Sonnenaufgang im Winter. Bild: PxHere.com, gemeinfrei.

Hoffe, Ihr seid alle gut rübergekommen. Zum (möglicherweise verkaterten) Jahresauftakt heute mal ein einfaches Grundlagenthema.

Am 31.12.2018 war bei uns der späteste Sonnenaufgang in diesem Winter.
Wie jetzt? Ist der nicht zur Wintersonnenwende, genau wie der früheste Sonnenuntergang? Nein, der früheste Sonnenuntergang war schon am 12. Dezember. Glaubt Ihr nicht? Isso.

Wiesodattdenn?

 

Herr Kepler, mal wieder

Es gibt zwei Gründe. Der wesentlichere ist das zweite Keplersche Gesetz. Das besagt, dass Planeten, die auf ihrer (nach dem ersten Keplerschen Gesetz elliptischen) Bahn um die Sonne sich in Sonnennähe (Perihel) schneller bewegen als in Sonnenferne (Aphel); genauer gesagt überstreicht ein gedachter Strahl von der Sonne zum Planeten in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Da die Erde der Sonne am 3. Januar 2019 um 06:191 am nächsten ist (147,1 Millionen km), bewegt sie sich also im Winter etwas schneller um die Sonne als im Sommer (Aphel war zuletzt am 6. Juli 2018 um 18:46 MESZ mit 152,1 Million km).

Ja und, was hat das mit der Tageslänge zu tun?

Eine Menge. Die Erde dreht sich bezüglich des Sternenhimmels als feste Referenz im Unendlichen einmal in 86163,5 Sekunden um sich selbst, das sind 23h56m und 3,5s. Dann steht derselbe Stern wieder genau im Süden wie am Tag zuvor. Die Rotationsperiode der Erde nennt sich ein Sterntag.

Wir richten unsere Uhren aber sinnvollerweise nicht nach den Sternen, sondern nach der Sonne, und es dauert 24h, bis die Sonne von Südstellung zu Südstellung eilt. Da sich die Erde im gleichen Sinn um die Sonne dreht wie um sich selbst (siehe Bild unten, gegen den Uhrzeigersinn, wenn man von Norden aus auf die Bahn schaut), muss sich die Erde jeden Tag ein bisschen weiter als einmal um sich selbst drehen, um die Sonne einzuholen, denn die Sonne eilt von Tag zu Tag ein wenig voraus gegenüber den Sternen. In einem Jahr um volle 360°, d.h. pro Tag um ca. 360°/365,2422 Tage = 0,986°/Tag oder fast genau ein Grad. Ein Grad macht 60 Minuten · 24 /360°= 4 Minuten/°=240s/° Unterschied, genauer machen 0,986°·240s/°= 236,5s aus, und um 236,5 s ist der Sonnentag länger als der Sterntag.

Jedenfalls im Mittel.

Denn die Erde bewegt sich an nur zwei Tagen mit der mittleren Geschwindigkeit um die Sonne; im (Nord-) Frühjahr und Sommer bewegt sie sich langsamer, im Herbst und Winter schneller; deswegen liegen zwischen Frühlings- und Herbstanfang (21.3-23.9) 186 Tage, zwischen Herbstanfang und dem nächsten Frühlingsanfang 179 Tage (in Schaltjahren 180).

Die Erde bewegt sich im Perihel (genau am 3. Januar 2019) gemäß Kepler 2 schneller um die dann nähere Sonne als im Aphel. Das hat Einfluss auf die Länge des wahren Sonnentags. Siehe Artikeltext. Die Ellipse und die Fortbewegung der Erde pro Tag sind hier stark übertrieben dargestellt. Bild: Autor, gemeinfrei.

Wenn sich aber in der kalten Jahreszeit die Erde pro Tag weiter bewegt als in der warmen, dann muss sich die Erde auch weiter drehen, damit die Sonne wieder in Südstellung steht. Im Bild oben ist rechts über “Dezember” der Winkel, um den sich die Erde pro Tag verschiebt, als schwarzer kleiner Pfeil dargestellt, (stark übertrieben, damit man’s besser erkennt). Deswegen muss sie sich um den kleinen roten Winkel oben rechts weiter drehen, um den langen roten Pfeil, der die Orientierung der Erdkugel anzeigt, in Richtung der Sonne zu verschieben (Sonne steht wieder in Pfeilrichtung). Beide Winkel sind exakt gleich groß. Das heißt, der wahre Sonnentag von Mittag zu Mittag dauert im Winter länger als der mittlere Sonnentag von 24h. Und zwar bis zu einer halben Minute!

