Sg. Herr Hahn,
Auch wenn die Frage oben schon von Ihnen beantwortet wurde möchte ich
doch noch einmal nachfragen: Sie rechtfertigen die Beibehaltung des
Ehrenkreuzes für Grander damit, dass dieser im Gegensatz zu Gross kein
Kriegsverbrecher ist. Ich verstehe die Motivation dieser Antwort
überhaupt nicht. Sollte nicht jeder Fall unabhängig von anderen
beurteilt werden? Und sind es keine “schwerwiegenden Gründe”, wenn eine
wissenschaftliche Ehrung an jemanden verliehen wird, der nachweisbar
keine wissenschaftliche Leistung erbracht hat? Wieso müssen im Fall
Grander die Verbrechen von Gross als Beurteilung herhalten die dazu in
absolut keinem Zusammenhang stehen?
Als österreichischer Wissenschaftler kann ich diese Entscheidung
absolut nicht nachvollziehen – und schäme mich ehrlich gesagt auch
dafür Wissenschaftler aus einem Land zu sein in dem offizielle
wissenschaftliche Ehrungen an Pseudowissenschler verliehen werden (Ich
lebe im Ausland und diese Entscheidung ist den Wissenschaftlern hier
genauso unverständlich wie mir).Über eine ernsthafte Antwort die über das bisher gesagte hinausgeht würde ich mich sehr freuen!
Mit freundlichen GrüßenDr. Florian Freistetter
Ich habe also konkret danach gefragt, wieso hier der Fall Gross als Argument für den damit in keinem Zusammenhang stehenden Fall Grander verwendet wird. Der Herr Minister hat mir folgendes geantwortet
Sehr geehrter Herr Dr. Freistetter
Die Weiterentwicklung wissenschaftlichen Arbeitens und Forschens auf
höchstem Niveau ist für mich eine der wichtigsten Aufgaben. Der bei den
Technologiegesprächen 2007 in Alpbach begonnene Forschungsdialog
mündete kürzlich bei den Technologiegesprächen 2008 in 10
Zukunftsbotschaften, die von der Heranführung der Jugend an die
Wissenschaften bis zur Förderung von Exzellenzinitiativen ein breites
Spektrum umschließen. Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst,
Menschen für Wissenschaft und Forschung zu gewinnen, vor allem in den
naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen, um Österreich
international zu einem Frontrunner zu machen. Das beinhaltet auch die
ständige kritische Diskussion über Probleme, Verfehlungen und
Potentiale unseres Wissenschaftsstandorts.
Die von Ihnen angesprochene Fragestellung nehme ich daher sehr ernst
und ich habe bereits veranlasst, die Thematik der Vergabe von
sichtbaren Auszeichnungen und Ehrungen einer kritischen Evaluierung zu
unterziehen, um gegebenenfalls gemeinsam in einer nächsten
Bundesregierung eine Neubewertung vorzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Johannes Hahn
Eigentlich hätte ich es ja besser wissen können. Das Klische des Politikers der mit vielen Worten nichts sagt und sich um jede konkrete Antwort drückt scheint sich hier wiedermal zu bestätigen. Ich wollte von Minister Hahn kein Statement zur Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Arbeiten und Forschens auf höchstem Niveau (auch wenn es schön zu hören ist, dass er das als eine seiner wichtigsten Aufgaben ansieht). Auch nach “Zukunftsbotschaften”, “Exzellenzinitiativen” u.ä. habe ich nicht gefragt. Ich wollte von ihm wissen wieso er so eine absurde Begründung für seine Entscheidung im Fall Grander angegeben hat! Darauf ist er mit keinem einzigen Wort eingegangen. Ich frage mich, was Minister Hahn sich denkt, wenn er so eine Antwort verfasst? Dass ich mich nach der Lektüre zufrieden zurücklehne und mir denke: “Schön, jetzt ist ja alles klar”? Steckt diese ausweichende Sprache und die Vermeidung von konkreten Aussagen so tief in den Politikern drinnen das sie gar nicht mehr anders können selbst wenn sie eigentlich wissen müssten, dass man so eine Antwort nicht ernst nehmen kann?
Ich weiß auch nicht, ob ich den letzten Absatz positiv interpretieren soll? Das klingt für mich doch zu sehr nach typischen Politiker-Wischi-Waschi. “gegebenenfalls eine Neubewertung vornehmen” klingt jetzt auch nicht gerade nach einer starken Handlungsansage – vor allem, weil Hahn voraussetzt, dass seine Partei, die ÖVP, nach der Wahl am 28. September immer noch in der Regierung vertreten ist (was ich doch nicht hoffen will). Wenn er die “Fragestellung sehr ernst” nehmen will hätte er vor kurzem die Chance dazu gehabt in dem er dem Antrag auf Aberkennung zugestimmt hätte. Aber der kam ja nicht von seiner Partei (vermutlich war das der eigentliche Grund).
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