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Hier ist das Einschlagsgebiet in der Atmosphäre noch einmal vergrößert – man erkennt deutlich die höheren Temperaturen die durch Gelb- und Rottöne angezeigt werden:

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Anhand aller vorhandener Daten weiß man nun, dass am 7. Oktober 2008 um 02:45:45 Greenwich Mean Time (oder 04:45:45 MESZ) ein etwa drei Meter großer Asteroid über dem nördlichen Sudan in der Erdatmosphäre verglühte und dabei eine Explosion mit einer Energie von 0.9 bis 1 Kilotonnen TNT erzeugte.

Das ist genaugenommen kein besonderes Ereignis. Asteroiden dieser Größe treffen die Erde ein paar Mal pro Jahr und die entsprechenden Boliden werden oft auch registriert. Das außergewöhnliche an 2008 TC3 ist, dass sein Einschlag vorhergesagt worden ist! Das internationale Netzwerk aus Profi- und Amateurastronomen die ständig auf der Suche nach potentiell gefährlichen Asteroiden sind; die Organisation der Beobachtungen über das Minor Planet Center; die Berechnungen der Einschlagswahrscheinlichkeiten von neodys und JPL Sentry – all das hat wunderbar funktioniert. Innerhalb von 19 Stunden wurden 570 Beobachtungen von 26 verschiedenen Observatorien gemacht. Das Minor Planet Center hat 24 MPECs (Minor Planet Electronic Circulars) herausgegeben.

2008 TC3 war nur ein sehr kleiner Asteroid. Deswegen hat auch nie irgendeine Gefahr für die Erde bestanden. Zwischen Entdeckung und Einschlag lagen aber nur 20 Stunden. Wäre der Asteroid groß genug gewesen so dass man mit einem Einschlag am Erdboden rechnen hätte müssen, wäre das vermutlich viel zu wenig Zeit gewesen um grundlegende Rettungs- bzw. Evakuierungsarbeiten durchzuführen (und an eine Verhinderung des Einschlags ist in dieser kurzen Zeit sowieso nicht zu denken). Ein größerer Asteroid wäre allerdings auch heller und vermutlich (hoffentlich!) früher entdeckt worden.

Wir haben auf jeden Fall gesehen dass das System funktioniert. Das ist nicht zuletzt auf die Arbeit vieler Amateurastronomen zurückzuführen die überall auf der Welt ihre Freizeit opfern um auf die Suche nach Asteroiden zu gehen. Dieser Vorfall sollte aber auch den Politiker zu denken geben. Präsidentschaftskandidat McCain hat ja z.B. schon sein Missfallen gegenüber Planetarien ausgedrückt – die er als “foolishness” (Unsinn) bezeichnet hat – und für die er in Zukunft gerne kein Geld mehr ausgeben wollen würde. Bei so einer Einstellung steht zu befürchten dass er auch bei Beobachtungsprogrammen an Sternwarten Einsparungspotential sieht.

Gestern haben wir (wieder einmal) vor Augen geführt bekommen, dass Asteroiden tatsächlich mit der Erde kollidieren! Nicht nur in der Vergangenheit – auch in der Zukunft werden Kollisionen stattfinden. Und nicht immer werden die Brocken harmlos in der Atmosphäre verglühen (und im Gegensatz zum LHC hätte so ein Impakt unter Umständen tatsächlich das Potential die Menschheit zu vernichten). Die Möglichkeit, rechtzeitig über einen gefährlichen Einschlag Bescheid zu wissen und ihn vielleicht sogar zu verhindern sollte uns ein bisschen Geld Wert sein!


Ähnliche Artikel: Was würdet ihr tun wenn ein Asteroideneinschlag bevorsteht?, Gemeinsam gegen gefährliche Asteroiden, Erdnahe Asteroiden und Fuzzy Logic, Erdnahe Asteroiden und das Chaos, Chaos im Sonnensystem, Zuständigkeiten: Wer rettet die Welt?, (Kein) Weltuntergang in 28 Jahren, Tunguska, Riesenkrater und die Asteroidenabwehr, Ein Traktorstrahl zur Asteroidenabwehr

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Kommentare (14)

  1. #1 Markus Griesser
    9. Oktober 2008

    Lieber Florian

    Um das Thema wirklich damit zu beenden: Mit einer Note 2 minus in Deutsch und einer 4 in Mathe bist Du der erhellende Lichtblick aller mittelmässigen Schüler :-), aber auch jener, die später den Knopf auftun.