Damit verschieben sich sowohl die Uhrzeit des Sonnenhöchststands wie auch des Sonnenauf- und -untergangs jeden Tag ein wenig nach hinten. Für den Sonnenaufgang bedeutet das, dass er sich im Dezember nicht nur wegen der bis zum 21. Dezember, der Wintersonnenwende, täglich tiefer stehenden Sonne nach hinten verschiebt, sondern auch wegen der größeren Länge des Sonnentages über die Wintersonnenwende hinaus: der Sonnenaufgang verschiebt sich noch einige Tage danach weiter nach hinten, obwohl die Nächte von der Wintersonnenwende an beginnen, kürzer zu werden. Davon profitiert vor allem der Sonnenuntergang, der wegen der höher steigenden Sonne und wegen der größeren Tageslänge nach der Wintersonnenwende später erfolgt. Deswegen liegt auch der früheste Sonnenuntergang bereits einige Zeit vor der Wintersonnenwende.

Im Sommer ist alles umgekehrt (siehe Bild): die Erde bewegt sich langsamer auf ihrer Bahn, die Sonne braucht weniger als 24h von Südstellung zu Südstellung (wahrer Sonnentag kürzer als 24h), Sonnenauf- und -untergang verschieben sich täglich zu früheren Zeiten, deswegen findet der früheste Sonnenaufgang schon am 17. Juni statt und der späteste Sonnenuntergang erst am 25. Juni, während die kürzeste Nacht zur Sommersonnenwende am 21. Juni stattfindet (stimmt für Köln).

 

Kommt auch auf die Breite an

Oder so. Es kommt nämlich noch ein zweiter Effekt hinzu, nämlich der Breitengrad, auf dem man sich befindet. Im Bild unten sehen wir die Situation für zwei Orte auf verschiedenen Breiten. Die geographische Breite entspricht dem dargestellten Winkel zwischen der scheinbaren Bahn der Sonne im Tageslauf (parallel zum Himmelsäquator), die gestrichelte Linie weist zum Himmelspol. Die beiden parallelen Bahnen sollen der Sonnenbahn von Sonnenaufgang bis mittags zur Wintersonnenwende (untere Bahn) und einen Tag danach (obere Bahn) entsprechen.

Im oberen Bild ist die Situation für einen mittleren Breitengrad, etwa bei uns in Deutschland, dargestellt. Im unteren Bild ist es ein nördlicherer Breitengrad, der Winkel der gestrichelten Linie ist größer, die Sonnenbahn verläuft flacher. Der Abstand der Bahnen ist aber der gleiche, die Sonne ist in beiden Bildern zur Mittagsstellung von einem Tag zum nächsten gleich weit nach Norden gewandert.

Bei mittlerer Breite (oben) geht die Sonne steiler auf als in hohen Breiten (unten). Wenn sie nach der Wintersonnenwende nach Norden wandert, verschiebt sie sich weniger Richtung Osten als in höheren Breiten. Das beeinflusst das genaue Datum des spätesten Sonnenaufgangs (siehe Text). Bilder: Autor, gemeinfrei.

Man sieht, dass der Sonnenaufgangspunkt in höheren Breiten im gleichen Tagesabstand eine größere Strecke nach Norden (links) wandert. Das bedeutet aber auch, dass der Sonnenaufgang entsprechend früher erfolgt. Denn die gestrichelte Linie vom Sonnenaufgang zur Wintersonnenwende zu der blaß dargestellten gestrichelten Sonne einen Tag danach entspricht dem Sonnenstand am Tag danach zur gleichen Uhrzeit. Und der liegt bei hoher Breite ein ganzes Stück weiter weg (also zeitlich später) vom Aufgangspunkt als bei mittlerer Breite. Das heißt, der Sonnenaufgang holt nach der Wintersonnenwende in nördlichen Breiten schneller gegen die langen wahren Sonnentage auf, als in südlicheren Breiten.

Und deswegen war z.B. in Stockholm der späteste Sonnenaufgang schon am 27. Dezember, in Köln am 31. Dezember, und in Rom erst am 4. Januar (steht in den Links jeweils unter der Tabelle).

