Das in der österreichischen Wissenschafts- und Forschungspolitik einiges im Argen liegt, ist kein Geheimnis. Da werden Staatsorden an esoterische Wasserbeleber vergeben; Wünschelrutengeher werden mit Staatsgeldern bei ihrer “Forschung” unterstützt; die Grundlagenforschung bekommt kein Geld und der Wissenschaftsminister wollte kürzlich sogar einen Austritt beim europäischen Kernforschungszentrum CERN durchsetzen.
Warum ist gerade die österreichische Wissenschaftspolitik so wissenschaftsfern? Vielleicht liegt es daran, dass der aktuelle Minister für Wissenschaft, Johannes Hahn, und seine Vorgängerin, Elisabeth Gehrer, (die von 1995 bis 2007 für Österreichs Forschung zuständig war), beide der esoterischen Szene ziemlich nahe zu stehen scheinen.
Ich dachte ja eigentlich immer, Elisabeth Gehrer sei das schlimmste, was der österreichischen Wissenschaft je passieren hat können. Elisabeth “Es wird keine Studiengebühren geben” Gehrer. Elisabeth “Kinder statt Partys” Gehrer. Die Handarbeitslehrerin, die niemals studierte und trotzdem für alle Universitäten in Österreich zuständig war. Ich will mich jetzt gar nicht zu sehr hinreissen lassen und weiter über Frau Gehrer schreiben. Das, was sie der österreichischen Wissenschaft angetan hat, böte Material um ein ganzes Jahr lang drüber zu bloggen.
Exemplarisch möchte ich hier nur diese Geschichte erzählen (nachzulesen in der Zeitschrift Profil, Ausgabe 9, 2006). Die Astrologin Eva Vaskovich-Fidelsberger (die übrigens auf Radio Niederösterreich eine eigene Sendung hat), hat ein Buch geschrieben: “Liebeshoroskope selbst erstellen“.
So weit, so gut. Dass Astrologen Bücher schreiben, ist jetzt nicht der große Aufreger an der Geschichte. Aber normalerweise würde man nicht erwarten, in diesem Umfeld einer Wissenschaftsministerin zu begegnen. Frau Gehrer hatte allerdings kein Problem, das Vorwort zu diesem Buch zu schreiben! Ja, in Österreich ist es tatsächlich nichts außergewöhnliches, dass die Ministerin für Wissenschaft, Bildung und Forschung das Vorwort zu einem Buch mit dem Titel “Liebeshoroskope selbst erstellen” schreibt. Bis auf eine kurze Notiz in der oben erwähnten Ausgabe des Profil hat diese Sache kaum Interesse erregt:
Das ist etwa so, als würde ein Finanzminister seine Steuern nicht zahlen. Man stelle sich vor, was in diesem Fall los wäre. Aber halt – blödes Beispiel: so einen hatten wir ja auch; in der gleichen Regierung wie Frau Gehrer.
Wie auch immer – 2007 gab es in Österreich endlich einen neuen Wissenschaftsminister. Von Johannes Hahn, dem ehemaligen Wiener ÖVP-Chef war zwar auch nicht unbedingt Großes zu erwarten. Aber schlimmer als Gehrer konnte er doch nicht sein, oder?
Tja – “Gio” Hahn hat gleich ordentlich losgelegt und musste erstmal erklären, warum seine Doktorarbeit in Philosophie ein bisschen wie ein Plagiat aussah. Dann hatte er allerdings die Chance, ein paar Fehler seiner Vorgängerin wieder gut zu machen. Zum Beispiel die Sache mit Johann Grander. Der hat – unter Anleitung Gottes – Wasser energetisiert. Dafür wurde ihm von Frau Gehrer das “Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kultur” verliehen. 2008 gab es eine parlamentarische Anfrage, in der Hahn aufgefordert wurde, diesen Orden wieder abzuerkennen. Das hat er nicht gemacht. Johann Grander hat zwar keine wissenschaftliche Leistung erbracht – aber immerhin auch niemanden umgebracht. Und das hat gereicht, um weiter österreichischer Ordensträger zu sein.
Mit seinen weiteren Aktion (kein Geld für die österreichische Grundlagenforschung und dem versuchten CERN-Austritt) hatte er sich schon fast an das Niveau seiner Vorgänger herangearbeitet.
Seit Ende März hat er nun endgültig gleich gezogen. Wieder geht es um ein Buch. Diesmal ist es “Gesundheitsfaktor Sternzeichen: Astro-Medizin für den Alltag“:
“Unter welchen Krankheiten leiden Widder und auf welche Symptome sollten Wassermänner besonders achten? Den persönlichen Lebensstil zu überdenken und mit Blick auf die Sterne zu ändern, ist durch die Ergebnisse der Astro-Medizin erstmals gezielt möglich.”
Ja, da scheint es sich tatsächlich um ein höchst wissenschaftliches Werk zu handeln. Zumindest muss das der Wissenschaftsminister gedacht haben – denn warum sonst hätter er an der Präsentation des Buches teilnehmen und sich auch noch mit dem Buch fotografieren lassen sollen? (Hier gibts übrigens mehr zu dem Buch)
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