Eine zweite Möglichkeit wäre sogenannte “heiße dunkle Materie”: das bedeutet schnelle, leichte Teilchen. Lange dachte man, Neutrinos wären der passende Kandidat für die dunkle Materie. Neutrinos sind Elementarteilchen die von den Sternen bei ihrer Kernfusion in großer Menge erzeugt werden aber kaum nachweisbar sind weil sie kaum mit anderer Materie wechselwirken. Allerdings hat sich im Laufe der Zeit herausgestellt, dass ihre Masse viel zu gering ist um für die dunkle Materie in Frage zu kommen. Und auch hier gäbe es Widersprüche zu den kosmologischen Theorien.
Bleibt als dritte Möglichkeit die “kalte dunkle Materie” – bisher noch unbekannte Elementarteilchen die nur von Gravitation und der schwachen Kernkraft beeinflusst werden. Diese WIMPs (Weakly Interactive Massive Particles) wechselwirken kaum mit normaler Materie und würden auch den kosmologischen Theorien nicht widersprechen. Ein ausichtsreicher Kandidat für so ein WIMP wäre das LSP – das “lightest supersymmetric particle”. Diese leichteste supersymmetrische Teilchen wird von einer Theorie postuliert, die das bisher gültige Standardmodel der Teilchenphysik auf interessante Art und Weise erweitert: die Supersymmetrie (SuSy)
Supersymmetrie
In der supersymmetrischen Erweiterung des Standardmodells wird jedem bekannten Elementarteilchen ein neuer supersymmetrische “Zwilling” zugeordnet. Natürlich kein identischer Zwilling – die neuen Teilchen haben andere Eigenschaften als ihre Partner.
Mit dieser Erweiterung des Standardmodells versucht man einerseits eine vereinheitlichte Theorie der Grundkräfte zu finden. Andererseits könnten supersymmetrische Teilchen auch eine Lösung für das Problem der dunklen Materie sein. Sie hätten genau die richtigen Eigenschaften. Diese neuen Teilchen sind aber schwerer als die normalen Teilchen und deswegen auch schwerer zu entdecken.
Von den supersymmetrischen Teilchen ist das Neutralino der beste Kandidat für die dunkle Materie. Es hat eine große Masse und keine elektrische Ladung (ist also dunkel) – genau das, was man von dunkler Materie erwarten würde. Mittlerweile deuten auch Messungen des europäischen Satelliten PAMELA darauf hin, dass dunkle Materie aus supersymmetrischen Teilchen besteht.
LHC und dunkle Materie
Bis jetzt waren die Teilchenbeschleuniger nicht stark genug um die Supersymmetrie zu bestätigen oder zu widerlegen. Um bei einer Teilchenkollision supersymmetrische Teilchen erzeugen zu können, müssen die kollidieren Partikel mit ausreichend hohen Geschwindigkeiten aufeinander prallen. Dann würde genug Energie entstehen um auch die schweren supersymmetrischen Partnerteilchen erzeugen zu können. Dem LHC könnte das aber nun vielleicht gelingen.
Die Entdeckung eines supersymmetrischen Teilchens wäre nicht nur ein tolles Ereignis für die Astrophysiker die dann endlich wüssten, wie sich die dunkle Materie zusammensetzt. Auch für die Teilchenphysiker wäre das ein gewaltiger Erfolg und ein großer Schritt vorwärts auf dem Weg zu einem vollständigen Verständnis der Bausteine unserer Welt.
Das meint auch Rolf-Dieter Heuer der nächstes Jahr die Leitung des CERN übernehmen wird:
“Der LHC wird ein Fenster in dieses Dunkle Universum öffnen, hoffe ich.
Das finde ich faszinierend. Die Möglichkeit, den ersten Schritt in das
Dunkle Universum zu gehen, finde ich ganz fantastisch. Das ist
natürlich nicht garantiert, aber die Wahrscheinlichkeit, Kandidaten für
die Dunkle Materie zu finden, ist relativ groß.”
Auch wenn mit wissenschaftlichen Ergebnissen am LHC erst in paar Jahren zu rechnen ist – ich bin enorm gespannt, was an dieser großartigen Maschine alles entdeckt werden wird!
P.S. Ich habe hier bewusst nicht über die diversen Weltuntergangsszenarios geschrieben die angeblich am LHC stattfinden werden. Dazu gibt es einen anderen Beitrag – hier soll es um Wissenschaft gehen.
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