Na, hättet Ihr’s gewusst?

1Das genaue Datum schwankt ein wenig, da ein Jahr nicht exakt 365 Tage hat, sondern 365,24219052 Tage, weswegen wir eine Schaltjahrregel haben.

Kommentare (23)

  1. #1 rolak
    1. Januar 2019

    ^^da kommste mit dem Morgenkaffe zum Rechner und was ist? Behauptet da doch einer, es wäre ungefähr jetzt Sonnenaufgang – watn Quatsch, sind noch fast vier Stunden hin ;•)

    Frohes Neues!

  2. #2 Karl Mistelberger
    1. Januar 2019

    Apropos Kaffee, du hast auch sicher Kuchen dazu: https://mistelberger.net/cupcake.jpg

  3. #3 michael
    1. Januar 2019

    > Kaffe, Kuchen ?
    Ja, ja, die senile Bettflucht!

  4. #4 rolak
    1. Januar 2019

    Nix Bettflucht, michael, nur ein etwas anderer Tagesrhythmus. Von damals™ bis zum Ende des ‘nachts billjer’, als nicht nur per Fido zu diversen Briefkästen akustisch gekoppelt wurde, wars ja mehr so 22-16 wenn möglich, heute 4-22 – genau um eine NachtRuhe verschubst, wie mir grad auffällt.

    Mit Sicherheit aber keinen Kuchen, Karl, noch ein halbes Stündchen und die ‘um das Brot herum’ auf Kartoffelscheiben und Zwiebelringen gebackenen Hühnerschenkel sind fertig. Also gleich wecken gehen, der Besuch steht ebenfalls auf herzhaft am Morgen.

    Was mir übrigens *räusper* nicht aufgefallen war: aus welcher frühen Ankündigung auch immer war mir für das Rendezvous 6:30 vor inneren Augen. Was heute früh zu einer mittelschweren Verblüffung führte. Soso, das andere 6:30…

  5. #5 Karl-Heinz
    1. Januar 2019

    Cool
    Ich werde es genießen, dass die Sonne diese Woche (Perihel) um rund 3.3% näher ist als im Aphel. Im Juli werde ich das Umgekehrte genießen. 😉

  6. #6 Alderamin
    1. Januar 2019

    Frohes Neues Euch allen!

    Bin überrascht, wie oft der Artikel diese Nacht trotz (oder wegen?) des Jahreswechsels gelesen wurde. 🙂

  7. #7 Alderamin
    1. Januar 2019

    @rolak

    Ach, das Rendez-Vous meintest Du, dachte schon, es ginge um Deine Hähnchenschenkel… 😉

  8. #8 Pddow
    1. Januar 2019

    @Alderamin

    In meinem Fall “wegen”.

    Sehr interessant, danke!

  9. #9 Peter Paul
    1. Januar 2019

    @Alderamin
    Das war ja wieder ein sehr schöner Artikel und damit auch ein Superstart ins neue Jahr.
    Dir auch ein gutes, gesundes, schaffensfrohes neues Jahr.

  10. #10 uwe caspar
    Lindau
    1. Januar 2019

    aha! so viel gute erkenntnis zum “neuen jahr” – brilliant .. ich habe mich das immer schon gefragt, weil die sonnenaufgangszeiten sich nach der wintersonnenwende weiter nach hinten verschieben. > jetzt würde mich noch interessieren, wann – aus astronomischer sicht in bezug auf solar- und lunar”jahr” tatsächlich so ein “neues” jahr beginnt – stimmt das wirklich mit dem 31.12. überein?

  11. #11 Alderamin
    1. Januar 2019

    @uwe caspar

    jetzt würde mich noch interessieren, wann – aus astronomischer sicht in bezug auf solar- und lunar”jahr” tatsächlich so ein “neues” jahr beginnt – stimmt das wirklich mit dem 31.12. überein?

    Gute Frage. Also, für die Bewegung der Erde um die Sonne gibt’s verschiedene Nullpunkte, zum einen den Durchgang der Sonne durch den Frühlingspunkt (Tag- und Nachtgleiche), nach dem richtet sich auch der gregorianische Kalender (oder er versucht es; die in der Fußnote genannten 365,24219052 Tage beziehen sich auf dieses “tropische Jahr” – weil es von Wendekreis zu Wendkreis gerechnet ist, die im lateinischen tropicus heißen; der gregorianische Kalender nähert dies mit 365,2422 Tagen an). Dann wäre der Jahresanfang genau zu Frühlingsanfang.

