über die britische Gesellschaft. (Das Zitat sollte eigentlich auch in den Artikel 😉

    Gegenüber seinen Mitreisenden konnte er allerdings auch sehr hart und ungnädig sein, wenn sie seinen Ansprüchen nicht genügten. So machte er von vornherein klar, dass man Kranke oder Verletzte evtl. zurücklassen müsste, um nicht das Leben aller zu gefährden. Allerdings fand er meistens doch einen Weg, es nicht zum Äußersten kommen zu lassen und brach dafür sogar die ein oder andere Expedition ab.

    Ein interessanter Charakter allemal, aber sicher kein Unmensch!

    Dein Blog hab ich gebookmarkt, da werde ich demnächt mal drin stöbern 🙂

    Grüße
    Dampier

  18. #18 Dampier
    22. September 2015

    @Richard

    Eines jedoch stört: die Bezeichnung “Indio” ist ein Schimpfwort und wird von dein Einheimischen auch so empfunden.

    Da habe ich sehr unterschiedliche Sachen drüber gehört. Viele indigene Bolivianer (speziell im Hochland) bezeichnen sich durchaus selbst als “Indios”. Hätte ich den Artikel auf Spanisch geschrieben, hätte ich aber ziemlich sicher nicht ‘Indio’ geschrieben, sondern ‘Indígena’. Das deutsche “Indigen” ist für mich aber eher ein Adjektiv, und in einem Text, der von alten Abenteurern berichtet, hätte ich das als sehr sperrig empfunden.

    Viele historische Sachbücher verwenden durchaus auch heute noch die alten Bezeichnungen. Charles C. Mann weist darauf hin, dass “Indian” keine “rassische” Bezeichnung ist (racial category), sondern eher das geografische Pendant zu “Europäer”. Er widmet dieser Problematik in seinem Buch 1491 einen ausführlichen Anhang.

    Ich erinnere mich, dass auch in dem (hervorragenden) Polarforscherbuch “Neunzig Grad Nord” ganz bewusst der Begriff “Eskimo” verwendet wird, weil das eben die damalige Bezeichnung war. Auch dort wird auf die Schwierigkeit der korrekten Bezeichnung extra hingewiesen. (“Inuit” ist, genauso wie “Native American” etc. übrigens sachlich gesehen auch nicht immer ganz akkurat und passt auf viele Ureinwohner nicht.)

    Ich bin mir der Problematik durchaus bewusst, aber letztlich wollte ich auch einfach einen gut lesbaren und stimmungsvollen Text haben, der auch das Flair der damaligen Zeit und der alten Abenteuerbücher rüberbringt.

    Wäre schön, wenn du das ändern könntest.

    An dem Artikel kann ich nichts mehr ändern, den habe ich am 31. August in der Form abgegeben.

    Grüße
    Dampier

  19. #19 BreitSide
    Beim Deich
    22. September 2015

    Sehr schöner Artikel, war überhaupt nicht zu lang!

    Ich hatte grad eine Sendung in ZDFinfo genau über diesen Fawcett gesehen. Von der hab ich nicht so gute Erinnerungen… 😉

    Tatunca Nara, den hatte ich irgendwie mit Tȟatȟáŋka Íyotake, also Tatanka Ijotake , vulgo Sittung Bull, verwechselt. Hatte der Nürnberger sich vielleicht bei dem Namen bedient? Süd- oder Nordamerika, das ist ja nicht sooo unterschiedlich, Hauptsache Indianer… 😉

  20. #20 BreitSide
    Beim Deich
    22. September 2015

    Terra Preta scheint ja heute eine Hoffnung im Kampf gegen die globale Erwärmung zu sein, bindet sie doch riesige Mengen Kohlenstoff über Hunderte von Jahren im Boden UND erhöht die Fruchtbarkeit.

  21. #21 Dampier
    22. September 2015

    Vielen Dank an alle für eure ermutigenden Reaktionen und das vielstimmige Lob!

    @Theres
    Das dritte Buch steckt eigentlich in der ganzen Story mit drin, da habe ich aus beiden Büchern geschöpft, um die zu erzählen (Auch David Grann zitiert natürlich viel aus Fawcetts Buch, das geht also alles ineinander über.)

    So allmählich habe ich echte Entscheidungsprobleme, welcher Post am besten war

    Zum Glück musst du das ja nicht entscheiden, sondern einfach alle auflisten, die du gut fandest 😉

    @Mafl

    Erst dachte ich: Huch ist der Text lang und dann bin ich einfach so durchgerauscht.

