Die Chance, dass ein großer Asteroid den Fortbestand der Menschheit bedroht, ist gering – aber wir dürfen diese Möglichkeit trotzdem nicht ignorieren. Sollten wir so einen Asteroiden irgendwann einmal tatsächlich entdecken, wäre es allerdings dumm, ihm á la Bruce Willis mit Atombomen auf den Leib zu rücken – das schafft nur Probleme. Und es gibt wesentlich bessere Methoden, die Sache anzugehen…
Ein bevorstehender Asteroideneinschlag wäre großes Pech. Die Erde ist, verglichen mit der Größe des gesamten Sonnensystems extrem klein. Und ein Asteroid ist noch viel kleiner. Das beide dann genau aufeinandertreffen – das ist schon ein großer Zufall. Da müssen Erde und Asteroid genau im richtigen Moment am richtigen Ort sein – käme einer der beiden Himmelskörper eine Winzigkeit zu früh oder zu spät an, dann würde keine Kollision stattfinden.
Harvard-Smithsonian CfA, IAU)
Und das ist unsere große Chance, dem Untergang zu entgehen! Die Geschwindigkeit der Erde können wir zwar nicht ändern, dafür ist sie zu groß. Aber bei einem Asteroiden kann das durchaus möglich sein!
Die Erde bewegt sich mit etwa 30 Kilometer/Sekunde durchs All. Für die Strecke, die ihrem Durchmesser entspricht, braucht sie ein bisschen mehr als 7 Minuten. Das ist der Zeitraum, die der Asteroid zu früh oder zu spät eintreffen muss, um die Kollision zu verhindern. Wir müssen ihn also abbremsen oder ihn beschleunigen.
Ein kleiner Schubs reicht also schon, um den Impakt zu verhindern. Und das zu bewerkstelligen liegt durchaus im Bereich unserer technischen Möglichkeiten!
Um die Geschwindigkeit bzw. Bahn eines Asteroiden zu verändern existieren mehrer Möglichkeiten:
- Auch wenn es keinen Sinn macht, Bomben zu benutzen, um den Asteroiden zerstören zu wollen, können wir sie verwenden, um seine Bahn zu ändern. Eine Explosion knapp über der Oberfläche des Asteroiden könnte ihn aus seiner aktuellen Bahn schieben.
- Man kann natürlich auch einfach irgendwas auf den Asteroiden schmeissen. Wenn es massiv genug ist, dann reicht es vielleicht, seinen Impuls und damit seine Geschwindigkeit zu ändern. Ein schweres Raumschiff könnte hier nützlich sein – oder man fängt sich unterwegs einen zweiten Asteroiden ein und benutzt den. So ein kinetischer Impakt kann durchaus effektiv sein. Um den bösen Apophis abzulenken, bei dem eine minimale Chance besteht, dass er uns 2036 trifft, würde schon ein Raumschiff mit einer Masse von einer Tonne reichen.
- Aber man muss das schöne Raumschiff nicht unbedingt auf dem Asteroiden zerschellen lassen. Wenn man es geschickt anstellt, dann braucht man es gar nicht kaputt zu machen. Man fliegt damit einfach bis zum Asteroiden und – das wars! Die gravitative Anziehungskraft, die das schwere Raumschiff auf den Asteroiden ausübt, könnte schon ausreichen, um eine Kollision zu verhindern. So ein “gravitativer Traktorstrahl” ist zwar recht elegant – aber nicht unbedingt Hollywood-tauglich. Bruce Willis fliegt zum Asteroiden und macht dort – nichts. Damit kann man die Kinosäle wohl kaum füllen…
- Aber nicht nur die Gravitationskraft kann genutzt werden. Da gibt es auch noch den Jarkowski-Effekt: wenn ein kleiner Himmelskörper an unterschiedlichen Stellen unterschiedlich stark erwärmt wird (etwa weil die Sonne nur eine Hemisphäre beleuchtet), wird von den wärmeren Stellen mehr Wärmenergie abgestrahlt. Dieser unterschiedliche Strahlungsdruck verursacht eine sehr kleine Kraft, die die Bahn des Asteroiden beeinflusst. Wenn man also früh genug damit anfängt, die Abstrahlungseigenschaften des Asteroiden zu verändern, dann könnte diese kleine Kraft im Laufe der Zeit eine ausreichend große Bahnänderung verursachen! Man könnte den Asteroiden zum Beispiel auf einer Seite weiß anmalen (oder künstlich verdunkeln). Oder man benutzt große Linsen um das Sonnenlicht zu bündeln und den Astroiden so zu erwärmen.
