Das wirft natürlich das Problem der Willensfreiheit auf. Ich will doch meinen Vater umbringen – aber anscheinend spielt das keine Rolle weil ich schlicht und einfach nicht erfolgreich sein kann. Natürlich kann es sein, dass der freie Wille nur eine Illusion ist und das wir in Wahrheit einfach unbeirrt den Gesetzen der Physik folgen (müssen) und es uns nur so vorkommt, als könnten wir selbst über unser Schicksal entscheiden.
Aber was, wenn wir wirklich einen freien Willen haben? Wie ist das dann mit den Zeitreisen? Hier kommt die Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik ins Spiel. Die würde besagen, dass man im Fall der Zeitreise nicht ins eigene Universum zurückreist, sondern in ein anderes, ein Paralleluniversum. Dort kann ich meinen armen Vater problemlos meucheln, den mein Vater aus meinem eigenen Universum passiert ja nichts. Und auch das Problem des aus dem nichts auftauchenden Wissen wäre dann gelöst. Greene wäre in ein Universum gereist, in dem seine Mutter tatsächlich die Weltformel gefunden hat. Auf der Rückreise wäre er dann in ein anderes Universum gelangt, wo seine Mutter die Formel nicht findet und er dafür das Wissen seiner “Parallelmutter” aus dem ersten Universum einsetzt. Die Paradoxa der Zeitreise in die Vergangenheit sind also logisch nicht ganz so zwingend wie ursprünglich gedacht und kein unüberwindliches Hindernis. Aber wie sieht es mit der praktischen Umsetzung aus?
Bis jetzt hat man noch kein physikalisches Gesetz gefunden, das Zeitreisen in die Vergangenheit explizit verbietet. Im letzten Jahrhundert haben Physiker sogar herausgefunden, dass unter bestimmten Bedingungen solche Zeitreisen sogar direkt aus der allgemeinen Relativitätsttheorie folgen! Wilhelm Jacob van Stockum konnte 1937 zeigen, dass Teilchen, die um einen rotierenden, unendlich langen Zylinder kreisen, in die Vergangenheit reisen können (weil der Zylinder den Taum und auch die Zeit “verdreht”). Unendlich lange Zylinder sind allerdings etwas schwer zu bauen – darum ist das erstmal eher von theoretischen Interesse. Auch der große Kurt Gödel hat das Thema untersucht und herausgefunden, dass Zeitreisen in einem rotierenden Universum möglich sind. Und neuere Erkenntnisse haben uns sogar Ideen geliefert, wie man sowas umsetzen könnte.
Dazu braucht man ein Wurmloch. Solche Wurmlöcher sind quasi Abkürzungen durch den normalen Raum. Ein Wurmloch kann zwei weit enfernte Bereich des Raums verbinden und der Weg durch das Wurmloch wäre wesentlich kürzer als durch den normalen Raum. Wenn wir also von Ort A nach Ort B gelangen wollen, dann können wir entweder den normalen Weg gehen – oder durch das Wurmloch. Stellen wir uns nun vor, das eine Ende des Wurmlochs wäre in einem Raumschiff. Mit dem Raumschiff würden wir dann schnell durchs All fliegen und wieder zurück. Wegen der Zeitdilatation sind wir nun in der Zukunft gelandet. Das gilt aber nur für unser Ende des Wurmlochs. Das andere Ende ist dort geblieben wo es war und immer noch in der gleichen Zeit. Dadurch, das wir eine Ende des Wurmlochs relativ zum anderen bewegt haben, haben wir eine Zeitdifferenz hergestellt und können nun durch das Wurmloch zwischen Vergangenheit und Zukunft wechseln.
Ein Wurmloch von Tübingen nach Boulogne sur Mer (Bild: Corvin Zahn, CC-BY-SA 2.5)
Allerdings gibts ein paar Probleme. Erstmal wissen wir nicht, ob Wurmlöcher tatsächlich existieren. Theoretisch könnte es sie geben – aber wir haben bis jetzt keins gefunden und auch nicht die geringste Ahnung, wie man welche künstlich herstellen könnte. Dann zeigt sich außerdem, dass die Dinge äußerst instabil wären. Um sie am sofortigen Einsturz zu hindern, bräuchte man exotische Materie mit negativer Energie – von der wir ebenfalls nicht wissen, ob sie existiert bzw. wie man sie herstellen könnte. Außerdem hat Stephen Hawking darauf hingewiesen, dass es zu einer Art “Rückkopplung” zwischen den Vakuumfluktuationen in Vergangenheit und Zukunft kommen kann die zum Kollaos des Wurmlochs führt.
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