Ich habe immer noch Urlaub, deswegen gibt es heute nur ein wenig leichte Kost. Über den Pseudowissenschaftler Immanuel Velikovsky habe ich ja früher schon mal geschrieben. In den 1950ern hatte er mit seinem Buch “Worlds in Collision” viel Aufsehen erregt. Darin behauptete er, die Venus wäre nur ein Komet, der vom Jupiter ausgestoßen wurde – und zwar erst vor knapp 3500 Jahren. Venus ist dann wie wild durchs Sonnensystem getrudelt, hat mehrmals die Erde gestreift und dabei große Katastrophen verursacht bevor sie sich auf ihrer aktuellen Bahn beruhigt hat. Klingt toll – ist aber völlig absurd. Velikovsky hat seine Erkenntnisse auch ausschließlich aus historischen und religiösen Texten, die er als Tatsachenberichte ansah und über naturwissenschaftliche Gesetze stellte (in der griechischen Mythologie entspringt z.B. Athene/Venus dem Kopf des Zeus/Jupiter. Das ist für Velikovsky der “Beweis” dass, der Planet Venus aus dem Planeten Jupiter entstanden ist).
In der Esoterikszene hat Velikovsky auch heute noch Anhänger (nichts ist so dumm, als das es nicht irgendwer glauben würde) – aber im Allgemeinen ist seine “Theorie” seit einiger Zeit mehr oder weniger tot. Nun hat sich aber ein Deutscher aufgemacht, um mit Velikovskys wiedergekäuten Theorien Geld zu verdienen: Martin Heinrich hat (schon 2007) das Buch “Die Venus-Katastrophe” geschrieben. Kürzlich (Sommerloch?) hat dann sogar die Bild-Zeitung darüber berichtet. Viel Popularität also für großen Unsinn – Zeit, sich die Sache einmal genauer anzusehen und klarzustellen!
Erstmal scheint Heinrichs Buch nichts anderes als ein Abklatsch der alten Velikovsky-“Theorie” zu sein. Auch er beruft sich auch alte mythologische Texte und behauptet, die Venus wäre aus dem Jupiter entstanden. Dann hat er aber noch ein paar weitere “Rätsel” entdeckt:
“In unserem Sonnensystem existieren drei Problemfälle mit physikalisch keineswegs überzeugenden Deutungsversuchen der Wissenschaftler: Es sind die Asteroiden, die Venus und sekundär der Große Rote Fleck auf dem Jupiter. Dabei sind die Asteroiden nun einmal der alles entscheidende „Knackpunkt”. Wird nur anerkannt, dass die Mehrzahl aus einer Planetenkruste stammen – von einigen Wissenschaftlern vermutet, aber nicht konsequent weitergedacht – bleibt nur die Möglichkeit einer außerirdischen Einflussnahme.”
Ich weiß nicht, von welchen “Wissenschaftlern” Heinrich hier spricht. Der aktuelle Wissensstand in der Astronomie kann jedenfalls den großen roten Fleck (ein großer Sturm am Jupiter) und die Venus recht gut erklären. Hier existiert nichts mysteriöses.
Es ist auch nicht wirklich vorstellbar, dass die Venus vom Jupiter ausgeworfen wurde und dabei den großen roten Fleck als “Narbe” hinterlassen hat. Selbst wenn ein noch unbekannter Mechanismus es möglich machen würde, einen Gesteinsplaneten wie die Venus aus einem Gasplaneten wie dem Jupiter zu erzeugen, müsste der Auswurf beispielsweise die Bahnen der Jupitermonde extrem gestört haben. Dafür gibt es aber keinerlei Anzeichen.
Genauso muss man erstmal einen Weg finden, wie eine ausgeworfene Venus vom Jupiter auf ihre heute sehr regelmäßige Bahn nahe der Sonne gekommen ist – und das ohne bei ihren angeblichen nahen Begegnungen mit der Erde z.B. die Bahn des Mondes gestört zu haben.
Was die Asteroiden angeht, hat sich Heinrich anscheinend einer anderen veralteten Theorie zugewandt. Früher dachte man tatsächlich, dass der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter aus den Trümmern eines früheren Planeten bestand, der durch irgendeine große Katastrophe zerstört wurde.
Heute wissen wir, dass das nicht möglich ist. Nicht nur ist im Asteroidengürtel viel zu wenig Material vorhanden, um daraus einen Planeten zu bauen (es würde nichtmal für den Mond reichen). Die starke Gravitationskraft des Jupiter würde es auch unmöglich machen, dass sich dort überhaupt ein Planet bilden könnte. Deswegen finden wir heute dort ja auch die Asteroiden. Das sind nämlich die “Planetenbausteine” aus der Frühzeit des Sonnensystems. Fast überall sonst haben sich daraus Planeten gebildet – nur dort nicht, wo Jupiter das unmöglich machte.
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