bild der wissenschaft hat heute die Wissenschaftsbücher des Jahres 2010 gewählt. Darunter sind einige sehr interessante Titel – aber auch “Überraschendes” (höflich ausgedrückt).
In der Jury, die die besten 6 Bücher über Wissenschaft auswählen sollte, saßen jede Menge bekannte Journalisten und Autoren – u.a. auch Joachim Bublath oder Reto Schneider – aber irgendwie kaum Wissenschaftler. Naja ist ja auch ein Buchpreis und kein Wissenschaftspreis…
Zum “informativsten Buch” wurde “Die Steinzeit steckt uns in den Knochen” gewählt; von von Detlev Ganten, Thilo Spahl und Thomas Deichmann. Aus der Rezension bei bild der wissenschaft bin ich aber irgendwie nicht wirklich schlau geworden, worum es da nun geht. Orthopädie? Medizinischer Ratgeber? Die Rezensionen bei Amazon sind dann ein wenig aufschlußsreicher: es geht um “evolutionäre Medizin” – also die evolutionären Grundlagen vieler Krankheiten.
Das “originelleste” Buch war in den Augen der Jury das vor 100 Jahren erschienene Werk “Die Welt in 100 Jahren”. Und wer richtig mitgerechnet hat, wird gemerkt haben, dass diese “Welt in 100 Jahren” genau unsere heutige Welt ist. Ich kenne das Buch nicht – aber es klingt spannend mal nachzulesen, wie man sich 1910 so die Welt von heute vorgestellt hat.
Das “schönste Buch” der Jury findet sich auch auf einer anderen Liste wieder: meinem Weihnachtswunschzettel 😉 Denn ich lese ja gerne was über Chemie und da muss ich natürlich auch den (vermutlich) tollen Bildband Die Elemente von Theodore Gray haben.
In der Kategorie “Unterhaltung” wurde als “spannenstes Buch” der Krimi “Der Assistent der Sterne von Linus Reichlin ausgezeichnet. Ok -. ich steh jetzt persönlich nicht so extrem auf Krimis (es gibt Ausnahmen) – aber dieser Ex-Kommissar mit Physikleidenschaft klingt ganz interessant. Kennt das Buch jemand und kann es empfehlen?
Das “sachkundigste Jugendbuch” wurde “Seit wann ist die Erde rund?” von Guillaume Duprat . Und wie der Titel schon sagt, geht es um die verschiedenen Vorstellungen, die sich die Menschen im Laufe der Zeit von der Gestalt der Erde gemacht haben.
Ich muss zugeben: ich kenne bis jetzt kein einziges Buch von dieser prämierten Liste (das wird sich aber wohl bald ändern). Mit einer Ausnahme: das von der Jury als “das brisanteste Buch” ausgezeichnete Werk habe ich hier in meinem Blog auch schon mal rezensiert. Es handelt sich um Alexander Unzickers Beschimpfung der modernen Physik: “Vom Urknall zum Durchknall”. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was dieses Buch auf dieser Liste zu suchen hat. Weder ist es “brisant” noch enthält es “Zündstoff”. Das, was sich an berechtigter Kritik an der modernen Physik darin finden lässt, haben andere schon vor Unzicker geäußert. Zum Beispiel der Physiker Lee Smolin in seinem Buch “Die Zukunft der Physik”. Hier bringt Unzicker nichts Neues. Und das einzige “brisante” an diesem Buch ist die Tatsache, dass der Springer-Verlag diese Beschimpfungsorgie veröffentlicht hat. Aber anscheinend kommt es gut an, wenn man ein bisschen rumpöbelt (und anders kann man die “Kritik” in Unzickers Buch kaum bezeichnen) – denn Jury-Mitglied Jürgen Narkott (Redakteur bei National Geographic) fand das Buch super und freut sich darüber, dass die Wissenschaftler eins ausgewischt bekommen. Ohne allerdings viel Ahnung vom Thema zu haben – wie man an solchen Kommentaren sehen kann:
“Noch toller treiben es die Teilchenphysiker: Wenn ihre Formeln über den Aufbau der Materie nicht aufgehen, mutmaßt Unzicker, erfinden sie flugs eine neue Naturkonstante – frei nach dem Motto: „Da muss noch etwas sein, wenn es stimmen soll, also wird da auch etwas sein.” Unzicker hat 17 solcher Werte gezählt, die es seiner Überzeugung nach nur gibt, damit die Welt der Quanten-Esoteriker nicht kollabiert.”
Wenn man schon über das Standardmodell der Teilchenphysik schreibt, dann sollte man vielleicht auch eine vage Ahnung haben, wobei es sich darum handelt (und zu den “Quanten-Esoterikern” sage ich jetzt mal lieber nichts).
Naja – immerhin 5 der 6 Bücher klingen ganz spannend. Und das ein Buch in dem man sich hauptsächlich über Wissenschaftler lustig macht und ansonsten die gute alte Zeit der klassischen Physik vor 1905 – als alles noch nicht so kompliziert war – zurück haben will wundert einen dann auch fast nicht mehr. In Zeiten des immer weiter um sich greifenden wissenschaftlichen Analphabetismus ist das nur konsequent…
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