Im Online-Standard habe ich gerade ein ein Interview mit Thomas de Padova gelesen. Sein Buch Das Weltgeheimnis: Kepler, Galilei und die Vermessung des Himmels ist kürzlich als Wissenschaftsbuch des Jahres 2010 ausgezeichnet worden. Ich selbst habe es noch nicht gelesen – aber in Standard-Interview sagt de Padova einige sehr interessante Sachen.
Zum Beispiel antwortet er auf die Frage, ob es geplant war, Schriftsteller zu werden:
Nein, das entstand wirklich zufällig. Ich habe schon bald festgestellt, dass es für die Wissenschaft in der Gesellschaft keinen richtigen Ort gibt. Wenn ich zum Beispiel erzähle, dass ich Physik studiert habe, dann kommt als Reaktion: “Ach, das habe ich schon in der Schule nicht verstanden.” Und damit ist das Gespräch beendet. Schreiben ist eine Möglichkeit, aus dieser Sprachlosigkeit, aus dieser Einsamkeit als Naturwissenschafter herauszukommen und anderen und mir selbst eine Stimme zu geben.
Er sieht die Wissenschaftler auch in einer “Bringschuld”: um die Beschäftigung mit ihren Themen besser kommunizieren zu können, sollten sie nicht nur ihre Ergebnisse veröffentlichen, sondern auch mitteilen, wie der Weg zu diesen Ergebnissen ausgesehen hat. Kepler war für ihn ein gutes Beispiel:
“Kepler erzählte von seiner Arbeit, von seinen Fehlern, von Monaten vergeblicher Arbeit. Da schreibt er mit Selbstironie, was heute in der wissenschaftlichen Literatur fehlt.”
Ich weiß jetzt nicht genau, was de Padova unter “wissenschaftlicher Literatur” versteht… Fachartikel? Dort sollte man eigentlich Selbstironie und ähnliches nach Möglichkeit raushalten und sachlich über die Forschung berichten. Aber ansonsten sollten sich die Wissenschaftler natürlich viel mehr zu ihrer Forschung und auch den Hintergründen äußeren (Darüber, dass Wissenschaftler mehr Bücher schreiben sollen und nicht nur Fachartikel wurde hier ja schon diskutiert).
Den abschließenden Worten von de Padova stimme ich aber absolut zu:
“Wenn Wissenschafter in die USA gehen, lernen sie einen offeneren Umgang mit der Öffentlichkeit. Wenn sie nach Europa zurückkehren, probieren sie das hier aus. Das ist eine schöne Entwicklung, wir brauchen aber auch bessere Rahmenbedingungen. Wissenschaft muss wieder ein Teil unseres Bildungskanons werden. Man sollte dazu ermuntert werden, über Wissenschaft zu sprechen. Schulen könnten dazu viel beitragen. Sie sollten einen anderen Zugang wählen, der nicht so sehr an Ergebnissen orientiert ist. Und die Schüler selbst dazu ermuntert, kleine Forscher zu werden. Derzeit wird viel von oben herab präsentiert. Es geht nur um richtig und falsch. Fehler sollten erlaubt sein.”
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