Die Entdeckung des eventuell erdähnlichen Planeten Kepler 22b hat in den letzten Tagen für einige Aufregung gesorgt. Für einige Leute sogar zu viel Aufregung, sie sind der Meinung, dass Kepler 22b nicht sooo besonders ist, wie getan wird (ein Thema, das auch auf meiner Facebook-Seite diskutiert wird). Es stimmt: Kepler 22b ist nicht der erste kleine Planet, den man gefunden hat. Er ist auch nicht der erste Planet in der habitablen Zone seines Sterns. Er ist auch nicht der erste Planet, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Aber er ist ein Planet, der klein und potentiell erdähnlich und in der habitablen Zone ist und einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Das Kepler-Team hätte deutlicher darauf hinweisen müssen, dass man noch keine genaue Masse des Planeten kennt. Er ist mit ziemlicher Sicherheit keine “zweite Erde” – aber ein deutlicher Hinweis, dass man auf dem richtigen Weg ist und dass die Technik nun so weit ist, wirklich erdähnliche Exoplaneten zu finden. Klar, die Kepler-Mission muss gerade darum kämpfen, ihr Projekt auch für die Zukunft weiter finanziert zu bekommen. Und da will man aus so einer Entdeckung natürlich PR-mäßig alles rausholen, was nur geht. Man kann der NASA sicherlich vorwerfen, es mit der PR manchmal zu übertreiben. Aber immerhin macht sie Öffentlichkeitsarbeit. Das ist etwas, das man in Europa noch nicht so richtig gelernt hat. Das Weltraumteleskop CoRoT, das so wie Kepler auf Exoplanetensuchen ist und ebenfalls schon einige schöne Entdeckungen gemacht hat (die zum Beispiel, könnte sicherlich auch schon hunderte Planetenkandidaten präsentieren. Aber das tut man dort nicht, man geht nur mit den wenigen bestätigten Fällen an die Öffentlichkeit. Und so wie auch bei den bodengebundenen Observatorien die auf Planetensuche gehen, fehlt hier ein in sich stimmiges PR-Konzept (CoRoT hat nichtmal eine vernünftige Homepage). Auch wenn es den beteiligten Wissenschaftlern manchmal missfällt sind es deswegen eben meist die NASA- bzw. amerikanischen Entdeckungen, die die meisten Aufmerksamkeit der Medien bekommen. Das heißt nicht, dass in Europa keine spannende Wissenschaft gemacht wird. Sie findet eben nur in den Fachzeitschriften statt und da die von den Journalisten selten gelesen werden, schaffen sie es seltener in die normalen Medien. Eine dieser Arbeiten trägt den Titel “The HARPS search for Earth-like planets in the habitable zone. I. Very low-mass planets around HD 20794, HD 85512, and HD 192310”.

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HARPS, in seinem Vakuumtank (Bild: ESO)

HARPS steht für High Accuracy Radial velocity Planet Searcher, es handelt sich um ein Gerät, dass am 3,6-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte am La-Silla-Observatorium in Chile montiert ist. Es ist ein Spektrograph, also ein Gerät, mit dem sich Licht in seine Zusammensetzung aufspalten lässt. Man kann damit messen, wieviel Licht ein Stern bei bestimmten Wellenlängen aussendet. Vor allem aber kann man damit Spektrallinien detektieren. Normalerweise macht man das, weil die einem sagen, aus welchen Elementen ein Stern besteht. Das HARPS-Team nutzt sie aber, um extrasolare Planeten zu entdecken. Planeten um andere Sterne sind so gut wie immer zu klein und zu weit weg, um direkt gesehen zu werden. Man kann sie nur indirekt beobachten. Kepler 22b wurde mit der indirekten Transitmethode gefunden. Dabei analysiert man das Licht eines Sterns und sieht nach, ob er in regelmäßigen Abständen ein wenig dunkler wird. Das ist ein Zeichen dafür, dass er von einem Planeten umkreist wird, der immer wieder ein wenig Licht des Sterns abblockt. Ein Planet verdunkelt seinen Stern aber nicht nur, er bringt ihn auch ein klein wenig zum wackeln. Denn jeder Planet übt auch ein bisschen Gravitationskraft auf den Stern aus, den er umkreist. Das führt dazu, dass der Stern ein bisschen wackelt und sich – von der Erde aus gesehen – mal eine Winzigkeit auf uns zu bewegt und dann wieder ein bisschen von uns entfernt. Diese Bewegung spiegelt sich in den Spektrallinien wieder.

