Vor ein paar Tagen habe ich meine Unterlagen zur Briefwahl zugesendet bekommen. Denn in 2 Wochen, am 28. September, sind in Österreich Nationalratswahlen.
Ich lebe zwar schon seit einigen Jahren in Deutschland – aber natürlich interessiert mich die österreichische Politik immer noch. Auch wenn es so scheint, als würde sie von Tag zu Tag absurder werden.
Über die esoterischen Anwandlungen von Regierungsmitgliedern wurde ja bei ScienceBlogs schon öfter berichtet. Aber damit haben die Seltsamkeiten noch lange kein Ende. Wer näheres wissen will, der soll z.B. mal nach “Wachteleierkoalition” googeln oder hier lesen. Ich werde hier besser nichts zum aktuellen Wahlkampf schreiben – das artet sonst sicher noch aus und ich muss mich wieder ärgern 😉
Ein Unterschied zur deutschen Politik ist mir aber in den letzten Jahren doch aufgefallen. Nämlich die Einstellung der Politiker, wenn es um mögliche Koalitionen geht. Nichts auf der Welt würde einen österreichischen Politiker dazu bringen, vor einer Wahl bekanntzugeben, mit welcher Partei er nach der Wahl gerne eine Koalition eingehen will. Bei entsprechenden Fragen von Journalisten (die natürlich immer wieder gestellt werden) bekommt man nur ausweichenden BlaBla-Antworten. “Zuerst ist einmal der Wähler am Wort, dann werden wir weitersehen”. “Wir möchten der Entscheidung der Wähler nicht vorgreifen”. Usw.
In Deutschland ist die Angelegenheit viel klarer. Auf Bundesebene wollen entweder SPD und Grüne miteinander regieren oder CDU/CSU mit der FDP. Und das sagen die Parteien auch vor der Wahl deutlich. Ein bisschen Unruhe haben hier nur die Linken reingebracht. Da haben die deutschen Parteien noch keine klare Linie gefunden.
Ich finde das immer extrem nervig, wenn österreichische Politiker sich weigern etwas über zukünftige Koalitionen zu sagen. Das ist ja (zumindest für mich) eine wichtige Information! Aber die SPÖ traut sich nie deutlich zu sagen, dass sie mit den Grünen regieren würden (um ihre rechten Wähler nicht zu verschrecken); die ÖVP distanziert sich nie deutlich von den rechten Parteien (FPÖ und BZÖ). Natürlich wirft nun im Wahlkampf jede Partei der anderen vor schon fixe Koalitionspläne zu haben. Z.B. hat heute erst der ÖVP-Chef Wilhelm Molterer eine Koalition aus SPÖ und FPÖ als “ausgemachte Sache” bezeichnet. SPÖ (und auch die ÖVP) erklären natürlich, mit der FPÖ niemals eine Koaltion einzugehen (aber von solchen Ansagen kann man seit der Regierungsbildung im Jahr 2000 auch nicht mehr viel halten).
Es ist jedenfalls alles sehr verwirrend – und ich denke, ein wenig klarere Fronten würden nicht nur dem Wahlkampf gut tun sondern vielleicht auch dazu führen, dass nach der Wahl im September nicht wieder die gleiche große Koalition aus SPÖ und ÖVP regiert. Denn die wird von 2/3 der Österreicher abgelehnt. Aber so wie es im Moment aussieht, wird es schwer etwas anderes zu finden. ÖVP und SPÖ behaupten ja, nicht mit der FPÖ koalieren zu wollen (die wohl leider viel dazu gewinnen und auf Platz 3 landen wird). SPÖ und Grüne werden keine Mehrheit haben; genausowenig wie ÖVP und Jörg Haiders BZÖ (abgesehen davon dass diese Konstellation schon in den Jahren 2000-2006 Österreich regiert hat und ich mir sicher keine Wiederholung wünsche). Bleibt also wieder eine große Koalition – und zwar eine mit Glaubwürdigkeitsproblemen: denn hätten die beiden Parteien sich nicht gestritten und die ÖVP Neuwahlen ausgerufen, dann müssten wir in 2 Wochen gar nicht erst wählen gehen. Oder vielleicht schafft es eine der kleinen Parteien ins Parlament? Ich zweifle zwar, dass es dem Liberalen Forum, der Liste Dinkhauser oder der KPÖ gelingen wird, die nötigen 4% zu bekommen (obwohl alle 3 sich natürlich optimistisch geben) – aber vielleicht wäre es wirklich nicht schlecht wenn mal eine (oder mehrere) neue Parteien ins Parlament kommen.
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