    Doch im Ernst: Danke für diese Zusammenfassung. Ich habe mich in den letzten Stunden uns Tagen ziemlich in den Details verkrallt und war auch durch einige andere Wünsche absorbiert. Da ist Deine Zusammenfassung sehr willkommen und ich hoffe auch. dass alle anderen Blog-Leser sich bewusst sind, dass hier am 6. / 7. 10. ein wirklich historisches Naturschauspiel über die Natur-Bühne ging.

    Bleiben wir weiter dran.

  2. #2 florian
    9. Oktober 2008

    @Markus: “Mit einer Note 2 minus in Deutsch und einer 4 in Mathe bist Du der erhellende Lichtblick aller mittelmässigen Schüler :-), aber auch jener, die später den Knopf auftun.”

    Aber in Biologie war ich Klassenbester 😉 (Ich hätte auch fast Biologie studiert; ich habe lange zwischen Astronomie und Botanik geschwankt)

    “Da ist Deine Zusammenfassung sehr willkommen und ich hoffe auch. dass alle anderen Blog-Leser sich bewusst sind, dass hier am 6. / 7. 10. ein wirklich historisches Naturschauspiel über die Natur-Bühne ging.

    Bleiben wir weiter dran.”

    Ich hoffe ja auch noch das vielleicht doch noch ein paar Bilder auftauchen. Hier soll es z.B. ein Webcam-Video aus Ägypten geben auf denen der Impakt (indirekt) zu sehen ist. Die Seite ist aber leider nicht zu erreichen.

  3. #3 Christian
    9. Oktober 2008

    Auch von mir ein herzliches Dankeschön für diesen mit sehr viel Enthusiasmus geschriebenen Blog. Was ich absolut faszinierend finde, ist, dass man mit dem Internet eine dermaßen große Möglichkeit hat, Wissen und Information über die Grenzen hinweg auszutauschen. Die verlinkten Filmchen hier sind der beste Beweis!

  4. #4 Markus Griesser
    9. Oktober 2008

    McCains Äusserungen über die Planetarien sind einfach unglaublich, aber seine unkultivierte Geisteshaltung leider besonders in den USA weit verbreitet.

    Da kann man den französischen Astronomen Alain Maury, der bekannt ist für sein manchmal etwas gespanntes Verhältnis zu den US-Forschern, schon verstehen. Er verwies in der MPML in einem anzüglichen Mail auf einen Kollegen, der für den abgestürzten Brocken den Namen Sarah Palin vorgeschlagen habe: Die republikanische Kandidatin für die US-Vizepräsidentschaft sei auch nur klein, nicht besonders hell und werde wohl auch keine grossen Spuren hinterlassen. Und mit seinem fortgeschrittenen Alter stamme ihr Chef, der Präsidentschaftskandidat John McCain, aus einer Zeit, in der sich Asteroiden noch gebildet hätten.

  5. #5 Florian Freistetter
    9. Oktober 2008

    “Sarah Palin” ist ein passender Name 😉 Man kann nur hoffen dass McCain nicht Präsident wird – und nicht nur wegen seiner Äußerungen über Planetarien (obwohl es wirklich ein starkes Stück ist, einen Planetariumsprojektor von Zeiss als “Overhead-Projektor” zu bezeichnen).

    Ich habe übrigens noch eine Aufnahme des Impakts von Eumetsat gefunden und in den Artikel eingefügt.

  6. #6 whamburg
    9. Oktober 2008

    Moin moin,

    am Montag Abend habe ich mich das erste Mal geärgert, gerade nicht im Sudan zu sein. Ich habe beruflich da zu tun. Dieses Jahr war ich schon über 3 Wochen da. Da ich die Szene verfolge, hätte ich das da auch mitbekommen. Internet ist in Khartoum kein Problem. Vom Hoteldach aus hätte ich das auch gut fotografieren können. Sonst ist eine Woche Arbeit im Sudan wie ein Monat Arbeit hier. Kurz gesagt, man möchte dort nicht tot über der Mauer hängen. Ansonsten ist Khartoum sicher, mit fotografieren muss man aber aufpassen, fast alles verboten.

