Angesichts der riesigen Distanzen im Weltall kann man sich manchmal ein wenig alleine und isoliert fühlen. Schon zu unserem nächsten Nachbar, dem Mond, mussten die Astronauten ganze drei Tage durchs leere All fliegen. Zum Mars wären wir viele Monaten unterwegs und die Sterne sind so gut wie unerreichbar. Die derzeit schnellste Raumsonde – New Horizons – würde über 50000 Jahre brauchen, um den nächsten Stern zu erreichen, der “nur” 4 Lichtjahre entfernt ist. Unsere Milchstraße selbst hat aber einen Durchmesser von 120000 Lichtjahren! Die Entfernung von uns bis zum Zentrum beträgt ungefähr 25000 Lichtjahre! Das sind alles verdammt große Entfernungen; für uns Menschen unvorstellbar groß. Und man würde eigentlich annehmen, dass diese Entfernungen die Isolation nur verstärken. Was geht uns das Zentrum das Milchstraße an? Wie kann etwas, was dort passiert, Einfluss auf den Rest der Galaxie haben? Das Zentrum einer Galaxie und der ganze Rest sind allerdings viel stärker verbunden, als man denken kann. Das haben aktuelle Beobachtungen erneut demonstriert.
Unsere Galaxie ist ziemlich ruhig. So wie in den anderen großen Galaxien sitzt zwar auch bei uns ein supermassereiches schwarzes Loch in der Mitte. Es ist aber nicht aktiv. Das bedeutet, dass sich nur wenig Gas und Staub in der Nähe des Lochs befindet und deswegen auch wenig neues Material in das Loch hinein fällt. Bei sogenannten aktiven Galaxien ist das anders. Hier ist das zentrale schwarze Loch von einer riesigen Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Während das ganze Zeug spiralförmig auf das Loch zu fällt und dabei auf enorme Geschwindigkeiten beschleunigt wird, gibt es jede Menge Strahlung ab. Die Kerne der aktiven Galaxien sind daher sehr hell. Wirklich hell. Enorm hell. So hell, dass man sie auch noch aus großer Entfernung sehen kann, selbst bei Galaxien, deren Licht ein paar Milliarden Jahre bis zu uns gebraucht hat. Man nennt diese aktiven Galaxienkerne auch Quasare. Das steht für “Quasistellare Objekte”. Denn als man sie zum ersten Mal entdeckte, sah man nur helle punktförmige Objekte, die fantastisch weit entfernt waren. Sie sahen zwar aus wie Sterne, konnten aber keine sein. Denn ein einzelner Stern in dieser Entfernung konnte unmöglich die Helligkeit aufbringen, um noch sichtbar zu sein. Erst später entdeckte man die Galaxien, in die die Quasare eingebettet waren und fand heraus, um was es sich handelt.
Die Aktivität eines Quasars hängt nun aber vermutlich stark mit dem zusammen, was im Rest der Galaxie geschieht. Man stellt sich das so vor: Zuerst existieren junge Spiralgalaxien. In ihnen entstehen viele neue Sterne. Da auch die Galaxien nicht isoliert existieren sondern sich in Galaxienhaufen zusammenfinden, kollidieren sie irgendwann miteinander. Wenn zwei Spiralgalaxien sich vermischen, dann wird alles ordentlich durchgewirbelt und es entsteht eine elliptische Galaxie. Dabei gelangen jede Menge Gas und Staub ins Zentrum (das Material verliert bei der Kollision Drehmoment und spiralt in die Mitte der Galaxie) und das schwarze Loch dort wird zum Quasar. Der Kern der Galaxie wird aktiv und beginnt stark zu strahlen. Diese Strahlung fegt regelrecht durch die Galaxie und pustet einen großen Teil vom restlichen Gas davon. Es ist nichts mehr übrig, aus dem neue Sterne entstehen können. Man erhält die großen, alten, elliptischen Galaxien ohne junge Sterne, die wir überall im Weltraum beobachten können.
Tanya Urrutia vom Leibnitz Institut für Astrophysik in Potsdam und ihre Kollegen haben nun probiert, Galaxien zu finden, die sich genau in dieser Übergangsphase befinden (“Spitzer Observations of Young Red Quasars“). Dazu haben sie das Weltraumteleskop Spitzer benutzt. Das kann Infrarotstrahlung sehen und ist wunderbar geeignet, wenn man Staub suchen will. Denn wenn Staub eine helle Strahlungsquelle umgibt, wird der Staub aufgeheizt und gibt die Energie als Wärmestrahlung – also im infraroten Bereich – wieder ab. Man bekommt also mehr Licht im (infra)roten Bereich als man erwarten würde und Urrutia und ihre Kollegen haben gezielt nach solchen “roten” Quasaren gesucht. 13 Stück haben sie gefunden und sich die zugehörigen Galaxien genauer angesehen. Sie haben untersucht, welche Form die Galaxien hatten und wie viele Sterne dort entstehen. Es zeigte sich, dass der Quasar umso rötlicher war, je stärker die Galaxien verformt waren. Eine Galaxie mit unregelmäßiger Form ist eine Hinweis auf eine kürzlich zurückliegende Kollision; die Galaxie hatte noch keine Zeit, sich vernünftig zu ordnen. Wenn sich gerade dort die rötlichen Quasare finden, also die Quasare, die vom meisten Staub umgeben sind, dann stützt das die oben aufgestellt Hypothese. Man konnte auch beobachten, dass die schwarzen Löcher umso mehr Material fraßen, je röter der Quasar war. Auch die Sternentstehungsrate war in diesen Galaxien höher.
Kommentare (15)