    Freut mich. So soll es sein.

    @gaius, danke. Ein wow! freut mich besonders 😉

    Vielleicht solltest du selber bloggen?

    Ich denke darüber nach (ja, das schrieb ich schon letztes Jahr ;)). Offenbar brauche ich aber die Deadline, um etwas zustandezubekommen. Hab noch einige Ideen und gute Stories auf Lager, aber wahrscheinlich würde ich kaum mehr als einen Artikel pro Quartal schaffen oder so.

    Vielleicht gehe ich es so rum an: mal sehen, ob ich noch ein paar Artikel zustandebekomme – dann werde ich sie auf ein Blog packen.

    @lisalea

    Du hättest dich entweder auf die Person Fawcett oder auf die Suche nach Stadt Z konzentrieren können.

    Ich wollte vor allem auf die heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse hinaus, die man ja so deuten kann, dass Fawcett letzlich Recht behalten hat. Das ist für mich das eigentlich spannende an der Sache. Aber irgendwie kann ich nicht anders als so. Hier noch ein Exkurs, und die Anekdote muss auch unbedingt mit rein etc. und am Ende finde ich kein Ende 😉

    Umso mehr freut es mich, dass niemand den Text zu lang fand :]

  22. #22 Dampier
    22. September 2015

    @BreitSide

    Die Terra Preta ist auch eine große Hoffnung für die nachhaltige Bewirtschaftung des Regenwaldes. Die Ureinwohner hatten tatsächlich einen Weg gefunden, ohne Raubbau (also Brandrodung und Weiterziehen wenn der Boden erschöpft ist) eine nachhaltige Basis für große Bevölkerungen im Regenwald zu schaffen. Da könnten wir (bzw. speziell Länder am Amazonas) eine Menge von lernen!

    1491 ist auch so spannend! Da wird genau das herausgearbeitet und man schöpft ein wenig Hoffnung, dass wir vielleicht doch nochmal etwas weiser werden. Die Indianer Amazoniens haben es schon vor tausend Jahren besser gewusst.

    Die ZDF-Doku habe ich verpasst. Ist vielleicht auch ganz gut so. Ich kann diese amateurhaften Reenactments nicht leiden. Oft haben die für mich auch interessante Stories kaputtgemacht, die ich lieber in einem guten Buch gelesen hätte … (Außerdem fallen einem ne Menge fehler auf, wenn man sich mit der Geschichte schonmal eingehend befasst hat, war z.B. auch bei einer Doku über William Dampier/Alexander Selkirk so, die war auch ziemlich schlecht).

  23. #23 Withold Ch.
    22. September 2015

    So entdeckte er eines Tages zum Beispiel die Maxubis …

    Ich nehme an, dass darunter die Jabuti / Arikapú / Djeoromitxí – Stämme zu verstehen sind?

    (Heutige Situation sehr ausführlich beschrieben bei https://www.brasilienportal.ch/kultur/ureinwohner-in-brasilien/indio-voelker-brasiliens/jabuti/ )

  24. #24 Dampier
    22. September 2015

    @Withold Ch.
    Ich kenne da nur den Bericht von Fawcett (laut deinem Link war er der einzige, der sie Maxubis nannte). Ansonsten habe ich mich mit den einzelnen Völkern nicht im Detail befasst. Aber der Link ist spannend, vielen Dank!

    Die fundamentalistische protestantische Kirche, die sich inzwischen ebenfalls in dem Gebiet eingenistet hat, lehnt das Schamanentum und die traditionellen Feste der Indianer ab und provoziert dadurch eine interne Spaltung der Kommune.

    Da schwillt mir ja schon wieder der Kamm … können diese Dreckspfaffen die Leute nich mal in Ruhe lassen??!

