Ich schreibe hier ja gerne mal was über Weltuntergänge. Und da ich meine Doktorarbeit über kollidierende Asteroiden geschrieben habe, beschäftige ich mich besonders gerne mit Asteroiden, die die Welt untergehen lassen 😉
Das ist natürlich nicht unbedingt witzig. Wir wissen das Asteroiden in der Vergangenheit mit der Erde zusammengestoßen sind. Wir wissen, dass sie es in der Gegenwart tun. Und wir wissen, dass es auch in der Zukunft Kollisionen mit Asteroiden geben wird. Im Gegensatz zu den Hirngespinsten über “Planet X” oder “Polsprünge” sind Asteroideneinschläge eine reale Gefahr. Und daher ist es gut, dass sich Wissenschaftler damit beschäftigen die potentiell gefährlichen Himmelskörper aufzuspüren, ihre Bahnen zu berechnen und Risiken abzuschätzen. Und so wie es scheint, hat man nun einen gefunden, der uns in der Zukunft gefährlich werden könnte. Nein, nicht Apophis, der uns im Jahr 2036 nahe kommt, aber nicht gefährlich ist. Sondern der Asteroid 1999 RQ36, der im Jahr 2182 einschlagen könnte – die Chancen dafür stehen 1:1000! Klingt gefährlich – ist aber alles halb so wild!
Ich habe im Februar 2009 schon mal über 1999 RQ36 geschrieben. Damals ist gerade der Artikel “Long-term impact risk for (101955) 1999 RQ36” von Andrea Milani und seinen Kollegen erschienen die ausgerechnet haben, wie sich kleine, nicht-gravitative Kräfte auf die Bahn des Asteroiden auswirken könnten. Dazu gehört zum Beispiel der Jarkowski-Effekt der auftritt, weil ein Asteroid nicht überall gleich warm ist. In der Nacht kühlt eine Seite aus; am Tag heizt sich die andere Seite auf. Die unterschiedliche Temperatur wird von den beiden Seiten unterschiedlich schnell abgestrahlt. Deswegen gibt es einen unterschiedlich großen Strahlungsdruck und damit entsteht eine kleine Kraft die sich unter Umständen aber merkbar auswirken kann. Besonders bei sehr kleinen Objekten wie Asteroiden und über sehr lange Zeiträume.
Wie das im Fall von 1999 RQ36 aussieht, kann man im in der oben verlinkten Arbeit nachlesen. Die Astronomen haben bis zum Jahr 2200 jedenfalls 8 Möglichkeiten gefunden, bei denen der Asteroid eventuell mit der Erde kollidieren könnte. Die erste davon wird am 24. September 2169 stattfinden. Hier besteht eine Wahrscheinlichkeit von 0.0016 Prozent (bzw. 1:63000) das der Asteroid uns trifft. Ein bisschen kritischer wird es am 24. September 2182. Da ist die Einschlagswahrscheinlichkeit bei 0.026 Prozent bzw 1:3850 (und nimmt man alle Wahrscheinlichkeiten aller acht möglichen Treffer zusammen kommt man auf die 1:1000 die oben genannt wurde). Aber zur Beruhigung kann man auch ruhig dazu sagen, dass dies einer Wahrscheinlichkeit von 99.974 Prozent entspricht, dass der Asteroid uns nicht trifft!
Auf der Palermo-Skala (die ich hier näher erklärt habe) hat der Asteroid einen Höchstwert von P=-1.52. Die Palermo-Skala bewertet das Risiko eines Einschlags und der Wert hängt von der Kollisionswahrscheinlichkeit und der erwarteten Einschlagsenergie ab. Ein Wert von 0 entspricht dem “Hintergrundrisiko” (d.h. dem durchschnittlichen Einschlagsrisiko eines Objekts vergleichbarer Größe). Ein positiver Wert gibt also ein Risiko an, dass größer ist als das Hintergrundrisiko (die Skala läuft logarithmisch. P=1 entspricht also dem 10fachen Risko, P=2 dem 100fachen, usw). Ein negativer Wert zeigt ein geringeres Risko an (P=-2 entspricht einem Risiko von 1% des Hintergrundwertes). Im Allgemeinen werden alle Asteroiden mit Werten größer als P=-2 genauer beobachtet. Auf der Turiner-Skala entspricht das einem Wert von 1. D.h. das es sich um ein Objekt handelt, dass man zwar im Auge behalten sollte, dass aber erstmal keine allzu große Gefahr darstellt.
Wer sich die genauen Werte und Zahlen ansehen will, der kann das entweder bei der Sentry-Seite der NASA tun oder bei NEODyS. Aber auf jedenfall ist die Sache erstmal nicht so dramatisch wie sie vielleicht klingt.
Warum aber macht die Story um 1999 RQ36 jetzt gerade wieder die Runde in den Medien? “The Sun” schrieb gestern einen fröhlichen und optimistischen Artikel mit dem Titel “Asteroid could
raze London”:
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