Über unsinnige Bodenleuchten wie es sie beispielsweise auf dem Wernigeroder Nikolaiplatz gibt – habe ich mich wegen ihres Beitrags zur Lichtverschmutzung hier im Blog ja schon öfter geärgert. Im Rahmen des DIALux-Tutorials will ich diese Woche mit einem kleinen Experiment verdeutlichen, wie ineffizient derartige Bodenleuchten tatsächlich sind.
Man findet sie in vielen Fußgängerzonen, auf öffentlichen Plätzen, vor Bahnhöfen und sogar in Grünanlagen – Bodenleuchten (auch als Überroller oder Sparks bezeichnet), die ihr Licht mehr oder weniger direkt in den Himmel abgeben oder aber Gebäude und leider oft auch Bäume von unten anstrahlen. Dass eine Beleuchtung „von unten nach oben” natürlich nicht (energie-)effizient sein kann, dürfte dem Beobachter instinktiv ebenso klar sein, wie dass ein Großteil des auf diese Weise erzeugten Lichts wohl kaum zur Beleuchtung, dafür aber umso stärker zur Lichtverschmutzung beiträgt.
Die folgende kleine DIALux-Simulationsreihe soll dabei helfen, die Ineffizienz dieser Lampen besser einschätzen zu können, um bei Diskussionen um Bodenleuchten nicht „aus dem Bauch heraus” argumentieren oder schätzen zu müssen. Sie soll zudem deutlich machen, dass sich DIALux neben der energiesparenden Lichtplanung durchaus auch für Zwecke der Lichtsmog-Vermeidung einsetzen lässt – ebenso wie übrigens auch für die Planung von Solaranlagen, was aber Thema einer späteren „Folge” dieses Tutorials werden wird.
Als Ausgangspunkt soll uns ein typisches Beleuchtungsszenario für Bodenstrahler dienen: Ein Ausschnitt aus einem gepflasterten Platz, der eine Abstellanlage für Fahrräder sowie zwei Bänke umfasst und gut Teil eines öffentlichen Geländes sein könnte.
Die einzige Lichtquelle des Szenarios ist zunächst eine für „repräsentative” öffentliche Plätze geeignete Design-Mastlampe, in diesem Fall eine SIMES S3974 VELA Double. Wie die Darstellung in Falschfarben zeigt, sorgt sie für eine gleichmäßige Ausleuchtung, wobei die Beleuchtungsstärke im grünen Bereich bei 75 Lux, im blauen bei 35 Lux und im lilafarbenen bei 20 Lux liegt, während man in den gelben Flächen direkt unter dem Lampenkopf auf Werte knapp oberhalb von 90 Lux kommt.
In dieses Szenario fügen wir nun über den Menüpunkt Linienanordnung eine Reihe von fünf 70 Watt-Bodenleuchten ein (den Herstellernamen lasse ich in diesem Fall lieber weg, da die Ergebnisse bei so gut wie allen Bodenleuchten ähnlich schlecht ausfallen), die im Abstand von einem Meter voneinander in den Boden eingelassen werden.
Eine Berechnung der Lichtverteilung zeigt, dass sich die Beleuchtungssituation durch die Zugabe der fünf Bodenstrahler qualitativ nicht verändert hat – die Lampen tragen daher zur Ausleuchtung des Platzes ziemlich exakt gar nichts bei. Wie die Kalkulation des ULR weiter unten noch zeigen wird, liegt der Anteil des effektiv nutzbaren Lichts bei gerade mal einem halben Prozent des insgesamt austretenden Lichts, d.h. die innengerichtete Reflexion der Abdeckplatte bleibt bei dieser Rechnung sogar noch unberücksichtigt, was Bodenleuchten insgesamt zu einer der ineffizientesten Formen von Beleuchtung überhaupt macht.
Dies wird noch deutlicher, wenn man die SIMES-Mastlampe aus dem Szenario entfernt. Abgesehen von den Lichtpunkten selbst sowie ihrer unmittelbaren Umgebung ist dann nämlich keinerlei Beleuchtungseffekt mehr feststellbar.
