Wo kommt eigentlich das Gold her? Ich mein jetzt nicht die Schweiz, oder Fort Knox – sondern den wirklichen Ursprung. Aus dem All! Ok, wer ein wenig Ahnung von Astronomie hat, den wird das nicht überraschen. Wir wissen, dass beim Urknall nur die Elemente Wasserstoff und Helium (und ein wenig Lithium) entstanden sind; alles andere wurde dann später im Inneren der Sterne durch Kernfusion zusammengebastelt. Und die ganz schweren Elemente (schwerer als Eisen) entstanden bei den großen Energien, die Supernova-Explosionen freigesetzt haben. Das Gold verdanken wir also der Explosion großer Sterne!
Das an sich wäre schon ein faszinierende Geschichte – aber sie erklärt eines nicht: wir kommt das Gold dann auf unsere Erde?
Denn Gold gehört zu den sogenannten siderophilen Elementen. Das sind Elemente, die Eisen lieb haben und sich gerne mit ihm über metallische Bindungen verbinden. Und wenn man die Erde betrachtet, dann ist das Eisen vor allem an einem Ort zu finden: im Kern. Dieser gewaltige Eisenkern (er ist größer als der Mond!) entstand in der Frühzeit des Sonnensystems. Damals entstanden die Planeten als sich die unzähligen Planetesimale der sogenannten protoplanetaren Scheibe die die junge Sonne umgab miteinander kollidierten.
Dabei entstanden immer größere und größere Körper die dank der ständigen Kollisionen mehr oder weniger komplett aufgeschmolzen waren. Das schwere Eisen sank hier – gemeinsam mit seinen siderophilen Freunden (nicht nur Gold, sondern auch z.B. Iridium, Platin oder Molybdän) – ins Zentrum und bildete dort den Kern. Und als dann etwas später der gewaltige Crash zwischen Proto-Erde und dem etwa marsgroßen Protoplanet Theia alles nochmal aufschmolzen ist dabei nicht nur der Mond entstanden sondern es hätten eigentlich auch noch die restlichen siderophilen Elemente aus Mantel und Kruste in den Kern absinken sollen. Trotzdem finden wir immer noch jede Menge von ihnen – viel mehr als erwartet. Und zwar nicht nur auf der Erde sondern auch auf dem Mond und am Mars. Wie kommt das?
Eine mögliche Antwort bieten William Bottke und seine Kollegen in ihrer kürzlich bei Science erschienenen Arbeit: “Stochastic Late Accretion to Earth, the Moon, and Mars”. Denn wer sagt denn, dass nach der Theia-Kollision alles vorbei war, kollisionsmäßig? Es könnten ja auch danach noch – neben den vielen kleinen Asteroiden die wir ja sowieso immer wieder abkriegen – größere Brocken mit der Erde zusammengestoßen sein? Wenn die genau die richtige Größe haben, dann sind sie einerseits groß genug um in ihren Kernen selbst jede Menge siderophile Elemente angesammelt zu haben aber immer noch ausreichend klein dass ihre Kerne dann bei der Kollision nicht mit dem Erdkern verschmelzen. Die neuangekommenen Siderophilen würden sich also in Erkruste und – mantel anreichern: genau da, wo wir heute den Überschuss beobachten.
Eine elegante Theorie – und sie funktioniert! Bottke und seine Kollegen haben jede Menge numerische Simulationen durchgeführt und dabei gezeigt, dass sich die Daten am besten mit der Kollision einiger etwa Pluto-großer Himmelskörper erklären lassen (2500 bis 3000 km Durchmesser). Ok, numerische Simulationen sind erstmal nicht mehr als numerische Simulationen. Da kann man noch keine zwingenden Schlüsse über die Vergangenheit daraus ableiten. Aber die Ergebnisse von Bottke und Kollegen würde auch zu anderen Beobachtungen im Sonnensystem passen. Denn wenn die großen Dinger alle miteinander kollidieren, sind sie nachher nicht mehr da. Aus der Forderung, dass die Erde auch nach der ersten Phase der Planetenentstehung mit größeren Planetesimalen zusammengestossen ist ergeben sich also gewisse Grenzen was die Größenverteilung der heute bekannten Asteroiden (das sind ja gerade die übrig gebliebenen Planetesimale) angeht. Und das was man hier beobachtet stimmt gut mit den Berechnungen von Bottke et al. überein. Gleiches gilt für Aussagen über Größe und Alter von Kratern auf dem Mars. Auch hier sollten die Krater eines bestimmten Alters bestimmte Größen haben – und was man beobachtet passt gut zur Forderung eines Asteroidengürtels der früher von sehr großen Objekten dominiert wurde (Auch der größte bekannte Krater im Sonnensystem, das Südpol-Aitken-Becken auf dem Mond könnte ein Überbleibsel einer Kollision mit so einem riesigen Planetesimal sein).
Natürlich ist es immer knifflig, wenn man verbindliche Aussagen über katastrophale Ereignisse in der Vergangenheit machen will. Solche großen Zusammenstöße sind – verglichen mit der restlichen Geschichte des Sonnensystems – singuläre Ereignisse und es ist schwierig eindeutige Belege dafür zu finden. Aber wir lernen immer mehr über die Vergangenheit unseres Planetensystems und verstehen immer besser, wie alle Komponenten darin zusammenspielen. Ich bin also zuversichtlich, dass wir auch das Rätsel der Existenz des Goldes auf der Erde bald zufriedenstellend lösen werden!
Bottke, W., Walker, R., Day, J., Nesvorny, D., & Elkins-Tanton, L. (2010). Stochastic Late Accretion to Earth, the Moon, and Mars Science, 330 (6010), 1527-1530 DOI: 10.1126/science.1196874
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