Jeder wird schonmal vom Dopplereffekt gehört haben. Wenn ein bewegtes Objekt (zum Beispiel ein Krankenwagen) Schallwellen aussendet, dann werden die Wellen zusammengepresst, wenn sich uns das Objekt nähert und auseinandergezogen, wenn es sich entfernt. Dadurch ändert sich die Tonhöhe und es entsteht das typische Geräusch eines vorbeifahrenden Einsatzfahrzeuges. Mit Licht funktioniert das genauso. Wenn der Stern sich auf uns zu bewegt, wird sein Licht ein klein wenig zu blauen Wellenlängen hin verschoben, wenn er sich entfernt, dann verschiebt sich alles zum roten Bereich. Diese Verschiebung kann man anhand der Spektrallinien messen. Mit dieser “Radialgeschwindigkeitsmethode” wurden bisher die meisten der bekannten extrasolaren Planeten entdeckt und HARPS gehört dabei zu den erfolgreichsten Instrumenten. Geleitet wird das HARPS-Team von Michel Mayor und Didier Queloz, die 1995 den ersten extrasolaren Planeten entdeckt hatten. 16 Jahre später ist die Genauigkeit der Radialgeschwindigkeitsmessungen so gestiegen, dass es möglich ist, auch kleine, potentiell erdähnliche Planeten zu entdecken. Genau an diese Aufgabe hat sich das HARPS-Team nun gewagt.

Francesco Pepe vom Schweizer Observatoire de Genève, der Hauptautor des Artikels und seine Kollegen haben es sich dabei extra schwer gemacht. Für ihre Beobachtungen haben sie sich zehn Sterne ausgesucht, deren Entfernung zur Erde relativ gering war – höchstens 10 Parsec bzw. 32,6 Lichtjahre. Und bei allen Sternen wusste man schon vorher, dass es dort keine großen Radialgeschwindigkeitsvariationen gab, also auch keine großen Planeten. Genau das Gegenteil also von dem, was man sich normalerweise als Ziel für eine Beobachtungskampagne auswählen würde. All diese Sterne wurden trotzdem jahrelang beobachtet und am Ende wurden die Astronomen bei drei von ihnen fündig. Der Stern HD 20794 wird von gleich drei Planeten umkreist. Bei ihnen handelt es sich um “Supererden”. Das sind Planeten wie Kepler-22b, die ein wenig schwerer sind als unsere Erde. Der leichteste der drei Planeten hat das 2,4fache der Erdmasse, der zweite das 2,7fache und der dritte das 4,8fache der Erdmasse. Bei diesen Werten handelt es sich allerdings um Minimummassen. Die Radialgeschwindigkeitsmethode kann die Massen nicht exakt bestimmen. Dazu müsste man wissen, unter welchem Winkel man von der Erde aus gesehen auf das extrasolare Planetensystem blickt und das lässt sich nicht so einfach herausfinden. Aber selbst wenn die drei Planeten in ihrer Zusammensetzung der Erde ähneln, erdähnliche Bedingungen würde es dort nicht geben. Dafür sind sie ihrem Stern zu nahe und die Temperaturen sind zu hoch.

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Künstlerische Darstellung von HD 885512b. Die Chance das er tatsächlich so sehr der Erde ähnelt ist aber gering (Bild: ESO/M. Kornmesser)

Besser sieht es bei dem Planeten um HD 85512b aus. Der hat eine Minimummasse von 3,6 Erdmassen und die Temperatur dort könnte um die 25 Grad Celsius betragen. Natürlich ist die Chance gering, dass der Planet wirklich der Erde ähnelt. Viel eher ist seine Masse deutlich größer und der Planet ein Gasriese vergleichbar mit Neptun oder Uranus. Wenn er aber Monde hat, könnten dort die Bedingungen eventuell passend sein.

