In unserer Milchstraße gibt es jede Menge Sterne. Besonders viele davon befinden sich in der Nähe des galaktischen Zentrums. Da ist der sogenannte “Bulge”, eine kugelförmige Region aus Sternen, die sich in den Zentren aller Spiralgalaxien befindet. Im Bulge stehen die Sterne wesentlich dichter als zum Beispiel in der Region, in der sich unsere Sonne befindet. Robert Saito von der Pontificia Universidad Católica in Chile und seine Kollegen aus Italien, Brasilien, Deutschland und Großbritannien haben nun ein bemerkenswertes Bild des galaktischen Zentrums veröffentlicht.
Dieses Bild zeigt das galaktische Zentrum und hat in der Originalversion 108.200 x 81.500 Pixel (hier gibt es eine zoombare Version). Das ist aber noch nicht das “bemerkenswerte Bild” von dem ich vorhin gesprochen habe. Ok, es ist natürlich auch cool! Bilder auf denen viele Sterne zu sehen sind, sind jetzt nicht unbedingt außergewöhnlich. Man muss nur eine Galaxie fotografieren und schon hat man ein paar hundert Milliarden Sterne auf einmal aufgenommen. Und es gibt Bilder, auf denen tausende Galaxien zu sehen sind. Auch die Größe ist nicht so besonders. Wenn man all die Aufnahmen nimmt, die Astronomen so in ihren Schubladen liegen haben, dann kann man die auch zu großen Bildern zusammenbasteln. Nein, das besondere ist nicht das Bild an sich, das besondere ist die Auflösung, die es erlaubt, die einzelnen Sterne zu erkennen. Und das wirklich besondere ist die Tatsache, dass man die einzelnen Sterne nicht nur fotografiert hat (was relativ einfach ist), sondern auch untersucht hat. DAS hier ist das bemerkenswerte Bild, von dem ich gesprochen habe:
Ok, das sieht nicht so beeindruckend aus wie das erste Bild. Es ist ein wissenschaftliches Diagramm und kein Foto echter Sterne. Aber es ist trotzdem viel cooler! Das, was man da sieht, nennt man “Farben-Helligkeit-Diagramm”. Auf der x-Achse ist die Farbe der Sterne aufgetragen. Die entspricht ihrer Temperatur. Kühle Sterne leuchten rot, heiße Sterne sind blau und normale Sterne wie unsere Sonne liegen genau in der Mitte. Die y-Achse zeigt die Helligkeit der Sterne. Farben-Helligkeits-Diagramme gehören zu den wichtigsten Instrumenten der Astronomie; ich habe dazu einen eigenen Artikel geschrieben, der erklärt, wie man an ihnen viel über die Entwicklung von Sternen ablesen kann. Helligkeit und Farbe/Temperatur von all den Sternen im Bulge wurden bestimmt und jeder Stern entspricht einem Punkt in diesem Diagramm.
Dieses spezielle Diagramm enthält nun also die Daten von 84 Millionen Sternen! Wer es ganz genau wissen will: Es sind 84095284. Saito und seine Kollegen haben den größten Katalog der Sterne des galaktischen Zentrums erstellt und diese Daten grafisch umgesetzt. Damit war es möglich, das erste Farben-Helligkeits-Diagramm zu erstellen, das den kompletten galaktischen Bulge umfasst. Im Diagramm sind die heißen, blauen Sterne links und die kühlen roten Sterne rechts. Die hellen Sterne sind oben, die dunkleren sind unten. Natürlich kann man in einem Diagramm mit 84 Millionen Datenpunkten keine einzelnen Punkte mehr erkennen. Deswegen sind in schwarz Linien gleicher Sternendichte eingezeichnet, abgestuft in Schritten von 5 Prozent, ausgehend von der Region im Diagramm mit der höchsten Sterndichte. Man sieht, dass die meisten Sterne gelbe Sterne sind. Blaue Sterne sind seltener, dafür ist die Region großer, heller, rötlicher Sterne (oben Mitte) gut besetzt. Der Bulge besteht also hauptsächlich aus älteren Sternen. Denn rote Sterne sind tendenziell älter als die heißen blauen Sterne, die nur ein kurzes Leben haben.
Mit diesem Diagramm kann man nun jede Menge tolle Sachen anstellen. Es wird noch lange dauern, bis man alles komplett ausgewertet hat. Es ist natürlich schwierig, 84 Millionen Sterne auf einmal zu untersuchen. Aber man kann sie filtern und sich zum Beispiel nur die Sterne anzeigen lassen, die in einer bestimmten Region am Himmel liegen. Dann kann man überprüfen, ob die Verteilung der Sterne in etwa so aussieht, wie es die Modelle vorhersagen. Denn vieles was die Entwicklung und Entstehung des Bulges betrifft, ist heute noch unklar. Ein Vergleich von dem, was die Modelle für die Sternentwicklung in dieser Region vorhersagen mit dem, was tatsächlich beobachtet wird, kann äußerst hilfreich sein. Hier ist ein Beispiel:
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