Das der Mond großen Einfluss auf die Erde hat habe ich ja schon in den letzten Beiträgen beschrieben. Sehr viele Menschen glauben allerdings auch daran, dass der Mond ganz konkret ihr persönliches Lebens beeinflusst und dass man besser dran ist, wenn man sein Leben nach dem Mond ausrichtet. Über den Unsinn dieser Mondkalender und andere pseudowissenschaftliche Vorstellungen möchte ich heute schreiben.
Natürlich beeinflusst uns der Mond – oder?
Wenn man dem glaubt, was in Zeitschriften, gewissen Büchern und dem Internet zu finden ist, dann beeinflusst der Mond nicht nur auf physikalische Art und Weise die Erde sondern bestimmt auch unser ganz persönliches Leben. Jeder weiß doch, dass man bei Vollmond schlecht schläft. In Krankenhäusern und auf Polizeiwachen ist bei Vollmond der Teufel los. In der Landwirtschaft bekommt man bessere Ergebnisse, wenn man sich nach dem Mond richtet und auch der Frisörbesuch sollte sich nach der Mondphase richten um bessere Ergebnisse zu bekommen. Wenn so viele Menschen sich bei so vielen Dingen nach dem Mond richten, dann muss da doch was dran sein, oder?
Und außerdem ist das ganze doch sehr plausibel! Das glauben zumindest viele Menschen. Ich habe mal kurz im Internet recherchiert und folgende typische Aussagen über den Mond gefunden. In “Odenwalds Universum“, einer Kolumne des Focus, wurde über den Einfluss des Mondes diskutiert. Und in den Kommentaren zum Artikel fand sich unter anderem folgende Aussage (die man so oder so ähnlich immer wieder hören kann):
“An
den Meeresgezeiten /Ebbe und Flut sieht man, wie stark die
Anziehungskraft des Mondes auf Flüssigkeit wirkt. Wenn man dann
bedenkt, daß der menschliche Körper überwiegend aus Flüssigkeit
besteht, dann drängt sich ein Zusammenhang auf mit Wirkungen wie
“schlecht schlafen können”, Unruhe u.s.w.” (Thomas, 02.11.2007, 13:05)
Klar, wenn der Mond es schon schafft die riesigen Ozeane zu bewegen, wie soll er dann keinen Einfluß auf die viel geringere Flüssigkeitsmenge im menschlichen Körper haben!
Wenn der Mond Gezeiten verursacht, dann muss er doch auch den Menschen beeinflussen können! Und der Vollmond muss doch auch einen größeren Einfluss haben – immer sieht der Mond da doch völlig anders aus als z.B. bei Neumond.
Und überhaupt: das der Mond das Leben der Menschen beeinflusst ist ja schon seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden bekannt! Und solche altes, überliefertes Wissen muss ja zwangsläufig richtig sein, sonst würde es doch nicht überliefert werden!
Aber wie sieht das ganze nun aus, wenn man es vernünftig und wissenschaftlich betrachtet? Nun, die kurze Version lautet: Alles Blödsinn! Die lange Version folgt jetzt:
Jahrtausendealtes Wissen?
In allen gängigen Mondkalendern ist zu lesen, dass das Wissen über den Mondeinfluß den Menschen schon seit langem bekannt. Um “altes Bauernwissen” soll es sich handeln oder um “Geheimwissen” das schon seit Jahrtausenden im Umlauf ist.
Die “Mondgurus”, Johann Paungger-Poppe und Thomas Poppe, die mit ihrem Buch “Vom richtigen Zeitpunkt” den aktuellen Mondkalenderboom in den 90ern ausgelöst haben schlagen in die selbe Kerbe. Als Quelle für das in ihrem Buch präsentierte Wissen wird der Großvater von Johanna Paungger-Poppe genannt, der seiner Enkelin alles über das alte Wissen über den Mond beigebracht haben soll.