Schließlich fanden Pepe und seine Kollegen noch zwei Planeten um den Stern HD 192310. Die sind deutlich schwerer als die Erde, mit jeweils 16,9 und 24 Erdmassen. Die Ergebnisse sind aber trotzdem interessant: Obwohl man sich Sterne ausgesucht hat, die eigentlich nicht gut für die Exoplanetensuche geeignet waren, hat man doch bei 3 der 10 Sterne Planeten mit vergleichsweise geringer Masse gefunden. Natürlich sind 10 Objekte nicht ausreichend für eine gute Statistik, aber eine Quote von 30% erdähnlicher Planeten stimmt in etwa mit den Ergebnissen anderer Beobachtungen überein. Es ist mittlerweile überdeutlich: Unsere Erde ist aller Wahrscheinlichkeit nach kein besonderer Ort im Universum. Auch andere Sterne haben erdähnliche Planeten. Bisher waren unsere Instrumente nicht gut genug, um sie zu entdecken. Aber HARPS, Kepler, CoRoT und all die anderen sind mittlerweile in der Lage, auch die kleinen Planeten zu finden. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir auch einen entdecken, den man mit Recht “zweite Erde” nennen kann.


Pepe, F., Lovis, C., Ségransan, D., Benz, W., Bouchy, F., Dumusque, X., Mayor, M., Queloz, D., Santos, N., & Udry, S. (2011). The HARPS search for Earth-like planets in the habitable zone Astronomy & Astrophysics, 534 DOI: 10.1051/0004-6361/201117055

Kommentare (37)

  1. #1 emteg
    7. Dezember 2011

    Wird Licht nicht dann ins rote verschoben, wenn sich ein Objekt vom Betrachter entfernt? Im Text steht es anders herum.

  2. #2 Florian Freistetter
    7. Dezember 2011

    @emteg: Danke!

  3. #3 David Gruber
    7. Dezember 2011

    Dies ist die wahrscheinlich bessere CoRoT Seite https://smsc.cnes.fr/COROT/

  4. #4 Starfly
    7. Dezember 2011

    Was genau bedeuten die 30% im Text? Dass 30% aller Sonnen einen potentiell erdähnlichen Planeten haben? Oder 30% der bisher entdeckten Planeten sind erdähnlich?

  5. #5 Chris S
    7. Dezember 2011

    Hmmm also wenn es wirklich wie eine 2. erde geben sollte, dann sind wir nicht allein! Wenn es dort wasser an der oberfläche gibt, Pflanzen und Land wird es auf jeden fall leben auf diesen Planteten geben

  6. #6 Theres
    7. Dezember 2011

    Pflanzen leben deines Erachtens nicht?

  7. #7 Arnd
    7. Dezember 2011

    Welche Masse müsste unser Mond haben damit er eine eigene Sauerstoff-Atmosphäre halten könnte? Das ist ja soweit ich weiß abhängig von der Entfernung von seiner Sonne.

  8. #8 Florian Freistetter
    7. Dezember 2011

    @Starfly: “Was genau bedeuten die 30% im Text? Dass 30% aller Sonnen einen potentiell erdähnlichen Planeten haben? “

    Ja, genau das

  9. #9 Rarehero
    7. Dezember 2011

    Es ist mittlerweile überdeutlich: Unsere Erde ist aller Wahrscheinlichkeit nach kein besonderer Ort im Universum. Auch andere Sterne haben erdähnliche Planeten.

    Und wie dankbar bin ich, dass wir in Zeiten leben, in denen eine solche Erkenntnis nicht mehr für ungläubiges Entsetzen und den Ruf nach der Inquisition, sondern für freudige Erwartung sorgt.

  10. #10 Bullet
    7. Dezember 2011

    @Arnd:

    Welche Masse müsste unser Mond haben damit er eine eigene Sauerstoff-Atmosphäre halten könnte? Das ist ja soweit ich weiß abhängig von der Entfernung von seiner Sonne.

