“Gemeinsam mit dem Weißenburger Lokalhistoriker, Orientalisten und langjährigen Leiter des dortigen Fremdenverkehrsamtes Auguste Schaaf überprüfte ich die Angaben aus diesem Tonbandmitschnitt. Das Ergebnis: Sämtliche Angaben der hypnotisierten Versuchsperson Rudolf T. waren falsch. Eine Sichtung von Straßenplänen, Adreßverzeichnissen und Stadtansichten, von Zeitungsberichten und Tauf-, Heirats- und Sterberegistern bei Kirche und Standesamt (=vollständig erhalten seit dem Jahre 1793) ergab eine hundertprozentige „Falsifikation” der unter Hypnose zutage geförderten „Fakten”. (S.85)
Platta fragt sich zu Recht, warum sich Dethlefsen nicht für die einzig wasserfeste Überprüfung seines ersten „Reinkarnationsfalles” interessierte, und zitiert die Bilanz Auguste Schaafs angesichts der Guy Lafarge-Biographie: „Ich bin der Verwahrer der meisten Dokumente zur Geschichte Weißenburgs und kann nur feststellen: alles reine Fantasie.” (Ebd.)
Was wird sichtbar an diesem exemplarischen Fall?
Einmal mehr der Unterschied zwischen wissenschaftlichem und esoterischem Denken: Vermeintlich scharfes Nachdenken innerhalb des eigenen Bezugssystems genügte Dethlefsen, um felsenfest an seine Reinkarnations-Hypothese zu glauben. Wozu noch ein Reality-Check?
Dass Enthüllungen wie jene Plattas – wiewohl sie bereits über 20 Jahre zurückliegen – jemals eine breitere Öffentlichkeit erreichen werden, ist fraglich: Bunte fantasievolle Luftballons mit spektakulären Fantasien über Leben und Sterben sind sichtlich attraktiver als zerplatzte Illusionen vor dem Hintergrund mühsamer Detailrecherche.
Das Geschäft mit der Reinkarnationstherapie boomt unterdessen. Und auch ein Dethlefsen-Adept wie Rüdiger Dahlke hat mit der Tatsächlichkeit von Reinkarnation nur ein theoretisches Synchronizitäts-Problem, wie er im Gespräch mit Holdger Platta einräumt:
“Für mich ist Zeit, prinzipiell betrachtet, eine Illusion. Davon geht die Esoterik aus – und auch die heutige Physik, die Relativitätstheorie zum Beispiel oder überhaupt die moderne Physik. Das bedeutet jedoch: Wenn Zeit eine Illusion ist, ist natürlich auch Reinkarnation eine Illusion. (S.66)“
(Was wohl die mitlesenden Physiker und Physikerinnen dazu sagen?)
Verstehen Sie nun, worin die karmische Last des Guy Lafarge liegen dürfte?
Andererseits – hat diese fiktive Figur nicht doch einen edlen Daseinszweck erfüllt?
Schließlich hat sie mir als falsifizierte parawissenschaftliche Behauptung einen interessanten Erkenntnisgewinn beschert.
Und noch etwas verdanke ich dieser Episode – das befreiende Lachen über die bedeutungsschwangeren Fantasiegebilde der Esoterik: „Alles reine Fantasie”.
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