Über die Entdeckung, dass der extrasolare Planet TrES-2b so dunkel ist wie kein anderer bisher bekannter Planet; so dunkel wie schwarze Acrylfarbe oder Kohle, hört man in den letzten Tagen ja viel in den Medien. Nicht so oft kann man allerdings lesen, wie man überhaupt herausfinden kann, wie hell oder dunkel ein hunderte Lichtjahre weit entfernter Planet ist. Es lohnt sich aber, die Geschichte ein bisschen näher zu betrachten.
Das Objekt um das es geht, ist TrES-2b. Er umkreist den sonnenähnlichen Stern TrES-2 der sich etwa 750 Lichtjahre von uns entfernt befindet. Der Planet selbst ist ein bisschen schwerer und größer als Jupiter und befindet sich enorm nahe an seinem Stern. Nur knapp 5 Millionen Kilometer trennen ihn und den Stern. Zum Vergleich: Die Erde ist 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt; der sonnennächste Planet Merkur immerhin noch 58 Millionen Kilometer. Entsprechend schnell rast TrES-2b auch um seinen Stern. Ein Jahr dort dauert gerade mal 2 Tage 11 Stunden und 17 Minuten. Besonders praktisch ist außerdem die Tatsache, dass TrES-2b und sein Stern von uns aus gesehen genau auf einer Linie liegen. Das bedeutet, dass der Planet alle 2 Tage 11 Stunden und 17 Minuten vor dem Stern vorüber zieht und dabei einen winzigen Teil seines Lichts blockiert.
Dadurch konnte TrES-2b im Jahr 2006 auch überhaupt entdeckt werden. Im Rahmen des Trans-Atlantic Exoplanet Survey – oder TrES – haben Wissenschaftler mit kleinen Teleskopen die am Lowell-Observatorium in Arizona, dem Palomar-Observatorium in San Diego und dem Observatorium auf den Kanarischen Inseln die Helligkeit vieler Sterne gemessen und probiert dabei welche zu finden, die in periodischen Abständen ein klein wenig dunkler werden. Beim Stern mit der Katalognummer GSC 03549-02811 A (im Sternbild Drache) wurden sie fündig. Aus den Verdunkelungen des Sterns konnten sie schließen, dass er von einem Planeten umkreist wird. Das ist schon ganz für sich allein eine tolle Entdeckung – man kann nie genug Exoplaneten kennen! Der TrES-2b genannte Planet war aber auch noch in anderer Hinsicht besonders: Er war der erste extrasolare Planet, der in dem Bereich des Himmels gefunden wurde, den drei Jahre später das Weltraumteleskop Kepler untersuchen sollte. Kepler macht im Prinzip genau das gleiche wie die Teleskope auf der Erde: Das Teleskop misst die Schwankungen in der Helligkeit der Sterne und probiert so extrasolare Planeten zu finden. Dank seiner Position im Weltall, weit weg von der störenden Erdatmosphäre, kann es das aber viel genauer tun.
Und es kann sich durchaus lohnen, auch bei einem System bei dem man schon einen Planeten entdeckt hat, nochmal genau hinzuschauen. Wenn der Planet bei seinem Durchgang vor dem Stern ein bisschen unpünktlich ist, dann kann das ein Hinweis auf weitere unbekannte Planeten im System sein. Es gibt aber noch mehr, was man aus den Helligkeitsmessungen lernen kann. Das Diagramm, in dem die Astronomen aufzeichnen, wie sich die Helligkeit eines Sterns im Lauf der Zeit ändert, nennt man Lichtkurve. Diese Lichtkurve zeigt aber nicht einfach nur eine gerade Linie mit einer Senke dort, wo der Planet bei seinem Durchgang gerade ein wenig Licht abblockt. Die Realität ist wie üblich komplizierter. Beim Umlauf eines Planeten um einen Stern kann man – aus Sicht des Beobachters der Lichtkurven messen will – drei besondere Phasen unterscheiden. Einmal die, die wir schon kennen: Der Planet steht vor dem Stern und blockiert ein wenig Licht. Ein halbes Planetenjahr später wird der Planet dann genau hinter dem Stern stehen. Im Rest der Zeit befindet er sich entweder links oder rechts vom Stern. Unsere Teleskope werden in dieser Zeit das meiste Licht empfangen. Denn wir messen dann nicht nur das komplette Licht, dass der Stern in unsere Richtung ausstrahlt sondern bekommen auch noch einen kleinen Betrag zusätzlich, den der links oder rechts stehende Planet in unsere Richtung reflektiert. Wenn der Planet hinter dem Stern steht, wird uns minimal weniger Licht erreichen – jetzt fehlt das reflektierte Licht. Das große Minimum in der Lichtkurve kriegen wir dann, wenn der Planet vor dem Stern steht. All das sieht man natürlich nur dann in der Lichtkurve, wenn das Teleskop ausreichend genau messen kann. Die Unterschiede in der Helligkeit sind hier enorm gering und liegen im Promillebereich. Kepler allerdings ist gut genug, um so etwas sehen zu können.