    Wieso?

  11. #11 Arnd
    7. Dezember 2011

    @Bullet: Um besser beurteilen zu können wie wahrscheinlich Leben auf Monden von Gasriesen ist, die in der habitablen Zone von sonnenähnlichen Sternen sind, so wie Kepler 22b (falls er sich als Gasriese herausstellt).

  12. #12 Arnd
    7. Dezember 2011

    @Bullet: Ach ich glaube ich habe dein Wieso falsch verstanden, wahrscheinlich willst du wissen wieso eine Atmosphäre zu haben abhängig von der Entfernung zur Sonne ist. Das liegt wohl am Sonnenwind. Titan würde wahrscheinlich keine so dichte Atmosphäre halten können, wäre er nahe der Sonne. Aber ich bin auch nur ein Laie, also korrigiert mich wenn ich falsch liege.

  13. #13 Bullet
    7. Dezember 2011

    @Arnd: ach so. Sonnenwind. Also wäre präziser gesagt die Stärke des Sonnenwindes der entscheidende Faktor. Der ist ja nicht nur von der Sonnenentfernung, sondern auch noch vom Sonnentyp abhängig. Und ist die Zusammensetzung der Atmosphäre hierbei interessant?

  14. #14 Shinsoku
    7. Dezember 2011

    Also ich studiere Astro ebenfalls in Wien und bin daher auch sehr dabei bei deinen Themen. Vorallem Kosmologie und Extrasolare Planeten sind so meine Lieblingsthemen.

    Aber dennoch bin ich nicht immer zufrieden mit den aktuellen Methoden. 🙂
    Soll jetzt nicht heissen, das sie schlecht wären, sondern empfinde ich es eher so, alsob wir was verpassen könnten. Denn soweit ich weiss schaut Kepler ja nicht in allen Richtungen, sondern natürlich in die “Beste”. Also gefühlt auf halber Strecke zwischen dem Rand unserer Galaxie und dem Kern vorbei. Somit liegt am Sichtstrahl relativ viel. Aber es ist eben keine komplette Durchmusterung, die natürlich auch gefühlte Tausend Jahre oder so brauchen würde und dies kein Teleskop mit machen kann. Zumindest keines in einer Umlaufbahn um die Erde. 😉

    Dann habe ich auch immer “Angst”, dass manche Planeten bzw. Sterne mit potentiellen Planeten übersehen werden, da ja die Transitmethode die aktuell vielversprechenste ist. Natürlich gibt es auch dann die erwähnte Radialgeschwindigkeit.
    Gut, vielleicht sind die aktuellen Instrumente noch nicht gut genug für die anderen Methoden um wirklich bessere Ergebnisse zu liefern und es ist wirklich nur eine Frage der Zeit, bis wirklich ein Planet entdeckt wird, der wirklich recht gut an unsere Erde kommt.
    Würde aber auch gerne, von dir am besten, die anderen Methoden kennenlernen, wo die Planeten nicht die Helligkeit des Sterns verändern oder den Stern zum Wackeln bringen.

  15. #15 stillerleser
    7. Dezember 2011

    Ich denke mal die Fähigkeit eines Mondes eine Atmosphäre zu halten hängt auch von der Temperatur an seiner Oberfläche ab (und damit auch wieder von der Entfernung zum Zentralgestirn). Umso niedriger diese ist umso niedrigere Geschwindigkeiten haben die Atmosphärengase. Also können weniger Teilchen in den Weltraum entweichen. Wie stark dieser Effekt ist weiß ich jetzt auf die Schnelle aber auch nicht.

  16. #16 Florian Freistetter
    7. Dezember 2011

    @Shinsoku: “Aber dennoch bin ich nicht immer zufrieden mit den aktuellen Methoden”

    ?? Wie sollen sie denn sonst Exoplaneten finden? Welche Methoden, die man auch umsetzen kann, sind denn besser als die aktuellen?

