In meiner Serie über Asteroidenabwehr habe ich bisher über die Wahrscheinlichkeit eines Asteroideneinschlags geschrieben; darüber, was man im Fall eines bevorstehenden Impakts nicht tun soll, und darüber, was man sinnvollerweise probieren kann, um einen Einschlag zu verhindern.
Aber die allerbeste Abwehrmethode nützt nichts, wenn wir nicht wissen, dass uns ein Einschlag bevorsteht! Das Sonnensystem ist voller Asteroiden und wenn wir ihre Bahnen nicht kennen, dann können sie uns quasi aus dem nichts heraus überraschen.
Das war zum Beispiel am 7. Oktober 2008 der Fall. Damals entdeckten Astronomen einen Asteroiden auf Kollisionskurs – und wir hatten nur ein paar Stunden Vorwarnzeit! Glücklicherweise war der Asteroid klein – seine Größe lag bei ein paar dutzend Metern. Damit verglühte er harmlos in der Atmosphäre und nichts ist passiert. Aber es hätte auch ein viel größeres Objekt sein können. Und in so kurzer Zeit hätten wir so gut wie nichts gegen einen Einschlag tun können.
Das allerwichtigste bei der Asteroidenabwehr sind also keine Bomben und tollen Raumschiffe – sondern genügend Teleskope und Astronomen die den Himmel absuchen und die Asteroiden kartografieren. Denn nur wenn wir lange genug vorher Bescheid wissen, können wir reagieren.
Unsere Suche nach Asteroiden war bisher recht erfolgreich. 1801 entdeckte Giuseppe Piazzi den ersten Himmelskörper dieser Art (Ceres, den er damals noch für einen Planeten gehakten hat). Heute kennen wir einige hundertausend Asteroiden gut genug, um ihre Bahnen ausreichend exakt beschreiben zu können.
Wenn es um Objekte geht, die für die Erde gefährlich sind, dann interessieren uns natürlich die Asteroiden im sogenannten Hauptgürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter wenig. Und auch um die Asteroiden im fernen Kuipergürtel (außerhalb der Bahn von Neptun) brauchen wir uns keine Gedanken machen.
Uns interessieren die erdnahen Asteroiden, die, wie der Name schon sagt, in der Nähe der Erde ihre Bahnen ziehen und diese sogar kreuzen können. Sie sind es, die uns gefährlich werden können und momentan (Stand 11.02.2010) kennen wir 6706 davon. 1087 dieser erdahen Asteroiden werden als Potentially Hazardous Asteroids (PHAs) klassifiziert. Das sind die Objekte, die einerseits groß genug sind, um wirklich gefährlich zu werden und uns gleichzeitig auch sehr nahe kommen. Wenn irgendwann mal ein Impakt bevorstehen wird, dann wird es wohl einer aus dieser Gruppe sein.
Die folgenden beiden Bilder zeigen, wie sich die Anzahl der bekannten erdnahen Asteroiden (oben) bzw. PHAs (unten) entwickelt hat:
Das Problem an der Sache ist nur: wir kennen nicht alle erdnahen Asteroiden! Wir sollten eigentlich etwa 90% der erdnahen Asteroiden kennen, die größer als einen Kilometer sind. Das war das Ziel des Spaceguard Survey Reports: im Jahr 1992 hatte der US-Kongress die NASA beauftragt bis zum Jahr 2002 90% der großen Asteroiden zu identifizieren.
Und das sollte eigentlich auch gelungen sein. Das heisst aber nicht, dass dort draußen keine großen unbekannten Objekte mehr sind. Erst vor wenigen Wochen hat der Satellit WISE einen erdnahen Asteroiden mit einem Durchmesser von einem Kilometer entdeckt.
Und es sind ja nicht nur die großen Dinger, die uns Sorgen machen sollten. Ok, die können die gesamte Zivilisation auslöschen. Insofern ist es schon gut, dass wir hier die allermeisten kennen und sagen können, dass uns in absehbarer Zeit kein großer Impakt bevorsteht. Aber auch wenn der Asteroid kleiner ist, kann er immer noch ganze Städte und Landstriche ausradieren. Und das würde man ja auch gerne vermeiden…
Nur wird leider unser Wissen über die Asteroiden umso lückenhafter, je kleiner sie sind. Das ist logisch – denn die kleineren Asteroiden sind schwerer zu entdecken und es gibt viel mehr von ihnen.
Diese kleinen Objekte zu finden, ist mühsam. Man muss Nacht für Nacht den Himmel durchmustern und Bilder aufnehmen. Dann vergleicht man Aufnahmen mehrere Nächte und sucht nach etwas, dass sich bewegt hat. Höchstwahrscheinlich war es ein Asteroid, der schon bekannt ist. Aber wenn man Glück hat, hat man einen neuen Himmelskörper gefunden! Diese Entdeckung wird dann an das Minor Planet Center der Internationalen Astronomischen Union (IAU) weitergeleitet. Die sammelt und veröffentlicht die Daten und andere Astronomen können sich daran machen, die Entdeckung zu bestätigen. Wenn man dann genug Daten vorliegen hat, kann man die Bahn berechnen und nachsehen, ob Gefahr besteht oder nicht.
Dieser mühsamen Aufgabe widmen sich verschiedenste Durchmusterungsprojekte. Da gibt es zum Beispiel LINEAR vom MIT das schon seit 1996 läuft. Noch länger ist Spacewatch von der Universität Arizona dabei – seit 1980 wird der Himmel nach Asteroiden durchsucht. In den letzten Jahren besonders erfolgreich ist Catalina Sky Survey, aus Australien.
Hier sieht man, wie sich die Entdeckungen im Lauf der Zeit entwickelt haben und wie die einzelnen Programme dazu beigetragen haben:
Auch wenn die großen Durchmusterungen die Entdeckungen dominieren, darf man hier auch die Rolle der Amateur-Astronomen nicht vergessen. Obwohl “Amateur” hier eigentlich der falsche Begriff ist – denn die Arbeit um die es hier geht ist durchaus professionell!
Um Asteroiden zu entdecken braucht man keine gewaltigen Teleskope. Man braucht nur Geduld, eine gewisse Aufopferungsfähigkeit und viel Zeit. Und genau das haben die “Amateure” – oft mehr als die Berufsastronomen. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass viele Asteroiden von den Freizeitastronomen gefunden werden. Stellvertretend für alle möchte ich hier Markus Griesser erwähnen. Mit seiner Eschenberger Sternwarte hat er einige zehntausend Positionsmessungen an Asteroiden gemacht und dabei 10 neue Objekte entdeckt.
Auch wenn man über die mühsame Suche nach Asteroiden keine actionreiche Hollywoodfilme mit Bruce Willis drehen kann, ist sie doch das allerwichtigste bei der Asteroidenabwehr. Asteroidensuchprogramme sind nicht sonderlich aufregend oder prestigträchtig. Trotzdem sollte man hier Geld investieren – und nicht kürzen, so wie das leider immer wieder vorkommt.
Um irgendwas tun zu können, brauchen wir Zeit. Je mehr Asteroiden wir kennen, desto größer ist die Chance, dass wir im Fall des Falles diese Zeit auch haben!
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