  7. #7 florian
    9. Oktober 2008

    @whamburg: Das ist wirklich Pech! Aber vielleicht kennst du ja noch ein paar Leute dort und kannst sie fragen ob sie etwas gesehen haben? Ein paar Augenzeugenberichte von Leuten die näher am Geschehen waren als der KLM-Pilot wären sicher interessant!

  8. #8 whamburg
    9. Oktober 2008

    Moin Florian,

    gibt es von dem Infrarotbild(https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2008/10/09/img_homepage_asteroid_2008.jpg) auch eine nicht komprimierte Version? Da sind doch heftige Komprimierungsartefakte zu sehen. JPEG entfernt eben per default “hochfrequente” Bildanteile. Bei “normalen” Infrarotaufnahmen tritt sowas ja nicht auf, da stört das auch nicht. In dem Fall wird es zwar nicht viel bringen(sind nur wenige Pixel), aber durch die JPEG-Komprimierung kann man fast nicht mehr sagen, als ok da war es.

  9. #9 florian
    9. Oktober 2008

    Also ich hab das Bild direkt von der Eumetsat-Homepage. Dort wird es nur als jpg angeboten soweit ich das sehen. Ich schau mich nochmal ein bisschen um, vielleicht finde ich ja noch eine andere Version.

  10. #10 Daniel Fischer
    9. Oktober 2008

    Die sekundengenaue Zeit der Explosion aus der NASA-Mitteilung muss auf einer weiteren, bislang unpublizierten und sehr direkten Beobachtung basieren, denn die Kadenz der MeteoSat-Bilder ist nur 5 Minuten. Meine Vermutung: Es handelte sich um einen IR-Frühwarnsatelliten, der eigentlich Raketenstarts aufspüren soll! Solche Satelliten haben schon viele kosmische Airbursts registriert und sind eigentlich ein Mittel der Astronomie geworden – bloss hapert’s immer noch mit der schnellen Veröffentlichung der “brisanten” Daten. Bin mal gespannt, wann die “forthcoming” Details das Licht der Welt erblicken – wir warten seit zwei Tagen …

  11. #11 Markus Griesser
    9. Oktober 2008

    Matthias Busch, Autor des für uns KP-Beobachter so wichtigen Planetariums-Programms EasySky und Beobachter auf der Sternwarte Heppenheim (Code 611), hat eine wunderschöne Darstellung der Parallaxe von 2008 TC3 angefertigt. Je näher der Brocken kam, umso mehr driften die Positionen vor dem Sternhintergrund auseinander:

    https://www.easysky.de/screenshots/2008_TC3_parallax1.png
    https://www.easysky.de/screenshots/2008_TC3_parallax2.png (kleiner)

    Matthias hat dafür alle 566 Obses, die dem MPC übermittelt wurden, ausgewertet. Auch er ein “Amateur” … 😉

    Danke Daniel, für den Hinweis auf den eigentlich militärischen Satelliten aus dem Frühwarnbereich. Ich habe diese Vermutung auch gehegt, obwohl schon die Einsturz-Prognose des JPL schon verfilxt genau war …

  12. #12 Florian Freistetter
    9. Oktober 2008

    @Daniel: Ja, sowas hab ich mir auch schon gedacht als ich diese Zeitangabe der NASA gelesen habe 😉

    @Markus: Tolles Bild! Danke für den Link.

  13. #13 Markus Griesser
    10. Oktober 2008

    Gestern sind weitere Infos zur Fotometrie am 2008 TC3 bekannt geworden. Petr Pravec, *der* Guru auf diesem Spezialgebiet, hat aus den vielen Daten zwei sich überlagernde Lichtkurven herausgeschält, die eine mit einer Periode von 0.0269409 und die andere 0.0136205 h. Somit war 2008 TC3 also auch noch ein “Tumbler”. Hier hats eine Grafik der beiden Lichtkurven:

    https://www.asu.cas.cz/~ppravec/2008tc3.png

  14. #14 florian
    15. November 2008

    Die österreichische Zeitung “Presse” hat die Sache mittlerweile auch mitbekommen: “Wie erst jetzt bekannt wurde, fand im Oktober ein bemerkenswertes Himmelsereignis statt.” 😉

    Tja – bei der Presse scheint wohl niemand Blogs zu lesen…