Seit Jahren schon gibt es im Washington Examiner die Kolumne “Daily Outrage”, in der über Korruption, Vertuschungen und andere Skandale berichtet wird. Am Sonntag wurde nun ein besonders hässlicher Skandal aufgedeckt: Die “Verschwendung” von Steuergeldern an ein paläontologisches Forschungsprojekt der University of Montana.

i-97bc14cc6286cef7e681498ddc7a8092-daily-outrage-thumb-512x174.jpg

Wie die Journalisten des Examiners herausfinden konnten, vergab die NSF – die National Science Foundation – im laufenden Jahr unverschämterweise ganze 141.002 Dollar des 787 Milliarden Dollar schweren Jobrettungsfonds des American Recovery and Reinvestment Act of 2009 (= 0.00000017%) an die Paläontologen der University of Montana, die damit unter anderem ausgerechnet einen Trip nach China finanzierten, um sich mit dort gefundenen, versteinerten Dinosauriereiern zu befassen. Lesenswert sind vor allem die Kommentare: Kein Wunder, dass sich die Wirtschaft nicht erholt, wenn derartige Geldsummen in solchen Unfug investiert werden! Ist es denn überhaupt nötig, kommunistische Dinosaurierskelette in China zu untersuchen – schließlich lassen sich doch gerade im schönen Staate Montana auch noch genügend amerikanische Skelette ausgraben…

Nur ein einziger Kommentator hat das eigentliche Problem erkannt:

Science projects are often trotted out as “pork” by know-nothings who have no appreciation for science or what it takes to be a scientist. The projects involved, whether they be medical research or dinosaur eggs, are well thought out endeavors that fund people and expand our knowledge base. Science and technology is EXACTLY what we should be investing in to protect the economic interests of our country.

i-a125006db66d3d52e9e85a2f8863d441-examiner-thumb-512x682.jpg

Irgendwie erinnert mich das ganz fatal an die furchtbare Debatte in der Kommentarspalte des Daily Herald-Artikels über die Reduktion von Lichtverschmutzung in Barrington Hills: Warum hauen die Astrofuzzis nicht nach Kuba oder Nordkora ab, wenn sie nachts lieber im Dunkeln sitzen wollen? Und wer zahlt mir das Gewehr und das Nachtsichtgerät, dass ich in Zukunft brauche, um mich vor im Dunkeln einfallenden Verbrecherhorden zu schützen?

Da fragt man sich, ob es wirklich eine gute Idee sein kann, die amerikanische Öffentlichkeit direkt über Sinn und Unsinn wissenschaftlicher Projekte abstimmen zu lassen. Genau dies planen aber derzeit die Republikaner, die der NSF ein sogenanntes “YouCut Citizen Review” überstülpen wollen, bei der BürgerInnen sich auf einer Webseite über bereits von der NSF genehmigte Projekte informieren und darüber abstimmen können, ob das Forschungsziel die Investition öffentlicher Mittel wert ist. Da dürfte wohl – wenn nicht gerade der “Pharyngula Effect” dazwischenkommt – das Geld für “unsinnige” Forschung zu Lichtverschmutzung, Sauriereiern und anderen Themen zukünftig deutlich knapper werden…

Kommentare (12)

  1. #1 Sebastian
    13. Dezember 2010

    Da fehlen einem doch echt die Worte! Es scheinen wohl immer weniger Leute nachzudenken bevor sie etwas sagen!

  2. #2 maxfoxim
    13. Dezember 2010

    ob es auch solche Beschwerden gegeben hätte, wenn man das Geld für Pro-Intelligent-Design Studien ausgegeben hätten 🙂

    Die Amis, von Flat-earth-gläubigen bis zu den meisten Nobelpreisträgern… alles irgendwie dabei :/

  3. #3 Anhaltiner
    13. Dezember 2010

    Ja das ist schon ein Skandal, da schickt Montana ein par Studenten nach China um ein par Eier auszubuddeln – Die Chinesen sehen sich zu einem studentischen Gegenbesuch genotwendigt, und schicken den Sohn des Parteivorsitzenden gleich mit. Der muss natürlich Papa erzählen was er so alles in Montana erlebt hat und Papa denkt sich, als er die Angebote für sein nächstes Großprojekt studiert: “Die Langnase von Siemens is mir nich geheuer – aber das Angebot aus Montana scheint gut zu sein” – Und überweist 2 Aktennotizen und 10 Unterschriften spätrer 10Mio nach Montana – Und Deutschland geht ein 10Mio Auftrag verloren nur wegen ein par Dino-Eiern.