    Die Position der Erde auf ihrer Bahn, die wahre Anomalie, wird vom Perihelpunkt ab gezählt, also eine volle Runde ist immer beim Periheldurchgang erreicht. Das ist das anomalistische Jahr und es dauert 365,25963588 Sonnentage = 365 Tage, 6 Stunden, 13 Minuten und 52,539 Sekunden (aus Wikipedia kopiert).

    Das Perihel dreht sich aber langsam um die Bahn herum, deswegen gibt es ein siderisches Jahr, bezogen auf ferne Objekte am Himmel (Quasare), das hat die Länge 365,256 360 42 Tage = 365 Tage, 6 Stunden, 9 Minuten und 9,54 Sekunden (dito). Der derzeit geltende Nullpunkt ist das Julianische Datum 2000.0, das war das Datum 2000 Jan. 01 11:59 UTC (mit der Jahreslänge kannst Du jetzt ausrechnen, wann genau das siderische Jahr 2019 anfängt).

    Und damit sind wir beim offiziellen Zeitstandard der Astronomie. Der geltende Kalender wurde so oft schon verändert (Julianisch-Gregorianisch mit 11 fehlenden Tagen, häufiger Einschub von Schaltsekunden), dass eine fortlaufende Zeitrechnung im bürgerlichen Kalender schwierig ist, wenn es auf Sekundengenauigkeit ankommt (z.B. Umlaufzeiten von Himmelskörpern über Jahrhunderte, Pulsar-Pulszeiten u.ä.), deswegen hat man in der Astronomie eine eigene fortlaufende Zeitzählung eingeführt, das Julianische Datum.

    Dessen Nullpunkt liegt irgendwo beim Schnittpunkt mehrerer astronomischer Zyklen im Jahr 4713 v.u.Z. (hat nix mit dem biblischen Alter der Welt zu tun!), und zuletzt wurde das oben genannte Datum als Julianische Epoche J2000.0 festgelegt. Das Julianische Datum verwendet Tage zu 86400 Sekunden und Jahre zu 365,25 Tagen, also julianische Jahre, so wie sie Julius Cäsar festgeschrieben hatte. Das vereinfacht die Berechnung von Zeitdifferenzen. Allerdings interessiert sich normalerweise niemand für das Julianische Jahr, die Zeitzählung ist einfach fortlaufend in Tagen.

    Hier gibt es einen Rechner, mit dem man das Julianische Datum eines bestimmten Datums+Uhrzeit ausrechnen kann und umgekehrt aus dem JD das Datum + Zeit. Habe mal ausgehend von 2000.0 19*365,25 Tage addiert, dann würde das Jahr 2019 zum JD 2458484,75 beginnen, und obiger Rechner spuckt dazu den 1. Januar 2019, 13:23 UTC aus. Das war vor exakt einer halben Stunde. Währenddessen schrieb ich diesen Text. 😀

  12. #12 UMa
    3. Januar 2019

    Alderamin, ein frohes neues Jahr.

    Da die Erde der Sonne am 3. Januar 2019 um 06:19(1) am nächsten ist…

    ja, in wenigen Stunden erreichen wir mit der Erde (Erdmittelpunkt) den sonnennächsten Punkt.
    Der sonnennächsten Punkt des Schwerpunktes von Erde und Mond wird aber erst am 3. Januar 2019 um 23:20 MEZ erreicht.
    Individuell dürfte der sonnennächste Punkt in Deutschland wegen der Erdrotation am 3. Januar 2019 gegen (Standortabhängig) 11:22 MEZ erreicht sein.

  13. #14 bombjack
    3. Januar 2019

    Mal eine blöde Frage zu dem Bild:
    https://i0.wp.com/scienceblogs.de/alpha-cephei/files/2018/12/Sonnentag.jpg

    Macht oder besser haben die unterschiedlichen Distanzen der Erde zur Sonne einen Einfluss auf die jeweiligen Jahreszeiten im Sinne der Temperaturen?