Naja… Natürlich hat der Mond in fast allen Kulturen immer eine wichtige Rolle gespielt – in religiöser Hinsicht und auch als Grundlage für die Kalenderrechnung. Das, was wir heute in den diversen esoterischen Mondkalendern lesen können hat allerdings bei weitem keine so lange Tradition. Ich kann hier keinen komplette kulturgeschichtlichen Überblick über die Entwicklung des Mondkalenders geben – aber glücklicherweise hat das schon jemand getan. Und zwar Helmut Groschwitz, Kulturwissenschaftler der Universität Regensburg der seine Dissertation zum Thema “Mondzeiten: Zu Genese und Praxis moderner Mondkalender” geschrieben hat. Im Skeptiker (2/2007) findet sich eine Zusammenfassung seiner Arbeit. In diesem Artikel (“Moderne Mondkalender aus Sicht der Volkskunde”) kommt er zu folgendem Schluß:
“Das in den heutigen Mondkalendern vermittelte “Wissen” ist kein uraltes, empirisches Bauernwissen wie in den Kalendern zur Legitimation der Regeln behauptet wird. Vielmehr sind es die Versatzstücke ehemals elitekultureller Welterklärungssysteme, die mehrmals aus dem jeweiligen Zusammenhang genommen und neu kontextualisiert wurden. Das Interpretament der “lebendigen Bauernweisheit” entstand im 19. Jahrhundert und wird im 20. Jahrhundert als Etikettierung höchst moderner Erscheinungen verwendet. (…) auch heute noch wird an den Mondkalendern weitergeschrieben.”
Auch Paungger und Poppe haben ihr “Wissen” wahrscheinlich nicht unbedingt nur vom weisen Großvater erhalten. Groschwitz zeigt, dass zentrale Aussagen des Buchs aus den “Aussaattagen” (veröffentlicht ab 1963) der Antrophosophin Maria Thun entnommen und dann einfach als “altes tirolerisches Bauernwissen” bezeichnet wurden.
Und wenn man sich ansieht, was heute alles mit dem Mond zusammenhängen soll, dann wird schnell klar, das es sich um neu geschaffene Regeln handeln muss und nicht um altes Wissen. Denn die wissenden Bauern vergangener Jahrhunderte werden sich wohl kaum mit Operationsterminen, Frisörbesuchen oder Kosmetika beschäftigt haben…
Was kann der Mond beeinflussen?
Gut, die Mondkalender beinhalten also keine alte Überlieferung. Aber er beeinflusst die Menschen ja sicherlich trotzdem, oder? Da war doch was mit Gravitation und dem menschlichen Körper, der auch aus Wasser besteht und so…
Das der Mond die Erde beeinflusst ist klar. Über die Gezeitenkräfte und den Einfluss des Mondes auf die Stabilität der Erdachse habe ich schon geschrieben. Daraus aber nun zu schliessen, das der Mond auch einen Einfluss auf den menschlichen Körper hat, ist allerdings falsch. Der Mensch besteht zwar zu einem großen Teil aus Wasser – aber verglichen mit den Ozeanen ist die Wassermenge in einem Menschen enorm klein. Und bei den Gezeitenkräften kommt es eben auf die Menge an! Ebbe und Flut kann man nur in sehr großen Gewässern beobachten. Oder hat schonmal jemand Gezeiten im Bierglas beobachtet? Oder in der Badewanne? Selbst in Seen beobachtet man kaum Gezeiten (die ganz großen ausgenommen) – die Gezeitenkräfte, die der Mond auf einen Menschen ausübt, sind vernachlässigbar gering. Ein kleines Beispiel kann das illustrieren: Wie stark die Gravitation wirkt, hängt ja von der Masse ab. Ändert sich die Masse, ändert sich auch der gravitative Einfluss. Und ein normaler Mensch ändert seine Masse ständig! Wer ein Haar oder eine Hautschuppe verliert, wird ganz minimal leichter. Und der Unterschied in der Anziehungskraft des Mondes der durch den Verlust einer Hautschuppe entsteht ist viel größer als die Gezeitenkraft, die der Mond auf den Mensch ausübt! Über die viel stärkeren Masseänderungen durch Nahrungsaufnahme und Ausscheidungen will ich jetzt gar nicht reden. Die gravitative Anziehung des Mondes ist natürlich auch völlig unabhängig von der Mondphase! Die Gravitation wird bei Vollmond nicht stärker und bei Neumond nicht schwächer! Ein eventueller gravitativer Einfluss auf den Menschen wäre also unabhängig von der Mondphase oder davon, wo und in welchem Sternzeichen der Mond am Himmel steht!
