Der nahe Vorbeiflug des Asteroiden 2005 YU55 war zwar für die Wissenschaft ein sehr spektakuläres Ereignis, ansonsten aber völlig ungefährlich. Trotzdem gab es im Zuge der Ereignisse immer wieder die Frage, was man denn machen würde, wenn einmal tatsächlich ein Asteroid auf Kollisionskurs entdeckt werden sollte. Dieses Thema habe ich in einer fünfteiligen Serie hier im Blog detailliert abgehandelt (Asteroidenabwehr: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5). Ich dachte mir, dass es aber nicht schaden kann, noch einmal eine Kurzversion der Artikel zu verfassen. Und wenn es aber jemanden gibt, der Dinge wirklich gut erklären kann, dann ist das Neil DeGrasse Tyson (der hier im Blog ja immer wieder auftaucht – er ist einfach genial!) – deswegen möchte ich euch zuerst dieses kurze Video von ihm zeigen:
Ja, entgegen dem was man aus Hollywoodfilmen so lernt, macht es nicht wirklich viel Sinn, einen gefährlichen Asteroiden zerstören zu wollen. Es ist egal, ob man ihn aus der Ferne mit Atomraketen beschießt oder Bruce Willis hin schickt, damit er die Dinger dort verbuddelt. Am Ende hat man anstatt eines großen Asteroiden mehrere Bruchstücke, die immer noch auf Kollisionskurs mit der Erde sind. Wenn man sich nicht wirklich sicher ist, dass man das ganze Ding in winzige Bruchstücke zerlegen kann, dann sollte man so etwas lieber bleiben lassen.
Viel praktischer ist es, einfach dafür zu sorgen, dass die Kollision gar nicht erst stattfindet. Einen Zusammenstoß gibt es, wenn sich Erde und Asteroid beide zur gleichen Zeit am gleichen Ort befinden. Wenn man den Asteroid ein wenig bremsen oder beschleunigen könnte, dann würde er zu früh oder zu spät kommen und es gäbe keine Kollision. Die Erde bewegt sich mit knapp 30 Kilometern pro Sekunden durch das All. Sie hat einen Durchmesser von 12735 Kilometer. Nach 7 Minuten und 4 Sekunden hat die Erde genau 12735 Kilometer zurückgelegt, sich also um eine Strecke von ihrem usprünglichen Ort entfernt, der genau ihrem Durchmesser entspricht. Wenn man den Asteroid so beschleunigen bzw. bremsen kann, dass er 7 Minuten zu früh oder zu spät kommt, dann findet die Kollision nicht statt (gut, wahrscheinlich ist es besser, ein Sicherheitspolster einzuplanen und den Abstand zwischen Erde und Asteroid etwas zu vergrößern). Um die Geschwindigkeit eines kleinen Himmelskörpers entsprechend zu ändern, gibt es viele Möglichkeiten. Man kann einfach irgendwas auf ihn drauf schmeißen. Wissenschaftlich korrekt nennt sich das “kinetischer Impakt”. Solange es schön schwer ist, reicht es vielleicht aus, um die Bahn stark genug zu ändern. Man könnte einfach ein Raketentriebwerk auf dem Asteroid montieren. Dann muss man aber auch Treibstoff dorthin transportieren und das ist aufwendig und teuer. Besser, man benutzt Sonnenenergie oder gleich den Strahlungsdruck und Sonnensegel. Oder man nutzt die asymmetrische Wärmeabstrahlung (der Jarkowski-Effekt) um eine kleine Kraft zu erzeugen. Hier können die Fans der Atomrakete dann auch wieder mitmachen. Man könnte zum Beispiel eine Atombombe in der Nähe des Asteroiden explodieren lassen. Durch die Strahlung und Energie die frei wird, heizt sich eine Seite stark auf und man bekommt eine entsprechende Kraft durch den wirkenden Strahlungsdruck bzw. den Jarkowski-Effekt.
Am elegantesten ist aber sicher die Methode, die auch Tyson vorstellt. Man fliegt zum Asteroiden und tut nichts. Aber die Gravitationskraft die zwischen Raumschiff und Asteroid wirkt, reicht aus, um ihn ein klein wenig zu beschleunigen bzw. zu bremsen. Gut, dass lässt sich schlecht als Hollywood-Actionfilm umsetzen (obwohl sich daraus sicher ein schöner, absurder Independent-Film machen lassen würde), hat aber den Vorteil das es tatsächlich funktionieren würde. Man muss nur früh genug damit anfangen, dann reicht auch eine kleine Änderung der Bahn. Das wichtigste bei der Asteroidenabwehr ist es also, die Asteroiden möglichst früh zu entdecken. Wenn wir Angst vor Asteroideneinschlägen haben und uns bestmöglich darauf vorbereiten wollen, dann sollten wir nicht in Atombomben investieren sondern in Teleskope und Astronomen!
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