- Erwärmt man den Asteroiden stark genug, dann kann man das Material auch gleich verdampfen und damit einen Rückstoßeffekt erziehlen, der zu einer Bahnänderung führt. Das würde natürlich auch mit Lasern funktionieren, die man auf den Himmelskörper richtet.
- Dann gehts natürlich auch noch ganz direkt: man fliegt zum Asteroiden und montiert dort einfach ein Raketentriebwerk. Oder ein Solarsegel – und schiebt den Himmelskörper damit aus der Bahn.
Aber wie realistisch sind diese Stratgien eigentlich? Ich bin kein Experte für Raumfahrttechnik und kann daher keine absolut verläßliche Einschätzung abgeben. Aber ich denke es ist nicht unrealistisch anzunehmen, dass wir jede der oben genannten Methoden umsetzen könnten, wenn wir genug Zeit für die Planung hätten (so ein bevorstehender Weltuntergang kann außerdem richtig gut motivieren…)
Die grundlegenden Fähigkeiten beherrschen wir: Wir können Raumschiffe bauen und die Erde verlassen. Wir können sicher und geplant auf anderen Himmelskörpern landen – auch auf Asteroiden und Kometen! Was uns fehlt, ist praktische Erfahrung und detailliertes Wissen über die Zusammensetzung und die Eigenschaften der Asteroiden.
Deswegen würde ich auch alle die Methoden, die auf einer Manipulation des Strahlungsdrucks basieren, als am wenigstens praktikabel einschätzen. Denn um hier erfolgreich zu sein müssen wir sehr genau über den Asteroiden und die jeweils speziellen Auswirkungen des Jarkowksi-Effekts Bescheid wissen! Auch die Verankerung von Antriebsgeräten (Motor, Sonnensegel, …) ist zwar technisch möglich, aber praktisch unerprobt. Hier müsste man auch materialtechnisch noch viel erforschen.
Am wenigsten problematisch erscheint mir die Bahnänderung des Asteroiden mittels Bomben oder kinetischem Impakt. Und vermutlich würde man hier den kinetischen Impakt bevorzugen. Mit Atombomben im All zu hantieren könnte einige Länder wohl selbst angesichts eines bevorstehenden Weltuntergangs nervös machen. Und im Falle eines Mißerfolgs bekommt man dann auch noch radioaktive Trümmer auf den Kopf geschmissen…
Das der kinetische Impakt eine vielversprechende Strategie ist, glaubt auch die europäische Weltraumagentur ESA. Dort wird die Mission Don Quijote geplant. Dabei sollen sich zwei Raumsonden – Hidalgo und Sancho – einem Asteroiden nähern. Der Asteroid wird dann genauestens untersucht und vermessen. Danach wird Hidalgo auf einen Kollisionskurs mit dem Asteroiden geschickt während Sancho beobachtet, was passiert. Dadurch können wir genau sehen, wie sich so ein kinetischer Impakt in der Praxis auswirkt.
Noch hat die Mission Kandidatenstatus, es ist also noch nicht klar, ob sie auch tatsächlich durchgeführt werden wird. Wünschenswert wäre es – denn ohne praktische Erfahrung und entsprechende Experimente nützen selbst die besten Pläne nichts, wenn wirklich einmal ein Asteroid kommt.
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