    Praktisch wenn das stimmt, dann wäre es ja so, dass die Erde im Dezember näher an der Sonne ist, d.h. auf der Nordhalbkugel würde der Winter abgemildert werden und auf der Südhalbkugel der Sommer verstärkt. und im Juni umgekehrt….oder hat die Distanzänderung keinen Einfluss da zu klein?

    bombjack

  14. #15 Alderamin
    3. Januar 2019

    @UMa

    Danke, auch frohes Neues.

    Mein Quelle war diese:

    https://www.timeanddate.de/astronomie/perihel-aphel-sonne

  15. #16 Alderamin
    3. Januar 2019

    @bombjack

    Macht oder besser haben die unterschiedlichen Distanzen der Erde zur Sonne einen Einfluss auf die jeweiligen Jahreszeiten im Sinne der Temperaturen?

    Tatsächlich ist der Entfernungsunterschied ja nicht so groß, die Bestrahlungsleistung schwankt, wenn ich mich nicht verrechnet habe, um +/- 3%. Viel stärker bemerkbar macht sich aber die im Winter schräger einfallende Sonnenstrahlung. Bei 50° N schwankt der Sonnenhöchststand zwischen 16,5° im Winter und 63,5° im Sommer, und die beleuchtete Fläche um den Faktor 3!

    Das gilt aber nur für den Höchststand; um die Variation der Einstrahlung über den ganzen Tag zu berechnen, müsste man die Variation mit der Uhrzeit und die Beleuchtungsdauer (Wintertage sind ja sehr kurz) mit einberechnen. Und dann kommt noch der Ausgleich durch Winde hinzu… komplex.

    Jedenfalls ist der übers Jahr schwankende Sonnenstand für die Jahreszeiten bei uns verantwortlich, nicht die Entfernung zur Sonne.

    Aber schaut man sich mal Kenia übers Jahr an:
    https://www.klimatabelle.info/afrika/kenia

    oder Kinshasa in der Republik Kongo:
    https://www.beste-reisezeit.org/pages/afrika/kongo.php#Kongo_Klimatabelle

    dann könnte das schon mit der Erdentfernung von der Sonne korrelieren, denn da ändert sich die Einstrahlung weniger, die beleuchtete Fläche schwankt nur um rund 10% über’s Jahr. Für Ecuador sieht es aber wieder nicht so aus; das Wetter hängt halt von vielen Dingen ab. Die vorgenannten Fälle in Afrika könnten daher auch nur zufällig ungefähr mit der Sonnenentfernung variieren.

  16. #17 UMa
    3. Januar 2019

    @bombjack,

    keine blöde Frage, im Gegenteil.

    Ja, die unterschiedlichen Distanzen der Erde zur Sonne haben einen Einfluss großen Einfluss auf die Temperaturen.

    Im Moment ist der Unterschied der Distanzen der Erde zur Sonne nicht besonders groß.
    Im Perihel (sonnennächsten Punkt der Bahn) heute ist die Erde 147,1 Millionen km von der Sonne entfernt.
    Im Aphel (sonnenfernster Punkt der Bahn) im Sommer wird die Erde 152,1 Millionen km von der Sonne entfernt sein.

    Die Sonnenstrahlung, die die Erde heute trifft, ist um 6,9% höher, als sie es am 6. Juli war. Die Sonneneinstrahlung fällt mit dem Quadrat der Entfernung.

    Das hat genau die Auswirkungen, die du beschrieben hast.
    Dadurch wird der Winter auf der Nordhalbkugel milder und die Sommer kühler, als sie es wären hätte die Erde eine Kreisbahn.
    Auf der Südhalbkugel ist es umgekehrt, die Winter sind kälter und die Sommer heißer.

    Allerdings sind die Auswirkungen auf der Nordhalbkugel deutlich stärker als auf der Südhalbkugel. Das liegt an der Verteilung von Land und Meer. Während die Nordhalbkugel viel Land hat, wo die Temperaturschwankungen zwischen Winter und Sommer wesentlich größer sind als im offenen Ozean, besteht die Südhalbkugel hauptsächlich aus Ozean, der die jährlichen Temperaturschwankungen stark dämpft.

    Wenn das Perihel dagegen im Nord-Sommer liegt, sind die Sommer auf der Nordhalbkugel wärmer und die Winter kälter. Dies war vor ca. 11000 Jahren der Fall und ist letzten Endes für das Abschmelzen der großen Inlandeisschilde am Ende der letzten Eiszeit verantwortlich.