Die Gravitation scheidet also eindeutig als mögliche Quelle für einen möglichen Einfluss auf den Menschen aus!
Der Mond strahlt aber auch Licht aus! Vielleicht gibt es hier einen Einfluss? Das einige Lebwesen sich bei verschiedenen Dingen nach dem Mond richten, ist bekannt. Die Forschungsrichtung, die dieses Thema untersucht nennt sich Chronobiologie und beschäftigt sich mit der zeitlichen Organisation und dem Auftreten von Rhythmen bei den verschiedensten Organismen. Und der Mond, als hellste natürlich Lichtquelle in der Nacht stellt hier natürlich einen der stärksten Rhythmusgeber dar. Für Tiere die in Küstengebieten leben stellen die Gezeiten einen wichtigen Umwelteinfluss dar und darum ist es auch nicht verwunderlich, dass manche Tierarten z.B. ihren Paarungszyklus mit dem Mond synchronisiert haben.
Aber das hat immer noch nichts mit dem zu tun, was in den Monkalender behauptet wird. Ebbe und Flut spielen für die meisten Menschen keine große Rolle im Alltag und das Licht des Mondes wird meistens von künstlichen Lichtquellen überstrahlt.
Wissenschaftlich gesehen gibt es also keinen Mechanismus, der den behaupteten Einfluss des Mondes auf den Menschen bewirken könnte. Esoteriker werden nun sicher behaupten, dass die Wissenschaft ja nicht alles weis und vielleicht ein noch unbekannter Mechanismus für den Mondeinfluss verantwortlich sein könnte. Prinzipiell stimmt das – aber da die Mondphasen eine Schlüsselrolle in allen Mondregeln spielen kann es sich eigentlich nur um das Mondlicht handeln. Den die Mondphasen entstehen ja nur dadurch, dass der Mond zu verschiedenen Zeiten von der Erde aus gesehen verschieden hell erscheint.
Aber den echten Esoteriker interessieren Mechanismen meisten sowieso nicht. Auch Paungger und Poppe schreiben auf ihrer Homepage:
“Es ist ein altes Erfahrungswissen, das sich nur durch sich selbst
begründet.”
Aus wissenschaftlicher Sicht braucht man sich aber sowieso erst dann Gedanken über Mechanismen machen, wenn der Einfluss zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Solange nur anekdotische Überlieferungen von alten Bauern oder unspezifische Beobachtungen á la “Gestern war Vollmond und ich hab schlecht geschlafen” bekannt sind, lässt sich wissenschaftlich gesehen keine Aussage treffen. Behauptungen gibt es ja genug – und im Gegensatz zu sonstige Aussagen in der Esoterik sind diese meistens auch noch falsifizierbar. Wenn z.B. behauptet wird, bei Vollmond werden mehr Kinder geboren, weil der “volle Mond die Kinder zieht”, dann muss man eigentlich nur die Geburtenzahlen untersuchen und sollte sofort sehen, ob es hier Häufungen mit dem Vollmond gibt oder nicht.
Das wurde natürlich auch gemacht – und es wurden keine Häufungen gefunden. Ich möchte jetzt aber nicht Unmengen an Studien zitieren und vorstellen – das würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Auf der Homepage von Klaudia Einhorn von der Kuffner-Sternwarte findet sich aber ein detaillierter Überlick über die diversen behaupteten Effekte und Studien, die diese Effekte widerlegen. Weder gab es den behaupteten Babyboom zu Vollmond, auch Autounfälle, Selbstmorde und Gewalttaten treten unabhängig von der Mondphase auf.
Warum glauben so viele an einen Einfluss?
