Als unser Universum vor etwa 13.7 Milliarden Jahren entstand, gab es darin noch keine Sterne. Es gab nur ein paar Atome und auch von denen nur zwei Sorten: Wasserstoff und Helium. Erst als es dann endlich Sterne gab, konnten die den Rest der Elemente im Zuge der Kernfusion in ihrem Inneren erzeugen. Es gab aber noch etwas, dass nach dem Urknall entstand: Dunkle Materie. Von ihr war viel mehr da als von der normalen Materie und sie bildete große Wolken. Ihre Gravitationskraft zog nun den Wasserstoff und das Helium an. Die Elemente sammelten sich im inneren der Wolken und – so lautet zumindest die Hypothese – konnten dort die ersten Sterne bilden. Sie unterschieden sich aber ein wenig von den normalen Sternen die wir heute kennen. Es handelte sich um Dunkle Sterne!
Diese Sterne heißen nicht deswegen “Dunkel”, weil sie so schwach leuchten – ganz im Gegenteil, sie sind sogar sehr hell. Man nennt sie “Dunkle Sterne”, weil sie ihre Energie nicht der Kernfusion verdanken, sondern der Dunklen Materie. Auch Dunkle Sterne bestehen zwar hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium, sie enthalten aber auch etwa ein Prozent Dunkle Materie. Wenn die Dunkle Materie aus noch bisher unbekannten Elementarteilchen, den WIMPs (Weakly Interactiving Massive Particle) besteht, dann werden diese Teilchen im Inneren des Sterns zusammenstoßen und – da WIMPs ihre eigenen Antiteilchen sind – sich dabei auslöschen und Energie erzeugen.
Normale Sterne wie unsere Sonne erzeugen ihre Energie durch Kernfusion, d.h. die Umwandlung von Wasserstoff in Helium (obwohl auch sie kleine Mengen dunkler Materie enthalten können). Ein Dunkler Stern enthält aber vergleichsweise viel dunkle Materie und sie ist, die durch Kollisionen in seinem Kern die Energie erzeugt, die ihn strahlen lässt.
Ein typischer Dunkler Stern hat etwa die gleiche Masse wie unsere Sonne, ist aber wesentlich größer. Würde man einen davon in unser Sonnensystem setzen, dann würde er den gesamten Raum innerhalb der Bahn des Saturns ausfüllen! Dabei ist er trotz seiner Größe relativ kühl, an der Oberfläche hat er nur etwa 10000 Kelvin (zum Vergleich: bei der kleinen Sonne sind es etwa 6000 Kelvin, bei großen normalen Sternen – die aber immer noch viel kleiner sind als die dunklen Sternen – können es bis 50000 K sein). Der Dunkle Stern ist immer noch in eine große Wolke eingebettet, die nicht nur dunkle Materie enthält sondern auch ganz normale. Die kann er sich nun einverleiben und dabei wachsen. Je nachdem wie die Eigenschaften der Wolke aussehen, wächst er mehr oder weniger (oder vielleicht auch gar nicht). Wenn er aber wächst, dann kann er enorm groß werden. Dann ist er am Ende ein Supermassereicher Dunkler Stern (SMDS). Ihre Masse kann Millionenmal größer sein als die der Sonne. Der Supermassreiche Dunkle Stern leuchtet jetzt wahnsinnig hell – so hell, dass er vielleicht sogar von uns beobachtet werden kann…
Es ist schwierig, Dinge zu beobachten, die so kurz nach dem Urknall geschehen sind. In der Astronomie schaut man ja immer in die Vergangenheit – je weiter weg etwas ist, desto länger braucht das Licht bis zu uns und desto älter ist der Anblick. Um Dunkle Sterne sehen zu können, müssen wir aber wirklich weit (und weit zurück) schauen und das ist knifflig. Cosmin Ilie von der Universität Michigan und seine Kollegen haben sich einmal genau angesehen, mit welchen Geräten das möglich wäre. Ihre Arbeit trägt den Titel “Observing Dark Stars with JWST” und der zeigt schon, worauf sie sich konzentriert haben: Das James Web Space Telescope (JWST). Das JWST existiert noch nicht, aber es soll ein richtig großes Weltraumteleskop werden. Leider kostet das Geld und die Finanzierung des JWST steht seit einiger Zeit auf sehr wackligen Beinen (dabei hat man es schon zu drei Vierteln fertig gebaut…). Aber in der Hoffnung, dass dieses Teleskop doch irgendwann ins All fliegen wird, haben Ilie und seine Kollegen nachgesehen, zu was das JWST in der Lage wäre.
