Mit dem “ersten Licht”, dem “First Light” bezeichnen Astronomen den Moment, bei dem das erste Mal Sternenlicht auf den Spiegel eines neuen Teleskops fällt. Es ist aber auch der Titel eines Buches des Wissenschaftsjournalisten Richard Preston und ihr müsst es unbedingt lesen!
“First Light: The Search for the Edge of the Universe” (deutsch: “Das Erste Licht. Auf der Suche nach der Unendlichkeit”) ist zwar in der Erstausgabe schon 1987 erschienen, ich habe es aber erst kürzlich entdeckt und bin absolut begeistert!
Die Handlung des Buchs findet auf dem Mount Palomar statt. Auf diesem 1706 Meter hohen Berg in Kalifornien befindet sich das Palomar Observatorium des California Institute of Technology. In dieser Sternwarte steht das gewaltige Hale-Teleskop. Es wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebaut (als es noch cool war, große Sternwarten zu bauen) und war mit seinem fünf Meter durchmessenden Spiegel zwischen 1947 und 1975 das größte Teleskop der Welt! Das “große Auge” steht im Mittelpunkt der Handlung. Preston hat dort gemeinsam mit den Astronomen die Nächte verbracht und ihre Unterhaltungen teilweise Wort für Wort dokumentiert und sich sogar nach ihren Gedanken erkundigt. So entstand ein Buch, dass sich streckenweise wie ein echter Roman wirkt, das aber – das versichert Preston im Vorwort nochmal extra – trotzdem bei allen Aussagen und Gedanken der Astronomen absolut den Tatsachen entspricht.
Zuerst begleitet Preston die Astronomen Maarten Schmidt, Donald Schneider und James Gunn bei ihrer Suche nach weit entfernten Quasare. 1986 wusste man noch nicht wirklich viel über diese seltsamen Objekte die im Teleskop wie Sterne aussahen, aber unvorstellbar weit entfernt sind und mehr Licht abstrahlen, als ganze Galaxien. Maarten Schmidt hatte erst 1963 entdeckt, dass es sich um extragalaktische Objekte handeln muss und keine Sterne und nun war man auch der Suche nach möglichst weit entfernten Quasaren. Dazu musste die Kamera des Hale-Teleskops umgebaut werden. Das erledigte James Gunn, ein Kosmologe und Bastler, der seine Geräte im wesentlichen aus Elektroschrott und anderen billigen Bauteilen zusammenschraubt (das galt nicht für die Wide Field and Planetary Camera des Hubble-Weltraumteleskops, die er zwar mit entworfen hatte, aber dann doch nicht selbst aus Schrottteilen bauen durfte 😉 ). Preston hat sich auch auf den kleineren Teleskopen am Mount Palomar umgesehen, dort, wo das berühmte Astronomenpaar Eugene und Carolyn Shoemaker ihrer Arbeit nachgehen. Gene Shoemaker ist eigentlich Geologe, war aber maßgeblich daran beteiligt herauszufinden, dass Asteroiden regelmäßig auf der Erde einschlagen und die vielen Krater nicht alle von Vulkanen stammen. Gemeinsam mit seiner Frau hat er sich dann auf die Suche nach bisher unbekannten Asteroiden gemacht. Preston beschreibt ihre Suche nach Trojanern. Von dieser speziellen Asteroidengruppe kannte man damals erst eine Handvoll, aber Shoemaker war überzeugt, dass es viel mehr geben muss, hunderttausende! (Heute wissen wir, dass er damit recht hatte).
Als Sachbuch über Quasare und Asteroiden ist das Buch vielleicht eher dürftig (obwohl man trotzdem noch einige interessante Fakten erfährt). Als Geschichte über den Bau eines der größten Teleskope der Welt ist es sehr gut! Aber die wirkliche Stärke des Buches liegt in den Geschichten der Astronomen bzw. die Geschichten über die Astronomen. Preston erzählt ihre individuellen Wege zur Astronomie. Er erzählt, wie der ehemalige Friseur Juan Carrasco zum leitenden Nachtassistent am Mount Palomar wurde (und warum Sternwarten überhaupt Nachtassistenten brauchen) oder wie der Wunsch, der erste Mensch am Mond zu sehen, den Anstoß für die Karriere von Gene Shoemaker bildete (der es übrigens tatsächlich fast geschafft hätte, Astronaut im Apollo-Programm zu werden). Man bekommt einen wunderbaren Einblick in den astronomischen Alltag, darüber wie anstrengend es ist, die Nächte in kalten Sternwartekuppeln zu verbringen, sich mit Wetter und Technik herumzuärgern und wie schön es sein kann, laut Musik im Dunkeln zu hören und dabei die Sterne zu betrachten. Ich habe bis jetzt noch kein Buch über Astronomie gelesen, dass sich so intensiv mit den Astronomen selbst beschäftigt hat. Preston hat sie wirklich genau beobachtet und keine Hemmungen, diese Beobachtungen ebenso genau ins Buch zu übernehmen. Ich kann “Das Erste Licht” nur absolut empfehlen!
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