Wenn es keinen Einfluss des Mondes auf den Menschen gibt, warum sind dann aber trotzdem so viele Menschen davon überzeugt? Erschreckende 92% der Deutschen glauben an den Einfluss des Mondes! Hier kommt ein psychologischer Effekt ins Spiel, der sehr mächtig sein kann: selektive Wahrnehmung!
Im Gespräch mit verschiedensten Leuten über dieses Thema fand sich fast immer eine Person die felsenfest davon überzeugt war, bei Vollmond schlechter schlafen zu können. Wie lässt sich das erklären?
Erstmal gibt es natürlich die simpelste Erklärung: der Vollmond ist hell und Licht stört beim schlafen. In Einzelfällen mag das wirklich die richtige Erklärung sein. Aber dazu müssten Schlafzimmer, Fenster, Bett und Mond zufällig gerade so orientiert sein, dass das Mondlicht auch auf den Schlafenden treffen kann. Auch Vorhänge dürfen nicht im Weg sein und meistens wird der Mond sowieso durch künstliche Lichtquellen überstrahlt (Unmittelbar vor meinem Schlafzimmerfenster hängt z.B. eine Strassenlaterne – und da ich keine Vorhänge habe kann ich eigentlich jede Nacht in meinem Bett ohne Lampen Bücher lesen 😉 Auf meinen Schlaf hat das allerdings keinen Einfluss.) Die eigentliche Ursache ist also eine andere.
Betrachten wir folgendes Szenario: Ich gehe zu Bett, schlafe schlecht und wache in der Nacht auf. Gründe für schlechten Schlaf gibt es zuhauf (Stress, Probleme, Alkohol, etc.). Vielleicht wache ich nur kurz auf, schlafe gleich weiter und merke am nächsten Tag nichts mehr davon. Vielleicht stehe ich auch auf, trinke ein Glas Wasser, lese ein bisschen und schlafe dann weiter. So etwas ist sicher jedem schon mal passiert und wenn es nicht regelmäßig auftritt macht man sich meistens keine weiteren Gedanken dazu. In einer anderen Nacht wache ich vielleicht wieder auf – diesmal schaue ich aber zufällig aus dem Fenster und sehe einen großen, hellen prächtigen Vollmond! So ein Vollmond kann wirklich enorm beeindruckend sein – besonders dann, wenn man nicht damit rechnet ihn zu sehen. Und dann liegt natürlich der Gedanke nahe: “Klar, Vollmond! Kein Wunder, dass ich nicht schlafen kann!”. Solche Ereignisse bleiben im Gedächtnis – und die vielen anderen Zeiten, in denen ich nachts aufgewacht bin und nichts weiter passiert ist werden vergessen. Das ist die selektive Wahrnehmung. Im Laufe der Zeit kann daraus eine selbsterfüllende Prophezeihung werden. Wenn ich also weiß, das heute Nacht wieder Vollmond ist, dann werde ich aus lauter Angst, schlecht zu schlafen, wirklich schlecht schlafen!
Die meisten Leute beschäftigen sich nicht systematisch mit diesen Angelegenheiten. Ansonsten wäre es z.B. ein leichtes, einfach ein Tagebuch zu führen und genau aufzuzeichnen, wann man schlecht schläft und wann nicht. Wenn wirklich jedes Ereignis aufgezeichnet wird und nicht nur die “beeindruckenden”, dann wird sich schnell zeigen, dass kein Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Mondphase besteht. Die gleiche selektive Wahrnehmung ist auch für die anderen Vollmondmythen (mehr Babys, mehr Gewalt, …) verantwortlich. Und aufbauend auf diesen falschen Glauben an einen Einfluss des Vollmondes lassen sich natürlich leicht die verschiedensten Mondregeln und Mondprodukte vermarkten! “Mond” ist ja heutzutage fast schon so ein Label wie “Bio”. Es gibt Mondwasser, Mondbier, Mondbrot, Mondseife – Paungger und Poppe haben überhaupt gleich einen kompletten Mondshop auf ihrer Homepage eröffnet. Wenn man Geld damit verdienen kann, dann ist nichts zu absurd…
Hierzu passt auch das “Mondholz”. Holz, nach den Mondphasen geschlagen soll eine viel bessere Qualität haben, als normales Holz. Es soll widerstandsfähiger sein und eine viel längere Haltbarkeit haben. Auch hier gibt es Studien, die diesen Einfluss des Mondes widerlegen. Manche Studien zeigen allerdings, dass Mondholz tatsächlich von besserer Qualität ist also normales Holz! Ist also doch was dran an Einfluss des Mondes?
