Mittlerweile ist der Hype um den angeblichen Weltuntergang im Jahr 2012 ja glücklicherweise ein wenig zurückgegangen. Der Kinofilm von Roland Emmerich hat die Phantasie der Medien und Menschen ja doch ordentlich beschäftigt – nun ist der Weltuntergang wieder aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden.
Vorerst zumindestens. Denn die kürzlich stattgefundenen Erdbeben in Chile und Haiti haben das Thema wieder ein bisschen belebt. Ist das denn nicht genau das, was die Weltuntergangspropheten vorhergesagt haben? Planet X wird sich der Erde nähern und die Sonne wird aktiver werden. Es wird Erdbeben und Tsunamis geben und 2012 ist dann alles vorbei… Und so wie es aussieht, gibt es doch zur Zeit mehr Erdbeben als sonst. Oder vielleicht doch nicht?
Mit den Erdbeben ist das so eine Sache. Bei Esoterikern und Pseudowissenschaftlern sind sie sehr beliebt. Sie passieren immer wieder und – in unterschiedlichen Stärken – treten quasi überall auf der Erde auf. Wer also Erdbeben vorhersagt, kann sich ziemlich sicher sein, dass seine “Vorhersage” dann auch eintrifft.
Natürlich hat es bis jetzt noch kein Astrologie oder sonstiger Hellseher geschafft, ein Erdbeben tatsächlich genau mit Ort und Zeit vorherzusagen (sowas wird zwar gern behauptet; der Beweis aber dann schuldig geblieben). Das hindert die Astrologen aber nicht daran, nach einer Katastrophe zu verkünden, sie könnten ganz genau erklären, warum das Beben passiert ist. Über diese ekelhafte Praxis der Esoteriker hab ich auch schon mal ausführlich berichtet.
Wenn man tatsächlich wissen will, warum die Erde in Chile und Haiti gebebt hat, dann sollte man jemanden fragen, der sich damit auskennt. Einen Geophysiker zum Beispiel. Gunnar Ries hat beide Ereignisse in seinem Blog sehr gut erklärt; wer Interesse hat, soll sich das einmal durchlesen. Die Wissenschaft kann aber leider ebenfalls noch keine exakten Vorhersagen über Ort und Zeit zukünftiger Erdbeben machen.
Wir können aber zumindest sagen, was nicht für Erdbeben verantwortlich ist. Sowas hier zum Beispiel:
“Was war die wirkliche Ursache für das Erdbeben in Chile am Wochenende? Glaubt man viele Quellen, nähert sich Planet X, Nibiru, oder wie auch immer man es nennen mag, bereits jetzt die Erde. Mit der Ankuft des Planets in unserem Sonnensystem werden verheerende Erdbeben, Wetteranomalien und Sturme (um es milde auszudrücken) vorausgesagt. Dies alles hervorgerufen durch ein “Pole-Shift”, also eine Veränderung der Nord/Süd-Axis der Erde.”
In diesem Blogartikel eines Pseudowissenschaft/Esoterik-Blogs finden sich die diversen Behauptungen der 2012-Freaks gut zusammengefasst (Danke an Daniel Fischer für den Hinweis!).
Das haben wir ja alles schon mal gehört: Planet X nähert sich der Erde, die Erdachse kippt um und Tod und Zerstörung drohen. Aber ist die Erdachse denn nicht gekippt? Immerhin ist doch nach dem Beben Chile eine entsprechende Meldung in so gut wie allen Zeitungen gestanden die sich auf diese Berechnung der NASA bezogen:
“JPL research scientist Richard Gross computed how Earth’s rotation should have changed as a result of the Feb. 27 quake. Using a complex model, he and fellow scientists came up with a preliminary calculation that the quake should have shortened the length of an Earth day by about 1.26 microseconds (a microsecond is one millionth of a second). Perhaps more impressive is how much the quake shifted Earth’s axis. Gross calculates the quake should have moved Earth’s figure axis (the axis about which Earth’s mass is balanced) by 2.7 milliarcseconds (about 8 centimeters, or 3 inches). Earth’s figure axis is not the same as its north-south axis; they are offset by about 10 meters (about 33 feet). “
Ok – das Beben hat also die Erdrotation um 1.26 Mikrosekunden beschleunigt und die Erdachse um 8 Zentimeter verschoben. Ist das schlimm?
Überhaupt nicht. Die Erdachse (es geht übrigens nicht um die Nord-Süd-Achse sondern die Schwereachse) verschiebt sich quasi andauernd – jedesmal dann, wenn sich das Trägheitsmoment der Erde ändert. Das passiert zum Beispiel bei einem Erdbeben, wenn sich die Massenverteilung ändert. Ich erinnere mich an einen Vortrag, den ich mal während meines Studiums gehört habe und in dem ein Professor für Geodäsie erklärte, dass man sogar den Einfluß der Schneeschmelze (und der dadurch entstehenden Umverteilung von Masse auf der Erde) in der Erdrotation erkennen kann. Die Erdrotation und die Ausrichtung der Achse wird also andauernd durch irgendwas geändert. Deswegen muss man die Zeitmessung auch immer wieder mal anpassen. Das nächste Bild zeigt den Unterschied zwischen der UTC1-Zeit (die auf der Erdrotation basiert) und der “normalen” Zeit (UTC):
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