Über das Wissenschaftsfernsehen bei österreichischen (öffentlich-rechtlichen) Sender ORF habe ich mich ja schon mal beschwert.
Aber Wissenschaft scheint dem ORF anscheinend wirklich ziemlich egal zu sein. Vor kurzem erst hat man die Wissenschaftsredaktion mit der für Religion (!) zusammengelegt. Da ist es auch nur passend, dass am Sonntag ausführlich über einen “Erfinder” berichtet wird, der seine Ideen direkt von Gott bekommt.
Gemeint ist damit natürlich der Tiroler Johann Grander der mit Hilfe Gottes Wasser belebt und teuer verkauft. Die Sache mit dem “belebtem Wasser” ist natürlich Unfug und es gibt keine seriösen Hinweise darauf, dass sich dieses Wasser irgendwie von normalen Wasser unterscheidt.
Laut Gerichtsurteil darf man Granderwasser deswegen auch als aus “dem Esoterik-Milieu stammender, parawissenschaftlicher Unfug” bezeichnen.
Aber die Realität hat noch selten Leute daran gehindert, irgendeinen Unsinn zu glauben und deswegen erfreut sich das teurer Leitungswasser großer Beliebtheit. Auch in der ORF-Sendung “Vera Exclusiv” (am Sonntag um 17:05) wird daher über “Die Magie des Granderwassers” berichtet.
Ohne Kapital aber mit viel Motivation, Liebe und einer starken Familie im Hintergrund setzte Johann Grander vor 30 Jahren den Grundstein für das Familienunternehmen. Nach jahrelangem Testen, Probieren und Experimentieren in seiner Garage erforschte Johann Grander vor 30 Jahren das Wesen des Wassers.
Ja, klassisch: der einsame Bastler in seiner Garage. Der muss ja geradezu Recht haben…
Schön ist auch der letzte Satz:
Obwohl mehr als 300.000 Menschen auf der ganzen Welt auf die Magie des Granderwassers schwören, ist der Effekt bei Naturwissenschaftern hingegen etwas in Frage gestellt, denn Hinweise auf tatsächliche Veränderungen des Wassers gibt es nicht.
“Etwas” in Frage gestellt? Der Effekt ist nicht nur “etwas” in Frage gestellt – der Effekt existiert nicht…
Naja – Vera Russwurm ist ja nicht sonderlich für wissenschaftlich-objektive Berichte bekannt. Da wundert man sich auch nicht mehr über so eine Werbsendung… äh – sorry, Reportage.
Vor allem weil der Herr Grander ja auch ganz offiziell von der österreichischen Republik mit einem Wissenschaftsorden ausgezeichnet wurde. Der zuständige Minister, Johannes Hahn, hätte letztes Jahr die Chance gehabt, diese absurde Sache rückgängig zu machen – er hat sich aber dagegen entschieden. Immerhin hat Herr Grander keine Kinder umgebracht – das reicht in Österreich anscheinend, um einen Orden zu bekommen.
Minister Hahn dürfte bis jetzt immer nur in Österreich Unfug machen. Ob er jetzt den CERN-Austritt Österreichs fordert, Werbung für Astrologie-Bücher macht, die Forschung finanziell aushungert, Geld von Studenten verlangt, die überdurchschnittlich viel arbeiten wird oder sich generell darüber beschwert, das Österreich zu viel Studenten hat – bis jetzt haben nur die Österreicher unter diesem “Wissenschafts”minister gelitten.
Nun kommt aber vielleicht bald ganz Europa in den Genuß von Hahns politischen Fähigkeiten. Denn Johannes Hahn wurde heute zum EU-Kommissar für Regionalpolitik ernannt. Da muss man schon fast dankbar sein, dass er nicht zum Kommissar für Forschung bestellt wurde, wie es zunächst kolportiert wurde.
Naja – immerhin sind wir ihn in Österreich los. Aber wenn man sich so ansieht, welche Leute hier in den letzten Jahren für die Wissenschaft zuständig waren, dann ist die Chance, das etwas besseres nachkommt gering.
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