Dieses Thema wird sich in den nächsten Tagen wohl kaum vermeiden lassen. Am Sonntag jähren sich die Anschläge auf das World Trade Center vom 11. September 2001 zum 10. Mal. Die politischen Analysen überlasse ich den Kolleginnen und Kollegen; ich hab eigentlich gar nicht vor, mich mit diesem Thema zu beschäftigen sondern möchte nur eine kurze Beobachtung teilen.
Natürlich gibt es auch im großen Buchladen hier in Jena eine eigene 9/11-Ecke. So sieht sie aus:
Ok, dass es viele Bücher zu 9/11 gibt, ist nicht wahnsinnig verwunderlich. Aber etwas überrascht hat es mich schon, dass von den 8 Büchern die hier prominent aufgestellt sind (das von Guido Knopp hab ich mal weggelassen, da geht es eher generell um den Islam und den Heiligen Krieg und nicht spezielle um 9/11) die Hälfte eine verschwörungstheoretische Sicht auf die Anschläge präsentieren. Matthias Bröckers, Christian Walther, Jesse Ventura, Dick Russel, Andreas von Bülow und natürlich Gerhard Wisnewski (der glaubt ja sowieso jede Verschwörungstheorie) sind anscheinend der Meinung, 9/11 war kein Anschlag von Terroristen sondern eine Geheimaktion der amerikanischen Regierung. Dafür gibts natürlich keine Belege, aber ein Mangel an Beweisen hat Verschwörungstheoretiker noch nie davon abgehalten, große Behauptungen aufzustellen.
Ich weiß natürlich, dass Verschwörungstheorien eine enorme Faszination auf die Menschen ausüben und insofern ist es nicht verwunderlich, wenn andere diese Faszination nutzen um Bücher darüber zu schreiben und zu verkaufen. Aber diese Menge an prominenter “9/11 war ein Inside-Job”-Literatur war für mich dann doch etwas unerwartet (Normalerweise beschäftige ich mich ja eher mit den astronomischen Verschwörungstheorien; 9/11 hab ich bis jetzt weitesgehend ignoriert). Was ist es, dass die Leute so spannend finden an einer Verschwörung, dass sie so bereitwillig daran glauben? Die Tatsache, dass man sich als Verschwörungsanhänger als Teil einer kleinen, wissenden Elite fühlen kann die sich von der “dummen Masse” abgrenzt? Oder der Wunsch nach einer Welt, die anders ist, als die “langweilige” Alltagswelt? Der Versuch, sich selbst wichtiger zu machen als man ist, indem man unglaubliche Behauptungen aufstellt und verbreitet? Die Suche nach einfachen Lösungen (“SIE waren es!”) in einer Welt, die eben manchmal komplex und voller Graustufen ist? Ein falsches Verständnis von “kritischen Denken” dass sich darin äußert, dass man alles fundamental ablehnt, was offizielle Stellen und Wissenschaftler äußern? Ich weiß es nicht, aber ich bin sicher, dass so etwas von Soziologen, Psychologen o.Ä. schon erforscht wurde – vielleicht kennt ja jemand die für 9/11 relevanten Ergebnisse und kann sie in den Kommentaren zusammenfassen?
Natürlich führt einen so etwas auch ein wenig in Versuchung 😉 Wenn sich mit Verschwörungsphantastik so leicht Geld verdienen lässt, könnte man das ja auch selbst mal ausprobieren. Ich muss mir ja sowieso gerade nen neuen Job suchen; warum werde ich nicht Verschwörungstheoretiker? Titel wie “Die NASA-Verschwörung: Wie die Astronomen uns seit Jahrzehnten für dumm verkaufen!” oder “Und sie dreht sich nicht! Warum das heliozentrische Weltbild und die moderne Astronomie eine Lüge ist – ein Insider packt aus!” könnten sich doch gut verkaufen… 😉
Nachtrag: Welt Online hat ein nettes Video zum Thema.
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