    Die ganzen Schwankungen zwischen Kalt- und Warmzeiten in den letzten 2,6 Millionen Jahren sind letztlich eine Folge der veränderungen der Neigung dr Erdachse, der Exzentrizität der Bahn und eben der Jahreszeit des Periheldurchgangs. Diese Schwankungen wurden allerdings durch Veränderungen des Rückstrahlungsvermögens der Erdoberfläche sowie der Zusammensetzung der Atmosphäre verstärkt. So kam es insgesamt zu einer Erwärmung von etwa 5°C von dem Höhepunkt der letzten Eiszeit vor ca 20000 Jahren bis zur Mitte des Holozäns vor etwa 6000 Jahren.

    Heute ist die Exzentrizität der Erdbahn bei 0,0167, wodurch die Entfernung zur Sonne zwischen 147,1 Millionen km und 152,1 Millionen km liegt.
    Vor 115000 Jahren beispielsweise war die Exzentrizität bei 0,0439 und die Entfernung zur Sonne zwischen 143,0 Millionen km und 156,2 Millionen km. Dadurch kam es zu wesentlich stärkeren Veränderunegn der Sonneneinstrahlung als heute.
    Vor etwa 127000 Jahren, als das Perihel, der sonnennächste Punkt der Erdbahn, im Nord-Sommer lag, begann die Emm-Warmzeit. Diese aber nur kurz andauerte, da bei dem großen Unterschied in der Sonnenentfernung die Änderung der Lages des Perihels in den Nord-Winter vor 116000 Jahren, bei der hohen Exzentrizität, zu kühlen Sommern auf der Nordhalbkugel aber warmen und niederschlagsreichen Wintern führte. Der im Winter reichlich gefalle Schnee im Norden Kanadas und in den nördlichen Gebirgen konnte im Sommer nicht mehr abschmelzen und so kam es langsam zum erneuten Aufbau von Eisschilden und die Emmwarmzeit endete und eine neue Kaltzeit begann.

    In Zukunft wird die Exzentrizität der Erdbahn weiter abnehmen. In etwa 26000 Jahren erreicht sie mit nur noch 0,0024 ein Minimum. Dann ist der Unterschied zwischen Sonnennähe und Sonnenferne nur noch gering und die Entfernung zur Sonne schwankt nur noch zwischen 149,2 Millionen km und 150 Millionen km.

  17. #18 Alderamin
    3. Januar 2019

    @UMa

    Wow, danke.

  18. #19 Alderamin
    3. Januar 2019

    @UMa

    Ist dabei die Präzession der Erdachse schon mitberücksichtigt? Der Nordwinter fällt ja schon deswegen nicht immer mit dem Perihel zusammen, weil die Erdachse und damit die Jahreszeiten sich auf der Erdbahn verschieben.

  19. #20 Karl Mistelberger
    3. Januar 2019

    80 Jahre vor UMa hat sich Milutin Milanković im “Kanon der Erdbestrahlung und seine Anwendung auf das Eiszeitenproblem” mit der Variabilität der Sonneneinstrahlung beschäftigt:

    https://www.univie.ac.at/physikwiki/images/4/41/Milankovitch-Zyklen.ppt

  20. #21 UMa
    5. Januar 2019

    @Karl Mistelberger: Genaueres auch hier
    https://de.wikipedia.org/wiki/Milankovi%C4%87-Zyklen

    @Alderamin: Ja, das ist ja der Hauptteil. Einerseits dreht sich der Frühlingspunkt rückläufig mit ca 26000 Jahren Periode, andererseits das Perihel rechtläufig mit 110000 Jahren Periode. Insgesamt ist es aber noch komplizierter. Siehe auch
    https://de.wikipedia.org/wiki/Erdbahn

  21. #22 bombjack
    8. Januar 2019

    @UMa

    Wollte mich noch für die ausführliche Antwort bedanken…und auch Dank an die anderen Mitschreiber….so sollte Internet sein und nicht Bilder mit Hundeohren und -schnauzen verzieren….

    bombjack

  22. #23 Tommi
    16. April 2022

    Hi Alderamin,

    ich denke, der wichtigste Effekt bzgl. der verschobenen Sonnenauf- und -untergänge fehlt in dem Artikel 🙂

    Das sieht man sehr deutlich hier:

    Die Erde bewegt sich langsamer auf ihrer Bahn, die Sonne braucht weniger als 24h von Südstellung zu Südstellung (wahrer Sonnentag kürzer als 24h), Sonnenauf- und -untergang verschieben sich täglich zu früheren Zeiten, deswegen findet der früheste Sonnenaufgang schon am 17. Juni statt und der späteste Sonnenuntergang erst am 25. Juni, während die kürzeste Nacht zur Sommersonnenwende am 21. Juni stattfindet.