  17. #17 Shinsoku
    7. Dezember 2011

    Ok, nicht zufrieden klingt falsch. Ich meinte damit, dass ich das Gefühl habe, dass sich bisher nur auf die Transitmethode konzentriert wird. Vielleicht weil sie auch zur Zeit die beste Methode ist.
    Aber es gibt wohl Stern – Planeten Konstellationen, wo Transit- und Radialgeschw. Methode nicht anwendbar sind und dann zB auf Astrometrie zurückgegriffen wird, die vielleicht eben noch nicht so gut realisibar ist.
    Das wollte ich eigentlich ausdrücken. 🙂

  18. #18 Florian Freistetter
    7. Dezember 2011

    @Shinsoku: “Ich meinte damit, dass ich das Gefühl habe, dass sich bisher nur auf die Transitmethode konzentriert wird. “

    Das stimmt so auch nicht. Man hat bis heute 652 Planeten mit RV entdeckt und 188 mit Transit (https://exoplanet.eu/catalog.php). Das Transit immer wichtiger wird, ist aber logisch: man kann damit ins All fliegen. Bei RV-Messungen geht das nicht so einfach. Und natürlich wird man mit keiner Methode alle Planeten entdecken können. Man wird immer welche übersehen. Ich versteh das Problem immer noch nicht wirklich.

  19. #19 noch'n Flo
    7. Dezember 2011

    @ Shinsoku:

    Ist zwar OT, interessiert mich jetzt aber mal brennend: ist unser Blog-Cheffe unter den Astronomie-Studenten in Wien (oder vielleicht sogar unter den Dozenten) auch von Zeit zu Zeit mal Gesprächsthema? (So quasi als “berühmter Absolvent der Fakultät”…)

  20. #20 Florian Freistetter
    7. Dezember 2011

    @noch’n Flo: “, interessiert mich jetzt aber mal brennend: ist unser Blog-Cheffe unter den Astronomie-Studenten in Wien (oder vielleicht sogar unter den Dozenten) auch von Zeit zu Zeit mal Gesprächsthema?”

    Denk ich nicht. Ich bin ja doch schon fast 7 Jahre weg aus Wien. Mittlerweile sind fast alle Studenten und die meistens Dozenten die mich persönlich kannten, nicht mehr in Wien. ALs ich das letzte Mal dort war, kannte ich kaum noch jemanden.

  21. #21 CMS
    7. Dezember 2011

    Kurze Zwischenfrage: Gibt es denn eine bestimmte (ungefähre) Masse [Größe], die ein Planet für Leben haben darf? Oder ist das eigentlich vernachlässigber, also auch auf einem “Schweren” [Großen] Planeten kann Leben problemlos leben.

    Danke schonmal =)

  22. #22 Florian Freistetter
    7. Dezember 2011

    @CMS: Naja, wenn das Teil zu groß ist, dann ist seine Anziehungskraft so stark, dass er auch leichte Gase an sich bindet und dann kriegst du einen Gasriesen wie Jupiter. Das ist nicht wirklich so toll fürs leben…

  23. #23 CM
    7. Dezember 2011

    @CMS: Mal abgesehen davon, daß komplexe Chemie unter sehr hohem Druck auch mit der Thermodynamik in Konflikt kommt: Ich sage damit nicht, daß extraterrestrisches Leben zwangsläufig mit denselben Bausteinen wie unser irdisches Leben auskommen muß, wohl aber komplexe strukturelle Chemie erfordert. Und zumindest unsere Proteine sind strukturell nur bei bestimmten Drücken und Temperaturen stabil. (Wobei zumindest das “Druckproblem” in biochemischen Laboren auf der Erde das Arbeiten nicht zusätzlich erschwert – die Doktoranden deren Labor auf einem Gasriesen steht, hätten aber sehr wohl ein zusätzliches Problem 😉 .)