Nein, natürlich nicht – aber man muss eben immer genau schauen, wie und was untersucht wird! Die Produktion von Mondholz ist noch keine Massenindustrie geworden. Dieses Holz wird meist von kleinen Firmen angeboten, die wenig produzieren, viel in Handarbeit machen und i.A. sehr sorgfältig bei der Verarbeitung sind (sie müssen sich ja auch an die verschiedensten Mondregeln halten). Dann ist es auch nicht verwunderlich, wenn dieses Holz eine bessere Qualität hat, als ein billiges Brett aus dem Baumarkt das in Massenproduktion hergestellt wurde.
Aber das stört doch niemanden!
Kann man die Leute nicht einfach machen und glauben lassen, was sie wollen? Wenn jemand unbedingt seine Pflanzen nach dem Mondkalender anpflanzen will, dann stört das doch niemanden. Wer viel Geld für unnütze Mondprodukte ausgeben will, der soll das doch machen – und besonders dann, wenn es wie beim Mondholz tatsächlich ab und zu einen Mehrwert zu normalen Produkten hat. Muss man immer und überall dagegen sein, nur weil etwas nicht ins eigene “Weltbild” passt?
Ja, muss man 😉 Das hat auch nichts mit Ideologie und Weltbild zu tun oder damit, dass ich mich als Wissenschaftler von den Esoterikern angegriffen fühle. Ich will auch niemanden den persönlichen Glauben an irgendwas verbieten. Es gibt aber doch einige Gründe, warum hier (und in anderen Themenbereichen) Aufklärung absolut notwendig ist.
Warum soll es Leuten erlaubt sein, andere schamlos auszunützen und abzuzocken? Wenn ich ein Jogurth o.ä. auf den Markt bringe und z.B. behaupte, es würde den Cholesterinspiegel senken, dann muss ich dafür auch konkrete Nachweise bringen – ansonsten wäre es Betrug. Bei esoterischen Produkten aller Art muss das seltsamerweise nicht sein – hier dürfen die Verkäufer die wildesten Sachen behaupten um ihre Produkte zu verkaufen. Ich sehe nicht ein, warum es solchen Leuten erlaubt sein soll, ihre Kunden einfach abzuzocken.
Natürlich sind nicht alle Menschen, die mit Mond & Co Geld verdienen Betrüger. Viele glauben selbst an die Wirksamkeit ihrer Produkte und Regeln. Aber auch hier kann das ganze nicht ungefährlich sein. Wer sich bei der Pflanzenpflege nach dem Mond richtet, bringt im schlimmsten Fall nur ein paar Blumen um. Wer sich aber bei medizinischen Fragen kritiklos an Mondkalender hält und vielleicht Behandlungen oder gar Operationen verschiebt, nur damit sie zum “richtigen Zeitpunkt” stattfinden, der spielt mit seiner Gesundheit bzw. seinem Leben! Paungger und Poppe behaupten selbst auf ihrer Homepage dass
“Operationen und Medikamentengaben, an bestimmten Tagen
durchgeführt, hilfreich sind, an anderen Tagen nutzlos oder gar
schädlich – oft unabhängig von Dosis und Qualität der Medikamente, von
aller Kunst des Arztes.”
Solche Aussagen sind meiner Meinung nach grob fahrlässig! Wer krank ist, sollte schnellstmöglich die richtige Behandlung bekommen und nicht erst dann, wenn der Mond richtig steht!
