Der Mond sieht nicht nur schön aus, inspiriert die Romantiker und verursacht Ebbe und Flut – es gibt gute Gründe, die dafür sprechen, dass es ohne Mond überhaupt keine Menschen auf der Erde gäbe!
Nachdem ich im ersten Teil der Serie über den Mond schon über dessen Entstehung geschrieben und im zweiten Teil die Gezeitenkraft erklärt habe möchte ich diesmal auf einen weiteren sehr wichtigen Aspekt eingehen: den Einfluß des Mondes auf die Neigung der Erdachse.
Die Jahreszeiten
Die Erdachse (um die sich die Erde einmal am Tag dreht) ist gegenüber ihrer Bahnebene um 66.5 Grad geneigt. Der Winkel zwischen Äquator und der Bahnebene beträgt also 23.5 Grad. Dieser Winkel wird normalerweise als Erdneigung bezeichnet und ist der Grund dafür, dass wir auf der Erde Jahreszeiten erleben können. Wäre die Erdneigung gleich null, dann gäbe es keine Jahreszeiten – an jedem Ort der Erde wäre die Temperatur mehr oder weniger konstant. Dadurch dass die Achse aber geneigt ist, treffen die Strahlen im Laufe des Jahres in unterschiedlichen Winkeln auf die Erdoberfläche und dementsprechend ändert sich die Temperatur:
Die Erdneigung war im Laufe der Erdgeschichte größtenteils konstant. Aber warum? Und was würde passieren, wenn sich das mal ändern sollte?
Der Einfluss des Mondes
Aber: der Mond ist im Vergleich zur Erde sehr groß und er ist sehr nah! Sein gravitativer Einfluss auf die Erdneigung ist daher viel stärker als der der anderen Planeten. Der Mond wirkt daher wie ein Anker, der dafür sorgt, dass die Erdneigung mehr oder weniger konstant bleibt. Laskars Arbeiten zeigten, dass sich die Erdneigung im Laufe der Zeit nur um etwa 1.3 Grad ändert.
Dann wurde die Simulation nochmal durchgeführt, diesmal ohne den Einfluss des Mondes. Und die Ergebnisse waren spektakulär: die Änderung der Erdneigung war plötzlich höchst chaotisch und schwankte zwischen 0 und 84 Grad! Für das Klima auf der Erde wären solche Schwankungen natürlich fatal: Zeiten mit extremen Temperaturschwankungen würden sich mit Zeiten mit fast keinen Schwankungen abwechseln und es wäre fraglich, ob Ökosysteme überhaupt lang genug stabil blieben, um höheres Leben hervorzubringen! (Wie genau sich das Klima von der Sonneneinstrahlung abhängt kann man vermutlich in Zukunft bei primaklima nachlesen)
Wie sich so eine Achsenschwankung auswirken kann, lässt sich vielleicht bei unserem Nachbarplaneten beobachten. Mars ist der Erde in vielen Dingen sehr ähnlich; seine Neigung beträgt 25 Grad; ist also nur ein bisschen größer als die der Erde. Mars hat allerdings nur 2 sehr kleine “Monde” (die vermutlich nur eingefangene Asteroiden sind) die bei weitem nicht genügend Kraft ausüben können um die Marsachse zu stabilisieren. Entsprechende Simulationen zeigen auch, dass die Marsachse langfristig gesehen genauso chaotisch schwankt wie es die Erdachse ohne den Einfluss des Mondes tun würde. Und tatsächlich scheinen die Ergebnisse der diversen Missionen zum Mars zu bestätigen, dass der Planet in der Vergangenheit gröberen Klimaschwankungen unterworfen war und dass je nach der aktuellen Temperatur flüssiges Wasser auf der Marsoberfläche vorhanden war oder nicht.
Konsequenzen für die Habitabilität von Exoplaneten
Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass wir unsere Existenz dem Vorhandesein des Mondes zu verdanken haben. Das hat aber auch weitreichende Konsequenzen für die Suche nach außerirdischen Leben. Mittlerweile ist man sich fast schon sicher, dass viele erdähnliche Planeten um andere Sterne kreisen. Sogar heute hat man schon ein paar Kandidaten (z.B. im System Gliese 581) gefunden und zukünftige Weltraummissionen werden in den nächsten Jahre vermutlich viele weitere liefern. Von daher sind die Voraussetzungen für die Existenz von extraterrestrischem Leben also recht gut. Wenn aber wirklich ein großer Mond zur Stabilisierung der Planetenachse und des Klimas nötig ist um höheres Leben hervorzubringen, dann könnte die Erde und wir Menschen wirklich etwas seltenes und außergewöhnliches sein! Denn wie ich im ersten Teil der Serie schon erklärt habe, verdanken wir die Entstehung des Mondes genaugenommen dem Zufall. In der Frühzeit des Sonnensystems, als die Planeten gerade entstanden ist die Protoerde mit einem anderen Protoplaneten kollidiert. Aus den Bruckstücken dieser Kollision bildete sich der Mond. Das das wirklich ein singuläres Ereignis war, erkennt man auch daran, dass Merkur und Venus keinen Mond haben; Mars nur 2 eingefangene Asteroiden und die Monde der Gasriesen im Vergleich zu ihren Planeten ebenfalls nur Winzlinge sind.
Über extrasolare Monde wurde bisher noch nicht viel geforscht – vor allem, weil konkrete Beobachtungen bisher noch absolut ausser Reichweite sind. Es gibt auch (meines Wissens nach) nicht wirklich konkrete Modellrechnungen, die sich mit der Wahrscheinlichkeit der Entstehung extrasolarer Monde beschäftigen. Wir wissen noch viel zu wenig über die Entstehung der Planeten um zu wissen, ob so große Monde wie der unsere wirklich nur durch zufällige Kollisionen entstehen können oder ob es auch andere Mechanismen gibt. Auch über die Häufigkeit solcher Ereignisse lassen sich bis jetzt keine Aussagen machen.
Wir können uns jedenfalls glücklich schätzen dass vor einigen Milliarden Jahren diese gewaltige Kollision stattfand und den Mond erschuf. Abgesehen vom ästhetischen Vergnügen einer Vollmondnacht verdanken wir dieser Kollision vielleicht auch die Tatsache, dass wir uns überhaupt erst so weit entwickeln konnten, um so einen Anblick schön zu finden!
Weiterführende Informationen:
- Originalartikel zum Thema bei Nature: “Stabilization of the Earth’s obliquity by the Moon”, Laskar, Joutel & Robutel (Nature, 361, 615)
- Bericht in der NY Times (2 März 1993)
- Kallibration von geologischen Zeitskalen durch Berechnung der Schwankung der Erdachse (Homepage von Jacques Laskar)
- Auch die Bildzeitung (vom 29.09.2005) hat von der Geschichte Wind bekommen (aber selbstverständlich alles völlig falsch verstanden):
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