Irgendwas, irgendeine bisher unbekannte Energie sorgt also anscheinend dafür, dass sich die Ausdehnung des Universums nicht verlangsamt. Die Wissenschaftler konnten sogar Abschätzen, wieviel von dieser Energie vorhanden sein musste: sie sollte 70% des Universums ausmachen!
Das war schon eine gewagte Behauptung: das Universum besteht größtenteils aus etwas, das wir bisher nicht kannten. So unwahrscheinlich das auch klingen mochte – unabhängige Experimente bestätigten die Behauptung.
Ebenfalls 1998 wurden die Daten der BOOMERanG (“Ballon Observations Of Millimeter Extragalactic Radiation and Geophysics“) und MAXIMA (“Millimeter Anisotropy eXperiment IMaging Array“) Beobachtungen ausgewertet. Dabei handelte es sich um Teleskope, die an einem Ballon bis in die oberen Schichten der Atmopshäre gebracht wurden und dort dann ungestört die kosmische Hintergrundstrahlung und vor allem deren Variationen beobachten konnten.
Das BOOMERanG-Teleskop und sein Ballon (Bild)
Die kosmische Hintergrundstrahlung stellt die früheste Strahlung da, die wir beobachten können. Sie stammt aus einer Zeit, als der Urknall gerade mal knapp 400000 Jahre vorbei war. Aus der Analyse dieser Strahlung kann man herausfinden, wie damals die Masse im Universum verteilt gewesen sein muss. Ein Ergebnis von BOOMERanG und MAXIMA war die Erkenntnis, dass unser Universum flach sein muss.
“Flach” heisst hier, dass es sich euklidisch beschreiben lässt und nicht mit hyperbolischer oder elliptischen Geometrie. Zur Veranschaulichung kann man sich den Raum als zweidimensionale Fläche denken, so wie ein Stück Papier. Liegt das Stück Papier flach auf dem Boden, wird es durch die euklidische Geometrie beschrieben: Ein Dreieck hat eine Winkelsumme von 180 Grad, zwei parallele Linien schneiden sich nie – usw. Wird die Fläche aber um eine Kugel gewickelt, muss man eine elliptische Geometrie verwenden, in der Dreicke eine Winkelsumme von mehr als 180 Grad haben und sich parallele Linien schneiden können. Eine hyperbolische Geometrie würde eine sg. Sattelfläche entsprechen; einer Fläche mit negativer Krümmung.
Wie genau nun der Raum in unserem Universum gekrümmt ist und ob seine Geometrie flach, elliptisch oder hyperbolisch ist, hängt von der gesamten Masse ab, die sich in ihm befindet. Die beiden Ballon-Missionen haben gezeigt, dass der Raum flach ist – allerdings war dieses Ergebnis problematisch. Denn anscheinend war im Universum nicht genug Masse vorhanden um den Raum flach zu halten!
Aus astronomischen Beobachtungen konnte man den Anteil an “normaler” Materie abschätzen. Ebenso war bekannt, wieviel dunkle Materie sich in etwa im Universum befindet. Aber normale und dunkle Materie zusammen waren nicht ausreichend um ein flaches Universum zu erklären. Dazu brauchte man mehr. Und die Menge, die nötig war, um die Ergebnisse von BOOMERanG und MAXIMA zu erklären entsprach genau der Menge an Energie, die auch nötig war, um die beschleunigte Expansion des Universums zu erklären!
Zwei unabhängige Methoden hatten also zum selben Ergebnis geführt: es muss eine dunkle Energie geben.
Konstante oder Quintessenz?
Es schien also klar, dass die dunkle Energie existiert. Aber – so wie bei der dunklen Materie – war völlig unklar, um was es sich dabei handeln sollte!
Dabei zeigte sich, dass die dunkle Energie einen historischen Vorläufer hatte. Kein geringerer als Albert Einstein hatte in den Gleichungen seiner berühmten allgemeinen Relativitätstheorie einen Term eingeführt, der genau das Verhalten der dunklen Energie zu beschreiben schien: die kosmologische Konstante.
Einsteins Feldgleichungen werden durch Integration hergeleitet. Und – vielleicht erinnert sich noch jemand an den Schulunterricht – bei einer Integration gibt es immer eine Integrationskonstante. Die taucht auch bei Einstein auf – und je nachdem welchen Wert diese Konstante annimmt, ergeben sich gravierende Auswirkungen auf das Verhalten des Universums. Ist die Konstante negativ, dann entspricht dass einer kosmischen Anziehung – das Universum würde also in sich zusammenfallen. Ist die Konstante gleich null, dann bestimmt allein die Materie innerhalb des Universums durch ihre wechselseitige Anziehungskraft wie sich das Universum verhält. Und ist die Konstante positiv, dann entsteht eine kosmische “Abstoßung” – eine Kraft, die der Gravitation entgegenwirkt; so wie die dunkle Energie.
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