Das Jahr 2012 fängt ja schon mal gut an. Dass dieses Jahr verstärkt mit Medienberichten über den nicht stattfindenden Weltuntergang 2012 zu rechnen ist, war zwar klar. Aber das der österreichische öffentlich-rechtliche Fernsehsender ORF auf seiner Homepage das Jahr gleich mit esoterisch motivierten Katastrophenvorhersagen beginnt, hat mich dann doch etwas deprimiert.
Unter der Überschrift “Chaos und Unruhen“ beschäftigt sich ORF.at mit dem Weltuntergang. Über das “Denn ein uralter Maya-Kalender endet just am 21. Dezember” rege ich mich schon gar nicht mehr auf. Mittlerweile hat sich der Mythos vom Kalender, der endet in den Medien so sehr festgesetzt, dass es nichts mehr bringt, zu erklären, dass ein Kalender nicht enden kann, auch nicht der der Maya. Immerhin hat der ORF es geschafft, einen Archäologen zu zitieren, der sagt, dass die Maya keinen Weltuntergang prophezeit haben.
Das war es dann aber auch schon, jetzt folgt im Artikel nur noch Unsinn. Anstatt Leute zu befragen, die eventuell tatsächlich Ahnung von den Maya, den wissenschaftlichen Hintergründen der Katastrophenprophezeiungen oder der Psychologie der Weltuntergangsängste haben, hat der ORF Rosalinde Haller befragt. Die Frau ist Hellseherin und wir haben sie schon 2008 bei den astrologischen Vorhersagen zur Fussball-EM kennengelernt. Da ist sie, so wie ihre Kolleginnen und Kollegen, grandios gescheitert. Auf ihrer Homepage (ihr dürft selbst googeln, das will ich nicht verlinken), findet sich Aussagen wie:
“Anfang des Jahres fühlt man noch den Blau/Lila Einfluss von 2011. Ab Frühling 2012 herrscht immer mehr die Gelb und Orange Schwingung vor. Dies wird sich auch im Mode Bereich abzeichnen. Bei der Verbindung von Farbe und Metall herrscht Gold vor.”
Ihre “Vorhersagen” sind von der üblichen, nichtssagenden Variante:
“Weltweit gibt es immer wieder Anschläge und sind Aggressionen von Extremen Moslems in den Westlichen Ländern zu erwarten. Auch Touristen werden gefährdet sein.”
Dem ORF scheint sie jedenfalls als Gesprächspartnerin gut genug zu sein. Dort ist Frau Haller immerhin klug genug, keinen Weltuntergang vorherzusagen. Was sie ansonsten von sich gibt, ist aber nicht wesentlich besser:
Der 21. Dezember 2012 ist ein „hochbrisantes Datum”, sagte Haller. An diesem Tag geht das Zentralsonnenjahr zu Ende. Dieses zählt umgerechnet 25.800 „Erdenjahre”. „Das ist ein kosmischer Tag”, sagte sie, „und das hat Auswirkung auf die Schwingung der Menschen. Wir kommen in eine andere Frequenz und werden uns anders verhalten.”
Das Wort “Zentralsonnenjahr” existiert in der Astronomie nicht. Frau Haller meint vermutlich die Präzessionsperiode der Erdachse. Die Präzession der Erdachse ist aber weder außergewöhnlich, noch gefährlich und schon gar nicht geht sie am 21. Dezember 2012 zu Ende. Auch das Gerede von den “Schwingungen der Menschen” und das “Wir kommen in eine andere Frequenz” ist typisch nichtssagendes Esoteriker-Geschwurbel. Wörter wie “Schwingung” oder “Frequenz” sollen den Anschein von Wissenschaftlichkeit und Seriosität erwecken, werden aber völlig sinnfrei verwendet. Frau Haller scheint nicht wirklich zu wissen, was das Wort Frequenz bedeutet… Es kommt aber noch schlimmer:
“Der Elektromagnetismus ändere sich, dadurch komme es nach Ansicht der Seherin zu einer Verschiebung der Erdachse. „Das bringt aufgewühlte Situationen.” Erdbeben, Überschwemmungen und Naturkatastrophen können dadurch vermehrt auftreten. Die Umwelt ändere sich.”
Die Aussage “Der Elektromagnetismus ändert sich” ist völlig sinnfrei und Frau Haller scheint wieder einfach nur wissenschaftlich klingende Buzzwords aneinander zu reihen. Natürlich verschiebt sich auch die Erdachse nicht (Was rein durch elektromagnetische Kräfte auch gar nicht möglich wäre – da müsste schon zufällig ein Magnet von der mehrfachen Größe der Erde durch das Sonnensystem geflogen kommen. Und nein, sowas ist nicht möglich.). Naturkatastrophen sagen Hellseher, Astrologen und der Rest der Pseudopropheten sowieso jedes Jahr vorher. Und so wie jedes Jahr sind ihre Vorhersagen vollkommen nutzlos. DAS es Erdbeben, Überschwemmungen und Naturkatastrophen auch 2012 geben wird, ist trivial. So was hat es bis jetzt noch jedes Jahr gegeben. Aber zu konkreten, statistisch vernünftigen Prognosen lassen sich die Hellseher natürlich nicht hinreißen.
Das wäre jetzt ein guter Zeitpunkt gewesen, um zum Thema “Verschiebung der Erdachse” einen Physiker oder eine Astronomin zu befragen. Der ORF lässt Frau Haller lieber noch ein paar astrologische Gemeinplätze verkünden:
“„Merkur bringt die Liebe zu Familie und Freundschaft und gute Gespräche zu Gleichgesinnten”
Hurra! Und ich hatte schon befürchtet, dass 2012 niemand mehr seine Familie liebt und mit Freunden redet. Der Artikel des ORF endet mit Georg Psota, Chefarzt der Psychosozialen Dienste in Wien, der kurz erklären darf, warum die irrationale Angst vor dem Weltuntergang nichts neues ist.
Die irrationale Angst vor dem nicht stattfindenden Weltuntergang wird so schnell leider nicht verschwinden. Schon gar nicht, wenn Hellseher ihre absurden Katastrophenprognosen jetzt auch in den öffentlich-rechtlichen Medien abgeben dürfen…
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