Will man wissen, wie viele Dunkle Sterne das JWST sehen könnte, muss man natürlich erstmal wissen, wieviele davon vorhanden sind. Deshalb haben die Astronomen erstmal ausführliche Computersimulationen durchgeführt die zeigen sollen, wie viele Dunkle Sterne unter den verschiedensten Bedingungen entstehen können. Die Anzahl zu bestimmen ist aber nur ein Aspekt bei der Suche – man muss auch wissen, wie man die Dunklen Sterne von ganz normalen Sternen unterscheiden kann. Ein sehr wichtiges Merkmal ist hier die Temperatur. Normale Sterne sind viel heißer als Dunkle Sterne. Die allerersten normalen Sterne können Oberflächentemperaturen bis zu 50000 Kelvin haben, also deutlich mehr als die kühlen Dunklen Sterne. Auch am Ende ihres Lebens unterscheiden sich die beiden Arten von Sternen: Wenn ein Supermassereicher Dunkler Stern keine dunkle Materie mehr hat, die im Energie liefert, kollabiert er und die ganz normale Kernfusion setzt ein. Weil er aber supermassereich ist, läuft diese Kernfusion viel schneller ab, als es normalerweise der Fall wäre und nach kurzer Zeit wird er zu einem schwarzen Loch mit einigen zehntausend Sonnenmassen (Das könnten auch die Vorläufer der supermassereichen schwarzen Löcher sein, die man ihn den Zentren aller großen Galaxien beobachtet und deren Entstehung immer noch nicht ganz geklärt ist). Die normale Sterne aus der Frühzeit des Universums dagegen verbrennen langsamer und am Ende ihres Lebens vergehen sie komplett in gewaltigen Supernovaexplosionen.
Neben der Temperatur ist auch die chemische Zusammensetzung der Dunklen Sterne ein wichtiges Erkennungsmerkmal. Da sie die allerersten Sterne sind und ihre Energie durch die Annihilation von dunkler Materie beziehen und nicht durch Kernfusion (die neue Elemente erzeugen würde), bestehen sie nur aus Helium und Wasserstoff. Eine Spektralanalyse würde also auch nur Spektrallinien dieser beiden Elemente zeigen.
Berücksichtigt man die Fähigkeiten des JWST und seiner geplanten Instrumente und die verschiedenen Entstehungsraten Dunkler Sterne (die von den möglichen Eigenschaften der ursprünglichen Gaswolken abhängen), dann kommen Ilie und seine Kollegen zu dem Schluss, dass das Weltraumteleskop mindestens einen und maximal 444750 Dunkle Sterne entdecken kann. Das sind aber die jeweils unwahrscheinlichen Extremwerte, viel wahrscheinlicher ist es, dass JWST ein paar Dutzend bis Tausend Dunkler Sterne findet. Natürlich sind hier noch jede Menge “Wenns” im Spiel. Wenn sich dunkle Materie so verhält wie wir es annehmen und wenn Dunkle Sterne tatsächlich so entstehen wie vermutet und wenn sie die Eigenschaften haben, die angenommen wurden und wenn doch noch genug Geld für das JWST aufgetrieben wird und wenn es dann auch noch wie geplant funktioniert – dann wird es die Dunklen Sterne finden. Aber zumindest was das letzte “wenn” angeht, wollen Ilie et al. Abhilfe schaffen. Sie wollen als nächstes untersuchen, ob die schon existierenden Weltraumteleskope wie Spitzer oder Herschel in der Lage wären, die Dunklen Sterne zu finden und wie man sie in diesen Instrumenten erkennen könnte. Mal sehen, vielleicht sind die Astronomen ja doch die ersten, die die Natur der dunklen Materie entdecken und gewinnen das Rennen gegen die Teilchenphysiker 😉
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