Aber auch ganz allgemein gesehen sind Mondkalender und Co. gefährlich. Wie viele andere Dinge aus der esoterischen und pseudowissenschaftlichen Ecke leiten sie die Menschen dazu an, kritiklos an irgendetwas zu glauben. Und das ist ein gefährlicher Zustand! Wer es gewöhnt ist, alles zu glauben, was ihm sein Guru/Heiler/Rutengeher/Astrologe/Kartenleger/etc erzählt, der ist auch ein leichtes Opfer für andere Manipulatoren.
Paungger und Poppe schreiben auf ihrer Homepage übrigens auch folgenden interessanten Satz:
“Echter Aberglauben ist es, wenn man der modernen Wissenschaft blind
vertraut und ihr manchmal sogar die Verantwortung für die eigenen Gefühle und Gedanken, für das eigene Leben überträgt.”
Also nicht der Wissenschaft soll blind vertraut werden sondern lieber dem Mondkalender! Abgesehen davon, dass man auch der Wissenschaft nicht blind vertrauen soll – aber wenn ich die Wahl hätte, einerseits einer jahrhundertelang erprobten Methode des Wissensgewinns zu vertrauen die ständiger Prüfung und Kontrolle unterworfen ist oder andererseits einer Anektdotensammlung, für die es keine Grundlage in der Realität gibt, dann entscheide ich mich sofort für ersteres!
Aber auch bei Paungger und Poppe scheint die in Esoterikkreisen übliche falsche Vorstellung über Wissenschaft zu herrschen. Oder wie sonst lässt sich folgende Antwort auf die Frage welche Reaktionen seitens der Wissenschaft auf ihre Bücher kamen:
“Nur Gutes, großes Interesse und viel Enthusiasmus. Wir
arbeiten mit vielen echten Ärzten und echten Wissenschaftlern zusammen.
Das sind Menschen, die niemals etwas ablehnen oder abwerten, nur weil
sie sich damit noch nicht vertraut gemacht haben. Das sind Menschen,
für die Beweis genug ist, wenn etwas seit Jahrtausenden gut
funktioniert. Sie verlangen nicht unbedingt Antwort auf die Frage,
warum etwas funktioniert, bevor sie es mit Freuden anwenden.
Sogenannten “Wissenschaftlern” sind wir allerdings auch schon hier und
da begegnet. Menschen, für die nicht existiert, was nicht in ihre
starren Denkschablonen paßt. Wir kümmern uns nicht um sie und versuchen
auch nicht, sie zu überzeugen. Unsere Zeit ist uns dafür zu wertvoll”
Also Menschen, “für die Beweis genug ist, wenn etwas seit Jahrtausenden gut
funktioniert” und die “nicht unbedingt Antwort auf die Frage [verlangen],
warum etwas funktioniert” sind definitiv keine Wissenschaftler! Eher das Gegenteil. Danach zu fragen, wie etwas funktioniert, ist eine der grundlegenden Eigenschaften eines Wissenschaftlers Und Menschen “für die nicht existiert, was nicht in ihre
starren Denkschablonen paßt” sind ebenfalls keine Wissenschaftler. Und entgegen der Vorurteile die Paungger und Poppe anscheinend haben, sind Wissenschaftler auch nicht so! Für einen Wissenschaftler existiert nicht das nicht, was nicht in seine starre Denkschablone passt, sondern es existiert das nicht, was den Naturgesetzen widerspricht und für das es keinerlei Belege in der Realität gibt.
Das was die Proponenten der Mondkalender anscheinend als ideale Geisteshaltung ansehen, sind Menschen, die nicht nachfragen. Aber wer seine Fähigkeit, kritisch zu denken aufgibt und das, was man ihm
vorsetzt vorbehaltlos glaubt, der gibt auch seinen freien Willen auf
und lässt sich von anderen die Entscheidungen in seinem Leben abnehmen!
Und darum stehe ich diesem ganzen esoterischen Unsinn über den Mond äußerst kritisch gegenüber!
P.S.
Obwohl dieser Beitrag schon sehr lang geworden ist habe ich es natürlich nicht geschafft, alle Mythen und falschen Vorstellungen anzusprechen, die sich um den Mond ranken. Wenn jemand gerne über ein ganz bestimmtes Thema sprechen möchte, dann können wir das ja in der Kommentarabteilung tun.
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