Der erste Artikel hier bei “Astrodicticum Simplex”, den ich vor mehr als 4 Jahren geschrieben habe, beschäftigte sich mit dem Asteroiden Apophis und der Frage, ob er mit der Erde zusammenstoßen wird. Apophis ist ein interessantes Objekt. Nach seiner Entdeckung sah es eine Zeit lang so aus, als ob tatsächlich eine kleine Chance bestünde, dass er 2029 mit der Erde kollidieren könnte. Das wäre kein Weltuntergang. Mit knapp 270 Meter ist Apophis nicht groß genug, um eine globale Katastrophe zu verursachen. Lokal aber kann er enormen Schaden anrichten! Eine Kollision mit Apophis wäre also definitiv nicht toll. Glücklicherweise kommt es nicht dazu. Schon bald nach der Entdeckung im Jahr 2004 stellte sich dank neuer Beobachtungen dann doch heraus, dass er definitiv nicht mit der Erde kollidieren wird. Es besteht aber noch eine minimale Chance, dass er 2036 auf die Erde trifft. Die Wahrscheinlichkeit ist wirklich gering. Zu 99.99957 Prozent wird er harmlos an der Erde vorbei fliegen. Trotzdem lohnt es sich, ein paar Gedanken zu machen. Am Beispiel von Apophis kann man verschiedene Strategien zur Asteroidenabwehr durchdenken. Über die Asteroidenabwehr habe ich ja schon eine ganze Serie geschrieben (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5) und darin auch verschiedene Methoden vorgestellt. Allerdings bei weitem nicht alle. Eine interessante Variante haben Massimiliano Vasile und Christie Maddock von der University of Strathclyde in Schottland durchgerechnet. Sie wollen Apophis mit einem Laser beschießen.
Natürlich nicht, um ihn zu zerstören. Einen Asteroiden mit einem Laser zerstören zu wollen, ist genau so unsinnig wie der Versuch, ihn mit Atombomben zu pulversieren. Das mag im Kino gut aussehen, ist in der Realität aber nicht durchführbar. Das würde vielleicht bei kleinen Objekten funktionieren – aber die sind ja für uns auch nicht gefährlich.
Nein, es geht darum, die Bahn des Asteroiden ein klein wenig zu verändern. Und das klappt auch mit einem Laser. Man muss den Himmelskörper dazu nicht zerstören, sondern einfach nur seine Oberfläche ein bisschen verdampfen. Das vom Laser verdampfte Material schießt in den Weltraum, es gibt einen kleinen Rückstoß und der Asteroid bewegt sich. Natürlich muss der Laser dazu in den Weltraum geschafft werden. Es gibt zwar auch auf der Erde sehr starke Laser – aber die reichen nicht so weit. Wenn wir von der Erde zum Beispiel Laserstrahlen zum knapp 400000 Kilometer entfernten Mond schicken, dann hat sich der Strahl dort schon verbreitert und bedeckt einen zwei Kilometer großen Bereich. Die Energie pro Fläche reicht dann nicht mehr aus, um irgendwas zu verdampfen. Abgesehen davon: Wenn man wartet, bis Apophis nur noch 400000 Kilometer von der Erde entfernt ist, dann kann man es auch gleich bleiben lassen. Jede vernünftige Asteroidenabwehr muss schon viel früher beginnen!
Der Laser muss also auf jeden Fall ins All. Ein starker Laser ist aber auch groß. Er muss irgendwie Energie für den Betrieb bekommen und dazu braucht man Treibstoff. Ein großer Laser wird heiß und muss gekühlt werden. Das braucht wieder extra Kühlaggregate. Man bekommt also am Ende ein ziemlich komplexes und vor allem schweres Gerät, das man ins All verfrachten muss. Vasile und Maddock schlagen daher vor, viele kleine Satelliten mit kleinen Lasern auszustatten. Die lassen sich wesentlich leichter ins All schicken und sollte irgendwo ein technisches Problem auftreten, dann bleiben noch genug andere übrig um die Mission abzuschließen. Die kleinen Laser kann man auch mit Sonnenenergie betreiben und spart sich so den Treibstoff. Sie müssen aber natürlich sehr nahe an die Oberfläche des Asteroiden gesteuert werden. Und das ist ein Problem – denn dann werden sie von dem ganzen Zeugs getroffen, dass sie mit ihren Laserstrahlen verdampfen. Dadurch kann die Optik beschädigt werden.
Vasile und Maddock haben in ihrer Arbeit nun detaillierte mathematische Modelle entwickelt, die genau beschreiben, wie die Laser die Bahn von Apophis verändern können und wie stark sie durch den Verdampfungsprozess beschädigt werden können. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Technik durchaus funktionieren kann. Man muss dafür die Satelliten aber am besten ein bisschen weiter weg vom Asteroiden stationieren und die Laserstrahlen dann per Kollimator zu Apophis schicken. Selbst wenn der Asteroid sich noch weit von der Sonne entfernt befindet und nur wenig Sonnenergie für den Betrieb der Laser zur Verfügung steht, klappt das Verfahren. Man muss nur früh genug damit anfangen. Ein entsprechendes Beispiel in der Arbeit zeigt, dass es neun Jahre dauern kann – aber dann ist die Bahn ausreichend geändert um die Kollision abzuwenden. Auf Apophis trifft das aber sowieso nicht zu, der ist der Sonne immer in etwa so nahe wie die Erde.
Es gibt also keinen Grund, Angst vor Apophis zu haben. Die Chance, dass er 2036 mit uns kollidiert, ist sowieso ziemlich gering. Und selbst wenn es passieren sollte, wissen wir schon 2029 Bescheid, wenn er uns das erste Mal nahe kommt und wir seine Bahn exakt messen können. Dann haben wir noch genug Zeit, um etwas gegen eine Kollision zu unternehmen…
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