    OK – das war jetzt erfunden – aber wer sagt denn das es sich nicht so abspielen kann?

    Und die Alternative – das einem aus der Gruppe vom CIA ein Job als China-Experte angeboten wird, der dann Wirtschaftsreisen und Mrd-Aufträge betreut – lass ich lieber gleich ganz.

    Studentenaustausch und internationale Beziehungen sind immer ein Geben und Nehmen.

    Und wer sich über die Ausgabe von 141T$ aufregt sollte erst mal schauen was mit dem Geld passiert ist: 6Wochen Prof. und 10 PostDocs müssen sowieso bezahlt werden und bei US-Unis ja auch die Putzfrau und was die leerstehenden Büros sowieso kosten. “Fly American”? zumindest wurden deswegen keine Stellen bei einer US-Fluggesellschaft abgebaut. Und wer weis was sonst noch auf US-Gebiet so alles davon bezahlt wurde.

  4. #4 Anhaltiner
    13. Dezember 2010

    Steuerverschwendung anzuprangern ist in Zeiten klammer Kassen (also immer) ein wichtige Sache. Nur mir fehlt irgendwie dann immer der Hinweis wie man solche Fehler in Zukunft vermeiden kann. Wenn ein A380-Triebwerk in die Luft geht weiss man nach ein par Wochen was zu tun ist, damit sowas nich wieder vorkommt. Aber bei Steuerveschwendung bin ich immer wieder ratlos – jedes Jahr aufs Neue wenn die Highlights des deutschen Schwarzbuches veröffentlicht werden.

    Nagut wenigstens weis ich jetzt das nicht nur Deutschland für die “falschen” Forschungsprojekte zuviel Geld ausgegeben wird und an den “richtigen” gespart wird. (Nein ich verrate jetzt nicht welche Projekte “richtig” oder “falsch” sind 😉 )

  5. #5 Jonas
    13. Dezember 2010

    Wenn Gelder des “Jobrettungsfonds” dafür verwendet werden um Sauriereier und die chinesische Kultur zu begutachten, dann ist das in der Tat ein Skandal. Denn für solche Geschichten ist der Fond schlicht und ergreifend nicht da. Man würde hier doch auch auf die Barrikaden gehen, wenn aus Mitteln des Bildungsetat demnächst Autobahnen gebaut werden.

    Wenn in Zukunft das Volk entscheiden dürfte welche Forschungsprojekte öffentliche Gelder bekommen, wird der Alptraum vieler Wissenschaftler wahr, die sich auf Kosten der öffentlichen Hand gut eingerichtet haben und das schöne Leben genießen. Sie müßten dann nämlich ihre Projekte so aufbereiten, dass auch Max Mustermann den Sinn erkennt oder sie müßten sich private Mäzene suchen. Da bleibe doch lieber alles beim Alten, ist auch nicht so anstrengend.

  6. #6 Christian Reinboth
    13. Dezember 2010

    @Jonas:

    Wenn Gelder des “Jobrettungsfonds” dafür verwendet werden um Sauriereier und die chinesische Kultur zu begutachten, dann ist das in der Tat ein Skandal.

    Die Gelder des Fonds dienen dazu, Arbeitsplätze zu erhalten – warum nicht auch über die Förderung von Projekten an Universitäten. Auch wissenschaftliche Arbeitsplätze sind Arbeitsplätze – oder zählt am Ende etwa nur der mit staatlichen Geldern über Wasser gehaltene Fließbandjob bei Ford…?

    Sie müßten dann nämlich ihre Projekte so aufbereiten, dass auch Max Mustermann den Sinn erkennt oder sie müßten sich private Mäzene suchen.

    Insbesondere müssten sie ihre Projekte so aufarbeiten, dass kein ahnungsloser Blogger mal eben für einen Shitstorm an Negativ-Kommentaren sorgen und damit gleich die komplette Förderung abschießen kann, was insbesondere in den ideologisch geprägten USA nicht so einfach sein dürfte (Evolution, Gentechnik, Klimaschutz etc.)…

  7. #7 KommentarAbo
    13. Dezember 2010

  8. #8 Anhaltiner
    13. Dezember 2010

    Wer sagt eigentlich das diese Reise von den 3Mrd USD, die die NSF im Rahmen des ARAR bekommen hat, bezahlt wurde und nicht aus ihrem restlichen Budget? (7Mrd USD in 2010) An sonsten: herzlichen Glückwunsch die anderen 9.999 geförderten Projekte waren dann wohl ihr Geld wert – Das ist ne super Quote finde ich!

