Die Entdeckung des eventuell erdähnlichen Planeten Kepler 22b hat in den letzten Tagen für einige Aufregung gesorgt. Für einige Leute sogar zu viel Aufregung, sie sind der Meinung, dass Kepler 22b nicht sooo besonders ist, wie getan wird (ein Thema, das auch auf meiner Facebook-Seite diskutiert wird). Es stimmt: Kepler 22b ist nicht der erste kleine Planet, den man gefunden hat. Er ist auch nicht der erste Planet in der habitablen Zone seines Sterns. Er ist auch nicht der erste Planet, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Aber er ist ein Planet, der klein und potentiell erdähnlich und in der habitablen Zone ist und einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Das Kepler-Team hätte deutlicher darauf hinweisen müssen, dass man noch keine genaue Masse des Planeten kennt. Er ist mit ziemlicher Sicherheit keine “zweite Erde” – aber ein deutlicher Hinweis, dass man auf dem richtigen Weg ist und dass die Technik nun so weit ist, wirklich erdähnliche Exoplaneten zu finden. Klar, die Kepler-Mission muss gerade darum kämpfen, ihr Projekt auch für die Zukunft weiter finanziert zu bekommen. Und da will man aus so einer Entdeckung natürlich PR-mäßig alles rausholen, was nur geht. Man kann der NASA sicherlich vorwerfen, es mit der PR manchmal zu übertreiben. Aber immerhin macht sie Öffentlichkeitsarbeit. Das ist etwas, das man in Europa noch nicht so richtig gelernt hat. Das Weltraumteleskop CoRoT, das so wie Kepler auf Exoplanetensuchen ist und ebenfalls schon einige schöne Entdeckungen gemacht hat (die zum Beispiel, könnte sicherlich auch schon hunderte Planetenkandidaten präsentieren. Aber das tut man dort nicht, man geht nur mit den wenigen bestätigten Fällen an die Öffentlichkeit. Und so wie auch bei den bodengebundenen Observatorien die auf Planetensuche gehen, fehlt hier ein in sich stimmiges PR-Konzept (CoRoT hat nichtmal eine vernünftige Homepage). Auch wenn es den beteiligten Wissenschaftlern manchmal missfällt sind es deswegen eben meist die NASA- bzw. amerikanischen Entdeckungen, die die meisten Aufmerksamkeit der Medien bekommen. Das heißt nicht, dass in Europa keine spannende Wissenschaft gemacht wird. Sie findet eben nur in den Fachzeitschriften statt und da die von den Journalisten selten gelesen werden, schaffen sie es seltener in die normalen Medien. Eine dieser Arbeiten trägt den Titel “The HARPS search for Earth-like planets in the habitable zone. I. Very low-mass planets around HD 20794, HD 85512, and HD 192310”.
HARPS steht für “High Accuracy Radial velocity Planet Searcher“, es handelt sich um ein Gerät, dass am 3,6-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte am La-Silla-Observatorium in Chile montiert ist. Es ist ein Spektrograph, also ein Gerät, mit dem sich Licht in seine Zusammensetzung aufspalten lässt. Man kann damit messen, wieviel Licht ein Stern bei bestimmten Wellenlängen aussendet. Vor allem aber kann man damit Spektrallinien detektieren. Normalerweise macht man das, weil die einem sagen, aus welchen Elementen ein Stern besteht. Das HARPS-Team nutzt sie aber, um extrasolare Planeten zu entdecken. Planeten um andere Sterne sind so gut wie immer zu klein und zu weit weg, um direkt gesehen zu werden. Man kann sie nur indirekt beobachten. Kepler 22b wurde mit der indirekten Transitmethode gefunden. Dabei analysiert man das Licht eines Sterns und sieht nach, ob er in regelmäßigen Abständen ein wenig dunkler wird. Das ist ein Zeichen dafür, dass er von einem Planeten umkreist wird, der immer wieder ein wenig Licht des Sterns abblockt. Ein Planet verdunkelt seinen Stern aber nicht nur, er bringt ihn auch ein klein wenig zum wackeln. Denn jeder Planet übt auch ein bisschen Gravitationskraft auf den Stern aus, den er umkreist. Das führt dazu, dass der Stern ein bisschen wackelt und sich – von der Erde aus gesehen – mal eine Winzigkeit auf uns zu bewegt und dann wieder ein bisschen von uns entfernt. Diese Bewegung spiegelt sich in den Spektrallinien wieder.
Jeder wird schonmal vom Dopplereffekt gehört haben. Wenn ein bewegtes Objekt (zum Beispiel ein Krankenwagen) Schallwellen aussendet, dann werden die Wellen zusammengepresst, wenn sich uns das Objekt nähert und auseinandergezogen, wenn es sich entfernt. Dadurch ändert sich die Tonhöhe und es entsteht das typische Geräusch eines vorbeifahrenden Einsatzfahrzeuges. Mit Licht funktioniert das genauso. Wenn der Stern sich auf uns zu bewegt, wird sein Licht ein klein wenig zu blauen Wellenlängen hin verschoben, wenn er sich entfernt, dann verschiebt sich alles zum roten Bereich. Diese Verschiebung kann man anhand der Spektrallinien messen. Mit dieser “Radialgeschwindigkeitsmethode” wurden bisher die meisten der bekannten extrasolaren Planeten entdeckt und HARPS gehört dabei zu den erfolgreichsten Instrumenten. Geleitet wird das HARPS-Team von Michel Mayor und Didier Queloz, die 1995 den ersten extrasolaren Planeten entdeckt hatten. 16 Jahre später ist die Genauigkeit der Radialgeschwindigkeitsmessungen so gestiegen, dass es möglich ist, auch kleine, potentiell erdähnliche Planeten zu entdecken. Genau an diese Aufgabe hat sich das HARPS-Team nun gewagt.
Francesco Pepe vom Schweizer Observatoire de Genève, der Hauptautor des Artikels und seine Kollegen haben es sich dabei extra schwer gemacht. Für ihre Beobachtungen haben sie sich zehn Sterne ausgesucht, deren Entfernung zur Erde relativ gering war – höchstens 10 Parsec bzw. 32,6 Lichtjahre. Und bei allen Sternen wusste man schon vorher, dass es dort keine großen Radialgeschwindigkeitsvariationen gab, also auch keine großen Planeten. Genau das Gegenteil also von dem, was man sich normalerweise als Ziel für eine Beobachtungskampagne auswählen würde. All diese Sterne wurden trotzdem jahrelang beobachtet und am Ende wurden die Astronomen bei drei von ihnen fündig. Der Stern HD 20794 wird von gleich drei Planeten umkreist. Bei ihnen handelt es sich um “Supererden”. Das sind Planeten wie Kepler-22b, die ein wenig schwerer sind als unsere Erde. Der leichteste der drei Planeten hat das 2,4fache der Erdmasse, der zweite das 2,7fache und der dritte das 4,8fache der Erdmasse. Bei diesen Werten handelt es sich allerdings um Minimummassen. Die Radialgeschwindigkeitsmethode kann die Massen nicht exakt bestimmen. Dazu müsste man wissen, unter welchem Winkel man von der Erde aus gesehen auf das extrasolare Planetensystem blickt und das lässt sich nicht so einfach herausfinden. Aber selbst wenn die drei Planeten in ihrer Zusammensetzung der Erde ähneln, erdähnliche Bedingungen würde es dort nicht geben. Dafür sind sie ihrem Stern zu nahe und die Temperaturen sind zu hoch.
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