    Ok, es ist spät und ich will mich nicht aufregen …

  25. #25 Hans
    22. September 2015

    Ein sehr interessanter Text über einen sehr interessanten Menschen, auch wenn ich nicht unbedingt mit ihm auf eine Expedition gegangen wäre.
    Irgendwie war mir schon nach ein ein zwei Abschnitten klar: “Dieser Text muss von Dampier stammen.” und so ist es auch. Gute Arbeit. 🙂
    Sehr Interessant fand ich übrigens die Ausbildung zum Forschungsreisenden. Wenn man die für die damalige Zeit modernen Navigationsmittel weg lässt, könnte man das wharscheinlich mit den “Waldläufern” aus dem einen oder anderen Fantasyroman gleichsetzen…

  26. #26 Hans
    22. September 2015

    Zu der erwähnten Helena Blavatsky und der Theosophie hätte ich dann aber doch noch ‘ne Anmerkung. Denn soweit ich weis, hab es jetzt noch nicht genauer nachgesehen, geht die Theosophie auf Rudolph Steiner zurück. Dabei kommt Frau Blavatsky zwar auch irgendwann ins Spiel, aber der wesentliche Teil geht m.W. auf Rudolph Steiner zurück. Oder hau ich da gerade was durcheinander?

  27. #27 BreitSide
    Beim Deich
    23. September 2015

    Laut Wiki war das schon die Blavatsky. Steiner kam offensichtlich erst später dazu.

  28. #28 Theres
    23. September 2015

    @Dampier
    Ich würde mich gern für mich entscheiden 🙂
    Ich habe soeben, sozusagen als Gute Nacht Geschichte, nach Terra Preta gegoogelt und war erstaunt, wie wenig man vorher wusste … oder dass sonst keiner auf diese Idee kam. Diese kleine Erwähnung, neben den sonstigen Details und eben deiner Art zu schreiben (die nicht linear ist), macht deinen Beitrag so spannend.
    Soo, ich hab noch einige Artikel nachzuholen …

  29. #29 Theres
    23. September 2015

    @BreitSide
    @Hans
    Ja, so hab ich das auch mitgekriegt. Erst die Dame, dann der Steiner.

  30. #30 Captain E.
    23. September 2015

    Was die Terra Preta angeht, so dürfte die in unseren Breiten schlichtweg aufgrund anderer Gegebenheiten unbekannt gewesen sein. Sie ist halt eine gute Lösung für nährstoffarme Regenwaldböden, die es bei uns nicht gibt.

    Trotzdem ist sie ein Beispiel dafür, dass zumindest ab und zu tatsächlich etwas dran ist an dem “verlorenen Wissen früherer Generationen”.

    Natürlich wird sie inzwischen kommerziell nachproduziert, und angeblich soll man sich in näherer Zukunft einen Terra Preta-Gärcontainer in den Garten stellen können.

  31. #31 Bettina Wurche
    23. September 2015

    @Dampier: Ein herrlicher Beitrag, der im kühlen deutschen Herbst einen Ausflug ins üppige Grün und schwüle Klima des Regenwalds erlaubt. : )
    Der Schreibwettbewerb ist eine richtig gute Idee und sorgt mal für ganz andere Themen und Einblicke in andere Erfahrungsschätze.

  32. #32 Theres
    23. September 2015

    @Captain E.
    Ähm, Einspruch. Da ist jede Menge dran für die märkische Streusandbüchse und der Humusbodenverlust der Börde ist unfassbar. ich war gestern ja noch auf Suche und kann nur hoffen, dass es unsere Böden rettet. Die verlieren wir nämlich, nicht zuletzt durch Klimawandel und Fehler im Umgang mit Wasser, die Landwirtschaft ist bezüglich Humus auch kontraproduktiv. Das ist ein Problem.

    P.S.: Schwarzerde, also humusreichen Boden, gibt es auch hier, unter anderem in der Magdeburger Börde.

  33. #33 Theres
    23. September 2015

    Hihi, die früheren Generationen sind so 7000 Jahre alt. Das … rockt doch 🙂

  34. #34 Captain E.
    23. September 2015

    @Theres:

    Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob man die künstlich hergestellte Terra Preta aus dem Amazonasbecken mit der Schwarzerde der Magdeburger Börde und den Amazonasregenwald mit der Mark Brandenburg vergleichen kann.

    Zumindest erscheint es mir sehr unwahrscheinlich, dass es hierzulande Terra Preta-Produktion wie am Amazonas gegeben hat. Die Spuren müssten inzwischen längst gefunden sein. Also waren die Amazonas-Indianer entweder viel schlauer als unsere Vorfahren, oder sie standen vor ganz anderen Problemen, die sie zu lösen hatten.