  24. #24 Wurgl
    7. Dezember 2011

    @CM:

    Die Anziehungskraft der Erde ist so, dass Wasserstoff aus den obersten Schichten Der Atmosphäre ins All entweichen kann. Bei einem schwereren Planeten klappt das nicht (oder nicht so gut). Das bewirkt dann, dass die Zusammensetzung der Atmosphäre eine andere ist, eventuell ist freier Sauerstoff gar nicht mehr möglich. Und dann hätten wir ein ganz anderes Leben, eines das sich anaerob die Energie holt. Inwieferne da höheres Leben möglich ist … ist zwar sicher auch eine interessante Form des Lebens, doch eine Unterhaltung ist da ungemein schwer 🙂

  25. #25 rich
    7. Dezember 2011

    hey.
    Folgendes. Ich finde Astronomie und das ganze Universum enorm interessant.
    Bin auch am Überlegen ob ich das vielleicht studieren werde.
    Aber immer wieder muss ich darüber nachdenken was das eigentlich bringen soll.
    Man forscht und rechnet und rätselt über und durch das Universum, Planeten die so weit weg sind das wir sie niemals mit eigenen Augen sehen könnten werden gefunden und untersucht.
    Aber was dann? Millionen von Lichtjahren entfernt passiert vielleicht was interessantes, doch wieso müssen wir das ganze wissen und verstehen.
    Wir haben ungelöste Probleme direkt vor der Haustüre und zerbrechen uns den Kopf über außerirdisches.
    Wird uns die Astronomie bzw Astrophysik auf unserem Planeten ausschlaggebend weiterhelfen? Oder wird das ganze nur gemacht um seine Neugierde zu stillen?
    Und was würde sich eigentlich ändern wenn wir alles verstehen und wüssten über das Universum?

    mfg
    rich

  26. #26 Florian Freistetter
    7. Dezember 2011

    @rich: “Wird uns die Astronomie bzw Astrophysik auf unserem Planeten ausschlaggebend weiterhelfen”

    Das hat sie schon. Denk z.B. an den Klimawandel. Von Treibhauseffekt und Co haben wir das erste Mal durch Beobachtungen der Venus erfahren. Unsere Erde ist nichts besonderes. Wenn wir etwas über das Universum lernen, dann lernen wir zwangsläufig immer was über unsere Erde.

    “Wir haben ungelöste Probleme direkt vor der Haustüre und zerbrechen uns den Kopf über außerirdisches”

    Forschung funktioniert so nicht. Du kannst nicht sagen: So Leute, wir erforschen jetzt alle nur noch X und erst wenn das gelöst ist, erforschen wir andere Sachen. Astronomie ist Grundlagenforschung. Wie der Name sagt, bildet sie die GRUNDLAGE jeder weiteren Erkenntnis. Wir müssen erst eine allgemeine Basis bauen, bevor wir hoffen können, irgendwann mal konkrete Anwendungen oder Lösungen für Probleme zu finden. Nimm Max Planck. der hat 1900 ein vollkommen abstaktes Problem ohne jede praktische Relevanz untersucht (die Strahlung eines “schwarzen Körpers”). Daraus enstand die Quantentheorie. Und ohne die würde uns moderen Welt nicht existieren. Keine Computer, keine Kraftwerke, keine Laser, keine moderne Medizin, etc.

    “doch wieso müssen wir das ganze wissen und verstehen. “

    MÜSSEN tun wir nur essen, trinken und atmen. Du kannst genauso gut fragen, warum wir Menschen Musik hören müssen. Oder warum wir Freunde haben müssen. Warum müssen wir uns Kunstwerke ansehen? Warum müssen wir KInofilme ansehen? Warum müssen wir Bücher schreiben oder lesen? MÜssen wir alles nicht. Aber es gehört zu unserem Menschsein. Wir sind mehr als nur Tiere, die einfach nur existieren und sich fortpflanzen wollen. Wir wollen die Welt in der wir leben verstehen. Darum haben wir die Wissenschaft entwickelt. Und die Astronomie ist die ultimative Welterklärungswissenschaft. Sie betrachtet das gesamte Universum und alles darin. Klar, das kann dir auch egal sein. So wie es auch Leute gibt, denen Bücher oder Bilder oder Musik egal sind. Aber das macht die Astronomie nicht weniger wertvoll. Vielleicht interessiert dich auch dieser Artikel zum Thema: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/06/der-wert-der-sinnlosigkeit.php

