Diese Definition stimmt mit den uns bekannten Werten überein: eine Linie ist eindimensional – und D ist hier auch gleich 1. Für ein Quadrat bzw. generell eine Fläche erhält man D=2 und diese Objekte sind zweidimensional. Räumliche Objekte sind mit D=3 dreidimensional.
Aber diese Definition ist nun nicht mehr auf die ganzen Zahlen beschränkt. D kann theoretisch irgendwelche Werte annehmen. Aber gibt es überhaupt Objekte, für die D keine ganze Zahl ist?
Fraktale
Ja, die gibt es. Man nennt sie “Fraktale” und ein Beispiel dafür ist das Sierpinski-Dreieck. Man kann es sich folgendermaßen vorstellen:
Man starte mit einem normalen, gleichseitigen Dreieck. Dann bestimme ich von jeder Seite den Mittelpunkt und verbinde diese Punkte: das Dreieck wird nun in 4 gleich große Dreicke aufgeteilt. Das mittlere Dreieck wird entfernt und der gleiche Prozess auf die restlichen Dreiecke angewandt – und immer weiter, unendlich oft. Graphisch sieht das so aus:
Natürlich kann man das endgültige Dreieck nicht zeichnen – man müsste ja erstmal unendlich viele Konstruktionsschritte durchlaufen. Jetzt könnte man denken, dass in diesem Fall irgendwann mal alle Teile des ursprünglichen Dreiecks verschwunden sind und nichts mehr übrig bleibt. Das ist aber nicht der Fall!
Die Frage ist nur: was bleibt übrig? Am Anfang hatten wir eine zweidimensionale Fläche. Wird durch den Konstruktionsprozess so viel weg genommen, dass nur noch einzelne, unzusammenhängende Punkte übrig bleiben? Dann hätte das Sierpinski-Dreieck die Dimension Null. Oder bleibt vielleicht nur die äußere Begrenzungslinie des ursprünglichen Dreickes übrig? Dann hätten wir eine eindimensionale Linie und das Sierpinski-Dreieck die Dimension 1.
Man kann mathematisch berechnen, welche Dimension das Dreieck nach unendlich vielen Schritten hat. D ist in diesem Fall gleich 1,58496… (genauer: D = log 3 / log 2). Das bedeutet, das Sierpinski-Dreieck ist weniger als eine vollständige Fläche mit Dimension 2 – aber auch mehr als eine Linie mit Dimension 1!
Ein ebenso gutes Beispiel dafür ist die Koch-Kurve (oder “Schneeflockenkurve”). Hier startet man mit einer simplen Linie der Dimension 1. Dann macht man aus dem Mittelteil der Linie eine Art offenes Dreieck. Nun hat man 4 Liniensegmente und macht bei allen nochmal das gleiche – usw:
Nach unendlich vielen Schritten kommt man so schließlich zu einem Objekt, dass keine simple Linie mehr ist. Veranschaulicht ausgedrückt, hat sich die Linie so sehr verschachtelt und in den Raum gewunden, dass sie nicht mehr nur eindimensionale Linie ist, sondern auch ein wenig die Qualität einer Fläche angenommen hat – aber eben nicht ganz. Die Dimension der Koch-Kurve liegt daher auch zwischen 1 und 2 bei etwa 1,26 (genau: log 4 / log 3).
Solche Fraktale haben oft verblüffende Eigenschaften. Berechnet man die Länge der “fertigen” Koch-Kurve, so sieht man schnell, dass sie unendlich lang sein muss. Sie wird ja bei jedem Konstruktionsschritt ein klein wenig länger. Berechnet man aber die Fläche, die unter dieser unendlich langen Koch-Kurve liegt, dann ist diese nicht ebenfalls unendlich! Sie beträgt exakt 9/5 (vorausgesetzt die Fläche unter dem ersten Dreieck beträgt genau 1).
Natürliche Fraktale
Ok, das Mathematiker manchmal auf seltsame Ideen kommen, ist ja nichts neues 😉 Da sind auch solche komischen Gebilde wie die Fraktale nichts außergewöhnliches. Aber in der Natur, in der echten Welt gibt es sowas doch wohl nicht?
Doch, auch in der Natur trifft man auch fraktale Objekte. Natürlich keine “echten” mathematischen Fraktale mit “echten” fraktalen Dimensionen. In der Natur hat alles drei Raumdimensionen (oder 11, falls die Stringtheorie richtig ist). Aber näherungsweise kann man das Konzept der Fraktale auch auf die Natur übertragen und findet dabei jede Menge interessante Objekte.
Das klassische Beispiel ist die Frage, wie lang die Küstenlinie der britischen Insel ist. Das ist erstmal leicht zu beantworten: Ich nehme mir einen Atlas und ein Lineal und messe einfach nach. Wenn ich mir dann allerdings eine genauere Karte ansehe, mit mehr Details und nochmal messe, dann werde ich einen anderen, größeren Wert für die Gesamtlänge bekommen. Und eine noch genauere Karte wird einen noch größeren Wert liefern.
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