  35. #35 Theres
    23. September 2015

    @Captain E.
    Natürlich nicht, also, so arm sind unsere Böden eben nicht wie im Amazonasgebiet. Die Zusammensetzung ist sicher auch eine andere – aber schwarz ist humusreich und lebendig, so habe ich das gemeint.
    Hierzulande gab es Komposthaufen und das ist nicht dasselbe. Terra Preta wird mit Holzspänen, Holzkohle und mittels Vergärung produziert, aber im Wesentlichen geht es um viel Leben im Boden, also den guten, erwünschten Bakterien Lebensraum bieten, an Holzkohle und Keramikscherben zum Beispiel, und die milchsaure Gärung tötet unerwünschte Bakterien ab. Na, wie im Darm …

  36. #36 Theres
    23. September 2015

    Ach so, laut der Dokumentation, die ich gestern sah (zdf Mediathek), ist die Herstellung der Terra Preta wohl eher zufällig entstanden und es gibt mehr als ein Rezept.
    Eine deutsche Firma stellt ihre Variante her und hat Patente angemeldet. Das … halte ich für verfehlt, schließlich geht es um Wissen der Amazonasvölker, aber nun …

  37. #37 Alderamin
    23. September 2015

    @Dampier

    Nett geschrieben, aber für meinen Geschmack doch ein wenig lang geworden. Eher für abends zu Hause geeignet als mal eben in der Mittagspause. Du solltest keinen Blog, sondern ein Buch schreiben.

    Leider reicht nun die Zeit nicht mehr (noch vier Stunden bis Einsendeschluss) und der Artikel ist schon weit länger als “erlaubt”.

    Den Trick mit den 4 Stunden vor Frist merke ich mir für’s nächste Jahr, ich hab’ zig Durchgänge gemacht, um die 20000 Zeichen einzuhalten (bei Dir sind’s so um die 37000), wobei ich mir dann einiges Ausschmücken mit schönen Worten gespart habe, weswegen der Artikel in der Endversion viel trockener zu lesen ist als im ersten Draft, dafür hält er die Länge ein (ohne Tagmarken) und war zwei Tage vor der Frist fertig. Kommt dann am Freitag nachmittag.

  38. #38 BreitSide
    Beim Deich
    23. September 2015

    @Alderamin: probier´s mal mit viel Kaffee und einer weit entfernten Toilette. Im Ernst, erhöhter Blasendruck soll Entscheidungen verbessern – sagt eine Studie…

    Hab´s noch nicht selbst probiert 😉

  39. #39 Dampier
    23. September 2015

    @Alderamin
    Das war kein Trick. Das Schreiben ist für mich ein lustvoller und ziemlich chaotischer Vorgang, da denke ich nicht strategisch.

    … and if I let it take me, it can take me anywhere.
    Das sagte Dr. John zwar über die Musik, aber das lässt sich sicher auf jeden kreativen Prozess anwenden. Und so gehts mir auch :]

    Im übrigen ist Länge ja nicht automatisch ein Vorteil. Das kann auch nach hinten losgehen. Florian die 20.000-Zeichen-Grenze ja mehrfach relativiert und ich habe es mehr als Empfehlung verstanden. Mit mehr Zeit hätte ich wohl noch was gekürzt, auch um das zweite Buch noch eingehender besprechen zu können.

    Kommt dann am Freitag nachmittag.

    ich bin sehr gespannt 😉

  40. #40 Dampier
    23. September 2015

    @BreitSide

    erhöhter Blasendruck soll Entscheidungen verbessern – sagt eine Studie

    Auf jeden Fall beschleunigt er Entscheidungen, aber ich bin nicht sicher, ob das wirklich ein Vorteil ist … vor wichtigen Phasen auf Arbeit sehe ich eher zu, dass ich vorher nochmal die Blase entleere …

    @Theres / Captain E.
    Etwas ähnliches wie terra Preta gibt/gab es auch in Mitteleuropa. Siehe
    https://de.wikipedia.org/wiki/Anthrosol

    Dass irgendwelche Gierlappen sich das uralte Wissen gleich wieder patentieren wollen, wundert mich nicht. Ich halte die menschliche Gier (und den religiösen Glauben an den “Markt, der alles regelt”) für den größten Fortschrittshemmer überhaupt. Das wurde ja auch in dem Artikel über Biokraftstoffe deutlich. Da wird der Regenwald gnadenlos abgeholzt und die Endprodukte von Monokultur und Ausbeutung von Mensch und Natur werden uns dann hier mit Grüne-Blätter-Logo verkauft. Da wird mir regelmäßig schlecht.

