Hoyle war ein genialer Astronom mit vielen unkonventionellen Ideen. Manche davon waren revolutionär – und richtig. Wie z.B. seine Theorie der Elemententstehung in Sternen. Andere waren revolutionär und falsch – z.B. seine Behauptung, dass interstellarer Staub aus Bakterien besteht oder das die HIV-Viren durch Meteoriteneinschläge auf die Erde kamen. Aber selbst dort wo Hoyle sich geirrt hat, hat er die Forschung voran gebracht:

The impassioned and concerted effort to “prove Fred wrong” has sometimes failed and sometimes succeeded. In almost every case, it has pushed forward the frontiers of knowledge.

Oft werden wissenschaftliche Theorien (ungerechterweise) auch wegen Eigenschaften der jeweiligen Wissenschaftler kritisiert. Von kreationistischer Seite hört man oft, dass Darwin Atheist war und will damit natürlich die Evolutionstheorie diffamieren. Abgesehen davon, dass Darwin nicht wirklich Atheist war, ist es auch völlig unerheblich. Darwin hätte auch Satanist sein können – seine Evolutionstheorie wäre deswegen nicht weniger richtig!

Newton war ein begeisterter Alchemist – was nichts an der Gültigkeit seiner Gravitionstheorie ändert. Einstein war ein schlechter Vater und trotzdem ist seine Relativitätstheorie genial. Solche Beispiele gibt es haufenweise – die Fehlbarkeit der Wissenschaftler ändert aber nichts an der Gültigkeit der wissenschaftlichen Theorien. Jedenfalls dann nicht, wenn sich die Wissenschaftler weiter ihrer Fehlbarkeit bewusst sind und entsprechende Vorkehrungen treffen:

If we were not aware of our own limitations, though, if we were not seeking further data, if we were unwilling to perform controlled experiments, if we did not respect the evidence, we would have very little leverage in our quest for the truth. Through opportunism and timidity we might then be buffeted by every ideological breeze, with nothing of lasting value to hang on.

Rezensionen der vorhergehenden Kapitel: Kapitel 1, Kapitel 2, Kapitel 3, Kapitel 4, Kapitel 5, Kapitel 6, Kapitel 7, Kapitel 8, Kapitel 9, Kapitel 10, Kapitel 11, Kapitel 12, Kapitel 13


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Kommentare (5)

  1. #1 Thilo Kuessner
    4. September 2009

    um z.B. Quantentheorie wirklich umfassend zu verstehen, ist viel Vorwissen nötig. Man muss sehr viele mathematische und physikalische Grundlagen lernen. Sagan schätzt die entsprechende Lernzeit auf etwa 15 Jahre.

    Ich weiß nicht, was mit “umfassend” gemeint ist, aber Quantentheorie lernen die Studenten doch eigentlich schon im 3. Jahr …

    Einstein war ein schlechter Vater und trotzdem ist seine Relativitätstheorie genial.

    Darüber werden in Saarbrücken sogar Vorlesungen gehalten: https://www.uni-saarland.de/verwalt/beauftr/frauen/gastprof_tobies.pdf (letzter Absatz)

    oder das die HIV-Viren durch Meteoriteneinschläge auf die Erde kamen.

    Wie ist Hoyle denn zu der Vermutung gekommen?

    Dort wurde ihm u.a. vorgeworfen, dass er als Physiker an vorderster Front einer neuen revolutionären wissenschaftlichen Bewegung (der Quantentheorie) stünde

    Das sagt natürlich auch einiges aus, daß die in den 50er Jahren Quantentheorie noch für neu und revolutionär hielten.

  2. #2 Florian Freistetter
    4. September 2009

    @Thilo: Also Sagan zählt im Buch eine lange Liste von Dingen auf, die man lernen muss, um QT komplett zu verstehen (u.a. partielle Differentialgleichungen und Gruppentheorie). Ich denke er meint mit “umfassend”, dass man sie auf Forscherniveau versteht.

    Zu Hoyle: der war ja ein Anhänger der Panspermie – also der Hypothese, dass die ersten Lebenskeime durch Meteoriten auf die Erde kamen. Er meinte auch, dass interestellarer Staub allgemein aus Bakterien besteht und das ganze Universum quasi voll ist mit Bakterien, Viren u.ä. Er wollte in verschiedenen Arbeiten nachweisen, dass das Auftreten von Seuchen mit Meteoriteneinschlägen korreliert (er hat da mit Chandra Wickramasinghe zusammengearbeitet). Diese Arbeiten waren aber bestenfalls kontrovers und genaugenommen falsch. In ihrem Buch “Evolution from Space” kann man das schön nachlesen.

  3. #3 Frank Quednau
    4. September 2009

    “Das ist die große Stärke der Wissenschaft! Sie macht überprüfbare Vorhersagen” –
    Um, damit sind Stringtheoretiker aus dem Rennen, oder?

  4. #4 Florian Freistetter
    4. September 2009

    @Frank: Ja, genau aus diesem Grund zweifeln tatsächlich einige an der Stringtheorie bzw. deren Wissenschaftlichkeit. Will man nett sein, könnte man sagen, dass die STer immer noch an der Formulierung ihrer Vorhersagen arbeiten 😉

  5. #5 Stefan
    5. September 2009

    Der erste Punkt ist denke ich auch dafür verantwortlich, warum in Deutschland niemand seine eigene Steuererklärung machen kann. Die Dinge ändern sich so schnell und nur wenn man andauernd am Ball ist und Spaß an der Veränderung hat, kann man die Steuergesetzgebung verstehen.

    Übrigens findet sich das auch schon bei Schiller in seiner Antrittsrede in Jena wieder. Er unterscheidet zwischen dem “Brotgelehrten” und dem “philosophischen Kopf”. Ersterem sind neue Entdeckungen ein Greul, weil er am liebsten in ständiger Wiederholung seine Vorlesungen hält und Neues im nur dazu zwingt, seine Skripte und sein Weltbild zu überarbeiten. Für den “philosophischen Kopf” besteht Wissenschaft aber gerade aus ständiger Veränderung. Für ihn ist das kein Ärgernis, sondern ein Genuss. Ich denke das Publikum der Wissenschaft teilt sich auch in diese beiden Lager. Die einen kritisieren die Wissenschaft für ihre Dynamik, die anderen fühlen sich dadurch gut unterhalten.