Zum Bloggen bin ich im momentanen Vaterschaftsurlaub (unsere zweite Tochter kam am 17. August zur Welt) leider noch nicht wirklich gekommen – dafür in einigen halb durchwachten Nächten aber immerhin zum Lesen. Warum also nicht mit ein paar SciFi- und Sachbuch-Rezensionen wieder bei den ScienceBlogs einsteigen?
Ein Werk, das mich in den letzten Wochen wirklich beeindruckt hat, ist der 1986 erschienene Roman “Replay – das zweite Spiel” von Ken Grimwood, der mit dem Tod seiner Hauptfigur beginnt. Nachdem Jeff Winston – 43, unglücklich verheiratet, mit mittelmäßiger Journalisten-Karriere – im Jahr 1984 einem Herzinfarkt zum Opfer fällt, findet er sich im Jahr 1963 als 18jähriger im Zimmer seiner damaligen Hochschul-WG wieder. Da keine der von Jeff zunächst angestrengten rationalen wie irrationalen Erklärungen – vom Koma bis hin zum Leben nach dem Tod – verfängt, beginnt er bald zu glauben, dass ihm das Schicksal die von vielen herbeigesehnte “zweite Chance” gewährt hat: Die Möglichkeit, das eigene Leben noch einmal – und besser – leben zu dürfen. Jeff nutzt seine Erinnerung an Sportergebnisse sowie an die Entwicklung einiger Großunternehmen, um schnell wohlhabend zu werden, vermeidet die unglückliche Ehe mit seiner ersten Frau und lebt mehr oder weniger glücklich im Luxus – bis er nach 21 Jahren am gleichen Tag erneut einen Herzinfarkt erleidet und wieder im Jahr 1963 erwacht. Der Beginn einer – zumindest zunächst – endlos scheinenden Reihe sinnloser Wiederholungen und immer wieder ausgelöschter Lebensleistungen.
“Replay” greift hier ein Thema auf, das auch in Arthur C. Clarkes “Childhood’s End” und P.D. James “Children of Men” (großartig verfilmt von Alfonso Cuarón im Jahr 2006) eine zentrale Rolle spielt: Wie gestalten Menschen ihre Existenz, wenn ihnen bewusst ist, dass keine ihrer Handlungen von Konsequenz sein wird? Während Clarke und James jeweils eine kollektive Erfahrung – die des Lebens der (vermeintlich) letzten Generation der Menschheit auf Erden – beschreiben, zeigt Grimwood das individuelle Dilemma: Wie geht man unter dieser Prämisse mit der eigenen Lebenszeit um? Mit Sportwetten immer wieder reich werden und Leben um Leben im Luxus verbringen? Ein ganzes Leben allein dem Studium von Shakespeare oder Kant widmen? Die Welt bereisen? Aber was tut man danach? Und leben wir – wenn man einmal längere Zeitmaßstäbe als nur die kurze Lebensspanne von ein paar Generationen ansetzt – ultimativ nicht alle ein solch konsequenzenloses Leben?
Neben all diesen existenziellen Fragen treiben Winston aber natürlich auch noch einige ganz klassische Science Fiction-Probleme um: Er versucht (was sonst?) die Kennedy-Ermordung zu verhindern, begibt sich auf die Suche nach anderen „Wiederholern“ und muss sich ultimativ der Frage stellen, ob seine sich nach und nach verkürzenden Wiederholungszyklen nicht vielleicht bedeuten, dass sein Leben doch noch eines Tages enden wird. Alles in allem ein hervorragend geschriebener und kurzweiliger SciFi-Roman, den ich allen Freundinnen und Freunden der gepflegten Zeitreise nur ans Herz legen kann.
(Titelzeilenfoto von Flickr Community Member Ni1050, Lizenz: Public Domain Mark 1.0)
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