  9. #9 Gluecypher
    13. Dezember 2010

    @Jonas

    Wenn in Zukunft das Volk entscheiden dürfte welche Forschungsprojekte öffentliche Gelder bekommen, wird der Alptraum vieler Wissenschaftler wahr, die sich auf Kosten der öffentlichen Hand gut eingerichtet haben und das schöne Leben genießen. Sie müßten dann nämlich ihre Projekte so aufbereiten, dass auch Max Mustermann den Sinn erkennt oder sie müßten sich private Mäzene suchen. Da bleibe doch lieber alles beim Alten, ist auch nicht so anstrengend.

    Dann würde wirklich der Alptraum eines jeden vernünftig denkenden Menschen wahr: dass inkompetente Schwachmaten wie Jonas über die Vergabe von Forschungsgeldern entscheiden dürften. Dann hättest Du Flachzange noch nicht mal einen Computer, denn wieso sollte man Geld dafür ausgeben sollen, irgendwelche exotischen Eigenschaften von sogenannten Halbleitern zu erforschen. Ist doch sowieso alles Humbug! Und dann müssten sich die Forscher eine richtige Arbeit suchen und damit ihre Villa, ihren Butler, sowie den Rolls inklusive Chaffeur finanzieren. Da ist dann auch Schluss mit 1. Klasse-Flügen, Nutten und Koks auf Staatskosten und den 42-Zoll Flachbildschirmen auf dem Klo. Und das alles von Deinen sauer erschufteten Steuern! Die Schweine!

    Nur mal so als kleiner Denkanstoß: es gibt eine sehr schöne interaktive Infografik der NY Times. Sehen, verstehen und staunen.

  10. #10 Jonas
    13. Dezember 2010

    @Christian Reinboth: Auch wissenschaftliche Arbeitsplätze sind Arbeitsplätze, keine Frage. Aber finden Sie nicht mit einer Reise zum “Eier begutachten” könnte der ursprüngliche Sinn des Fonds etwas verfehlt sein?

    “Insbesondere müssten sie ihre Projekte so aufarbeiten, dass kein ahnungsloser Blogger mal eben für einen Shitstorm an Negativ-Kommentaren sorgen und damit gleich die komplette Förderung abschießen kann, was insbesondere in den ideologisch geprägten USA nicht so einfach sein dürfte (Evolution, Gentechnik, Klimaschutz etc.)…”

    Richtig und für die Wissenschaftler auch mal eine echte Herausforderung. 🙂
    Andererseits behaupte ich mal einfach, dass gerade (und wahrscheinlich nur) die ideologisch geprägte USA sowas wie ein Apollo-Programm auch mit der Unterstützung der Bevölkerung durchziehen könnte. Man muss es halt nur verkaufen können.

  11. #11 klauszwingenberger
    14. Dezember 2010

    Andererseits behaupte ich mal einfach, dass gerade (und wahrscheinlich nur) die ideologisch geprägte USA sowas wie ein Apollo-Programm auch mit der Unterstützung der Bevölkerung durchziehen könnte. Man muss es halt nur verkaufen können.

    Damals hätte das nicht nur mit der Unterstützung der Bevölkerung durchgezogen werden können, es wurde so durchgezogen. Von dem Schwung der damaligen Zeit zehren die USA noch heute, aber er geht zusehends verloren. Wenn ich mir die Kleinkariertheit des Examiner und die beschränkte Bewegung um diese Mutti aus Alaska anschaue, dann muss man ganz ernsthaft befürchten: dieses mächtige Land ist gerade dabei, sich selbst aufzugeben.

  12. #12 Anhaltiner
    14. Dezember 2010

    @Jonas die Aufgabe der NSF ist “die finanzielle Unterstützung von Forschung und Bildung auf allen Feldern der Wissenschaften, mit Ausnahme der Medizin”.(Wikipedia) Solange also das Begutachten von Dino-Eiern zu einem Feld der Wissenschaft gehöhrt, kann die NSF soviel ja nicht falsch gemacht haben.