    Wenn der Sonnenuntergang sich durch den Bahngeschwindigkeitseffekt zu immer früheren Zeiten verschiebt, dann wirkt dieser Effekt ja vor dem 21. Juni dem Jahreszeiteneffekt entgegen, d. h. wenn der Jahreszeiteneffekt (einige Tage vor der Sonnenwende) schwächer wird als der Bahngeschwindigkeitseffekt, geht die Sonne bereits jeden Tag wieder früher unter. Dementsprechend müsste dann der späteste Sonnenaufgang schon z. B. am 16. Juni stattfinden – was er aber nicht tut.

    Grund ist, dass es einen zweiten Effekt gibt, der sich durch die Neigung der Erdachse ergibt.

    Stellen wir uns vor, wir wären die Sonne und scheinen auf die Erde. Zu den Tagundnachtgleichen scheinen wir direkt auf den Äquator der Erde (und sehen dort unser Spiegelbild im Meer). Mit jedem (siderischen) Tag rutscht unser Spiegelbild (also der Punkt auf den die Sonne scheint) etwa 110km Richtung Osten, wodurch die Erde wie von dir beschrieben wieder etwas “nachdrehen” muss, damit es wieder am selben Ort Mittag ist. Tatsächlich muss die Erde aber nicht die vollen 110 km nachrotieren (entspräche am Äquator 0,99°), sondern nur ca. 100 km (ca. 0,91°). Das liegt daran, dass sich die Sonne nicht entlang der Breitengrade “bewegt”, sondern aufgrund der Erdneigung etwas schräg dazu (im März z. B. sowohl nach Osten als auch etwas nach Norden, Richtung Wendekreis). Die Erde muss mit ihrer Rotation daher nur die Bewegungskomponente ausgleichen, die entlang der Breitengrade verläuft, und die ist natürlich etwas kürzer als die gesamte Bewegung.

    Zu den Sonnnenwenden sieht es anders aus: Die Sonne scheint nicht auf den Äquator, sondern auf einen Wendekreis in 23° Breite und “bewegt” sich dort praktisch parallel zum Breitengrad wieder 110 km nach Osten. Da die höheren Breitenkreise aber kleiner sind als der am Äquator, entsprechen diese 110 km ganze 1,07°, die die Erde nachdrehen muss, was natürlich länger dauert als 0,91° nachzudrehen.

    Dadurch werden die Tage an den Sonnenwenden verlängert und an den Tagundnachtgleichen verkürzt (je um ca. 20 Sekunden). Der Effekt durch die elliptische Erdumlaufbahn macht mit +/- 8 Sekunden einen deutlich kleineren Teil des Gesamteffekts aus.

    Diese beiden Effekte überlagern sich (+/-8 Sekunden mit einjähriger Periode und +/-20 Sekunden mit halbjähriger Periode) und ergeben eine etwas unregelmäßige Kurve, die man mit der Formel 7,9*COS((DATUM-04.JAN)*2*PI/365) + 20,3*COS((DATUM-21.JUN)*2*PI/182,5) ganz gut annähern kann.

    Der von dir beschriebene 2. Effekt (Abhängigkeit vom Breitengrad) hat ja mit der Tageslänge nichts zu tun, sondern folgt einfach daraus, dass der Jahreszeiteneffekt in höheren Breiten ausgeprägter ist als in niedrigen. Dementsprechend variieren die Zeitpunkte, wann der Jahreszeiteneffekt über die Tageslängeneffekte überwiegt.

    Man sieht mal wieder, dass die Dinge oft (sogar noch) etwas komplizierter sind als man zuerst denkt. Ich hab auch lange gebraucht, bis ich draufgekommen bin 😀