  41. #41 Dampier
    23. September 2015

    @Hans

    Irgendwie war mir schon nach ein ein zwei Abschnitten klar: “Dieser Text muss von Dampier stammen.” und so ist es auch. Gute Arbeit.

    Danke! Dieser Satz hat mich irgendwie besonders gefreut :))

  42. #42 Hans
    24. September 2015

    @Dampier, #41

    Bitte sehr, keine Ursache. 🙂

  43. #43 roller48
    30. September 2015

    Ein sehr schöner und informativer Artikel der wirklich Lust auf derartige Literatur und Streifzüge macht.
    Danke an Dampier für wieder mal prima recherchierten und formulierten Text.
    roller48

  44. #44 Dampier
    3. Oktober 2015

    Danke @roller48, freut mich, dich hier zu lesen :))
    Danke auch @Bettina Wurche

  45. #45 Karl Muellerson
    PV,CA and HH,DE
    6. Oktober 2015

    Wow! Reading about Percy Fawcetts adventures took me sweating and hungry through the jungles swiping insect off as I reached the dawns early morning hours wishing it had been a book that I would have liked to continue reading…. Thanks to Dampier I hunger for more. @Florian; Enjoy reading all these interesting articles. Can not get enough!!

  46. #46 Dampier
    6. Oktober 2015

    Hi Karl, nice to have you here :)) Thanks a lot!

    grz
    Dampier

  47. #47 Ingrid Kalcher
    Rendsburg
    12. Oktober 2015

    2. Versuch:
    Du hast mir das Buch vor einiger Zeit empfohlen. Welche Welten und Zeiten haben sich mir eröffnet. Mir laufen immer noch die Schauer über den Rücken, wenn ich an die Schilderungen der ersten Expedition denke, mit all dem giftigen Getier und den Pflanzen, denen man besser nicht zu nahe kommt. Mir reichte damals eine ca. 2-stündige Führung durch den Virgin jungle von Ecuador. Ich fasste – leider – Pflanzen an und musste Luft einamtmen, in der Wassertropfen so groß wie Stecknadelköpfe aus Kunststoff s schwebten, ohne zu fallen. Mir wird schon wieder ganz anders. Dein Artikel ist wunderbar.

  48. #48 FT aus W
    Rehhorst
    14. Oktober 2015

    Ein wunderbarer Artikel, unglaublich interessant zu lesen.Hab mir gleich das Buch besorgt und lese täglich darin. Der Autor formuliert gut und hat offenbar ein großes Hintergrundwissen. Sehr lesenswert!

  49. #49 Dampier
    2. März 2016

    Meine Güte. Ich hab gestern zum erstenmal die britische TV-Doku von 2012 gesehen (Mythen-Jäger – El Dorado – Die legendäre Goldstadt). Laut einigen Kommentaren war die auch kurz vor der Veröffentlichung dieses Artikels gelaufen.

    Man könnte meinen, ich hätte die Geschichte einfach aus der Doku abgeschrieben, so ähnlich war die, bis in die Details.

    Ich möchte zur Sicherheit nochmal betonen, dass ich die Doku bis gestern nicht gesehen hab :))

    So schlecht war sie nicht. Sprecherstimme, Musik und Reenactment waren erfreulich dezent gemacht. Fachlich … nun ja, war wohl ganz akkurat soweit. Einige Interpretationen teile ich aber nicht, am peinlichsten war wohl die Verknüpfung mit Eldorado. Die ganze Geschichte hat mit Eldorado nichts zu tun. Eldorado wird im Norden vermutet, in Kolumbien oder Venezuela. Das ist tausende Kilometer von der Gegend entfernt, in der Fawcett gesucht hat. Auch hat Fawcett die Stadt aus dem Manuskript 512 nicht als Z angesehen. Da wurde vieles zusammengerührt, was nichts miteinander zu tun hat.

    Die Ähnlichkeit rührt wohl daher, dass die Macher der Doku sich offensichtlich auch nach dem Buch von David Grann gerichtet haben; gerade die Verknüpfung mit den neuen archäologischen Entdeckungen legt das nahe. Leider haben sie ihn nicht interviewt (stattdessen aber einen “Freund der Familie”, der stellenweise ziemlich dick aufgetragen hat).
    Ob sie ihn im Abspann erwähnten, kann ich aufgrund eines DVBT-Aussetzers leider nicht sagen. Info willkommen 😉

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