David Kippling und David Spiegel von den Universitäten in Cambridge und Princeton haben sich daher die Helligkeitsdaten von TrES-2 aus dem frei zugänglichen Kepler-Archiven geholt und sie nach allen Regeln der Datenauswertungskunst noch einmal neu analysiert. Sie waren auf der Suche nach einem ganz besonderen Effekt: Den Phasen von TrES-2b. Phasen kennen wir ja vor allem vom Mond. Je nachdem wie er im Verhältnis zu Sonne und Erde steht, ist er mal komplett beleuchtet, mal weniger und mal gar nicht. Was die Helligkeit angeht, macht das einen großen Unterschied. In einer klaren Vollmondnacht kann man ohne weiteres ohne zusätzliche Lichtquelle draußen spazieren gehen; bei Neumond oder Viertelmond ist es dazu ein wenig zu dunkel. Genau so ist es bei TrES-2b. Wenn er nicht gerade direkt vor oder hinter dem Stern steht, dann zeigt auch er Phasen. Die Menge an Licht, die er in unsere Richtung reflektiert ändert sich, je nachdem ob gerade “Voll-TrES-2b” ist oder “Halb-TrES-2b”. Dieser Effekt ist nun wirklich winzig und von der Erde aus nicht zu messen. Erst die Weltraumteleskope Kepler und das zwei Jahre zuvor gestartete CoRoT-Teleskop der europäischen Weltraumagentur machten es möglich. 2009 fand man erstmals beim Planet CoRoT-1b die Helligkeitsänderung die durch die Phasen des Planeten verursacht wurde. Sie betrug gerade Mal 126 ppm (part per million) bzw 0.0126 Prozent was aber für diesen Effekt immer noch vergleichsweise viel ist! Andere bis heute gemessen durch Phasen verursachte Helligkeitsänderungen machen zum Beispiel nur 0.004 Prozent aus (Kepler 7b). TrES-2b ist noch mal eine Stufe schwerer zu messen. Kippling und Spiegel fanden bei ihren Analysen eine Helligkeitsänderung von nur 6.5 ppm bzw. 0.00065 Prozent!
Warum nur so wenig? Es ist natürlich klar, dass nicht jeder Planet gleich viel Licht reflektiert. Ein komplett mit Eis bedeckter Himmelskörper wird mehr Licht reflektieren als einer, der unter einen dicken Staubschicht liegt. Man kann sich nun also überlegen, wieviel Licht ein Planet von der Größe TrES-2bs reflektieren müsste wenn er z.B. komplett aus Eis wäre und das mit dem vergleichen, was man tatsächlich misst. Die Fähigkeit eines Himmelskörpers, Licht zu reflektieren, nennt man “Albedo”. Genaugenommen müsste man eigentlich immer angeben, welche Art der Albedo man meint – da gibt es nämlich verschiedene. Einerseits die sphärische Albedo (bzw. Bondsche Albedo). Sie ist das Verhältnis des von einer Kugeloberfläche in alle Richtungen reflektierten Lichts zu der auf den Kugelquerschnitt einfallenden Strahlung. Dann gibt es noch die geometrische Albedo bei der das Licht, das von einem Objekt zum Beobachter reflektiert wird, mit dem einer gleich großen weißen Scheibe verglichen wird. Die Werte für die verschiedene Albedos können durchaus unterschiedlich sein, wenn man genau sein will, muss man also dazu sagen, von welcher Albedo man spricht. Spiegel und Kippling haben die geometrische Albedo von TrES-2b bestimmt und herausgefunden, dass sie 0.025 beträgt. Das bedeutet, dass TrES-2b nur 2.5 Prozent des Lichts reflektiert, dass vom Stern auf ihn fällt. Zum Vergleich: Bei Jupiter sind es 52 Prozent, bei der Erde 37 Prozent. Würde TrES-2b komplett aus der überall erwähnten Kohle bestehen, dann würde er immer 3 bis 5 Prozent des einfallenden Lichts reflektieren. Es muss sich also tatsächlich um einen sehr dunklen Planeten handeln…
Warum das so ist, weiß man noch nicht. Dazu müsste man erst herausfinden, woraus seine Atmosphäre besteht. Vielleicht gibt es dort viele stark absorbierende Elemente wie zum Beispiel Natrium oder Kalium. Man darf aber auch nicht vergessen, dass es sich hier um Messungen bzw. Datenauswertung am Limit des Machbaren handelt. Vielleicht ist TrES-2b auch ein ganz normaler Planet und die geringe Albedo nur ein Messfehler der bei weiteren Beobachtungen verschwindet? Vielleicht ist TrES-2b aber auch wirklich der bisher dunkelste bekannte Himmelskörper? Auf jeden Fall ist er spannender Planet! Was ich natürlich schon vor Jahren gewusst und deswegen eine Arbeit über ihn publiziert habe 😉
David M. Kipping, & David S. Spiegel (2011). Detection of visible light from the darkest world MNRAS arXiv: 1108.2297v1
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