Dieser Gastartikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb. Alle eingereichten Beiträge werden im Lauf des Septembers hier im Blog vorgestellt. Danach werden sie von einer Jury bewertet. Aber auch alle Leserinnen und Leser können mitmachen. Wie ihr eure Wertung abgeben könnt, erfahrt ihr hier.
Dieser Beitrag wurde von Theresa Kruse eingereicht.
———————————————————————————————————————–
Ich bin verrückt. Da sind sich all meine Kommilitonen einig. Dabei stehen auf der einen Seite die Germanisten und auf der anderen die Mathematiker. Ich bin irgendwo dazwischen. Wahrscheinlich ist das so, wenn man zwei Fächer studiert, ohne das Lehramt fest im Blick zu haben. Dann wüsste ich mich zumindest bei den Pädagogen heimisch.
Aber so begegnet mir auf beiden Seiten vor allem Unverständnis und ich muss mich für das jeweils andere Fach rechtfertigen. Allerdings zeigen die Germanisten dabei mehr Respekt gegenüber den Mathematikern, während es in die andere Richtung leider eher Verachtung ist. Doch wie kann es zu solch einer Hierarchie zwischen den Disziplinen kommen? Es sind schließlich beides Geisteswissenschaften!
Und über deren Sinn und Zweck lässt sich mangels direkter Anwendung ohnehin streiten. Ein Mathestudium ist schließlich ähnlich wie Sudokus lösen: Man probiert irgendetwas und freut sich, wenn es am Ende passt. Dann beginnt man mit dem nächsten. Inhaltlich klüger wird man daraus nicht direkt. Anders ist es in Germanistik: In der Literaturwissenschaft werden Texte gelesen und diskutiert. Und wer mehr Texte gelesen hat, findet mehr Zusammenhänge zwischen den Worten. Genauso hat auch die Linguistik ihren Inhalt: Warum sprechen die Menschen so wie sie sprechen?
Doch weshalb scheinen gerade Mathematik und philologische Wissenschaften so unvereinbar? Dabei wäre es doch durchaus möglich zu kombinieren: Welche Rolle spielt Mathematik in der Literatur? Oder linguistisch untersuchen, warum die Sprache der Mathematik mit den immer gleichen Phrasen funktioniert. Dafür müsste man sich natürlich auch mit der entsprechenden Mathematik auseinandersetzen. Mit solch einem Fachbereich mathematische Germanistik wäre gleichzeitig die Hierarchie überwunden.
Welchen Sinn das ganze hat? Nun, ich denke, danach darf man in der Wissenschaft zunächst nicht fragen. Manchmal ist die Anwendbarkeit von bestimmten Disziplinen erst viele Jahre später ersichtlich. Ich denke da an Primzahlen, deren Nutzen in der Verschlüsselungstechnik erst in den letzten Jahrzehnten wirklich wichtig wurde. Schließlich soll das Forschen in der Wissenschaft doch vor allem Spaß machen und neue Erkenntnisse bringen. Diese Erkenntnisse werden dann irgendwann wieder entdeckt, weiterentwickelt und angewendet. Ein bisschen verrückt ist das vielleicht schon.
Kommentare (31)