Besonders aufschlussreich ist die Kalkulation des ULR – des Upward Light Ratio, also des Anteils des innerhalb eines Beleuchtungsszenarios generierten Lichtes, das oberhalb der Horizontalen abgestrahlt wird, und damit direkt (d.h. ohne den Umweg über etwaige Bodenreflexionen) zur Lichtverschmutzung beiträgt. DIALux berücksichtigt bei der Berechnung des ULR sämtliche im Szenario eingearbeiteten Verbauungen wie etwa angeleuchtete Bäume, Informationstafeln oder Hauswände.
Wie sehen nun die ULR-Werte der drei oben betrachteten Szenarien aus, die man sich im Projektmanager über den Reiter Ausgabe im Berichtsblatt Planungsdaten des jeweiligen Außenszenarios anzeigen lassen kann? Das erste Szenario mit der relativ gut abgeschirmten Mastlampe ohne Bodenleuchten weist einen guten ULR-Wert von gerade mal 6% auf (wobei der Idealwert natürlich 0% beträgt) – ein Wert, der durch das Hinzufügen der Bodenleuchten auf satte 43% ansteigt, was einer Verschlechterung um ganze 37% entspricht. Das Szenario ohne Mastlampe weist sogar einen ULR von 99,5% auf, woraus man leider schließen muss, dass lediglich etwa ein halbes Prozent des aus den Lampen austretenden Lichts tatsächlich im Szenario verbleibt – der Rest entschwindet direkt in den Himmel…
Nun könnte man freilich darauf hinweisen, dass Bodenleuchten in vielen Fällen gar nicht freistehend sind, sondern etwa von unten “künstlerisch” in Bäume leuchten, und daher weit weniger Licht unmittelbar in den Himmel abgeben. Einmal ganz abgesehen davon, dass eine derartige Beleuchtung meist nicht gut für den Baum ist (so werfen etwa intensiv beleuchtete Laubbäume ihre Blätter später ab und werden damit anfälliger für Frostschäden), sind solche Lampen in der Regel auch dann in Betrieb, wenn der Baum entlaubt ist, wie zum Beispiel die obige Aufnahme vom Wernigeröder Nikolaiplatz zeigt. Doch selbst im Planfall – d.h. bei der Ausleuchtung belaubter Bäume von unten – machen die Lampen ökologisch betrachtet keine gute Figur, wie sich anhand einer weiteren Simulation leicht belegen lässt*.
Obwohl es so aussieht, als ob ein Großteil des Lichts von den Bäumen „verschluckt” wird, liegt der ULR dieses Szenarios noch immer bei 71,5% und verbessert sich damit im Vergleich zu unserem unbebauten Szenario bei gleicher Lampenanzahl um gerade einmal 28%…
Diese Werte – darauf sei hier ausdrücklich hingewiesen – sind selbstverständlich nicht allgemeingültig, sondern hängen von der Bebauung der Umgebung und dem spezifischen Lampentyp ab. Eine kleine von mir durchgeführte Simulationsserie, die keinen Anspruch auf Repräsentativität oder gar Vollständigkeit erhebt, ergab immerin ULR-Schwankungsbereiche um 10% – womit aber selbst im günstigsten Fall die Bodenleuchten weder aus ökonomischer noch aus ökologischer Sicht als sinnvoll zu bewerten sind.
Wer einen öffentlichen Platz mit Bodenbeleuchtung kennt und sich bereits ein wenig in DIALux eingearbeitet hat, kann ja mal die Probe aufs Exempel machen und versuchen, die ULR unter Berücksichtigung von Verbauung und Lampenhersteller zu errechnen sowie zu ermitteln, um wieviel sich der Wert bei Abschaltung der Bodenleuchten verbessern würde – eventuell kann ja eine konkrete Zahl beim Bauausschuss oder Bürgermeister weiterhelfen…
*Im Gegensatz zur Simulation anderer Verbauungen wie beispielsweise von Gebäudewänden sind die Ergebnisse bei der Simulation des Blattwerks von Bäumen natürlich nur als Näherungswerte zu betrachten.
Kleines Update: Jan Hattenbach hat das Thema Bodenleuchten in den Kosmologs nochmal aus Sicht des Astronomen aufgegriffen: Bodenleuchten sind Blödsinn!
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