  27. #27 Gabriel
    7. Dezember 2011

    Hi Flo, schöner Beitrag, wie immer.
    Aber zur PR des CoRoT-Teams muss ich glaub ich deine Verklärung der unprofessionellen Europäischen PR etwas korrigieren, auch die Veröffentlichung von CoRoT-7b war sehr professionel und generalstabsmässig geplant.
    Der einzige Grund warum das nicht so sehr bei uns durch kam ist wohl, weil französsiche Presse von deutschen bzw. österreichischer Presse nicht so beobachtet wird wie amerikanische.
    Die Entdeckung war Topthema in den französischen Nachrichten, in deutschen schon eher ein Randthema und im ORF kam soweit ich mich erinnern kann sehr wenig.
    Allerdings hat die Wiener U-Bahn-Zeitung in einem legendären Artikel behauptet “Österreicher findet zweite Erde”, weil Günther W. im Team von Artie an den Daten gearbeitet hat.
    Der gute alte Chauvinismus ist also eine starke Triebfeder, zumindest für die Medien.
    Wenn man sagen kann “WIR haben als ERSTER xy gefunden” ist das immer viel wichtiger als wenn man berichten muss, “xy hat als erster xy gefunden”.
    Und da Amerika eben stärker im Fokus des Weltintersses als Frankreich steht kommen Meldungen die in Amerika als relevant angesehen werden auch bei uns prominenter an.
    Nichtsdestotrotz ist Kepler 22b eine grossartige Entdeckung und ich freue mich auf weitere 😉
    Grüsse, Gabriel

  28. #28 أخبار الدولار
    8. Dezember 2011

    Wie lange würde eine Nachricht mit einem Radiotelskop dauern?
    bitte um antwort oder vorschläge!!!

    Das “Hausteleskop” des Instituts ist das in Europa einmalige 100-Meter Radioteleskop Effelsberg nahe Bonn. Für eine interessierte Öffentlichkeit finden hier regelmäßig Vorträge statt, die einen Einblick in die faszinierende Welt der Radioastronomie bieten.

  29. #29 HaDi
    8. Dezember 2011

    @أخبار الدولار

    Da der Planet 600 Lichtjahre entfernt ist und sich radiowellen wie alle anderen Elektromagnetischen Wellen mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, ist die Antwort sehr einfach: Ca. 600 Jahre wäre ein Signal unterwegs bis die Gegenseite es empfangen kann.

  30. #30 Florian Freistetter
    8. Dezember 2011

    @Gabriel: “Die Entdeckung war Topthema in den französischen Nachrichten, in deutschen schon eher ein Randthema und im ORF kam soweit ich mich erinnern kann sehr wenig. Allerdings hat die Wiener U-Bahn-Zeitung in einem legendären Artikel behauptet”

    Naja, wenn über CoRoT-Entdeckungen in Frankreich und der Wiener U-Bahnzeitung berichtet wird und über Kepler-Entdeckungen auf der ganzen Welt, dann scheint da schon irgendwas nicht so richtig zu funktionieren… Man kann auch mit nicht-amerikanischen Entdeckungen viel Aufmerksamkeit kriegen, wenn man es richtig anstellt. CoRoT sagt z.B. nichts über die Kandidaten, die man gefunden hat. Ich hab ja auch durchaus mit Leuten von CoRoT selbst gesprochen, die auch der Meinung sind, das man PR-mäßig nicht ganz auf der Höhe ist.

    Aber ich hab mich jetzt nicht unbedingt nur auf CoRoT bezogen. PR- und Öffentlichkeitsarbeit hat in den USA einfach einen ganz anderen Stellenwert als in Europa. Und das merkt man.

  31. #31 Florian Freistetter
    8. Dezember 2011

    “Wie lange würde eine Nachricht mit einem Radiotelskop dauern? “

    Wohin? Radiosignale bewegen sich mit Lichgeschwindigkeit. Wenn ein Planet also X Lichtjahre entfernt ist, braucht die Nachricht X Jahre bis dorthin.

  32. #32 nik
    8. Dezember 2011

    Man kann der NASA sicherlich vorwerfen, es mit der PR manchmal zu übertreiben.

    Die ESA hat in der Presseabteilung ca. 20 Leute. Desshalb hoert man so wenig von ihr.
    Die NASA hat in der Presseabteilung ca. 200 Leute. Die machen ordentlich Laerm um ihre Existenz tu rechtfertigen. Deshalb sind “NASA-Meldungen” mit Vorsicht zu geniessen.

    In diesem Fall (Planet Kepler 22b) meine ich allerdings haben sie einen Volltreffer gelandet.

  33. #33 Gabriel
    8. Dezember 2011

    Ich will nicht nerven, aber die Haupt-PR bei CoRoT hat die CNES gemacht.
    Als nationale Raumfahrtagentur …
    Die gemeinsame Agentur ESA ist nur ein Überbau über nationale Agenturen dementsprechend ohnmächtig (Vergleiche zum EU-Parlament drängen sich auf).

    Bekommen wir (deutschsprachiger Raum) es etwa mit wenn ein Franzose ein halbes Jahr auf der ISS mitfliegt?
    Oder kommt es in bundesdeutschen Nachrichten, wenn Österreichische Wissenschaftler in Kooperation mit kanadischen Instituten etwas entdecken?
    Es geht darum, das in Europa einfach die meisten Länder immer noch “ich zuerst” denken. Das war ein Grund warum CoRoT nicht so gross promotet wird.
    Wir werden sehen wie das bei der ESA-Cornerstone-Mission Gaia läuft. Hoffentlich können da die Europäer (ESA) die nationalen PR-Agenturen davon überzeugen davon zu berichten…

  34. #34 Florian Freistetter
    8. Dezember 2011

    @Gabriel: “Ich will nicht nerven, aber die Haupt-PR bei CoRoT hat die CNES gemacht. Als nationale Raumfahrtagentur … Die gemeinsame Agentur ESA ist nur ein Überbau über nationale Agenturen dementsprechend ohnmächtig (Vergleiche zum EU-Parlament drängen sich auf). Bekommen wir (deutschsprachiger Raum) es etwa mit wenn ein Franzose ein halbes Jahr auf der ISS mitfliegt? “

    Mir ist schon klar, WARUM die PR nicht so toll ist. Das macht die Sache aber nicht besser. Ein europäisches Projekt sollte nicht nur in einem Land beworben werden sondern überall. Das ist halt das, was Europa nicht hinbekommt.

  35. #35 Gabriel
    8. Dezember 2011

    Wichtig ist es deshalb auch, dass die “dezentrale” PR hier bei uns weiter gestärkt wird.
    Ein Hoch auf diesen Blog!

  36. #36 CM
    9. Dezember 2011

    @wurgl: Sorry, ich war gestern unterwegs. Zum Thema: Freier Sauerstoff war auf der Erde auch lange knapp – zum Glück für uns. Dennoch ist die extremer Druck etwas, das Leben wie wir es kennen, stark erschwert – unabhängig vom Soffwechsel. Und mit extremen Druck meine ich nicht die Tiefsee auf unserem Planeten.

    Aber unterm Strich sind wir uns wohl einig, daß diese Frage nicht übermäßig relevant ist. Ich wollte bloß Florians Anmerkung, das Gasriesen nicht so wirklich toll fürs Leben sind, mal aus einem anderen Blickwinkel beleuchten.

  37. #37 Gabriel
    9. Dezember 2011

    zum Signal:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Arecibo-Botschaft
    gesendet Richtung M13, abgestrahlt 1974, 222800 LY entfernt, also Antwort zu erwarten in 50000 Jahren …, Grund für die Wahl von M13, man erwischt so mit einer einzigen Botschaft sehr viele Sterne (300 000) auf einmal.

    Vielleicht wäre es ja nicht doof so ein “Hello World!” an alle Sonnenähnlichen Sterne in unserer Nähe zu schicken, aber das ist zum einen teuer, zum anderen wohl nicht einfach sich mit fremden Intelligenten Wesen auszutauschen. Momentan können wir uns nicht mal mit Delphinen und Schimpansen “unterhalten”.